Angela Leinens Gebrauchsanweisung zum Lesen und Schreiben zum vorjährigen Bachmannpreis herausgekommen und vom Verlag, wie ich hörte, den Juroren zur Verfügung gestellt, verspricht sehr viel und wird daher von potentiellen Autoren, die das natürlich wollen, schließlich handelt es sich ja um einen sehr begehrten Preis, vermutlich fleißig gekauft und gelesen werden.
Wenn auch gleich auf Seite achtzehn steht „Sie werden es inzwischen ahnen: Das ist keine Anleitung zum Gewinnen eines Literaturpreises. Das im Titel angedeutete Versprechen wird im Buch nicht eingelöst.“
Da könnte man sich zwar als Leser und als Käufer verarscht fühlen und das Versprechen einklagen. Vermutlich würde man das auch bei jedem anderen Versprechen tun, bei der Literatur ist das natürlich anders und so fragt man vielleicht nur, was ist es dann?
„Keine Anleitung zum Schreiben, kein Creativ-Writing-Lehrgang, keine Stilfibel und es erklärt auch nicht die Mechanismen des Literaturbetriebs“
Für was hat man dann die 13 Euro 40 ausgegeben? Auch das wird erklärt.
„Wie man den Bachmannpreis gewinnt“, ist ein Buch für Leser, „markiert leicht erkennbare Anzeichen für gute und für schlechte Texte und zeigt, was passiert, wenn ein bestimmter Text auf einen bestimmten Leser trifft.“
Die Einlösung des zweiten Versprechen ist mir im Buch zwar nicht aufgefallen, obwohl ich mir alles genau angestrichen habe.
„Es ist auch ein Buch für Autoren“, wird weiter geschrieben, „die sich dafür interessieren, was sich die Leser wünschen“.
Verfasst wurde die Gebrauchsanweisung von der 1968 geborenen Angela Leinen, Anwältin, Mediatorin und Journalistin aus Bonn, die sich seit 2003 mit dem Wettlesen in Klagenfurt beschäftigt und darüber in ihrem Weblog „Sopran“ und im Gemeinschaftsweblog lesemaschine.de schreibt. Da gibt es ja auch die aus diesen Blog entstandene Automatische Literaturkritik, die anhand vorher festgelegter Plus- und Minuspunkte, die eingereichten Texte bewertet und seit 2008 den Preis der Riesenmaschine vergibt.
2008 hat den der Bachmannpreisträger Tilman Rammstedt gewonnen, der auch noch den Publikumspreis bekommen hat, 2010 Dorothee Elmiger. Die Riesenmaschine ist Teil der zentralen Intelligenzagentur und in Klagenfurt sehr zentral vertreten, schließlich hat ja Kathrin Passig 2006 den Bachmannpreis bekommen und Aleks Scholz, der auch zu der Gruppe gehört, hat 2010 ebenfalls gewonnen.
Das Buch beginnt mit einem Vorwort von Kathrin Passig und hat einige Gastbeiträge von Bachmannpreisgewinnern wie Clemens J. Setz, Juroren, wie Daniela Striegl und Lektoren, wie Joe Lendl, der auch Autor ist und, wie ich glaube in Leipzig studierte, die erzählen, was für sie ein guter oder schlechter Text ist, vor allem aber führt das Angela Leinen in den verschiedenen Kapitel aus Sicht der Bachmannpreisbeobachterin aus.
So hat sie die wichtigsten Stoffe der Bachmannpreisleser von A-Z zusammengefaßt, führt an, über was die Autoren so schreiben und gibt Tips mit den jeweiligen Reiz und Risken.
Weiter geht es mit wichtigen Fehlerquellen, die man auch in Schreibratgebern, wie zum Beispiel dem berühmten „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“, finden kann. Daß der Autor seine Figuren gut kennen soll, beispielsweise, aber auch, wie man die verschiedenen Perspektiven einsetzen soll, keine sprechenden Namen verwenden, sich in keine Schlüßelromane, wie Martin Walser in „Tod eines Kritikers“ einlassen und auch die Kunst der Dialoge wird in einem Kapitel ausgeführt. Also kein zuviel „sagte er“, „sagte sie“ und auch Synonyme wie „lachte, brüllte, flüsterte, keuchte, kicherte etc.“ soll man nicht so oft verwenden. Der gute Dialog kommt ohne aus und niemand soll ihn nur wegen des Dialogs verwenden. Dann folgt im Kapitel Sex „Wenn in Büchern zwei Menschen aufeinanderprallen, droht Schlafgemach(Sexszene) oder Ungemach (Dialog). Beides mißlingt meist“, die Erkenntnis, daß sich die Autoren oft nicht an den Sex im Text herantrauen. „Feuchtgebiete“, Wolf Haas und Clemens J. Setz werden da als Gegenbeispiele angeführt.
Im Kapitel „Die Sorgfaltspflicht des Autors“, fordert Angela Leinen von den Autoren mehr Genauigkeit und verlangt, daß es stimmen muß, wenn man behauptet, daß der 24. November 2002 ein Montag war.
Ansonsten taucht wieder Altbekanntes aus, wie die Warnung vor den Adjektiven, die der Autor Philipp Tingler, 2001 in Klagenfurt offenbar so oft verwendete, daß ihm Robert Schindel empfahl, zwei bis drei Kilo davon hinauszuschmeißen.
Eigentlich alles altbekannte Sachen, die man inzwischen in jeden Ratgeber finden kann, die Angela Leinen von Kapitel zu Kapitel mit vielen Beispielen belegt.
„Denn der Autor kann zwar alles machen, drollige Katzengeschichten schreiben und seine Wörter mit dem Zufallsgenerator mischen oder Texte ohne Sätze verfassen, nur darf er sich nicht wundern, wenn der Leser das nicht lesen will!“
Da frage ich mich dann immer, woher weiß man das eigentlich so genau, was „der“ Leser will und bei welcher Fehlerzahl er das Buch genervt ins nächste Eck schmeißt, gibt es da so viel ich weiß ja keine Untersuchungen, sondern eher Expertenmeinungen, die sich meist sehr selbstbewußt äußern.
Spannend auch, daß das, obwohl das wahrscheinlich ohnehin schon jeder weiß, der sich fürs Schreiben interessiert, offenbar noch oft passiert, wird man ja, um beim Bachmannpreis lesen zu dürfen, ausgewählt. Bekommen die Juroren ja hunderte Einreichungen und dürfen daraus je zwei Texte vorschlagen.Trotzdem ist Angela Leinen das Angeführte bei diesen Texten aufgefallen und sie führt das auch an vielen Beispielen aus. Richard David Precht hat 2004 in seinem Text „Baader braun“, zuviele Klischees verwendet und Helga Glantschnig 2002 im Text „Verschollen“, die Vorbereitungen einer Frau zu ihrem Selbstmord sehr breit geschildert, die diesen dann nicht ausführte, was die Juroren als fad und langweilig erlebten und natürlich wird auch angeführt, daß 2009 bei den meisten Juroren Linda Stifts Text durchfiel, der sich mit dem Flüchtlingselend befaßte, weil man das ja angeblich nicht kollektiv beschreiben darf. Mir hat zwar das Kollektive-Ich bei diesen Text sehr gut gefallen, weil ich den Eindruck hatte, daß ich dadurch erst verstanden habe, was da im doppelten Boden des überfüllten Lastwagens vor sich geht.
So werden die Fehler durchanalysiert, die aus einem unzumutbaren Buch ein lesbares Buch machen könnten und ich habe mir diesen „benutzerfreundlichen und sehr unterhaltsamen Leitfaden für alle Buchliebhaber“, wie auf der Rückseite steht, auch vom Alfred zum Geburtstag gewünscht.
Jetzt habe ich ihn gelesen und auch einige Fettnäpfchen gefunden, in die ich noch immer lustig trete und nehme mir natürlich vor, darauf zu achten, um, wie Robert Schindel beim Symposium für Sprachkunst sagte, in der Qualität besser zu werden, was natürlich wichtig ist.
Trotzdem bleibe ich ein wenig ratlos zurück, da diese Gebrauchsanweisung, auch ein Schritt zur Gleichmacherei ist, weil am Ende vielleicht, die nach den Krtierien der Riesenmaschine konstruierten Texte überbleiben könnten und wenn alle, die beim Bachmannpreis lesen wollen, ihre Texte nach diesen Kriteren durchsehen, fällt außer den Fehlern, vielleicht auch viel an Originalität heraus, was mir nicht gefallen würde.
Für den Leser ist es sicher interessant das Buch zu lesen, wenn man da auch aufpassen und vorsichtig sein sollte und in seiner Krealtivität sollte man sich auch nicht hemmen lassen.
2011-02-06
Wie man den Bachmannpreis gewinnt
4 Kommentare »
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Sehr geehrte Frau Jancak;
ihre Rezension macht mich doch sehr neugierig, so dass ich zu dieser „Gebrauchsanweisung“ beizeiten greifen werde.
Was mich in Ihrer Rezension angesprochen hat, war, Sie über Linda Stifts Text „Die Welt der schönen Dinge“ über eine Flüchtlingsgruppe geschrieben haben: „… daß 2009 bei den meisten Juroren Linda Stifts Text durchfiel, der sich mit dem Flüchtlingselend befaßte, weil man das ja angeblich nicht kollektiv beschreiben darf. Mir hat zwar das Kollektive-Ich bei diesen Text sehr gut gefallen, weil ich den Eindruck hatte, daß ich dadurch erst verstanden habe, was da im doppelten Boden des überfüllten Lastwagens vor sich geht.“
Ijoma Mangold hat der Autorin ja „Verallgemeinerungskitsch“ vorgeworfen; Stift habe sich ein Thema auserwählt, welches „moralisch-erpresserisch“ ist.
Mir liegt es fern, einer Autorin vorzuschreiben, welches Thema, welches Motiv sie oder ihn so berührt, dass sie oder er darüber schreiben möchte. Und gerade in Zeiten der Globalisierung, der schlechteren Versorgung mit den Grundressourcen, die (Bürger-)Kriege in Staaten des Nahen Ostens oder auf dem afrikanischen oder asiatischen Kontinent sind Flüchtlingsbewegungen keine Seltenheit. Und von daher ist die Themenwahl wohl sogar an aktueller Tagespolitik orientiert. Aber auch ich hatte ein sehr großes Problem mit der Perspektive des „Wir“.
Die erste Frage ist, wenn wir einer Gruppe, einem Kolletiv ein „Wir“ unterstellen, was ein fast völkischer Begriff ist, dann unterstellen wir ihnen Gemeinsamkeiten in ihrer Geschichte, in ihren Zielen, in ihren Lebensweisen, ihren Gründen das Land zu verlassen, die für die Autorin nur eine untergeordnete Rolle gespielt haben. Auch der Austausch unter den Figuren fand nicht statt, es gab keine Reflexion über die Situation, in der sie sich befinden. Die Empfindungen der gesamten Gruppe sind gleich, ihre Gedanken sind gleich, ihre sinnliche Wahrnehmungen (Gerüche, Geräusche) sind gleich, es spricht kein einziges Individuum. Und das macht es so schwer, die Gruppe als Protagonisten wahrzunehmen und nicht als starres, unbewegliches Gebilde.
Zudem, das Problem oder die Frage, die sich mir auch stellt: in den Medien werden „Flüchtlinge“ auch als eine Gruppe wahrgenommen, nämlich als die der „Sozialschmarotzer“ oder „Kriminaltouristen“, von daher war vielleicht die „Wir“-Perspektive nur die Umkehr unserer in den Medien verbreiteten Wahrnehmung einer sozialen Gemeinschaft, die wir auch nicht individuell wahrnehmen „wollen“ oder auch „können“. Sollte das der Fall sein, dann hat sich Linda Stift dennoch zu sehr auf diese Perspektive, auf diese Kulisse verlassen (zumal der Text auch stilistische Mängel und Logikfehler aufweist) und darauf, dass der Leser auf diese Rezeption zurückgreift.
Entschuldigen Sie die Länge der Antwort und doch war es dieser Text, der mich am wenigstens beim Bachmann-Preis mitreißen konnte.
Mit freundlichen Grüßen,
Gilfaen
Kommentar von Gilfaen — 2011-02-07 @ 04:06 |
Das ist sehr interessant, denn das führt zur Frage, aus welcher Sicht ein Juror auf einen Text sieht bzw. ihn bewertet, was ist Verallgemeinerungskitsch und moralisch-erpresserisch oder wie die Keulen lauten, die auf einen Leser oder Zuhörer, der vielleicht nicht viel Ahnung von dem Thema hat, niederprasseln?
Ich weiß, da Sie einmal ein Buch von mir bestellten, daß Sie in Österreich wohnen, also Linda Stift vielleicht ein bißchen kennen. Ich war, wie ich auch bei meinen Bachmannpreisartikel schrieb, ein paar Mal bei ihren Lesungen, von dem ersten Buch, das mir ein bißchen konstruiert erschien, nicht so begeistert, bei „Stierhunger“ schon und dachte, das ist eine sehr begabte Autorin, die sich sprachlich excellent ausdrücken kann und so viel ich weiß auch Lektoratserfahrungen hat.
Dann habe ich die „Welt der schönen Dinge“ gehört und schreibe dazu, daß ich als Psychologin einige Jahre Psychodiagnostik mit traumatisierten Asylwerbern machte, mich auch sonst politisch interessiere, aber wie es in einem Lastwagen zugeht, in dem ich, wenn ich tausend oder was immer an Euro an einen Schlepper bezahlt habe, mir vorher vom letzten Geld einen neuen Rucksack kaufte und dann ein paar Tage und Nächte durch die Gegend geschaukelt werde, bevor ich irgendwo auf einer Wiese mit dem Tip, jetzt schnell loszurennen, aussteigen darf und mir in dieser Zeit, die schönsten Illusionen über die tolle Welt in die jetzt komme, mache, wußte ich nicht.
Ich habe zugehört und hatte nach ein paar Sätzen, das Aha Erlebnis, so ist es, das habe ich jetzt begriffen und mir war auch schlagartig klar, daß es da ums Kollektiv geht und die Betroffenen erst einmal keinen Namen haben, weil wir den in der Regel auch nicht kennen, war von den Kritikersätzen sehr erstaunt und würde nun einmal annehmen, daß die vielleicht nicht so viele Tschetschenen, Georgier und Kosovaren näher kennen und einfach ihre literarischen Kriterien angewandt haben.
Schade, da ich in diesem Punkt Karin Fleischanderls Ansicht, die die Autorin eingeladen hat, teile und die ist, glaube ich, eine sehr strenge Literaturkritikerin, hat hohe Ansprüche und läßt nicht jeden sozialkritischen Text durchgehen, die für die Bachmannpreislesung wahrscheinlich auch nicht so geeignet sind.
Aber so ist es, der eine sieht es so, der andere anders und natürlich ist alles subjektiv und nichts wahrscheinlich als richtig oder falsch zu betrachten.
Das Leinen-Buch ist sicher zu empfehlen, wenn mich daran auch die Sicht des Konsumenten, jetzt habe ich ein Buch gekauft und erwarte mir vom Autor, daß ich dafür das und das bekomme und wenn nicht, schmeiße ich es weg, ein wenig stört.
Aber natürlich kann man eine Kriterienliste aufstellen und dann abhaken, hat das der Autor jetzt oder nicht und da es ja nicht so leicht ist, beim Bachmannpreis antreten zu dürfen, wird man meistens sowieso Texte hören, die diese Anforderungen erfüllen oder so weit drüberstehen, wie z.B. Bodo Hell, daß sie einen nicht mehr betreffen. Das der mit seiner Maultrommel gewinnen konnte, hat mich auch ein wenig erstaunt, spricht aber für den Preis und die Juroren.
Kommentar von jancak — 2011-02-07 @ 12:17 |
Die Problematik ist doch immer die: Es gibt weit mehr Möglichkeiten einen „Fehler“ zu machen / zu schreiben, als grandiose Literatur zu schaffen.
Jetzt im Ernst: Wenn jetzt also die Empfehlungen befolgt werden, so kann das Endergebnis nur eines sein: Die Texte nähern sich im Strickmuster einander an. Klassische Fehler werden immer mehr vermieden, aber gleichzeitig bleiben doch immer wieder Unschärfen und offene Fragen übrig – welche als Fehler interpretiert werden könnten. Hingegen würden bei einem Befolgen diverser Tipps die ganz besonderen Schrullen und Abweichungen total verschwinden.
Das kann doch bitte nicht das Ziel von Literatur sein! Wird nur das geschrieben was gelesen werden will, so geht die Literatur den Bach runter und übrig bleibt nur mehr Unterhaltungsgeschreibsel (Belletristik).
Beim Bachmannpreis fällt ja auch ganz deutlich auf, wie die nominierten Personen seit einigen Jahren behandelt, evaluiert und vorgeführt werden. Zuerst kommt ein Video-Portrait – was meines Erachtens zu sehr die Person in den Vordergrund stellt und den Text nachrangig werden lässt und dann hat das Fernsehstudio die geometrische Form eines halben Ringes; Die Bezeichnung Halbring erinnert doch sehr an diverse Gladiatoren- oder Boxkämpfe, die Architektur ist die gleiche. Alles in allem ist die aktuelle Entwicklung der Literatur nicht dienlich. Wirklich ernst zu nehmen ist der Publikumspreis, jenseits des Juroren-Hick-Hack.
Wenn da schon Linda Stifts Test ausführlich behandelt wird: Es war ein Musterbeispiel für den Versuch einer Konstruktion, und das zusammen krachen dessen. Das Reizthema Flüchtlinge und Schlepper(un)wesen sollte wohl einen Bonus sichern (?) – und die Jury war dann doch so dreist und hat die ganz gewöhnlichen Kriterien für Literatur heran gezogen anstatt den Bonus der Themenwahl zu honorieren – die Jury hat sich eben nicht nötigen lassen. Claude Sulzer schoß ja den Vogel ab, als der die Vermutung äußerte es könnte sich ja in diesem Text um Westeuropäer handeln, welche irgendwo hin gebracht werden – zumindest wäre der Text zu wenig einfühlsam und würde aus der Perspektive eines in Westeuropa beheimateten Menschen erzählt sein – und dann aus westeuropäischer Sich auch noch ein WIR zur verwenden. Das konnte einfach nur krachen.
Eine Frage: Kommt mir das nur so vor, dass da Jury-Vorsitzende häufig den eigenen vorgeschlagenen Kandidates bei der Abstimmung (gegen besseres Wissen) für den Preis durchsetzen möchte?
Kommentar von art-buyer — 2011-02-12 @ 00:25 |
Das ist wohl genau das „Problem“ bei den ganzen Schreibkursen und Hochschullehrgängen, ich habe mich ja in den letzten Wochen anläßlich des Symposiums für Sprachkunst und der Diskussion mit einer meiner Leserinnen ein bißchen damit beschäftigt und ist bei den Bachmannpreislesenden auch zu sehen.
Robert Schindel meint, der Vorteil solcher Akademien ist, daß es langfristig weniger schlechte Literatur geben wird, was, denke ich, schon ein Vorteil ist und ich auch für mich anstrebe.
Was die Schrullen betrifft, die dann verschwinden, ist es, denke ich, zum Glück nicht so arg. Habe ich ja gestern Gustav Ernst, einem der Lehrer der Wiener Akademie, neues Buch gelesen und gestaunt, wie oft er in seinem Dialogroman „sagte er“ verwendet und ich bin gerade dabei mir das abzugewöhnen und auch bei den Bachmannpreisgewinnern gibt es immer wieder Gegenbeispiele, Bodo Hell z.B., aber auch Peter Wawerzinek, denn der hat da ja Autobiografie pur geliefert und gewonnen.
Die Geschichte des Bachmannpreises ist übrigens sehr interessant, denn ich kann mich noch daran erinnern, wie die IG-Autoren Sturm liefen, als er 1977 gegründet wurde, damals haben die Autoren nur unter der Hand und mit sehr vielen Entschuldigungen dort gelesen, ging es ja auch um viel Geld, daß man eventuell gewinnen konnte.
Heute ist das anders, heute ist der Preis anerkannt und die Jungautoren drängen sich dorthin. Daß die sich dann vorher das Buch kaufen und die Fehler vermeiden, bzw. versuchen den Kriterien dieser Riesenmaschine zu entsprechen, kann ich mir vorstellen und ich bin heuer auch gespannt, ob Cornelia Travnicek antritt und damit gewinnt.
Insgesamt denke ich, daß man beide Wege gehen sollte, die Regeln lernen und sie dann brechen, wie das auch in den Sprachlernbüchern so schön empfohlen wird und wer sich ernsthaft mit dem Schreiben beschäftigt, wird das auch tun.
Bezüglich der Frage über das Verhalten der Jury müßte man sich die Diskussionen anhören, was man unter www. bachmannpreis.at auch kann. Gruppendynamische Effekte wird es schon geben und ich kann mich noch genau an meine Enttäuschung erinnern, als ich 1996 live dort war, bis Samstagfrüh mit der Jurymeinung übereinstimmte und plötzlich war ein toller Preisträger war, von dem ich mir das nie gedacht hätte. Da denke ich mir inzwischen schon, ob da nicht vielleicht ein bißchen….
Ingesamt ist das aber sicher ein wichtiger Preis und von den Lesern würde ich mir wünschen, daß sie ein bißchen über den Tellerrand hinausschauen, auch BoDs und Kleinverlagsbücher lesen und Bücher nicht gleich beim ersten Fehler empört wegschmeißen.
Kommentar von jancak — 2011-02-12 @ 07:42 |