Das ist eine Werbepostkarte, die in der Wohnung des Protagonisten hängt und der Roman einer Entpiefkenisierung des 1965 in Duisburg geborenen und seit 1987 in Wien lebenden populären Kabarettisten und TV-Moderator Dirk Stermann, ein Buch das 2010 erschienen ist, soviel ich weiß, noch immer in großen Stößen bei Thalia und Morawa zu finden ist, das von mir im Jänner im offenen Bücherschrank gefundene, ist die 7. Auflage und offenbar ein nicht passendes Weinachtsgeschenk, denn ein silbernes Sternchen verklebt noch immer den Preis. Aber das Duo Stermann und Griessemann aus dem Salon Helga von FM4 mag nicht jeder, mir waren die diversen Scherzchen, die ich hören mußte, wenn wir früher Freitagabend mit der Anna nach Harland gefahren sind, auch ein wenig zu plump, aber ich habe ja keine Vorurteile gegen Bücher und so habe ich das Buch gelesen und war angenehm überrascht, fand ich ja nicht den Superblödler, wie ich es eigentlich erwartet hatte, obwohl ein bißchen mit Vorurteilen fängts schon an.
Da beschreibt der Autor, wie er im Wintersemester 1987/88 mit dem alten Taxi eines Freundes von Düsseldorf nach Wien gekommen ist, da fuhren sie zuerst in den Süden, dann nach Osten und da kamen auch die Familienvorurteile auf, über die DDR und, daß den Ostberlinern Wien vertrauter als Westberlin ist und von der alten Tante Olga, die den kleinen Dirk im Westen besuchen durfte und für all die schönen Westgeschenke wie Jeans und Salami ein selbstgehäkeltes Taschentuchsackerl mitbrachte, von dem der Dirk im Taxi noch nicht wußte, daß es ein solches ist, denn die Deutschen oder Piefke sagen ja „Tüte“ dazu und so kommt er in das fremde Ausland und versteht erst einmal die Sprache nicht, da trifft er auf der Uni aber einen deutschen Kommilitonen und der drückt ihm ein Vokabelheft in die Hand, wo man lernen kann, wie es heißt.
„Links das österreichische Wort, rechts das richtige also Karfiol statt Blumenkohl, Fiolen statt Bohnen“, weil es hier aber um Österreich und nicht nur um das k u. k angekränkelte Wien geht, lernen wir auch daß die Kärrntner „Strankalen“ sagen. Trotzdem ist es schwer mit diesem Österreich, wo man statt Weißweinschorle einen Gespritzen trinkt, der Köllner Hartmut, der geizig ist, nimmt den Dirk erstmal auf eine Party in ein wunderschönes Altbauhaus, in eine WG mit Friedenszins mit,“ wo es zwölf Zimmer mit riesigen Flügeltüren und Doppelstock“ und einen uralten Aufzug in dem nur die Hausbewohner fahren dürfen, dafür aber mit Spiegel und mit roter Plüschsitzbank gibt, dort lernt er zwei Frauen kennen, betrinkt sich mit einem Viertel Sliwowitz und hört, wie es Hartmut mit dem Qualtinger versucht, den er natürlich nicht parodieren kann.
So schleppt der unbedarfte Dirk die zwei betrunkenen Frauen die Stockwerke hinunter, läßt sich an Mezzanin und Hochparterre verwirren und den goldenen Wienercharme trifft er dabei auch, er landet schließlich im Bett der einen, wo er seinen späteren Freund Robert kennenlernt und weil die Freundin Interviews für den Jugendsender macht, nimmt sie ihm am nächsten Morgen mit und Dirks Karrere als Radiomoderator beginnt.
Das Buch hat eine Rahmenhandlung, es beginnt mit der Fahrt nach Wien, führt zu Roberts dreißigsten Geburtstag, am Schluß steht er kurz vor dem Vierzigsten, das will Dirk feiern, in dem er für Robert die Rache in Cordoba nachinszenieren will, also ein deutsch-österreichisches Fußballspiel zusammenstellt.
Er ist inzwischen verheiratet, hat in Sophie eine friedliche Frau gefunden, die die Endemiten studiert und eine kleine Tochter nahmens Kina, da kann man jetzt philosophieren, wie sich das aussprechen läßt?
„Oachkatzerlschwoarf“, kann er inzwischen sagen und er ist auch von Papgenogasse, wo er ins Theater an der Wien hineinsah und immer die Darsteller bedauerte, die sich für „Cats“ schminken ließen.
„Daß die Mullahs im Iran Verbrecher vor die Wahl stellen: Hand ab oder Cats ansehen und sich die meisten für die Hand entscheiden“, ist ein böser Witz, aber zum Glück sind nur wenige in dem Buch enthalten, dafür ein paar treffende Charakterbeschreibungen, die so weit ich es nachvollziehen kann, auch Wahrheitsgehalt haben.
So gab es in der Wohnung in der Papagenogasse eine brustamputierte Alkoholikerin, die jeden Abend Männer nach Hause schleppt, aber keinen Schlüßel hat und eine mit Kleinkind die regelmäßig betrunken im Treppenhaus liegt, das wird vielleicht übertrieben sein, im Laufe der Jahre übersiedelt er in die Kettenbrückengasse in Schuberts Sterbehaus und schreibt da von der „Wie spät ist es Frau“, die immer aus dem Fenster nach der Zeit fragte und die habe ich gesehen und gehört, da ich ja auch öfter durch die Kettenbrückengasse gehe, ich glaube allerdings, sie rief aus ein paar Häusern weiter unten.
Dirk wohnt mit Kira und Sophie jedenfalls in dieser Gegend und trifft auch seine Freunde dort und das sind ein paar urige Typen, der ostdeutsche Rocco, der Geschichte studierte, dann in Tirol Gastarbeiter war und beim Fußballspielen über die Berge kullerte, so daß er in einem Gefangenenspital einen Zahnarzt kennenlernte, der sämtliche alte Zahnarztinstrumente aus sämtlichen Museen auf Bestellung stiehlt und dadurch reich und berühmt wurde, das mag vielleicht auch nicht stimmten, dann gibt es noch den patscherten Architekten, dem den Hund seiner Freundin aus dem Fenster springt und den sie dann ins Krematorium führen müßen.
So wird Wien und Österreich erklärt und sich dem fremden Land mit der ähnlichen Sprache angenähert, bzw. ein Verkaufserfolg erzielt, denn Bücher über Österreich werden ja auch in Deutschland gern gelesen, so erfährt man auch ein bißchen was über Vorarlberg und das, was die Deutschen immer schon über Wien und Österreich wissen wollen, daß der 71 zum Zentralfriedhof fährt, beispielsweise, vom Nachmarkt mit seinen Würstlfrauen, die die Gäste, die ihren Stand beschmutzen, mit der Zange in die Nase zwicken und dem Cafe „Donauwelle“, wo Dirk der nicht weich genug Frühstücksei aussprechen kann, seine erste Moderation verpatzt, er macht aber auch mit einem überheblichen Vorarlberger eine Sendung, wo sie die Wohnorte berühmter Persönlichkeiten vorstellen wollen, der H.C. Artmann nicht erkennt, sondern für einen Vollkoffer hält und auch keine Ahnung von Ernst Jandl hat und damit man aus dem Buch auch ein bißchen einen Reiseführer machen kann, wenn man sich schon von Ostfriesland oder Bayern etc hierher begibt, gibt es auch ein paar Original Torbergzitate und diese Geschichte von Corduba von der ich nicht viel Ahnung habe, weil ich mich nicht für Fußball interessiere, spielt auch eine wichtige Rolle. Also ein interessantes Buch, das die Wienkennerin mit dem literarischen Anspruch überraschte, das meiste scheint zu stimmen und ist charmant beschrieben und ich hoffe nur, daß sich die „Wie spät ist es Frau“ nicht wirklich umebrachte, ich habe sie aber schon länger nicht gehört.
2011-04-01
„sechs österreicher unter den ersten fünf“
Kommentar verfassen »
Du hast noch keine Kommentare.
Kommentar verfassen