Wieder einmal gab es in der Alten Schmiede, die von Chrstine Huber moderierte „Dicht-Fest“ – Veranstaltung und diesmal wurden unter anderen Dietmar Füssel, Stephan Eibel Erzberg und Jani Oswald vorgestellt, Grund genug hinzugehen, noch dazu da mir Dietmar Füssel, an dessen monatlichen Gewinnspielen ich mich ja immer eifrig beteilige, seinen neuen Gedichtband bringen wollte, da ich beim letzten Mal eine Literaturzeitschrift doppelt gewonnen habe. Also habe ich Dietmar Füssel zugesagt und bin erst dann daraufgekommen, daß am 30. 6. das ÖAAG-Supervisionstreffen ist, zu dem ich hingehen sollte. Dann wurde das Treffen aber abgesagt, worüber sich die Kollegen freuten und zum Heurigen etc gehen wollten und ich nur bedauerte, daß es gleichzeitig im Literaturhaus eine Lesart der Sprachkunst mit Gustav Ernst, Barbara Hundegger, Lydia Mischkulnig, Doron Rabinovici, Robert Schindel, Franz Schuh und Sabine Scholl, gab, in der Kettenbrückengasse ein Straßenfest, im Museumsquartier das zehnjährige Jubiläum gefeiert und außerdem eine Plakatausstellung der Wienbibliothek eröffnet wurde, habe Dietmar Füssel aber wieder zugesagt, die beiden Log-Hefte eingepackt und ging, nachdem ich mit meiner Abrechnung schon früher fertig war, um fünf aus dem Haus, um ein bißchen in der Kettenbrückengasse und im Museumsquartier schnuppern zu können. Da war das Wetter allerdings nicht mehr so für den lauen Heurigenabend geeignet, sondern recht windig und im Museumsquartier wurden gelbe Regenpelerinen ausgeteilt, es spielte aber schon die erste Band. Bei den Getränkeplakaten der Sechzigerjahre habe ich auch kurz hineingeschaut. Das Sinalco aber versäumt, weil ich pünktlich in die Alte Schmiede kommen wollen und das war eine sehr interessante Lesung, hat Christine Huber da ja sechs unterschiedliche Texte ausgesucht, so daß das gesamte Spektrum des zeitgenössischen Lyrikschaffens abgedeckt war. Zwar fehlten die Lyrikerinnen, war es doch eine reine Männerlesung, ich habe aber zwei mir bisher unbekannte Dichter kennengelernt. So hat der 1937 geborene Südtiroler Autor Luis Stefan Stecher mit seinen Gedichten in Vintschger Mundart „Korrnrlieder“ begonnen und die waren gar nicht so schwer verständlich. Dann folgte der 1968 geborene Peter Enzinger mit seinen noch unveröffentlichen „Unikaten“ und das war ein moderner flotter Lyrikton, der von Paris erzählte und davon dichtete, daß er „Elke Erb unter dem Kopfpolster“ haben würde. Der Dritte vor der Pause war der 1958 geborene Oberösterreicher Dietmar Füssel und der stellte seine lateinamerikanischen Liebesgedichte „Leidenschaft“ vor, die er dem lateinamerikanischen Ton nachempfunden hat und dafür sogar nach Kuba gefahren ist. Er spielte dazwischen auch Musik damit „der Stolz, die Anmut und die Leidenschaftlichkeit lateinamerikanischer Liebeslieder“ so richtig herauskommen konnte. Nach der Pause trat der Kärntner Slowene Jani Oswald mit seinen bei Drava erschienen „Andante Mizzi“ auf, das zweisprachig geschrieben und wie eine Symphonie komponiert ist und im vorigen Jahr in Ex Libris vorgestellt wurde. Jani Oswald habe ich einmal bei einer „Freiheit des Wortes“-Veranstaltung, die Gösta Maier in Villach organisierte gehört und da war, kann ich mich erinnern, der Alfred so begeistert, daß er sich gleich ein Buch von ihm bestellte. Und Stephan Eibel Erzberg kenne ich natürlich auch sehr gut und habe von ihm, wie auch von Dietmar Füssel die meisten seiner Bücher. Den vorgestellten Gedichtband aber nicht, da „Licht aus“ zwar im April bei styriabooks erscheinen hätte sollen. Stefan Eibel Erzberg erzählte in seiner speziellen Art aber launig, wieso es dazu noch nicht gekommen ist. Denn da gab es offenbar eine Lesung, bei der zwei wichtige Männer anwesend waren, ein Presseredakteur, der ihm eine tägliche Gedichtkolumne anbot, aber zurückzog, als Stefan Eibel Erzberg in etwa „Mach auf die Beine, denn ich will zu dir eine“, dichtete und dann noch politisch wurde und der styriabook Verleger wollte einen Krimi, als Stefan Eibel Erzberg aber große Penise auf Kreuze, die dann gestohlen werden sollte, als Handlung anbot, entschied er sich doch für die Gedichte. Aber jetzt gibt es zu wenig Vorbestellungen, so daß ich auf das Buch noch warten muß. Alfred Gulden aus dem Saarland, kannte ich ebenfalls noch nicht. Er ist 1944 geboren, wollte aber zu seiner Biografie nichts sagen und stellte Balladen vor, die sehr konventionell geschrieben waren, aber trotzdem aktuelle Inhalte hatten und am Schluß kam noch ein Stückchen aus einem älteren Buch, das er 1980 in der Alten Schmiede vorgestellt hatte, in dem es in einem Kreuzgang gegen die Atomkraft ging. Also alles sehr spannend, es gab auch ein paar interessante Begegnungen und zum Abschluß für Interessierte das Dicht-Fest– Archiv.
2011-06-30
2011-06-29
Das Weibernest
„Das Weibernest“ von Hera Lind ist offenbar die Fortsetzung ihres Bestsellers „Das Superweib“ und den habe ich vor Jahren in der Verfilmung mit Veronica Ferres gesehen, dann habe ich noch „Frau zu sein bedarf es wenig“ gelesen und Hera Lind ist ja auch so eine Bestsellerautorin, die offenbar einige Kinder ist und in der Regenbogenpresse öfter zu finden ist und in Wikipedia steht der Satz „Hera Linds stark autobiografisch geprägte Romane zählen- auch nach Aussage der Autorin – zur unterhaltenden Frauenliteratur“ und sind, wenn auch einiges davon übertrieben und sehr flott dahingeschrieben sind, spannend zu lesen, scheinen am Nerv der Zeit zu rühren und vielen Frauen aus der Seele zu sprechen, mir hat am besten das Nachwort „Alle Personen und alle Handlungensstränge dieses Romanes sind natürlich wie immer frei erfunden… Na ja. Nicht ganz. Manche Kulissen gibt es wirklich und es gibt tatsächlich Menschen wie… Aber den kläglichen Rest habe ich ich mir nun wirklich ausgedacht.“, gefallen.
Weil mich dieser offenbar notwendige Normsatz in den Büchern inzwischen zu nerven beginnt, wenn ich beim Lesen des Buches schon auf Seite zwei die Autobiografie erkenne und der Autor in Interviews auch zugibt, daß da nicht so viel erfunden ist und auch in meinen Büchern gibt es das Hotel Wolfinger in Linz, St. Pölten, Linz und auch die „Stadt des Kindes“ hat es einmal gegeben.
Aber zurück zu Franka Zis , der Hausfrau, die einen Bestseller namens „Die perfekte Frau“ geschrieben hat, sich dabei zufällig scheiden ließ und nun auf Seite sieben des neuen Buches, dabei ist mit ihren drei Kindern ein Schweizer Hotel zu beziehen, da sie gerade ihren Lebensgefährten Enno, von dem die kleine Fanny stammt und der auch ihr Scheidungsanwalt war, verlassen hat, weil er sie heiraten wollte. Das will die perfekte Frau, die sich zwischendurch auch manchmal Mama nennt, natürlich nicht, sondern beweisen, daß sie allein zurecht kommt, außerdem hat noch ein Programmdirektor angerufen, der sie für eine Talkshow engagieren will, so trifft sie ihn beim Abendessen, nur dort geht alles schief, denn die Kinder wollen in dem fremden Land, wo niemand Deutsch versteht und alles doof ist, nicht bleiben, der kleine Willi stopft solange Würstchen in sich hinein, bis ihm schlecht ist und er kotzen muß, so daß die genervte Mami den Buggy mit der kleinen Fanny einem fremden Ehepaar anvertraut, den ihr dann der Vater mit den zwei Kindern, der nebenan wohnt, suchen hilft. Trotzdem wird sie engagiert, aber als die Kinder am nächsten Tag unbedingt Boot fahren wollen, stirbt der Motor mitten am See ab und Herr Brüderli kommt ihr nachgeschwommen, während seine Bübli brav im Eissalon ihr Glace essen. Blöder geht es nicht, könnte man denken. Es kommt aber die Reportermeute, denn Franka hat einem Reporter erzählt, „daß sie ihre Kinder in der Bollerkammer einsperrt und sich mit fremden Männern trifft.“
Sie küßt auch Herrn Brüderli vor ihrem Zimmer, wird von der Meute überrascht und kommt als ehrgeizige Frau in alle Zeitungen und als Herr Brüderli dann doch nicht mit ihr schlafen will, reist sie mit ihren Kindern in ein Gulliver-Hotel ab, lernt dort Marie kennen, die mit ihren Kindern gemütlich Urlaub macht und gründet mit ihr und dem Kindermädchen Paula in weiterer Folge ein „Weibernest“ im Haus der ehemaligen „Nicht-Schwiegermutter“.
Der gute Enno, der als Scheidungsanwalt bestens zu empfehlen ist, heiratet inzwischen seine Mandantin Frau Gabernak, die sich so anreden läßt, keine Kinder will und die Kinder ihrer Gäste im geschmacklosen Partykeller verdammt und die Sauna zur zur Besichtigung hat und Franka fährt nach Berlin und beginnt mit ihrer Talkshow. Die wird zuerst zur Katastrophe, denn sie bekommt einen „Knopf“ ins Ohr und viele Anweisungen von der Chefredakteurin Frau Dr. Kaltwasser, die sie zuerst für eine Sekretärin hält, wird unmöglich geschminkt und angezogen und ihre Zähne muß sie sich auch ziehen lassen, weil sie „Schatten werfen“. Seltsamerweise tut das die Traumfrau auch, denn die ist ja nicht so unemanzipiert und will mit Marie, die sich von ihrem Super Ex-Gatten emanzipiert auch die Welt frauenfreundlicher machen. So gründet Marie ein Kampfsportstudiu und eine Modelinie für Frauen über vierzig, als Franka Zis ihr bei der Bewerbung helfen will, ist aber nur sie in den Gazetten, so daß Marie zurückschlägt und ihr auf Anraten Ennos die „versteckte Kamera“ schickt. Trotzdem wird die Show ein Erfolg und als beide Frauen schwanger werden, muß Marie zwar superschicke Umstandsmode für die berufstätige Schwangere entwerfen und Franka ihre Familie beim Supersender auch verlassen, das Weibernest lebt aber fröhlich weiter mit fröhlichen Frauen um die vierzig und vielen Kindern und die Männer kommen nur zu Besuchen oder helfen aus Krisen heraus.
Hera Lind wurde 1957 in Bielefeld geboren, war Sängerin, bevor sie in ihrer ersten Schwangerschaft, das erste Buch schrieb, das zum Bestseller wurde, dem viele folgten und Talkshows hat sie natürlich auch moderiert. Ein weiteres Buch von ihr habe ich im offenen Bücherschrank inzwischen auch gefunden und als ich gestern durch den „Morawa“ in die Alte Schmiede ging, bin ich auf den Bücherstoß des neuen Lind Buches „Der Überraschungsmann“ gestoßen, das Bibliomanie ausführlich besprochen hat. Ich habe es liegen lassen und mir nur in der Flohmarktkiste einen Peter Stamm Erzählband um einen Euro gekauft, obwohl ich Erzählungen gar nicht so mag.
2011-06-28
Exkursionen zum verklärten Fremden
Rom und Mexiko in der Alten Schmiede, hat da ja zuerst im Keller Jürgen Lagger seinen Roman „Citta Morta“ vorgestellt. Der 1967 in Villach Geborene studierte Architektur, ist Verleger beim Luftschachverlag und ich lese immer gerne die Diskussionen um die FM4 Anthologie, die dort herausgegeben wird im Internet, seit 2002 in der GAV und der Rom-Text „Citta Morta“ wurde von Kurt Neumann als siebenteiliges Prosawerk vorgestellt, in dem ein Ich-Erzähler nach Rom reist, dort eine Liebesbeziehung beginnt und durch beobachten die Stadt Rom erlebt oder in ihr aufgeht. Im siebenten Teil wird das alles dann noch einmal aufgerollt und neugeordnet, es gibt auch in kursiven Texten verschiedene Anspielungen und Zitate auf andere Rom-Literatur. So kommt Thomas Mann „Tod in Venedig“ natürlich vor, Friederike Mayröcker, aber auch Josef Winklers „Natura Morta“. Mir ist da Gustav Ernst „Frühling in der Via Condotti“ eingefallen, weil ich das ja kürzlich gelesen habe und Linda Stifts Rom-Anthologie habe ich ja auch noch immer nicht gelesen, aber Jürgen Laggers Text hat wahrscheinlich einen poetischeren Anspruch und offenbar auch keine wirkliche Handlung, da der Ich-Erzähler hauptsächlich ein Beobachter ist, der die Athmosphäre und die Annäherung an die ewige oder auch tote Stadt entstehen läßt. So begann Jürgen Lagger auch gleich mit dem Anfang und da kommt wieder einer am Bahnhof an, wird dort gleich von Hotelkeilern umgarnt und von Leuten angesprochen, die ihm um fünfunddreißig Euro überall hinbringen wollen, aber er hat schon ein Zimmer und einen Schlüßel dazu, liegt dann auf einem alten Bett mit einer schmutzigen Matratze und geht später in eine Pizzeria essen, wo er sieht, daß der Kellner zwei eine nordische Sprache sprechende junge Leute, um eine Flasche Wein prellt.
„Ich könnte auch ein Schwede sein!“, sein ist so eine Wortwiederholung, die mehrmals auftauchte. Kurt Neumann meinte im anschließenden Gespräch, daß man beim Lesen merken würde, daß die Wiederholungen die Handlung weiterbringen und einen besonderen Sinn haben. Mir sind ein paar schöne Formulierungen dabei aufgefallen. Beginnen tut es mit einem Thomas Mann Zitat, der im Text eine große Rolle spielt und Jürgen Lagger erklärte auf Kurt Neumanns Frage, wie so ein Text entsteht, daß er zuerst sieben Kurzgeschichten schreiben, dann aus dem ganzen einen längeren Text machen wollte, schließlich ist er zu dieser Form gekommen. Danach ging es in den Schmiederaum. Dort war es voller, es war auch Ruth Aspöck da, die zu der Lesung von Renata Zuniga gekommen ist. Die 1957 geborene Renata Zuniga, die diplomierte Dolmetscherin für Spanisch und Französisch ist und in der Alten Schmiede eine der Moderatorinnen der Textvorstellungen ist, reist viel herum und offenbar war sie auch oft in Mexiko und da ist eine offenbar noch unveröffentliche Erzählung „Viele sind Raben“ bzw. viel Textmaterial entstanden, aus dem sie vorgelesen hat. Es ist in Mexiko auch ein Film über die Kinder eines indigenen Dorfes entstanden und angeregt wurde sie zu den Mexikoreisen offenbar durch die Lektüre von Carlos Castaneda. So ist sie nach Mexiko-City gekommen, war dort von dem Lärm und der Hektik enttäuscht, flüchtete nach Cancun und mietete sich für drei Monate in eine Hütte ein, dann schlug sie aber an drei Abenden in der Bibel die gleiche Stelle auf, daß sie ihr Glück in der Wünste machen würde, so daß sie in den Norden reiste, wo es keinen Tourismus und keine alleinreisende Frauen gibt und dort nach den indigenen Dörfern und Schmamanen suchte, die sie auch fand, so daß sie noch einmal zurückkam und mit den Kindern einen Trickfilm herstellte, den sie anschließend zeigte, denn Renate Zuniga ist auch Filmemacherin.
Ich bin dann noch mit Ruth Aspöck die Kärntnerstraße hinuntergegangen und habe mit ihr diskutiert, ob ich undiplomatisch bin.
2011-06-27
Wochenendärger
Am Wochenende waren wir in Harland, der Alfred hat seinen Eltern bei der Gartenarbeit geholfen, ich habe lange an meinem „Erfolgsgedanken“ gefeilt, den Artikel, den ich als Reaktion auf Thomas Wollingers Serie über das „Erfolglos schreiben“ machen wollte, denn da hat mich ein bißchen gestört, daß einfach die Schreibregeln umgedreht werden, aber auf die zweite Seite der Kommunikationsschiene, die ja auch wichtig ist, bis jetzt vergessen wurde. Einen Anfänger mag es vielleicht helfen, auf das „Show not tell“ einmal in umgekehrter Form aufmerksam gemacht zu werden, aber kommt man dadurch wirklich zu Erfolg und Anerkennung? Es gibt zwar Schreibseminare, die das behaupten, aber ob die für ihre Teilnehmer wirklich alle gleich die entsprechenden Verlage zur Hand haben?
Danach habe ich meine beiden Texte wieder einmal korrigiert und bin wieder einmal nicht fertig geworden und am Abend habe ich das erste Mal verflucht, keinen Kindle bei der Hand zu haben. Wollte ich ja nicht wirklich mit Jean Marie Gustaf Le Clezios „Wüste“ anfangen, sondern eigentlich Hera Linds „Weibernest“ weiterlesen, um es noch diese Woche zu besprechen, aber das hatte ich in Wien und da wäre die google Booksuche gut und das Herunterladen, aber da sind die Gesetze leider so, daß sie dir nur Tips geben, die helfen sollen, das Buch zu kaufen, was mir, da ich es schon im Bücherschrank gefunden habe, nicht wirklich weiterhalf.
Am Sonntag sind wir auf den Göller gegangen, zwar war das Wetter nicht wirklich schön, aber ich bin nicht wetterempfindlich, gehe bei jeden Wetter hinaus und ein bißchen Regen stört mich nicht. So habe ich die vier Stunden wandern auf den Hausberg sehr genossen, kann man dabei ja seine Gedanken schweifen lassen und über das erfolglose Schreiben nachdenken. Kurz vor zwei waren wir wieder unten und sind noch einmal zum Gasthof Holzer gefahren und diesmal hat es auch geklappt. Die Jandl-Tage vorbei, der Musiksommer noch nicht angefangen und das Rindfleisch hat mir auch geschmeckt. Dann hat, als ich schon beim Cafe Latte war, die Ruth Aspöck auf Alfreds Handy angerufen und uns an ihr Fest nächsten Montag erinnern, beziehungsweise den Alfred aufgefordert, ein paar Kuchen dafür zu backen, denn das macht er gern und wird dafür auch sehr bewundert.
Mir hat sie gesagt, daß bei den Neuaufnahmen, die sie gerade durchgeht, sie ist ja in der GAV-Jury, sich jemand auf das Literaturgeflüster bezogen hat.
„Wer?“, habe ich natürlich gefragt und mich über ihre Antwort, daß sie mir das nicht sagen darf sehr geärgert. Zwar kann ich mir das eigentlich denken, wurde ich ja schon bei der vorigen GV von Günter Vallaster zitiert und ich bekomme ja auch einmal die Namensliste, an der ich weiter raten kann, geärgert hat es mich auf der Fahrt nach St. Pölten aber trotzdem, so daß ich beschlossen habe, sie anzurufen und es ihr zu sagen. Trage ich meine Konflikte gerne offen aus, denn das habe ich gelernt, daß das besser ist, als den Frust hinunterzuschlucken.
Geholfen hat die Antwort von der Geheimhaltungsabmachung bis alle Texte durchgesehen sind, aber auch nicht sehr und auch der Hinweis, daß sie mir eigentlich eine Freude machen wollte, tat es nicht. Denn wenn es schon so geheim ist, hätte sie damit gar nicht anfangen brauchen. Mit den Geheimnissen ist es immer schwierig, vor allem wenn es sich dabei um eigentlich so unwichtige Dinge handelt, sind sie ja auch irgendwie Machtinstrumente.
Und ich trage bezüglich der GAV-Jury auch einen anderen Ärger in mir herum, der sich damit vermischte. War ich ja zwei Jahre in der Jury und bin da zwar nicht sehr geeignet, weil mir das Ablehnen generell schwer fällt, aber ich interessiere mich sehr für Literatur und man lernt viel dabei, so habe ich mich in den letzten Jahren immer wieder bei den GAV-GVs dafür gemeldet und wurde abgelehnt, weil ich da schon einmal war. Im vorletzten Jahr habe ich meinen Ärger Ilse Kilic gemailt und dachte, daß ich heuer klare Regeln einmahnen sollte, dann dachte ich, ist ja egal, ich kann immer meine Vetis einlegen.
Jetzt habe ich mich, während der Alfred die abgeschnittenen Äste wegräumte, hingesetzt und das Mail geschrieben. Ob es was nützt, weiß ich nicht, denn ich fühle mich oft übersehen, andererseits stimmt das, wie das bewußte Zitat zeigt, auch nicht immer und da ich schon jahrelang zu literarischen Veranstaltungen gehe, denke ich, daß es mir nicht so leicht passiert, daß ich jemanden ablehne, weil der oder die vielleicht nur eine Seite einreicht, da ich die meisten Namen kenne, höchstwahrscheinlich schon auf Lesungen war und wenn nicht, nachgooglen würde.
Ein bißchen hat das geholfen den Ärger zu reduzieren, trotzdem hatte ich Kopfweh und war angespannt, als ich in Wien mit dem „Weibernest“ in der Badewanne lag. Und das dumme Muttchen oder die Bestsellerautorin, die mit ihren drei Kindern in ein Schweizer Nobelhotel fährt und dort einen Programmdirektor, der ihr eine Talkshow anbietet und einen geschiedenen Vater, der mit seinen Söhnen Urlaub macht und ihr nachschwimmt und sie rettet, als sie mit ihren Kindern ein Boot besteigt und dann mitten am See den Motor ausmacht und nicht mehr zurückkann, kennenlernt, hat mich auch nicht aufgebaut.
Bin ich zu empfindlich? Ein bißchen vielleicht. Rudi Lasselsberger hat mir aber einen lieben Kommentar geschrieben, so daß ich ihn gleich zu meinem literarischen Geburtstagsfest einladen konnte.
2011-06-25
Erfolgsgedanken
Thomas Wollinger hat auf seinen schönen Blog derzeit eine schöne Serie „Erfolglos schreiben“, die die erfolgsfreie Schreiberin, das ist ein Ausdruck, den ich einmal von Peter Danzinger hörte und ein bißchen in die „Dora Faust“ einbaute, natürlich anzieht, leben wir ja in einer Gesellschaft, in der man ständig Erfolg haben muß und wenn nicht, hat man versagt und hält am besten den Mund und Thomas Wollinger, der in seinen Schreibseminaren wahrscheinlich Erfahrung mit dem Wunsch nach dem erfolgreichen Schreiben hat, hat seine Serie „Als Rettungsring für eine Welt, die in einer Flut von Anleitungen zum erfolgreichen Schreiben zu ertrinken droht, nach Paul Watzlawick „Anleitungen zum Unglücklichsein“ genannt, obwohl ich noch immer nicht ganz sicher bin, wie er sie versteht.
Wie schreibt man also nach Thomas Wollinger erfolglos in der Erfolgsgesellschaft, wozu mit welchen Ziel?
Man setzt sich zu hohe und zu unrealistische Ziele, hält sich für intelligenter als die anderen, verändert und kürzt seine Texte nicht, sondern liebt sie, wie sie sind, spricht statt zu zeigen und denkt für seine Leser.
Das wars bis jetzt und ich habe mit mehr und weniger gemischten Gefühlen das alles eifrig kommentiert und widersprochen, denn natürlich weiß ich, daß man spannend schreiben und seine Texte bearbeiten soll. Beim Kürzen habe ich auch kein Problem, beim nicht Dazustehen ein wenig mehr. Daß man seine Ziele realistisch ansetzen soll, ist auch ganz klar, weil man sonst ja unzufrieden ist, das mit der Intelligenz ist ein bißchen widersprüchig, denn natürlich soll ich mich nicht für besser, als die anderen halten. Die großen Schriftsteller haben es aber wahrscheinlich getan und wären sonst auch nicht erfolgreich geworden und die unrealistischen Ziele sind auch ein Weg zum Erfolg und da spießt es sich wahrscheinlich, denn es fragt sich ja, ob ich „erfolgreich“ schreiben werde, wenn ich in einem Schreibseminar kürzen lerne und mich mit dem „Show not tell“ auseinandersetze, denn da habe ich erstens das experimentelle Schreiben ausgelassen, also die Autoren, die in Österreich die Preise bekommen und wenn ich mich so bei den Kritikern umhöre, stöhnen die meist bei Texten, die spannend und realistisch sind und den Plot von A-Z planen und schwärmen von den sprachlich anspruchsvollen Texten. Zweitens denke ich, zum Erfolg gehört auch Anerkennung, höchstwahrscheinlich ein Verlag und, um den zu finden, wahrscheinlich ein bekannter Name, das sogenannte Talent oder was auch immer, ich bin in diesem Punkt offensichtlich nicht sehr begabt.
Als ich 1973 zu schreiben begonnen habe, habe ich mir sicher ganz unrealistische Ziele bis hinauf zum Nobelpreis gesetzt und, daß wir alle nach Erfolg und Anerkennung schielen, ist auch verständlich. Dann bin ich aber eine, für die die Kreativität und die Auslebung der solchen sehr wichtig ist. Mich stört es nicht, wenn alle schreiben, tanzen, malen, musizieren, so gut sie es können, sondern finde das toll.
Wir leben aber in einer Gesellschaft in der das nur den Profis vorbehalten zu sein scheint. So gehst du mit deiner Mappe Bilder zur Akademie der bildenden Künste oder singst und spielst auf der Musikhochschule vor. Bist du gut genug, wirst du aufgenommen und darfst weiterlernen, wenn nicht, wirst du belächelt, wenn du deine Bilder weiter malst und stolz in deinem Wohnzimmer aufhängst und deinen Gästen zeigst. So habe ich es vor Jahren einmal in einer Kolumne von Christine Nöstlinger gelesen, wo sie die selbstgemalten Bilder ihrer Freunde anprangerte, was mich sehr befremdet hat.
Bei der Literatur war das bis vor kurzem etwas anders, denn da gab es zumindest im deutschen Sprachraum keine Ausbildung, man konnte es nicht lernen, mußte es aber trotzdem irgendwie tun. Dann kamen die ersten Volkshochschulkurse. Inzwischen haben viele Autoren das kreative Schreiben als Geschäft erkannt, weil ja viele oder einige das wollen und bieten kreative Schreibekurse an, die auch allmählich etwas angesehener werden.
Als ich 1973 zu schreiben begonnen habe, war das mit den Schreibseminaren noch viel komplizierter, denn damals gab es das kaum, obwohl der Arbeitskreis schreibenden Frauen, in dem ich Autoren, wie Marie Therese Kerschbaumer, Christa Stippinger, Elfriede Haslehner und auch Arthur West kennenlernte, ein früher Vorläufer war. Ich dachte, ich wäre jetzt in der Gruppe 47, bin dadurch auch in die GAV gekommen und habe, als ich Wilhelm Szabo kennenlernte, ganz naiv gedacht, daß der große Dichter mich jetzt fördern wird.
Mein großes Problem war damals auch die Hemmung und, daß ich nicht wußte, wie das Schreiben ging. So denke ich, daß das Internet und die vielen Schreibseminare, die es inzwischen gibt, ein Segen sind. Das wichtigste ist für mich die Ermunterung das zu tun und die Wertschätzung für das Resultat. Natürlich braucht man konstruktive Kritik. Damit tat ich mir ein wenig schwer, weil ich mit der, die ich vor fünfunddreißig Jahren bekam, nicht viel anfangen konnte und sie vielleicht auch nicht verstanden habe. So daß es immer noch sein kann, daß ich das Recht schreiben zu dürfen, vielleicht, wie JuSophie einmal meinte, mit Zähnen und Klauen verteidige und da nicht locker bin.
Ich habe auch ziemlich wahllos meine Texte herumgeschickt, weil ich nicht recht wußte, wie man es macht, viel zu früh und viel zu unkorrigiert an Suhrkamp, Fischer, Rohwohlt, Residenz, der damals ja der österreichische Verlag war, etc.
Da ist es sicher gut zu lernen, wie man ein Expose schreibt und Rechtschreibprogramme anwendet. Ich erlebe den Literaturbetrieb auch als sehr hierachisiert und denke, daß man mit den Kleinverlagen, bei denen beispielsweise die Lesetheaterfrauen ihre Bücher haben, höchstwahrscheinlich auch nicht mehr Erfolg hat, als ich mit meinen Digitaldruckbüchern ohne ISBN Nummer und Verlagsname. Trotzdem scheint es etwas Schlimmes zu sein, seine Bücher selber drucken zu lassen.
Wie bin ich dazu gekommen? In dem ich in den Achtziger und Neunzigerjahren, als ich endlich wußte, wie man das macht, ziemlich viel und wahllos und unsicher herumschickte, immer weniger Antworten bekam, so daß mir der Alfred, der sich ein bißchen mit den BoDs, die damals aufkamen, beschäftigt hat, mir 2000 die „Wiener Verhältnisse“ zum Geburtstag schenkte.
Ein paar Jahre vorher wollte ich mit Elfriede Haslehner, Hilde Langthaler und Valerie Szabo-Lorenz ein „Vier Frauen Buch“ machen, wir haben viel gestritten, einen Verlag gesucht, keinen gefunden und sind bei einem Kleinverleger gelandet, der glaube ich, von jeder zwanzigtausend Schilling haben und sich die Förderung, die er bekam, als Lektoratshonor verrechnen wollte und als ich das nicht wollte, einen Tausender Ausfallshonorar verlangte. Die Zuschußverlage sind sowieso das letzte, hört man immer, die erfolglosen Autoren fallen trotzdem darauf herein, werden ausgelacht, dürfen damit nicht in den PEN, an manchen Orten nicht lesen und sogar, wie ich einmal sah, an bestimmten Schreibkursen nicht teilnehmen, was ich auch für ganz schön arrogant halte.
1989 habe ich die „Hierarchien“ an zweiundvierzig Verlage geschickt und bin schon damals auf die Idee gekommen, beim Bumuk, um einen Druckkostenzuschuß anzusuchen, das habe ich Jack Unterweger, der meine Texte in seiner „Wortbrücke“ druckte, geschrieben, der mir sofort ein Antragsformular schickte, das er das Buch macht. Was er dann auch ein bißchen zu schnell vieleicht, weil er vorher gerade aus der Haft entlassen wurde, tat, ich mir die Kartons der Bücher mit ISBN Nummer abholen konnte und die zum Teil immer noch in meinem Kasten stehen habe, weil kein Vertrieb dabei war, so daß ich gar nicht so an den Vorteil einer ISBN Nummer glaube. Daß man sich die kaufen kann, weiß ich, aber irgendwie bin ich ein Borderlinetyp, nicht im Sinn der F6 Diagnose, aber eine, die offenbar gerne gegen den Strom schwimmt und sich übt an einer Linie entlang zuspazieren und sofort, wenn sie zu weit nach rechts oder auch nach links kommt, erschrocken zurückmarschiert. Ich war 2000 mit den „Wiener Verhältnissen“ also sehr zufrieden und nur über die Reaktionen der anderen erstaunt, die „Eigenverlag wollen wir nicht!“, riefen.
Habe jetzt schon dreiundzwanzig selbstgemachte Bücher und das sinnlose Herumschicken nach „Tauben füttern“ irgendwann auch aufgegeben. 2008 habe ich angefangen zu bloggen und mein erfolgloses, erfolgsfreies oder auch erfolgreiches Schreiben in der Öffentlichkeit zu outen. 2008 war ich als erste Mal auf der Buch Wien und da habe ich, weil ich ja immer höre, das man das soll, einen Kleinverleger „Die Radiosonate“ angeboten, bzw. geschickt, als ich damit fertig war. Leider ist keine Antwort gekommen. Paul Jaegg hat mir das dann noch einmal angeboten. Da habe ich bei der „Sophie Hungers“ aber kein Jahr warten wollen und seither habe ich es nicht mehr versucht.
Natürlich ist es frustrierend gegen den Strom zu schwimmen, vor allem wenn man, wie wahrscheinlich viele Autoren, sehr empfindlich ist. Bei Elisabeth Chovanec, die ihre Bücher ebenfalls selber macht, habe ich aber gesehen, daß die viel lockerer damit umgeht und auch Lob und Anerkennung bekommt, was ich bei mir offenbar nicht so sehen kann. Aber um wieder in einer Zeit in der immer weniger gelesen wird und man immer öfter hört, wie viele Kinder, das in der Schule nicht lernen, zur Anleitung zum Schreiben zurückzukommen. Offenbar haben viele Leute den Wunsch nach Kreativität, einige wollen schreiben, angeblich lesen die dann nicht mehr und in den Schreibseminaren kann man das Handwerk lernen, was sicher wichtig ist und schneller geht, als wenn man es selber im Blindversuch macht. Daß man auch Anerkennung, Erfolg und Wertschätzung haben sollte, ist ebenfalls ganz klar und, wie das mit den Zielen ist, ist schwierg, denn wenn ich nicht antrete, die Welt zu erobern, werde ich nicht weit kommen. Also sollte man versuchen das zu tun und hat dann vielleicht das Glück am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu sein. Der berühmte Name wäre vielleicht auch wichtig, weil den die Leser wollen, so daß die berühmten Schauspieler, Politiker etc meist keine Schwierigkeiten haben, einen sogenannten Publikumsverlag zu finden und wenn die vielleicht nicht schreiben können oder wollen, bieten sich ja die Dienste eines Ghostwriters an, wo wieder einige Autoren verdienen.
Da ich 1973 aber nicht nur schreiben wollte, sondern auch Psychologie studieren, was heute nicht mehr so einfach wäre, bin ich den pädagogisch-therapeutischen Weg gegangen, der die Kreativität für sich und alle fordert. Es war mir aber seltsamerweise immer wichtig, mich für die Literatur der anderen zu interessieren. Da bin ich wertschätzend und offen und habe kein Problem mit den Schwächen der anderen. Die Sätze der Kollegen, daß sie mit jemanden, der schlechter schreibt, nicht lesen wollen, habe ich nie verstanden, ebensowenig, wie das Jammern über die schlechten Bücherblogs. Da freue ich mich, wenn ich besser bin und, daß ich das werde, wenn ich es ständig übe, halte ich ebenfalls für selbstverständlich. Wie weit ich noch komme, weiß ich nicht, da braucht man sicherlich soetwas, wie Glück und da bilde ich mir ein, nicht viel gehabt zu haben.
Trotzdem denke ich, daß die Zeit für das Schreiben gut ist, weil man von Blogs, wie den von Thomas Wollinger viel lernt. Leider habe ich ihn erst kennengelernt, als ich es schon konnte. Ein bißchen leide ich trotzdem an der fehlenden Anerkennung und der sogenannten Erfolglosigkeit, aber da hat wahrscheinlich auch Thomas Wollinger kein Rezept, wie man zu der Wertschätzung kommt.
Das Aufgeben ist es aber, glaube ich, nicht, obwohl ich sehr oft heraushöre, daß ích das sollte.
Aber, wie heißt es so schön, aufgeben tut man einen Brief und auch das nicht mehr, da es inzwischen ja das Mailing gibt.
2011-06-23
Die Farben der Grausamkeit
Der Inhalt von Josephs Zoderers neuem Roman „Die Farben der Grausamkeit“ ist schnell erzählt, es ist die Geschichte eines Mannes zwischen zwei Frauen, der sich nicht entscheiden kann, beide liebt und alles will.
Joseph Zoderer braucht für diesen Satz dreihundertfünfunddreißig Seiten, drei Teile, eine wunderschön verdichtete Sprach, halb Europa und noch ein Stück Weltgeschichte.
Iris Radisch hat es im Literaturclub von 26. 4. „ein altmodisches Buch“ genannt und damit das geteilte Berlin von 1989 und die Achtzigerjahre gemeint und die beiden Literaturkritiker mit denen sie darüber diskutierte, sind überhaupt über die gefühlsschwangere Beschreibung des Mannes zwischen den beiden Frauen, der einen, die ein Haus mit ihm baut und der anderen, die ihn nackt unter der Schürze mit Sphaghetti empfängt, ausgeflippt. Cornelius Hell hat das Buch am 28. 5. in Ex Libris besprochen und hat es vor allem wegen der schönen Sprache gelobt und ich könnte mein Vorurteil wiederholen, daß das Buch das Leiden des alten Mannes an der Welt, der Liebe und den jungen Frauen beschreibt.
Joseph Zoderer hat am 6. 5. in der Alten Schmiede auf Kurt Neumanns pathetischer Beschreibung als „Großes Epos eines Mannes mit schrankenlosen Liebesverlangen“ mit „Die ganzen Themen der Literatur bestehen aus der Liebe und dem Tod!“, geantwortet.
Man sieht, daß man ein Buch auf sehr verschiedene Art und Weise empfinden kann und die dreihundertfünfunddreißig Seiten haben auch sehr viel zu bieten.
Es beginnt mit einem alten verwahrlosten Haus am Berghang, wahrscheinlich von einer Südtiroler Stadt eine Stunde entfernt, in das sich Richard und Selma mit ihren beiden Buben zurückgezogen haben, das sie liebevoll renovieren und in mühevoller Kleinarbeit Stück für Stück bis auf die alten Mauern und dem Geruch, wie früher die Bauern das Fleisch räucherten, wieder errichten. Sie schlafen auch im Heu und bauen sich ihre Ofen selbst, beziehungsweise lassen sie sich die von den Handwerkern des Dorfes errichten, stellen dann ihre Bücherwände und ihre Bibliothek in die Zimmer und Richard, der Rundfunkjournalist fährt am Morgen in die Stadt in seinen Sender zur Arbeit und kommt am Abend mit den Einkäufen, Gelati und Spielzeugautos für die Kinder zurück.
So weit so gut, wenn da nicht die junge Praktikantin Ursula gewesen wäre, die Richard eines Tages in der Redaktion vor dem Fernschreiber trifft und ihr mit Haut und Haaren verfällt. So beginnt er mit ihr ein Doppelleben, läßt sich von ihr in der Stadtwohnung Spaghetti kochen, wo sie ihn dann nackt unter der blauen Schürze empfängt und reist mit ihr durch die Welt. Fast schamlos locker und scheinbar ohne Schuldgefühle tut er das, nachdem er Selma am Wochenbett verlassen hat. Irgendwann beim Essen teilt ihm Ursula aber mit, daß sie sich in einen anderen verliebt hat, was ihn auch erleichtert, so kann er mit Selma und den Buben in das Haus am Berghang ziehen und sein Doppelleben vergessen. Die Erinnerungen kommen aber wieder und holen ihn in seinen Träumen ein, wo er sich als Mörder sieht, Ursula in den Krematoriumsofen schiebt oder von ihr hineingeschoben wird. Selma scheint von seinem Doppelleben auch etwas zu ahnen, so daß das Glück in dem das Leben und die Natur in allen ihren Farben beschrieben wird, doch nicht so eindeutig zu sein scheint.
Den Buchtitel hatte ich nach meinen Besuch in der alten Schmiede nicht ganz verstanden. Jetzt verstehe ich ihn, denn die Sprache des 1935 geborenen Südtiroler Dichters ist wirklich fulminant.
Abgehackt und nicht chronologisch erzählt sie diese Geschichte, schildert die Gefühle des Protagnonisten und seine Alpträume und erzählt gleichzeitig die Handlung und das Weltgeschehen. So gibt es zwei Schreibweisen, kursiv die Gefühle, normal gedruckt das Geschehen könnte man sagen, obwohl das auch nicht immer ganz stimmt. Der erste Teil wird folgerichtig „Das Haus“ genannt, im zweiten wird Richard, als Auslandskorrespondent zuerst nach Paris und später nach Berlin geschickt.
So heißt der Teil auch „Eine Mauer der Freiheit“ und da trifft er Ursula wieder, die inzwischen einen Spanier geheiratet hat und zwar einen ganz seltsamen, nämlich einen Zwitter und katalonischen Poeten, der neben ihr auch arabische Jungen liebt, aber trotzdem streng Ursulas Telefon, die sich jetzt Miguela nennt, überwacht und sie liebt ihren Mann auch sehr. Sie liebt aber auch Richard und die beiden verfallen wieder aneinander und das Ganze passiert in Berlin im November 1989 während des Mauerfalls, wo sich die Ossis und die Wessis plötzlich in den Armen liegen, ihr Freibier trinken und auf der Mauer tanzen. Richard muß darüber berichten, tanzt aber auch mit Miguela-Ursula nackt in seinem Appartement und Selma taucht auch plötzlich auf und als er die Weihnachtstage im Haus am Berg verbringt, weiß sie, daß er sie verlassen wird.
Im dritten Teil „Meeressand“ versucht er auch das zu tun. Denn er ist von der Weihnachtsfeier nach Barcelona geflogen, wo ihm Miguela eröffnet, daß sie von ihm schwanger ist, aber nicht „die Mutter seines Kindes sein will“.
Sie will ihn aber trotzdem mit Haut und Haaren und auch mit ihm in Barcelona leben, was aber nicht geht, da Richard ja seiner Redaktion über die Ereignisse in Berlin berichten muß, so kommt er wieder in das Berghaus, wo er noch Miguelas Worte in den Ohren hat, während ihm Selma eröffnet „Du wirst wieder Vater sein. Freust du dich nicht?“
Es ist also mehr ein gefühlvolles, als ein altmodisches Buch, würde ich vermuten, eines mit einer starken Sprache, vielen Metaphern und Bildern, Gedanken und Zeitsprüngen. Gefühlspathetisch ist es sicher und das Leiden des älteren Mannes an der Liebe wird ebenfalls geschildert. Das kann eine als nicht betrügende Frau nerven oder nicht, spannend und neu waren aber die Seiten mit den Farben der Grausamkeit, in denen Richard sich und Miguela als Mörder sieht, obwohl ja niemand ermordet wird, im Gegenteil kommt am Schluß ja wenigstens ein Kind zur Welt und Richard kehrt, wie es aussieht, auch zu seiner Frau und dem schönen alten Haus in den Südtiroler Bergen zurück. Und den Mauerfall vor etwas mehr als zwanzig Jahren würde ich gar nicht als so lang vergangen und altmodisch, wie Iris Radisch bezeichnen. Aber vielleicht meinte sie die metaphernreiche Sprache und das vierhundert Jahre alte Bauernhaus, das sich Selma und Richard für sich und ihre Kinder aufbauten.
Ich habe einen langen Weg zu diesem Buch gehabt, da ich es nicht gleich, als mir der Haymon Verlag sein Frühlingsprogramm schickte, anfragte, sondern das erst tat, als die Einladung in die Alte Schmiede kam. Dann ist lange keine Antwort gekommen und am Schluß ist das Buch offenbar auch noch am Postweg verloren gegangen, so daß ich mir während des Wartens manchmal dachte „Macht ja nichts, die Leiden des älteren Mannes an der Liebe, hast du ja ohnehin schon oft gelesen“ und habe jetzt doch ein starkes Stück Literatur und mehr als ein Aha-Erlebnis gehabt und über die Meinungen der Berufsrezensenten habe ich mich auch wieder einmal gewundert, da die alles besser wissen und das 2011 erschienene Buch eines 1935 geborenen Dichters, als altmodisch empfinden, weil er den Fall der Berliner Mauer in sein Liebesleben einbezogen hat.
2011-06-22
Vorhof der Wirklichkeit
In „Vorhof der Wirklichkeit“ von Hannelore Valencak, geschrieben in den Fünfziger oder Sechzigerjahren, das vor mir liegende Buch ist eine Donauland Lizenausgabe aus 1972, in Wikipedia habe ich keine genaueren Angaben gefunden, spricht eine Frau zu sich selbst und erzählt dabei ihr Leben.
Das Leben einer namenlosen Ich-Erzählerin oder eines „dus“, das Neunzehnhundertsiebenundfünfzig“ neunundzwanzig Jahre ist. Das „du“ ist in einer Eisenbahnersiedlung einer wohl steirischen Kleinstadt aufgewachsen und in den Krieg hineingekommen und seltsamerweise erinnert die Beschreibung der Schulzeit dieses Mädchens an die Schülerin G. von Katharina Tiwald, die zwar Anfang des Einundzwanzigsten Jahrhunderts in die Schule geht, aber trotzdem einige Ähnlichkeiten hat. Ein Wunschkind ist es nicht, dieses kleine Mädchen, der Vater mußte die Mutter heiraten und ist bös auf sie, weil er ihretwegen nicht Zeichenlehrer sondern Eisenbahnbeamter in Uniform geworden ist. Deshalb zerreißt er auch die Zeichnung seiner Tochter, weil sie angeblich nicht schön genug geworden ist und dieses arme Leute Kind hat in der Schule, ähnlich wie Katharina Tiwalds Schülerin einiges mitzumachen. So spielen die besseren Schülerinnen „Ein Bauer ging ins Feld“ und wählen sich die besseren Schülerinnen aus, während das Eisenbahnerkind übrig bleibt und nicht einmal als Maus genommen wird. Trotzdem ist sie eine gute Schülerin, eine Streberin sogar und darf deshalb in die Oberschule, sie schreibt auch schöne Aufsätze und liest gern Bücher, dann kommt der Krieg und der Mutter muß sie sowieso im Haushalt helfen und fühlt sich ausgenützt, es kommt auch zu heißen Kämpfen mit dem Vater und zu einer ersten Liebe, als sie im Spital liegt und dünn und unterernährt, von einem Tierarztsohn geküßt werden soll. Sie stößt ihn weg und flüchtet sich in ihre Phantasie, erlebt mit der wortkargen Mutter die Kriegsnöte und hilft ihr während einer Fehlgeburt. Als der Krieg vorbei ist, maturiert sie und beginnt Medizin zu studieren. Dort lernt sie den Physikstudenten Walter kennen, von dem man schon auf der ersten Seite des Buches erfährt, daß er ihr Mann geworden ist und sie betrogen hat. Jetzt verlieben sie sich ineinander und ziehen zu einem alten Ehepaar in ein Häuschen, das sie aufnimmt und bekocht. Sie bricht mit ihren Eltern, nachdem ihre erste Geschichte in einer Zeitung erscheint, als sich das nicht fortsetzt, muß sie Walter heiraten und ihr Studium muß sie auch unterbrechen, weil kein Geld da ist und sie sich von ihm nicht aushalten lassen will. So geht sie wieder in das Stahlwerk arbeiten und kann nicht fertigstudieren, weil sich Walters Dissertation verzögert, weil er von seinem Professor als billige wissenschaftliche Hilfskraft ausgenützt wird. Sie wird also Metallographin, bekommt einen verständnisvollen Chef, der ihr „Den kleinen Prinz“ zu lesen bringt und nichts dagegen hat, wenn sie in der Dunkelkammer ein wenig schläft. Hat sie ja ihr Studium unterbrochen, um Walter zu ernähren, den Haushalt muß sie aber trotzdem machen und Strümpfe stopfen. Walter hilft ihr nicht und sie ist zu stolz, daß sie ihn dazu auffordert. Sie fängt wieder zu schreiben an, ihre Gedichte werden in Anthologien und Zeitschriften gedruckt, sie schreibt auch einen Roman, der ihr aber nicht so gelingt, dazwischen gibt es eine Abtreibung, an der sie fast stirbt, weil sie wieder zu stolz war, Walter zu sagen, daß sie Hilfe braucht. Die Ehe ist also nicht so gut und als ihr neuer Chef ihr verbietet, den Roman am Arbeitsplatz zu schreiben, tut sie das am Abend, so daß sie Walter aus dem Haus und zu einer Freundin treibt. Den ungeliebten Arbeitsplatz kann sie auch nicht aufgeben, zwar hat sie es geschafft, daß Walter sein Studium zu Ende bringt und er verspricht ihr auch, in zwei Jahren, wenn die Raten für die Wohnung bezahlt sind, kannst du aufhören, aber dann will er zuerst ein Motorrad, dann ein Auto, schließlich bekommt die Freundin ein Kind und er muß die ersten drei Jahre für sie sorgen. Sie kann nach der Abtreibung nicht mehr schwanger werden. Trotzdem kommt es im „Vorhof der Wirklichkeit“ zu einer Versöhnung des Ehepaars, sie hat Schlaftabletten genommen und Walter hat sie gefunden und vielleicht auch zu einen Neubeginn und neuem Scheitern.
Hannelore Valencak wurde 1929 in Donawitz geboren und ist 2004 in Wien gestorben. Im Klappentext steht etwas von „gehört zu den profiliertesten Talenten der jüngeren Literatur Österreich“.
Ich habe den Namen, glaube ich, im Sommer 1977 zum ersten Mal gehört, als im Radio, war es schon Ö1?, das „Fenster zum Sommer“ gesendet wurde, das mich sehr beeindruckt hat. Dieser Roman wurde 2006 bei Residenz neu aufgelegt. In Wikipedia steht noch etwas von Kinderbüchern. Das 1974 erschienene „Ich bin Barbara“ habe ich vor kurzem ebenfalls im Bücherschrank gefunden. Im Podium hat Hannelore Valencak, glaube ich, ebenfalls publiziert und war auch im Pen Vorstand.
Der Roman war sehr interessant, erzählt er eine Kriegskindheit ja sehr authentisch nach und spricht auch sehr offen von den Irrungen und Wirrungen der jungen Mädchen damals und den Fallen, die sie sich selber stellten, die Entwicklung zur Schriftstellerin wird ebenfalls sehr offen und wahrscheinlich autobiografisch erzählt, obwohl das „du“ ja scheitert und es war interessant zu sehen, wie man in den Fünfzigerjahren literarische Karriere machte. Man schickte seine Erzählungen und Gedichte an Zeitchriften, wurde gedruckt, oder nicht. Man kaufte sich eine Schreibmaschine, las Bücher, hatte männliche Förderer und an den eigenen Männern natürlich nicht die Unterstützung, wie sie die männlichen Schriftsteller wahrscheinlich viel selbstverständlicher hatten. Irgendwo wird Hannelore Valencak als Feministin bezeichnet und der Haushofer Vergleich ist wahrscheinlich auch zutreffend. Ich habe diese weibliche Entwicklungsgeschichte als sehr interessant und spannend und irgendewie auch wieder befremdend und unfertig empfunden. Es gibt einen überraschenden Schluß, der eigentlich abgebrochen wirkt, aber sehr viel Einblick in das Frauenleben unserer Mütter und Großmütter.
2011-06-21
Erster Buch Wien Jour fixe
Wieder einmal gab es einen Buch Wien Jour fixe im Palais Fürstenberg in der Grünangergasse. Voriges Jahr bin ich da ja das erste Mal hingegangen, auf diese Einstimmung und Vorbereitung auf die Wiener Buchmesse, die heuer ins vierte Jahr geht und diesmal war es größer und auch voller. Es gibt auch einen neuen Programmdirektor und Gestalter der Lesefestwoche nämlich Günter Kaindlstorfer und einen Messedirektor, der die Messe zum zweiten Mal gestaltet.
Als ich ein paar Minuten nach sieben in den ersten Stock hinaufkam, hatte es gerade schon begonnen, nämlich Gerald Schantin hat eingeleitet und der Messemanager Nilly Nail zeigte seine Projektionen, es gibt einen neuen Kinderbuchgemeinschaftsstand, einen größeren Kochbuchstand, das was die Leute halt so wollen und auch eine stärkere Beteiligung der deutschen Verlage, so werden sich auch Piper und Ullstein etc beteiligen. Günter Kaindlstorfer setzte fort mit der Internationalität, während man auf einem Dia sah, wie Ken Follet im letzten Jahr seine Bücher signierte, den hatte ja Gaby Matelja eingeladen und vorher wie sie sagte zwei Bücher von ihm gelesen.
Günter Kaindlstorfer setzte auf Charlotte Roches neues Buch und entschuldigte sich fast dafür. Petros Markaris, der einen Krimi über die griechischie Wirtschaftskrise geschrieben hat, wird die Eröffnungsrede halten und Navid Kermani dessen neuer Roman im August erscheint wird im Akademiertheater die Lesefestwoche eröffnen. Louis Begley kommt mit einer „Schmidt“ Fortsetzung in die Alte Schmiede. In der Hauptbücherei wird es den Osteuropa Schwerpunkt mit Andrej Kurkow, Jury Andruchowytch und György Dalos geben. Eine mir unbekannte Autorin nämlich Judith Schalansky, die in einem „Atlas der abgelegenen Inseln“ fünfzig Inseln beschrieben hat, die sie nie gesehen hat, wurde als großes Talent gelobt und Michael Kumpfmüller hat in „Der Herrlichkeit der Welt“ ein Buch über Kafka geschrieben, dann kamen noch ein paar Sachbuchnennungen und der Hinweis, daß natürlich auch österreichische Autoren lesen werden. So gibt es ja auch wieder das dem Cafe Central nachgebaute Literaturcafe, in dem die noch nicht so Nachwuchstalente lesen werden und eine Kinderbühne, wo ein Schauspieler als Geschichtenkönig mit einer Ratte vier Tage lang die Kinder unterhalten und zum Lesen anhalten soll und da wieder die Pädagogika nebenan stattfindet, werden die Pädagogen an den Kinderbüchern vorbeigeschleust, denn die interessieren sich ja für Kinderbücher.
Die Bühnen werden irgendwie umbenannt und verlegt, die Kooperation mit dem ORF und den Tageszeitungen wird es wieder gehen und so werden an die zwei oder vierhundert Lesungen stattfinden.
Nachher konnte man Fragen stellen und im Nebenraunm, den Buch Wien Weißwein verkosten, bzw. den besten auswählen. Da ich ja keine Weißweintrinkerin bin, tat ich mir mit dem gelben und dem blauen Punkt ein wenig schwer und bedauerte eigentlich, daß es keinen Rotwein gab, ansonsten war das Buffet exquisit und besser als das im Vorjahr und das war ja auch der Tenor, daß diese Buchmesse, die mit der Lesefestwoche vom 7. bis zum 13. November stattfinden wird, schöner, besser, größer, etc werden wird, haben sich ja schon sehr viele Verlage angemeldet und Günter Kaindlstorfer strapazierte den Vergleich, daß er mit dem Budget eines Provinztheater das Burgtheater bespielen wird.
Es gab also exquisite Brötchen und belgische Katzenzungen, sehr viele Leute, von denen ich nur Evelyne Polt-Heinzl und Daniea Striegl kannte und diese Buchmesse, auf die ich wieder zu kommen hoffe, wird sich mit meinem literarischen Geburtstagsfest überschneiden, das, wie ich schon ankündigen darf, ebenfalls ein hochkarätiges und mit Ausnahme von mir eine reine Männerlesung werden wird, habe ich ja schon E. A. Richter, Stephan Eibel Erzberg, Marinko Stefanovic und Anton Blitzstein angefragt und Rudi Lasselsberger werde ich noch fragen, um abschließend wieder zu mir zurückzukommen.
Und hier der offizielle Bericht mit einigen Fotos auf denen auch ich ganz versteckt zu sehen bin.
2011-06-20
Wieder einmal Sommerpläne
So hat der Artikel geheißen, den ich vor einem Jahr, als wir von der Sladky Wanderung zurückgekommen sind, geschrieben habe. Sommerpläne, denn ich mache ja seit einigen Jahren meine Sommerfrische im Juli und im August in St. Pölten, wo ich nur tageweise in meiner Praxis bin und ein langes Wochenende mit Schreiben auf der Terrasse und Lesen in der Badwanne, Radfahren tue ich natürlich auch, auf dem Land verbringe und weil ich eine ziemlich konsequente Menschin bin, haben sich schon Rituale herausgebildet, die die aktuelle Situation dann jeweils ein bißchen abverändern. So hatte ich vor einem Jahr die „Mimi“ abgeschlossen, war beim Friseur und hatte meine Fenster schon geputzt, als ich beim Wandern und am Abend in der Nebelsteinhütte, meinen Plan für die „Absturzgefahr“ konzipert habe. Ich bin dann einen halben Tag mit der Straßenbahn herumgefahren und habe die ersten zwei Seiten geschrieben, dann kam schon der Bachmannpreis und dann hätte ich eigentlich mit der Sommerfrische beginnen können. Ging aber nicht, weil der Alfred mit dem Karli nach Polen fuhr, so bin ich in Wien geblieben, habe die Sommerakademie des Instituts der jüdischen Geschichte Österreichs, auch so ein Ritual besucht und bin am Abend ins Kino unter Sterne gegangen. Dazwischen habe ich die „Absturzgefahr“, wie wild geschrieben, die jetzt mit einem oder zwei Rechtschreibfehler beim Alfred auf dem Schreibtisch liegt. Finde ich es endlich fehlerfrei, gehts an die Druckerei und wird, glaube ich, mein vierundzwanzigsten Digitaldruckbuch ohne Verlag und ohne Nummer und ich korrigiere inzwischen „Zwillingswelten“ fertig, um es zu Buch fünfundzwanzig zu machen.
Heute ist der zwanzigste Juni und es gibt noch zwei normale Arbeitswochen und der Bachmannpreis findet heuer erst eine Woche später statt, da ist dann wieder eine Sommerakademie, aber diesmal werde ich die Sommerfrische mit dem ersten Juli beginnen. Da gibts zwei Tage später gleich ein schönes Jubiläum, denn da wird das Literaturgeflüster drei und würde, wenn es mein Baby wäre, in den Kindergarten kommen, aber heute haben wir das schon lange nach vor verlegt und ein Blog ist mit drei Jahren schon eine ehrwürdige Institution und das Literaturgeflüster ist sowieso etwas Besonderes. Für mich nämlich und auch ein tolles Archiv des Wiener Literaturlebens und die Beschreibung des literarischen Alltags einer Literaturbesessenen, von der die anderen üblicherweise nur achselzuckend sagen „Das interessiert uns nicht!“
Seit dem 3. Juli 2008 hat sich auch sicher schon sehr viel verändert, gibt es inzwischen ja unzählige Blogs und es gibt auch facebook und twitter, was mich wieder nicht so interessiert und wenn man sich, was ich sehr gern tue, in der Bücherbloggerszene einliest, merkt man, wie unzufrieden die ist, weil die Blogs angeblich, wie die Schwammerln aus dem Boden wachsen, es jetzt schon dreihundert deutsche Bücherbloggerinnen, meist sehr junge Mädchen gibt, die Bücher lesen, von denen ich sonst keine Ahnung hätte. Die Bücherblogger stöhnen und hören auf zu bloggen, ich finde es in Pisas Zeiten, wo ich am Freitag wieder im Radio hörte, wieviele Zehn und Vierzehnjährige nicht lesen können, so daß sie im Herbst in einen extra Lesekurs müssen, aber schön, daß es noch ein paar hundert Leser gibt, die Lesemarathons und Lesekreise veranstalten und sich im Internet darüber austauschen und jetzt bin ich auch sicher, daß sich in der Leselandschaft in den nächsten Jahren was verändern wird, das E-Book und der Kindlereader werden kommen und sich durchsetzen und, daß sich dann wahrscheinlich die Rezensionsexemplarediskussion erübrigen wird, ist zumindest für mich wahrscheinlich, denn ich werde mir keinen Kindle kaufen, sondern das lesen, was dann verstärkt in die Bücherschränke getragen wird, wenn es die noch gibt.
Interessantes Detail vom Wochenende, die in England lebende Psychiaterin, eine Freundin Ottos, hatte ihr Kindle mit und daraus gelesen, während die anderen in der Höhle waren, bei uns fällt man damit noch auf, in England und den USA wirds schon Alltag sein.
Ich werde also noch zwei Wochen in Wien ganz normal meine Praxis machen und möchte bis dahin, wenn es geht auf meiner Leseliste bis zum Henning Mankell kommen, dann fahre ich aufs Land und habe da meine eigenen Bücher und wenn es geht, daß ich bis dahin die „Zwillingswelten“ fertig habe, ist das auch ganz schön, denn dann könnte ich versuchen, mir für das Konzipieren der „Frau auf der Bank“ wirklich viel Zeit lassen. Ich weiß, das schreibe ich jedes Mal und es gelingt mir nicht, denn ich bin eine Schnelle, macht also nichts, wenn es anders kommen sollte. Anfang August fahren wir in die Masuren und da nehme ich mir, das habe ich mir vorgenommen, den Bücherkastenfund „Mit 80 Seiten um die Welt – Schreiben unterwegs – ihr persönlicher Weg zum kreativen Reisetagebuch mit“, um mich in Reisereportagen zu erproben. In den Sommerplänen vom letzten Jahr, habe ich von Ruths Aspöcks Sommerabschlußfesten geschrieben, diesmal wirds so was am 4. Juli geben, dann beginne ich am nächsten Tag mit meiner Sommerfrische, werde heuer, soweit ich weiß, also nicht nur die Sommerakademie, sondern auch den Sommer im Museumsquartier spritzen und vielleicht nur vorher am Freitag den 1., der Lesung von Ruth Aspöck und Robert Eglhofer in Krems zuhören. Dann gehen auch die Literaturveranstaltungen in die Sommerpause und ich kann mich in meinem neuen Roman oder Digitalbuch Nummer sechsundzwanzig erproben, der vielleicht etwas Besonderes wird oder auch nicht. Keiner kann aus seiner Haut heraus, auch ich nicht, aber mich, um die Fallen herumschreiben, kann ich mir vornehmen, mit den Rechtschreibfehlern will ich dagegen lockerer umgehen, habe ich mir vorgenommen, die haben mich ja, nachdem meine Leser mich darauf immer wieder aufmerksam machen, irritiert und ich dachte, weil ich ja sehr ehrgeizig bin, kämpfe ich dagegen an, obwohl ich mir ja schon vor vierzig Jahren vorgenommen habe, mich nicht darum zu kümmern. Gut, finde ich vielleicht keinen Verlag, aber mich darum zu bemühen, habe ich ohnehin schon lange aufgehört. Ich schreibe so gut ich es kann und da ich es ja nachweislich sehr viel tue, bleibe ich auch in Übung und bin wahrscheinlich trotz scharfen „ß“ immer noch viel besser, als die, die nicht viel lesen und so wird es bleiben.
Eine Anerkennung hätte ich trotzdem ganz gern, so denke ich mir ganz ehrlich beispielsweise manchmal, daß der „Erich Fried Preis“ etwas für mich wäre, aber den wird 2011, wie ich gerade der Seite des Hauptverbandes entnommen habe, Thomas Stangl bekommen. Ich gratuliere herzlich und gebe trotzdem nicht auf und was meine Lieblingsblogs betrifft, da hat Elisabeth von leselusfrust, jetzt offenbar endgültig das Handtuch geworfen. Ich hoffe, ich bin mit meinen Kommentaren und meiner Verteidigung der alternativen Heilmethoden nicht schuld daran, denn das war ein Blog, als ich ihn vor fast zwei Jahren entdeckte, der mich sehr begeistert hat. Ich habe inzwischen ein paar andere Lieblingsbücherblogs gefunden.
„Dark Angel Mira Sun“ und „Vom Lesen und vom Schreiben“ finde ich z. B. sehr originell und interessant. Seit kurzem ist Sara Wipauers Blog dazu gekommen und wenn man über das Handwerk Schreiben etwas wissen will, ist man bei Thomas Wollinger immer noch sehr gut aufgehoben und ich habe auch immer die spinnerte Idee eine ganz persönliche Schreibwerkstatt aus meiner Sommerfrische zu machen und da ich meinen Laptop aufs Land mitnehme, bin ich mit der Bloggerwelt auch verbunden und kann eifrig kommentieren.
2011-06-19
Wanderwochenende
Dieses Wochenende sind wir wieder einmal mit Alfreds ehemaligen Turn- und Mathematiklehrer, seinen ehemaligen Schulkollegen und deren Frauen, Männer, Freunde, z.B. Otto Lambauer, der ja das Literaturgeflüster am Anfang sehr kommentierte, unterwegs gewesen. Das machen wir, glaube ich, seit ca 2000 regelmäßig, denn da ist der Lehrer in Pension gegangen und hat sich vorher mit seinen Ex-Schülern zu einem Diaabend getroffen und da entstand die Idee das Gruppenwandern wieder aufzunehmen, das er vor nun vierzig Jahre ziemlich professionell ins Leben rief. Inzwischen gibt es eine Wanderung im Juni, eine Ende August und dann noch ein Fototreffen. Den siebzigsten Geburtstag von Lehrer Sladky haben wir auch einmal gefeiert und wegen der Augustwanderung im vorigen Jahr, die dann auch ins Wasser fiel, habe ich die Einladung bei der offenen Bücherschrankaktion der KPÖ Margareten zu lesen, abgesagt, während ich bei der Juniwanderung, die „Absturzgefahr“ konzipierte.
Diesmal war die Teichalm angesagt, so daß wir am Freitagnachmittag losgefahren sind und uns am Abend im Gasthaus Holzmeister getroffen haben. Am nächsten Tag wollten wir in die Bärenschützklamm gehen, die sehr schön sein soll. Leider war es am Morgen ein bißchen verregnet, so daß wir umdisponierten, zwar ein Stückchen in die Raabklamm hineingingen, aber um elf eine Führung durch den Silberstollen in Arzberg hatten, in dem heute Käse gelagert wird. Der Volksschuldirektor fuhr persönlich mit uns dort ein, denn so nannten das die Bergleute, auch wenn sie zu Fuß gingen. Vorher gab es ein Heimatmuseum zu besichtigen, danach ein schnelles Mittagessen, wo es auch ein bißchen den Käse zu verkosten gab, denn um halb drei waren wir schon in der größte Tropfsteinhöhle der Region angemeldet, wo wir mit Fritz und Fritz, das hat nichts mit dem föhlichen Wohnzimmer zu tun, auch wenn ich daran denken mußte, so hießen die beiden Führer 135 Meter in das Katerloch hinunterstiegen und uns vorher erklären ließen, wie sich das Ehepaar Hofer in den Fünfzigerjahren dort hinunter bzw. hinaufgegraben hat und die ganze Woche im Basislager verbrachte, während sie am Sonntag in die Kirche gingen, um Gott für das wunderbare Naturschauwerk, das sie dort entdeckten, zu danken.
In der Gegend scheint es einige solcher Höhlen und Grotten zu geben und auch eine gute regionale Küche, das Almorind scheint von dort zu stammen und es scheint die größte bewirtschaftete österreichische Almenlandschaft und ein schönes Stück Steiermark zu sein.
Die Bärenschützklamm schafften wir auch heute nicht mehr, so daß wir nach dem Frühstück abreisten und am Gasthof Holzer vorbei nach Harland fuhren. Dort wollten wir Mittagessen, ging aber nicht wegen den Jandl-Tagen, die dort gerade zu Ende zu gehen schienen und da, wo heuer Peter Waterhouse den Jandl Preis bekommen hat, war ich zweimal.
Seit 2001 gibt es ihn und wird alle zwei Jahre an einen meist experimentellen österreichischen Lyriker vergeben, so war 2001 Thomas Kling, 2003 Felix Philipp Ingold der Preisträger. Das BMUK, das den Preis vergibt, hat bis vor zwei Jahren die Einladungen und eine Art Festschrift an das literarisch interessierte Publikum ausgeschickt, so daß wir, als wir 2005 von einer verregneten Wanderung bei Neuberg an der Mürz vorbeigekommen sind, ein bißchen bei der Preisverleihung an Michael Donhauser zuhören konnten und auch Erika Kronabitter dabei getroffen haben. Es gibt da immer ein dreitägiges Programm mit Lesungen und Musikveranstaltungen und auch was zu Essen und zu Trinken. 2007 als ihn Paul Wühr bekommen hat, sind wir am Samstag extra hingefahren und sind bei dem Konzert im ememaligen Bahnhof neben der Frau Minister gesessen. 2009 bekam ihn Ferdinand Schmatz und der Alfred war mit dem Karli in Italien und ich bin als Ersatz zu der Edith Brocza hinausgewandert, diesmal war er in Portugal. Ich erfuhr durch die Seite des Hauptverbandes, daß der Preis an Peter Waterhouse geht, die Einladung und das Programmheft wurde aber offenbar eingespart und, daß es im Gasthaus Holzer, das ich von den Zeiten, als die GAV noch zu den Festen für Jandl, Mayröcker und Rühm lud, kenne, manchmal schwer ist einen Platz zu bekommen, weiß ich, weil wir es einige Male versuchten, wenn wir vom Hochschwab zurückkamen und dort essen wollten. So habe ich auch nicht geschaltet, als die Kellnerin dem Alfred erklärte, leider kein Platz wegen den Jandltagen, denn inzwischen denke ich, daß ich sicher jemanden gekannt und fragen hätte können, ob wir uns dazu setzen dürfen. So sind wir nach St.Ägyd weitergefahren und haben im Gasthof Blumentritt gegessen, wo es auch manchmal schwer ist, einen Platz oder ein Zimmer zu bekommen, aber diesmal war es ziemlich leer und die Eierschwammerln haben mir auch geschmeckt.