Thomas Wollinger hat auf seinen schönen Blog derzeit eine schöne Serie „Erfolglos schreiben“, die die erfolgsfreie Schreiberin, das ist ein Ausdruck, den ich einmal von Peter Danzinger hörte und ein bißchen in die „Dora Faust“ einbaute, natürlich anzieht, leben wir ja in einer Gesellschaft, in der man ständig Erfolg haben muß und wenn nicht, hat man versagt und hält am besten den Mund und Thomas Wollinger, der in seinen Schreibseminaren wahrscheinlich Erfahrung mit dem Wunsch nach dem erfolgreichen Schreiben hat, hat seine Serie „Als Rettungsring für eine Welt, die in einer Flut von Anleitungen zum erfolgreichen Schreiben zu ertrinken droht, nach Paul Watzlawick „Anleitungen zum Unglücklichsein“ genannt, obwohl ich noch immer nicht ganz sicher bin, wie er sie versteht.
Wie schreibt man also nach Thomas Wollinger erfolglos in der Erfolgsgesellschaft, wozu mit welchen Ziel?
Man setzt sich zu hohe und zu unrealistische Ziele, hält sich für intelligenter als die anderen, verändert und kürzt seine Texte nicht, sondern liebt sie, wie sie sind, spricht statt zu zeigen und denkt für seine Leser.
Das wars bis jetzt und ich habe mit mehr und weniger gemischten Gefühlen das alles eifrig kommentiert und widersprochen, denn natürlich weiß ich, daß man spannend schreiben und seine Texte bearbeiten soll. Beim Kürzen habe ich auch kein Problem, beim nicht Dazustehen ein wenig mehr. Daß man seine Ziele realistisch ansetzen soll, ist auch ganz klar, weil man sonst ja unzufrieden ist, das mit der Intelligenz ist ein bißchen widersprüchig, denn natürlich soll ich mich nicht für besser, als die anderen halten. Die großen Schriftsteller haben es aber wahrscheinlich getan und wären sonst auch nicht erfolgreich geworden und die unrealistischen Ziele sind auch ein Weg zum Erfolg und da spießt es sich wahrscheinlich, denn es fragt sich ja, ob ich „erfolgreich“ schreiben werde, wenn ich in einem Schreibseminar kürzen lerne und mich mit dem „Show not tell“ auseinandersetze, denn da habe ich erstens das experimentelle Schreiben ausgelassen, also die Autoren, die in Österreich die Preise bekommen und wenn ich mich so bei den Kritikern umhöre, stöhnen die meist bei Texten, die spannend und realistisch sind und den Plot von A-Z planen und schwärmen von den sprachlich anspruchsvollen Texten. Zweitens denke ich, zum Erfolg gehört auch Anerkennung, höchstwahrscheinlich ein Verlag und, um den zu finden, wahrscheinlich ein bekannter Name, das sogenannte Talent oder was auch immer, ich bin in diesem Punkt offensichtlich nicht sehr begabt.
Als ich 1973 zu schreiben begonnen habe, habe ich mir sicher ganz unrealistische Ziele bis hinauf zum Nobelpreis gesetzt und, daß wir alle nach Erfolg und Anerkennung schielen, ist auch verständlich. Dann bin ich aber eine, für die die Kreativität und die Auslebung der solchen sehr wichtig ist. Mich stört es nicht, wenn alle schreiben, tanzen, malen, musizieren, so gut sie es können, sondern finde das toll.
Wir leben aber in einer Gesellschaft in der das nur den Profis vorbehalten zu sein scheint. So gehst du mit deiner Mappe Bilder zur Akademie der bildenden Künste oder singst und spielst auf der Musikhochschule vor. Bist du gut genug, wirst du aufgenommen und darfst weiterlernen, wenn nicht, wirst du belächelt, wenn du deine Bilder weiter malst und stolz in deinem Wohnzimmer aufhängst und deinen Gästen zeigst. So habe ich es vor Jahren einmal in einer Kolumne von Christine Nöstlinger gelesen, wo sie die selbstgemalten Bilder ihrer Freunde anprangerte, was mich sehr befremdet hat.
Bei der Literatur war das bis vor kurzem etwas anders, denn da gab es zumindest im deutschen Sprachraum keine Ausbildung, man konnte es nicht lernen, mußte es aber trotzdem irgendwie tun. Dann kamen die ersten Volkshochschulkurse. Inzwischen haben viele Autoren das kreative Schreiben als Geschäft erkannt, weil ja viele oder einige das wollen und bieten kreative Schreibekurse an, die auch allmählich etwas angesehener werden.
Als ich 1973 zu schreiben begonnen habe, war das mit den Schreibseminaren noch viel komplizierter, denn damals gab es das kaum, obwohl der Arbeitskreis schreibenden Frauen, in dem ich Autoren, wie Marie Therese Kerschbaumer, Christa Stippinger, Elfriede Haslehner und auch Arthur West kennenlernte, ein früher Vorläufer war. Ich dachte, ich wäre jetzt in der Gruppe 47, bin dadurch auch in die GAV gekommen und habe, als ich Wilhelm Szabo kennenlernte, ganz naiv gedacht, daß der große Dichter mich jetzt fördern wird.
Mein großes Problem war damals auch die Hemmung und, daß ich nicht wußte, wie das Schreiben ging. So denke ich, daß das Internet und die vielen Schreibseminare, die es inzwischen gibt, ein Segen sind. Das wichtigste ist für mich die Ermunterung das zu tun und die Wertschätzung für das Resultat. Natürlich braucht man konstruktive Kritik. Damit tat ich mir ein wenig schwer, weil ich mit der, die ich vor fünfunddreißig Jahren bekam, nicht viel anfangen konnte und sie vielleicht auch nicht verstanden habe. So daß es immer noch sein kann, daß ich das Recht schreiben zu dürfen, vielleicht, wie JuSophie einmal meinte, mit Zähnen und Klauen verteidige und da nicht locker bin.
Ich habe auch ziemlich wahllos meine Texte herumgeschickt, weil ich nicht recht wußte, wie man es macht, viel zu früh und viel zu unkorrigiert an Suhrkamp, Fischer, Rohwohlt, Residenz, der damals ja der österreichische Verlag war, etc.
Da ist es sicher gut zu lernen, wie man ein Expose schreibt und Rechtschreibprogramme anwendet. Ich erlebe den Literaturbetrieb auch als sehr hierachisiert und denke, daß man mit den Kleinverlagen, bei denen beispielsweise die Lesetheaterfrauen ihre Bücher haben, höchstwahrscheinlich auch nicht mehr Erfolg hat, als ich mit meinen Digitaldruckbüchern ohne ISBN Nummer und Verlagsname. Trotzdem scheint es etwas Schlimmes zu sein, seine Bücher selber drucken zu lassen.
Wie bin ich dazu gekommen? In dem ich in den Achtziger und Neunzigerjahren, als ich endlich wußte, wie man das macht, ziemlich viel und wahllos und unsicher herumschickte, immer weniger Antworten bekam, so daß mir der Alfred, der sich ein bißchen mit den BoDs, die damals aufkamen, beschäftigt hat, mir 2000 die „Wiener Verhältnisse“ zum Geburtstag schenkte.
Ein paar Jahre vorher wollte ich mit Elfriede Haslehner, Hilde Langthaler und Valerie Szabo-Lorenz ein „Vier Frauen Buch“ machen, wir haben viel gestritten, einen Verlag gesucht, keinen gefunden und sind bei einem Kleinverleger gelandet, der glaube ich, von jeder zwanzigtausend Schilling haben und sich die Förderung, die er bekam, als Lektoratshonor verrechnen wollte und als ich das nicht wollte, einen Tausender Ausfallshonorar verlangte. Die Zuschußverlage sind sowieso das letzte, hört man immer, die erfolglosen Autoren fallen trotzdem darauf herein, werden ausgelacht, dürfen damit nicht in den PEN, an manchen Orten nicht lesen und sogar, wie ich einmal sah, an bestimmten Schreibkursen nicht teilnehmen, was ich auch für ganz schön arrogant halte.
1989 habe ich die „Hierarchien“ an zweiundvierzig Verlage geschickt und bin schon damals auf die Idee gekommen, beim Bumuk, um einen Druckkostenzuschuß anzusuchen, das habe ich Jack Unterweger, der meine Texte in seiner „Wortbrücke“ druckte, geschrieben, der mir sofort ein Antragsformular schickte, das er das Buch macht. Was er dann auch ein bißchen zu schnell vieleicht, weil er vorher gerade aus der Haft entlassen wurde, tat, ich mir die Kartons der Bücher mit ISBN Nummer abholen konnte und die zum Teil immer noch in meinem Kasten stehen habe, weil kein Vertrieb dabei war, so daß ich gar nicht so an den Vorteil einer ISBN Nummer glaube. Daß man sich die kaufen kann, weiß ich, aber irgendwie bin ich ein Borderlinetyp, nicht im Sinn der F6 Diagnose, aber eine, die offenbar gerne gegen den Strom schwimmt und sich übt an einer Linie entlang zuspazieren und sofort, wenn sie zu weit nach rechts oder auch nach links kommt, erschrocken zurückmarschiert. Ich war 2000 mit den „Wiener Verhältnissen“ also sehr zufrieden und nur über die Reaktionen der anderen erstaunt, die „Eigenverlag wollen wir nicht!“, riefen.
Habe jetzt schon dreiundzwanzig selbstgemachte Bücher und das sinnlose Herumschicken nach „Tauben füttern“ irgendwann auch aufgegeben. 2008 habe ich angefangen zu bloggen und mein erfolgloses, erfolgsfreies oder auch erfolgreiches Schreiben in der Öffentlichkeit zu outen. 2008 war ich als erste Mal auf der Buch Wien und da habe ich, weil ich ja immer höre, das man das soll, einen Kleinverleger „Die Radiosonate“ angeboten, bzw. geschickt, als ich damit fertig war. Leider ist keine Antwort gekommen. Paul Jaegg hat mir das dann noch einmal angeboten. Da habe ich bei der „Sophie Hungers“ aber kein Jahr warten wollen und seither habe ich es nicht mehr versucht.
Natürlich ist es frustrierend gegen den Strom zu schwimmen, vor allem wenn man, wie wahrscheinlich viele Autoren, sehr empfindlich ist. Bei Elisabeth Chovanec, die ihre Bücher ebenfalls selber macht, habe ich aber gesehen, daß die viel lockerer damit umgeht und auch Lob und Anerkennung bekommt, was ich bei mir offenbar nicht so sehen kann. Aber um wieder in einer Zeit in der immer weniger gelesen wird und man immer öfter hört, wie viele Kinder, das in der Schule nicht lernen, zur Anleitung zum Schreiben zurückzukommen. Offenbar haben viele Leute den Wunsch nach Kreativität, einige wollen schreiben, angeblich lesen die dann nicht mehr und in den Schreibseminaren kann man das Handwerk lernen, was sicher wichtig ist und schneller geht, als wenn man es selber im Blindversuch macht. Daß man auch Anerkennung, Erfolg und Wertschätzung haben sollte, ist ebenfalls ganz klar und, wie das mit den Zielen ist, ist schwierg, denn wenn ich nicht antrete, die Welt zu erobern, werde ich nicht weit kommen. Also sollte man versuchen das zu tun und hat dann vielleicht das Glück am richtigen Ort zur richtigen Zeit zu sein. Der berühmte Name wäre vielleicht auch wichtig, weil den die Leser wollen, so daß die berühmten Schauspieler, Politiker etc meist keine Schwierigkeiten haben, einen sogenannten Publikumsverlag zu finden und wenn die vielleicht nicht schreiben können oder wollen, bieten sich ja die Dienste eines Ghostwriters an, wo wieder einige Autoren verdienen.
Da ich 1973 aber nicht nur schreiben wollte, sondern auch Psychologie studieren, was heute nicht mehr so einfach wäre, bin ich den pädagogisch-therapeutischen Weg gegangen, der die Kreativität für sich und alle fordert. Es war mir aber seltsamerweise immer wichtig, mich für die Literatur der anderen zu interessieren. Da bin ich wertschätzend und offen und habe kein Problem mit den Schwächen der anderen. Die Sätze der Kollegen, daß sie mit jemanden, der schlechter schreibt, nicht lesen wollen, habe ich nie verstanden, ebensowenig, wie das Jammern über die schlechten Bücherblogs. Da freue ich mich, wenn ich besser bin und, daß ich das werde, wenn ich es ständig übe, halte ich ebenfalls für selbstverständlich. Wie weit ich noch komme, weiß ich nicht, da braucht man sicherlich soetwas, wie Glück und da bilde ich mir ein, nicht viel gehabt zu haben.
Trotzdem denke ich, daß die Zeit für das Schreiben gut ist, weil man von Blogs, wie den von Thomas Wollinger viel lernt. Leider habe ich ihn erst kennengelernt, als ich es schon konnte. Ein bißchen leide ich trotzdem an der fehlenden Anerkennung und der sogenannten Erfolglosigkeit, aber da hat wahrscheinlich auch Thomas Wollinger kein Rezept, wie man zu der Wertschätzung kommt.
Das Aufgeben ist es aber, glaube ich, nicht, obwohl ich sehr oft heraushöre, daß ích das sollte.
Aber, wie heißt es so schön, aufgeben tut man einen Brief und auch das nicht mehr, da es inzwischen ja das Mailing gibt.
2011-06-25
Erfolgsgedanken
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