Literaturgefluester

2011-06-28

Exkursionen zum verklärten Fremden

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:06

Rom und Mexiko in der Alten Schmiede, hat da ja zuerst im Keller Jürgen Lagger seinen Roman „Citta Morta“ vorgestellt. Der 1967 in Villach Geborene studierte Architektur, ist Verleger beim Luftschachverlag und ich lese immer gerne die Diskussionen um die FM4 Anthologie, die dort herausgegeben wird im Internet, seit 2002 in der GAV und der Rom-Text „Citta Morta“ wurde von Kurt Neumann als siebenteiliges Prosawerk vorgestellt, in dem ein Ich-Erzähler nach Rom reist, dort eine Liebesbeziehung beginnt und durch beobachten die Stadt Rom erlebt oder in ihr aufgeht. Im siebenten Teil wird das alles dann noch einmal aufgerollt und neugeordnet, es gibt auch in kursiven Texten verschiedene Anspielungen und Zitate auf andere Rom-Literatur. So kommt Thomas Mann „Tod in Venedig“ natürlich vor, Friederike Mayröcker, aber auch Josef Winklers „Natura Morta“. Mir ist da Gustav Ernst „Frühling in der Via Condotti“ eingefallen, weil ich das ja kürzlich gelesen habe und Linda Stifts Rom-Anthologie habe ich ja auch noch immer nicht gelesen, aber Jürgen Laggers Text hat wahrscheinlich einen poetischeren Anspruch und offenbar auch keine wirkliche Handlung, da der Ich-Erzähler hauptsächlich ein Beobachter ist, der die Athmosphäre und die Annäherung an die ewige oder auch tote Stadt entstehen läßt. So begann Jürgen Lagger auch gleich mit dem Anfang und da kommt wieder einer am Bahnhof an, wird dort gleich von Hotelkeilern umgarnt und von Leuten angesprochen, die ihm um fünfunddreißig Euro überall hinbringen wollen, aber er hat schon ein Zimmer und einen Schlüßel dazu, liegt dann auf einem alten Bett mit einer schmutzigen Matratze und geht später in eine Pizzeria essen, wo er sieht, daß der Kellner zwei eine nordische Sprache sprechende junge Leute, um eine Flasche Wein prellt.
„Ich könnte auch ein Schwede sein!“, sein ist so eine Wortwiederholung, die mehrmals auftauchte. Kurt Neumann meinte im anschließenden Gespräch, daß man beim Lesen merken würde, daß die Wiederholungen die Handlung weiterbringen und einen besonderen Sinn haben. Mir sind ein paar schöne Formulierungen dabei aufgefallen. Beginnen tut es mit einem Thomas Mann Zitat, der im Text eine große Rolle spielt und Jürgen Lagger erklärte auf Kurt Neumanns Frage, wie so ein Text entsteht, daß er zuerst sieben Kurzgeschichten schreiben, dann aus dem ganzen einen längeren Text machen wollte, schließlich ist er zu dieser Form gekommen. Danach ging es in den Schmiederaum. Dort war es voller, es war auch Ruth Aspöck da, die zu der Lesung von Renata Zuniga gekommen ist. Die 1957 geborene Renata Zuniga, die diplomierte Dolmetscherin für Spanisch und Französisch ist und in der Alten Schmiede eine der Moderatorinnen der Textvorstellungen ist, reist viel herum und offenbar war sie auch oft in Mexiko und da ist eine offenbar noch unveröffentliche Erzählung „Viele sind Raben“ bzw. viel Textmaterial entstanden, aus dem sie vorgelesen hat. Es ist in Mexiko auch ein Film über die Kinder eines indigenen Dorfes entstanden und angeregt wurde sie zu den Mexikoreisen offenbar durch die Lektüre von Carlos Castaneda. So ist sie nach Mexiko-City gekommen, war dort von dem Lärm und der Hektik enttäuscht, flüchtete nach Cancun und mietete sich für drei Monate in eine Hütte ein, dann schlug sie aber an drei Abenden in der Bibel die gleiche Stelle auf, daß sie ihr Glück in der Wünste machen würde, so daß sie in den Norden reiste, wo es keinen Tourismus und keine alleinreisende Frauen gibt und dort nach den indigenen Dörfern und Schmamanen suchte, die sie auch fand, so daß sie noch einmal zurückkam und mit den Kindern einen Trickfilm herstellte, den sie anschließend zeigte, denn Renate Zuniga ist auch Filmemacherin.
Ich bin dann noch mit Ruth Aspöck die Kärntnerstraße hinuntergegangen und habe mit ihr diskutiert, ob ich undiplomatisch bin.

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