Literaturgefluester

2011-06-17

Ein Grieche in der Alten Schmiede

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:17

Oder auch nicht, denn Aris Fioretos wurde ja 1960 in Göteborg als Sohn eines griechischen Vaters und einer österreichischen Mutter geboren, studierte vergleichende Literaturwissenschaft, lebt in Stockholm und Berlin und hat 2009 den Roman „Der letzte Grieche“ geschrieben, der jetzt bei Hanser herausgekommen ist. Ich kenne den Namen glaube ich von meinen Buchmessensurfings bzw. einem Interview mit Dennis Scheck, das Buch ist, glaube ich, auch hoch oben auf der Bestsellerliste gestanden und dann habe ich vor einigen Wochen in der Sendung Ex Libris von ihm gehört, da er auch die „Nelly Sachs Werkausgabe“ herausgegeben hat, die wurde am Mittwoch in der schwedischen Botschaft vorgestellt und hätte mich auch sehr interessiert, habe mich aber für Otto Kernberg und das Sigmund Freud Museum entschieden und bin dafür am Donnerstag besonders rechtzeitig in die Alte Schmiede gegangen, weil ich dachte, wenn ein schwedischer Bestsellerautor in Wien zu hören ist, ist es sicher voll.
Mitnichten, zehn vor sieben bin ich in einem leeren Saal bzw. vor dem Büchertisch gestanden, sagte mir doch Petra Meßner auf meine Frage, wo denn die Leute wären „Dann können Sie in Ruhe schmökern!“, was ich auch tat und da hat mich vor allem, der von Aris Fioretos herausgegebene Bildband über Nelly Sachs interessiert, ein schönes Buch, das ich mir zum Geburtstag schenken lassen könnte und dann gab es noch zwei Bände Werkausgaben. Die 1891 in Berlin geborene Nelly Sachs, die mit ihrer Mutter gerade noch nach Stockholm flüchten konnte, 1966 den Nobelpreis bekam und 1970 starb, war, wie ich einigen Ex Libris oder Tonspursendungen im letzten Jahr entnahm offenbar genauso traumatisiert, wie Paul Celan und einen Briefwechsel zwischen den beiden gibt es auch.
Interessant, daß das ein Exilgrieche, der perfekt Deutsch spricht, herausgibt und den Autor in einer Zeit kennenzulernen, wo Griechenland ja in aller Munde ist, ist ebenfalls sehr spannend und ein Buch das „Der letzte Grieche“, heißt, natürlich auch.
Es sind dann doch ein paar Leute in die Alte Schmiede gekommen, darunter Sabine Gruber, die öfter zu Literaturveranstaltungen geht, Walter Famler ist auch im Publikum gesessen und Kurt Neumann hat wieder eingeleitet. Er tut das ja immer sehr umfassend, es ist aber auch ein umfassender Roman, der in den Jahren zwischen 1967 und 1969 spielt und dann wieder in einer Zeitspanne von hundertzwanzig Jahren. Der letzte Grieche ist jedenfalls 1967 ein vierundzwanzigjähriger junger Mann, Analphabet, Linkshänder und Plattfußbesitzer, Aris Fioretos macht es seinem Helden nicht sehr leicht und der steht plötzlich in einem schwedischen Spital, wo der einzige Grieche des Ortes Arzt ist, das dürften autobiografische Elemente sein und Aris Fioretos der Arztsohn, der als Sechsjähriger einen solchen Besuch in der Praxis seines Vaters erlebte. Es gibt noch einen Gegenspieler namens Kostas, das ist der erste Grieche und der schreibt eine Enzyklopädie über die Auslandsgriechen und in diese kommt Janis als der letzte hinein. Kostas hat eine Schwester mit der Janis in Griechenland eine Zeitlang in die Schule ging und die sich in ihn verliebte, aber der Gastarbeiter, der in den Sechzigerjahren nach Schweden kam, heiratet das schwedische Kindermädchen, das sich allerdings emanzipieren will, was der Macho nicht versteht, so daß er ein Loch ins Präservativ sticht und eine eine wunderschöne Tochter wird geboren, mit der er offenbar am Schluß des Buches nach Griechenland flüchtet oder dorthin flüchten will, während das Kindermädchen zu Kostas geht. Das Ganze ist sehr kompliziert aufgebaut, erklärte Kurt Neumann und besteht aus verschiedenen Stilmitteln, so gibt es auch Listen und Essays. Eine solche las Aris Fioretos vor und dann noch die fulminante Stelle, in der die Schwester dem Bruder die hundert Arten erklärt, warum sie Janis liebt, wegen dem Grübchen auf der Wange, seinem Hemd, seinem Lächeln, weil er sie besuchte oder nicht etc, aber deshalb, weil er sie liebte nicht.
Die griechische Geschichte von der ich nicht viel weiß, spielt auch eine Rolle, die Großmütter der beiden Helden sind 1922 aus Smyrna geflüchtet und einen griechischen Militärputsch gab es 1967 auch.

2011-06-16

Sigmund Freud statt Aris Fioretes

Filed under: Uncategorized — jancak @ 02:06
Otto Kernberg im Gespräch

Otto Kernberg im Gespräch

Aris Fioretos ist in Wien und stellt in der Alten Schmiede seinen Roman „Der letzte Grieche“ und in der schwedischen Botschaft, die von ihm mit herausgegebene Werkausgabe Nelly Sachs vor, da hatte ich mich angemeldet, das Sigmund Freud Museum feierte aber gleichzeitig seinen vierzigsten Geburtstag mit einem Open House und einem Festvortrag mit Otto Kernberg, so daß ich mich wieder abmeldete und in die Berggasse 19 gegangen bin, denn den 1928 in Wien geborenen Otto Kernberg kenne ich wegen seiner Studien zu Narzissmus und Persönlichkeitsstörungen, er gilt als der Doyen und Paradepsychoanalytiker, den man gehört haben muß, außerdem wurde er in Wien geboren. Seinen Klassiker „Borderline Störungen und klassischer Narzissmus“, habe ich gelesen. Außerdem habe ich mich in meinen Wiener Stadtroman, der ja im viertelstündigen Abstand in einem Tag in Wien spielt und verschiedene Personen aus verschiedenen Bereichen und Gesellschaftschichten zusammentreffen läßt und daher irgendwie ganz gut zum 16. Juni passt, auch damit beschäftigt, kommen da ja zwei Dozenten der Sigmund Freud Universität vor, ein Psychoanalytiker und ein Verhaltenstherapeut und Johannes Teufel hält am Abend in der Berggasse einen Vortrag über die Borderlinestörung bzw. seinen Klienten Werner Franthauser und wird dabei auch nach Kernberg gefragt. Da erwähne ich auch mein Erlebnis, das ich als Studentin hatte, als ich in das damaligen Sigmund Freud Räume zum psychoanalytischen Montag oder Samstag gegangen bin und im Vorzimmer Mütze und Stock von Sigmund Freund hingen, man seine Mäntel darüber warf und ich mich immer wunderte, daß das nicht gestohlen wurde.
Inzwischen wird das Sigmund Freud Museum immer größer, die Mütze ist unter Glas und als ich vor einem Jahr bei einer Sonderführung dort war, erklärte uns die Führerin, daß sie tatsächlich einmal gestohlen, aber zurückgegeben wurde.
Vor 40 Jahren wurde in Anwesenheit Anna Freuds, die auch einen Teil der Möbel und Bücher stiftete, am 15. Juni 1971 das Museum eröffnet, erklärte gerade die Direktorin Inge Scholz-Strasser von der heutigen Privatstiftung. Deshalb gab es eine große Festveranstaltung in der Lounge im Erdgeschoß. Der Bundespräsident hatte eine Videobotschaft, der Bundeskanzler, der Kulturstadtrat und noch einige andere Politiker und Vorsitzende des Freud Museums redeten. Dabei hörte ich von einer ÖVP Politikerin, daß nicht alle, die sich für Sigmund Freud interessieren Psychologie studieren müßen und man daher die Studienplätze ganz genau vergeben und verplanen muß. Zum Glück war das, als ich 1973 zu studieren begann, noch ganz anders, damals war man stolz auf den freien und kostenlosen Hochschulzugang, es gab die Freifahrt und die freien Schulbücher und ich bin jahrelang am Samstag in den Hörsaal 1 zur Strotzka Vorlesung gegangen, habe hier den Kontakt zu den logischen Denkern gefunden, meine inzwischen längst verstorbene Freundin Hansi Berger kennengelernt und Franz Schwawerda, der auch bei der Veranstaltung war, schließlich bin ich Verhaltenstherapeutin geworden und bekomme jetzt sowohl die Aussendungen vom Sigmund Freud Museum als auch die von der SFU und manchmal gehe ich zu Veranstaltungen von beiden, gibt es ja die Überschneidungen meiner zwei Identitäten und Sigmund Freud gilt auch als sehr guter Schriftsteller. 2006 zu seinem hundertfünfzigsten Geburtstag gab es viele Festveranstaltungen, da bin ich im Haus der Ärzte, wo man immer glaubt, es kommt dir gleich Arthur Schnitzler oder Sigmund Freud in der historischen Kulisse entgegen, gewesen, aber auch im MAK bei einer langen Nacht, wo Prominente aus Freuds Werken lasen.
Jetzt gab es einen Block Politikerreden, dann eine Pause mit Erfrischungen, wo ich den Martin, den alten Freud Alfreds aus seinen Studententagen traf, der eine schöne Wohnung in der Porzellangasse um die Ecke hat, in der er einmal in einer WG wohnte und ich 1983 von dort am Morgen manchmal in die HNO-Klinik gegangen bin.
Danach gabs das wissenschaftliche Programm und zu Freud und Inge Scholz-Strasser fällt mir noch Eva Rossmanns dritter Mira Valensky Krimi „Freudsches Verbrechen“ ein, der im Sigmund Freud Museum beginnt, weil dort die Leiche einer jungen Amerikanerin gefunden wird, die nach Wien gekommen ist, um nach ihren jüdischen Vorfahren zu forschen und das ist das Valensky Buch, das mir am besten gegfallen hat und das ich während unseres Toskana Urlaubs 2002 oder 2003 mehrmals gelesen habe.
Daß Otto Kernberg 1928 in Wien geboren wurde und 1938 mit seinen Eltern nach Chile emigrieren mußte, war mir, als ich mich, während meines Studiums oder später mit seinen Studien zur Borderlinepersönlichkeit beschäftigte, gar nicht so bewußt. Jetzt erwähnte es Martin Engelberg in seiner Einleitung. Der Vortrag „Some Mayor Contemporary Controversies within Psychoanalysis“ wurde auch in Deutsch gehalten und die Freud Kontroversen sind derzeit wieder besonders in, wurde vor kurzem ja ein neues „Anti-Freud“ Buch vorgestellt. Ich halte Sigmund Freud für den großen Gründer und Übervater ohne den es keine Psychotherapie geben würde und verstehe ansonsten nicht sehr viel von der Psychoanalyse. In den Siebzigerjahren führte ich große Kontroversen mit der Hansi Berger, einer Jüdin aus Prag, die von Israel mit ihrem zweiten Mann nach Wien gekommen ist, Jus studiert hat, sich aber sehr für die Analyse und für Freud interessierte und den logischen Denken, ob sie besser oder schlechter als die Verhaltenstherapie ist. Jetzt sind in Deutschland, wie Felix de Mendelsohn, ein anderer Paradeanalytiker, Schriftsteller und Sohn Hilde Spiels in seinen letzten Worten erwähnte, von der Krankenkasse nur die Analyse und die VT zugelassen, in Österreich ist das anders, da setzte das Psychotherapiegesetz von Anfang an auf eine Vielfalt der therapeutischen Schulen.
Dann gab es ein künstlerisches Programm in der ehemaligen Ordination oder in der Wohnung, wo einmal die Ausstellung „Freuds vergessene Nachbarn“ war, die ich 2003 besuchte, eine Lesung von Freud Zitaten durch Christoph Wagner-Trenkwitz und eine Lecture Performance der Protokolle der Mittwochsgesellschaft, hat Freud sich mit seinen Schülern ja jeden Mittwoch um 20.30 in seinem Wartezimmer getroffen, bevor sich die Psychoanalytische Gesellschaft gegründet hat.
Führung durch die Anna Freud Räume, die offenbar neu hinzugekommen sind, gab es auch und in der Lounge den Trailer von „A Dangerous Method“, eines Freud Films, der, glaube ich, vor einem Jahr im Freud Museum gedreht wurde, weshalb es einen Tag geschlossen war. Den habe ich versäumt, ich bin auch nicht mehr durch das Museum gegangen, der Alfred, der aus Portugal zurück ist und der sich interessanterweise auch sehr für Kernbergs Studien interessiert, obwohl er Netzwerkspezialist ist, ist nachgekommen und jetzt habe ich doch einen ganzen Artikel darüber geschrieben, obwohl ich die Veranstaltung, als nicht literarisch, nur streifen wollte, es gibt aber die berühmen Überschneidungen meiner Identität und das Stammpublikum habe ich auch getroffen

2011-06-14

Katharina Tiwald bei den Wilden Worten

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:04

Wieder einmal Wilde Worte, Katharina Tiwalds Schulroman, der glaube ich „Die Wahrheit ist ein Heer“ heißt und von dem ich schon einmal im Radio oder im Standard hörte oder hat sie daraus gelesen, als sie vor einem Jahr nach Wartholz eingeladen wurde?
Ich habe die 1979 geborene, gefühlte Burgenländerin, wie auf ihrer Homepage steht, im März 2009 bei einer IG Autoren Veranstaltung im Augartenradius kennengelernt, wo sie aus den Arbeitsalltag einer Autorin schilderte, dann gab es die lex liszt 12 Veranstaltung im Literaturhaus und als ich Gast in der Augustin Schreibwerkstatt war, habe ich sie auch getroffen.
Eine jüngere Autorin, die Vielerorts von sich reden macht und schon mehrere Bücher hat.
„Der Roman ist schon fertig!“, erzählte sie mir auch, als ich sie und Richard Weihs im Hof des Amerlinghauses traf. Verlag gibt es noch keinen, bei der Einleitung erkärte sie, daß ihr die Idee gekommen sei, als sie sich mit Schülerselbstmorden im Burgenland beschäftigte, es fällt einer dazu ja auch der „Schüler Gerber“ ein.
Ein Mädchen verschwindet, die Schülerin G., eigentlich hätte sie sie gerne K. genannt, aber da denkt jeder an Kafka, sagte Katharina Tiwald, zeigte auf das Manuskript und erklärte, daß sie nicht das Ganze, nicht einmal die Hälfte oder ein Viertel lese wolle.
2009 hat sie ein Stipendium dafür bekommen und wird den Roman vielleicht noch überarbeiten, weil sie sich inzwischen davon distanziert hat und auch nicht sicher ist, ob die Kinder heute noch „Mutter, wie weit darf ich reisen?“, im Schulhof spielen und erzählte, daß sie von der katholischen Tradition der Litanei herkomme und Metaphern liebe, die sich über ganze Absätze erstrecken, deshalb ist der Text nicht realistisch und auch nicht autobiografisch, obwohl sich schon ein paar erlebte Elemente und Erinnerungen drin verstecken.
Es begann mit der Schule als Ernst des Lebens, wie der Vater, die Tochter auf sie vorbereitet, einer Schultüte in der Gummibärchen und andere Süßigkeiten stecken, der Freundin, die nach Hause eingeladen wird, wofür die Mutter extra Brötchen macht, die sich dann auf den Kleiderkasten stürzt und die darin gefundenen Blusen „babysch“ findet.
Die anderen Kinder haben Namen, nur das Mädchen wird G. genannt, irgendwann kommt sie ins Gymnasium, in eine Klasse mit fünfundzwanzig Kindern in der nur neun Buben sind und es kommt, glaube ich, auch zu einer Liebe.
Katarina Tiwald las sich in einem eigenwillig distanziert klingenden Vortrag durch den Text, es war sehr heiß im Saal, in dem es offenbar sehr viele Bekannte und nur wenig Stammpublikum gab. Es gab auch einen Büchertisch, die „Messe für eine“, habe ich noch von der Literaturhauslesung, Richard Weihs lobte den Vortrag und fragte nach Schulerfahrungen.
Danach kamen die Wunschgedichte und keine freie Wildbahn, aber warscheinlich waren alle von der Hitze so erschlagen, daß das eine Thema reichte.

2011-06-13

Tödliche Therapie

Filed under: Uncategorized — jancak @ 10:06

Eva Rossmann gibt, glaube ich, bei Interwievs öfter die Amerikanerin Sara Paretsky als Vorbild für das Krimi-Schreiben an, so habe ich bei „Tödliche Therapie“ gerne in den Bücherschrank gegriffen und das Buch über Pfingsten gelesen, weil ich Krimi ja sehr gern lese, obwohl ich gegen Gewalt bin und mich deshalb beim Schreiben immer um die Morde drücke, weil die nicht realistisch sind, das andere aber schon, zumindest bei den Krimis, die derzeit in Mode sind. Durch die schwedischen Vorbilder kommt man da in Milieus hinein, die man sonst vielleicht nur in der psychotherapeutischen Praxis findet und spannend sind sie auch. Deshalb werden sie ja, behaupte ich mal, so gern gelesen und gestern war auch Eva Rossmann zum Frühstück in Ö1 und hat darüber geplaudert, was sie an Krimis mag. Da habe ich nur ein bißchen in die Vorschau hineingehört, weil ich zu Korrigieren hatte, habe aber am letzten Sonntag mit Sara oder Sarah Wipauer im Cafe Anno auch kurz über Krimis diskutiert, als wir über die Bücherschränke und was man dort findet, sprachen. Sie mag keine, hat sie gesagt, weil sie ihr zuviel Handlung oder Lösung haben. Ich finde sie, wie erwähnt spannend, habe nur das Gewaltproblem, weil ich denke, daß man auch in der Phantasie nicht so viel morden muß, das Leben ist gewaltsam genug und habe auch ein bißchen gebraucht, um in die hochgelobten Romane der amerikanischen Feministin um ihre V.I. Warshawski hineinzukommen. Am Anfang war mir der Umgangston zu rüde und ich dachte, so geht man auch mit einem chauvinistischen mexikanischen Jungen nicht um. Ihre Art Amerika zu schildern ist aber faszinierend und man bekommt man bei der Schilderung des amerikanischen Gesundheitssystem auch gleich das Schaudern und denkt sich verwöhnt durch unser österreichisches, kaum zu glauben, daß sowas möglich ist. Vic Warshawski, die Seriendetektivin, hat eine Freundin, die Ärztin Lotty Herschel, „in dem von den Nazis besetzten Wien aufgewachsen und 1938 geflüchtet“, wodurch sie eine Polizeiphobie entwickelte, das glaube ich, kann nicht so ganz stimmen, denn die Nazis sind ja erst 1938 offiziell nach Wien gekommen. Lotty Herschel ist also eine berühmte Gynäkologin mit einem schwarzen Partner und einer mexikanischen Krankenschwester und deren sechzehnjährige Schwester hat Diabetes und sich von dem schönen Fabiano schwängern lassen. Sie will nicht abtreiben, also muß sie den Filou heiraten und begleitet ihn zu seiner Arbeitsstelle, da setzen bei ihr, sie ist im siebenten Monat, die Wehen ein und Lotty Herschel empfiehlt das Friendship-Krankenhaus, weil es eine vollausgestattete Frühgeborenenstation hat. Dort muß sich aber V.I mit dem Aufnahmepersonal herumstreiten, ob sie sie behalten oder weil nicht zahlungskräftig in ein städtisches Krankenhaus verlegen. Sie behalten sie dann doch und es stirbt zuerst das Kind, später die Mutter und Dr. Herschels Partner, der zur Unterstützung kam, wird ermordet aufgefunden und seine Wohnung durchwühlt. Der Krankenhausverwalter hat dem jungen Kindesvater fünftausend Dollar als Schweigegeld geboten, wofür der sich ein Auto kauft und Vic wird von Dr. Herschel und Dr. Malcolm Tregieres Freundin bedrängt, den Fall zu untersuchen, was sie zuerst nicht will. Sie tut es widerstrebend doch, gerät in die Hölle einer Jugendgang, bei der sie Fabiano wiederfindet und erhält einen Schnitt in die Wange, weil sie den Chef der Gang einmal falsch pflichtverteidigt hat. Inzwischen meldet sich der Arzt des Friedship-Hospitals, der Consuelo schließlich doch behandelt hat und fängt mit Vic eine Beziehung an. Die Abtreibungsgegner demonstrieren vor Dr. Herschls Praxis und demolieren diese und Consuelos Akte ist auch nicht zu finden, so daß Vic, nachdem sie herausbekommen hat, daß ihr Ex, ein superteurer Anwalt, die Abtreibungsgegner verteidigt, in deren Büro eindringt, um die Akten zu stehlen, weil sie wissen will, wer ihren Dick bezahlt. Dr. Burgoyne, der Vic mit den Akten nach Hause kommen sieht, überredet sie, die Nacht mit ihm woanders zu verbringen. Am Morgen sind die Akten weg und Vics Nachbar, ein pensionierter Schloßer, der auf ihre Wohnung aufpasste, schwer verletzt. Sie beginnt nun Dr. Burgoyne zu verdächtigen. Dr. Herschl wird auch angezeigt und als sie nach Consuelos Akte bei der Gesundheitsbehörde suchen, bekommen sie heraus, es wurde auch dort geschlampt. Eine wahnsinnige Verfolgungsjagd beginnt und Vics Methoden sind nicht polizeierlaubt. Zieht sie sich doch einen weißen Kittel an und beginnt in der Nacht alles im Friendship zu kopieren, sie beobachtet dabei auch ihren Peter und erfährt, daß er auf einem Kongreß über Fruchtwasserprobleme referieren soll. Vic schleust sich dort mit einem Polizisten, einem Journalisten und Dr. Herschl ein und schmuggelt Dr. Burgoynes Bericht zu den Dias, so daß alle die Fehler, die dort passierten, sehen, die Tagung unterbrochen wird und Vic mit dem Polizisten Dr. Burgoyne die Pistole auf den Verwaltungsdirektor richten sieht, wo er ihn zu einem Geständnis zwingt, dann drückt Dr. Burgoyne die Pistole an seiner Schläfe ab und Vic hat alle Hände zu tun, ihrem Dirk zu beweisen, daß das nicht die Aussage eines Geistesgestörten war, was nach einer abenteuerlichen Fahrt auf der Autobahn mit überhöhter Geschwindigkeit auch gelingt. Der Verwaltungsdirektor und Sergio, das Haupt der Löwen, kommen ins Gefängnis und Vic kümmert sich liebevoll um ihren genesenden Nachbarn und Dr. Burgoynes Hund.
Auf der letzten Seite stehen die üblichen Danksagungen, auf der man sehr gut die Recherche nachverfolgen kann, die man beim Schreiben eines solchen Kriminalromanes macht, alle Ähnlichkeiten natürlich zufällig und erfunden.
„Sara Paretsky wurde 1947 in Kansas geboren und promovierte in Geschichte. Sie lebt in Chicago. Ihre Kriminalromane in deren Mittelpunkt die Privatdetektivin i.V. Warshawski steht und deren Schauplatz Chicago ist, wurden in viele Sprachen übersetzt und erfolgreich verfilmt.“

2011-06-12

Pfingstprogramm

Filed under: Uncategorized — jancak @ 19:58
© E. A. Richter

© E. A. Richter

Als ich vor fast zwei Wochen bei der Finissage in der Galerie Splitter war, hat Batya Horn die Einladung zu den „Splitter 20 – Editionen“ verteilt und dazu gesagt, daß das als Zuckerl für die gedacht ist, die Pfingsten zu Hause bleiben müßen und ach ja, normalerweise verbringe ich Pfingsten in Harland bei St. Pölten und radle am Pfingstsonntag mit dem Alfred nach Nußdorf an der Traisen zum Pfingstfest, wo es in dem alten Schloß eine Menge zu essen gibt, Kaffee bei der Frau Herzinger und die Weinverkostung ist dann im Keller. Manchmal geht das nicht, weil der Alfred mit seinem Freund Karl in der Weltgeschichte herumfährt, wie weiland 2006, aber da wäre Frau Bachmann achtzig geworden und da gab es in Wien ein großes Symposium mit einer Menge von Veranstaltungen. Das Kriegstagebuch „Schreiben gegen den Krieg“, das jetzt herausgekommen ist, wurde im Palais Palfy ausgestellt und am Pfingstsonntag gab es einen Stadtspaziergang an die Orte in denen Ingeborg Bachmann lebte oder ihre Werke spielen ließ. Ich erinnere mich, daß wir uns am Heumarkt trafen, der Bruder Bachmann war dabei und ein junger Mann hat uns in die Ungargasse geführt, dann in die Blutgasse zu dem Haus, wo heute das Thomas Bernhard Archiv ist und dann noch zum Cafe Raimand, wo sich in den Fünfzigerjahren der Hans Weigel mit den jungen Künstlern trafen und der hat hat ja auch ein Buch über seine Bachmannbeziehung geschrieben. Das hat mich sehr beeindruckt und weil man zu der Führung einen Straßenbahnfahrschein brauchte, bin ich anschließend, die Führung endete im Pails Palfys nach Neuwaldegg hinausgefahren und wollte auf den Kahlenberg wandern. Leider bin ich nur bis zum Häuserl am Roah gekommen, dann habe ich den Weg nicht mehr gefunden, so daß ich bei der Kapelle, die in die Siedlung unserers Gartenhauses führte, herauskam, nach Salmannsdorf ging, von dort nach Grinzig fuhr und mit dem Bus auf den Kahlen- oder den Leopoldsberg, jedenfalls bin ich dann den Nasenweg hinuntergewandert und so auch nach Nußdorf gekommen. Und heuer wieder zu Pfingsten allein in Wien, aber da habe ich kein Problem mich zu beschäftigen und diese Woche gab es ja überhaupt ein besonders intensives literarisches Programm, bei dem sehr viel junge Literatur dabei war, aber auch in die Fünfzigerjahre auf die Spuren der jungen Bachmann und ihre Beziehung zu Hans Weigel führte und das Edition Splitter Zuckerl habe ich mir natürlich vorgemerkt. Die Editon Splitter wird zwanzig und das ist ein sehr engagierter experimenteller Kleinverlag, den ich, glaube ich, wenn ich mich nicht irre, im Literaturhaus kennenlernte. Denn da gab es einmal eine Buchpräsentation mit Stephan Eibl Erzberg mit dem ich ein Buch tauschte, das ich irgendwie schon hatte und an Batya Horn, die Verlegerin kann ich mich erinnern. Jetzt war ich bei der Elfriede Gerstl Veranstaltung „Spiel(t)träume und da hat Batya Horn auf die Installation von Josef Trattner zum zwanzigsten Geburtstag hingewiesen und als ich am Freitag mit E.A. Richter mailte und er mich um meine Innenstadtnähe beneidete, weil man da schneller zu Literaturveranstaltungen kommt, habe ich ihn scherzhaft eingeladen ihn am Sonntag dort zu treffen und auszuprobieren, ob er mit der U-Bahn nicht schneller als ich bin. Denn ich gehe als Stadtflaneurin ja alles zu Fuß und bin, um halb drei weggegangen und weil es schon zehn Minuten nach drei war, als ich ankam, gleich zum Judenplatz, wo die Veranstaltung stattfinden sollte, aber dort waren nur Touristen und vor dem Lessingdenkmal ein blauer Teppich und die zwanzig Würfel, auf die man sich dann setzen konnte, aber sonst niemand. Vor der Galerie standen Stephan Eibel Erzberg, Burghard Schmidt und Hannes Benedetto Pircher. Geplant war, daß alle um drei zum Judenplatz gehen und dort ihren Lieblingssplitter aus dem Werk eines anderen lesen, denn die Autoren neigen ja, wie Batya Horn vor zwei Wochen anmerkte, alle ein bißchen zur Nabelschau. Es kam auch eine junge Frau mit einem sehr dicken Buch, Hannes Benedetto Pirchers Opus und meinte fröhlich, damit könne sie jemanden erschlagen und E. A. Richter mit seiner Freundin, was mich besonders freute, denn normalerweise werden meine Einladungen nicht so ernst genommen. Es gab zuerst noch ein Gläschen Weißwein und ein Käsestangerl, in der Galerie war die Installation von Josef Trattner schon aufgebaut. Zwanzig Bücherstöße, die meisten verdeckt mit einem Spiegel, nur die neue Anthologie zum Thema „Handicap“, die noch vorgestellt werden mußte, war unbedeckt und einen großen und einen kleinen Spiegel gab es auch.

© E. A. Richter

© E. A. Richter

Josef Trattner erklärte sie und betonte, daß er für die Begehung öffentlicher Räume sei, deshalb müße jeder einen Stapel Bücher schnappen und zum Judenplatz tragen. Vorher erzählten noch Batya Horn und Burghart Schmidt ein bißchen was. Ich weiß ja eigentlich sehr wenig von der Edition Splitter und ihren Büchern, daß es ein experimenteller Verlag ist ja, aber sonst nicht viel, so waren die Einleitungen sehr hilfreich und ich erfuhr, daß Stephan Eibel Erzberg einer der Hausautoren ist und sein Buch „Gräber raus aus den Friedhöfen“ , aus dem Christian Baier ein bißchen was las, habe ich tatsächlich in meinen Regalen und es war auch das, was zweimal bei mir landete. Es ist auch ein besonderes Buch, denn es besteht aus visuellen Textpassagen, die der Deutiche Verlag nicht drucken wollte. Christian Baier scheint auch ein Hausautor zu sein und ich kann mich auch an den Text, in dem es um eine Ganzkörpertätowierung ging, den er 1992 für ein Nachwuchsstipendium einreichte, erinnern. Er dürfte zwei Bücher bei Splitter haben, eines das „Romantik“ heißt, habe ich hingetragen, das andere zurück und das stellte Hannes Benedetto Pircher vor und außerdem noch die Philosophie für Kinder von Burghard Schmidt. Es gibt auch mehrere Splitter-Anthologien „Stehlen und Rauben“ beispielsweise, aus der Stephan Eibel Erzberg las und die er mit meiner „Heimsuchung“ tauschte, weil ich ja die „Gräber aus den Friedhöfen“ schon habe. Von Elfriede Gerstl gibt es zwei Bücher „Kleiderflüge“ und die „Fliegende Frieda“, die durfte sich eine Frau zu ihrer Hochezeit aussuchen und erwischte ein Exemplar mit einer verkehrten Seite, das wie Batya Horn erwähnte, als Unikat besonders wertvoll sei, dann wurde die Installation wieder zurückgetragen.
Nächsten Sonntag gibts eine Wiederholung mit anderer Besetzung, es gab noch Wein, Brötchen und Gugelhupf und Gelegenheit zu plaudern bzw. in die Bücher hineinzuschauen. Annas ehemalige Zeichenlehrerin war wieder da und kündigte an, daß sie mit ihrer Kollegin Gertrude Moser-Wagner im September eine Ausstellung in der Galerie hat, alle lobten Batya Horns Engagemeint und erwähnten, daß „Lesen“, wie auf der Einladung steht „seit 7305 Tagen Splittern heißt“ und richtig Musikbegleitung von Burkhard Stangl und Franz Hautzinger gab es auch.

2011-06-11

Pepsi im Waschsalon

Filed under: Uncategorized — jancak @ 12:51

Eigentlich ist Edda Helmkes „Pepsi im Waschsalon“ ein sehr böses Buch, obwohl es vodergründig sehr leicht vom Alltag im Berliner Kiez plaudert. Es dürfte Ende der Neunzigerjahre, also noch nicht allzu lang nach der Wende spielen und irgendwo um den Weddingplatz, keine Ahnung wo das ist, Berlin ist ja sehr groß und ich war schon lang nicht mehr dort. Es ist auch noch erstaunlich aktuell, nur das Jugendamt sekkiert vielleicht nicht mehr so.
Jedenfalls geht um die Bewohner eines abgewohnten Miethauses, das modernisiert und die Mieter damit hinausgeworfen werden sollen und der Titel ist auch eine Mogelpackung, wie das auf Berlinerisch wahrscheinlich so heißt, denn Itha Rossmann geht mit ihrer Tochter Pepita genannt Pepsi nur einmal, ziemlich am Anfang des Buches dorthin, wo sie auch eine interesante Bekanntschaft macht. Denn die Waschmaschine ist kaputt, am Schluß des Buches erfahren wir auch warum, da die kleine Pepsi, wahrscheinlich so zwischen drei und vier Jahre alt, wenn ihr langweilig ist und Mama und der neue Freund noch im Bett liegen, die Löffel in die Maschine steckt, die dann die Schwarzmonteure herausholen umd zweihundertfünfzig Mark von Itha dafür verlangen, die die alleinerziehende Mutter, die in einem Cafe am Weddingplatz jobt und von der Fürsorge drangsaliert wird, nicht bezahlen kann. Am Beginn passiert noch etwas anderes, nämlich ein Rentner wird samt Hund in der Nachbarwohnung tot aufgefunden, so tritt der Polizist Ralf Schubert auf den Plan und läutet an Ithas Tür, die für die kleine Pepsi gerade Cornflakes macht und die andere Nachbarin, die Cognac trinkende Wilma wird nervös darüber. Pepsi ist die Tochter des schwarzen Musikers Normann, der Itha aber verlassen hat und Ithas Mutter ist auch gerade nach Mallorca ausgerückt, worüber sich die Rentnerin Wilma etwas wundert, die hat einen Sohn vom Rentner Kleber, nämlich den erfolgreichen Anwalt Wolfi Kröger, dem auch das Cin-Cin gehört, in dem Itha als Serviererin angestellt wird, der schwule Marokkaner Jussuff, der mit dem Architekten und Freizeithaarschneider ebenfalls in Ithas Mietshaus wohnt, hat ihr das vermittelt und Itha wartet schon lange auf einen Platz im Montessori Kinderladen für Pepsi, während der Sohn des Lehrers, der auch in dem Haus wohnt, schon viel früher einen bekommen hat.
Itha hat zwei Freundinnen, Pille und Elke, Pille ist die Frau des Lehrers Ekki, ja diese Abkürzungen und war Psychologin in Bogota, jetzt hat sie zwei Kinder und macht einen Deutschkurs, während ihr Mann aufs Land ziehen will, aber in dem Haus das er für sie gefunden hat, haben Neonazis einmal eine Fünfzehnjährige an einen Baum gefesselt und gefoltert, jetzt will Pille, die eigentelich Pilar Lopez heißt, dort nicht mehr hin, kann das ihrem Ekki aber nicht kommunizieren und die dritte Freundin Elke ist mit Mann und Kind längst an den Stadtrand übersiedelt, jetzt will sie wieder in den Beruf zurück, bekommt aber keine Teilzeitstelle und schlecht ist ihr auch dauernd.
Itha bekommt schließlich doch einen Platz in der Kindergruppe und muß Pepsi dafür einkleiden, sie ist eigentlich Schneiderin, deshalb hat sie sich auch einen tollten Patchworkmantel genäht, für die dazu passenden Strümpfe hat sie aber kein Geld, so findet sie der Kaufhausdetektiv in ihrer Tasche, der Polizist Schubert, der eigentlich eine Freundin namens Doro hat, mit der er gerade zusammengezogen ist, muß einschreiten und so wird für Itha ein Päckchen mit diesen Strümpfen im Cin-Cin abgegeben. Itha hat auch den achtundzwanzigsten Geburtstag und die Freunde planen eine Überraschungsparty, die Betreuerin vom Jugendamt und Schubert tauchen mit Blumen auf, das Fest wird aber gestört, weil Elke plötzlich verschwunden ist. Am Schluß wird alles gut, die Paare wechseln ein paarmal ihre Beziehungen und Häuser, Schubert entpuppt sich als begnadeter Privatdetektiv, besonders mit Unterstützung seiner Ex-Freundin Doro, Elke wird bei Ithas Mutter gefunden und ein paar die Frau ermutigende Floskeln gibt es auch immer wieder.
„Leider muß ich in die Kanzlei, meine Damen“, sagte Wolfi und hob bedauernd die Hände. „Sonst würde ich euch zum Kaffee einladen.“
„Das kriegen wir schon alleine hin!“, sagte Wilma. „Sei mal schön fleißig,du.“ Seite 299
Edda Helmke wurde 1964 in Bad Marienfelde geboren und lebt als freie Schriftstellerin in Berlin. Bei Piper sind vor der mir vorliegenden 1999 Ausgabe zwei Romane „Bitte keine Umstände“ und „Am Anfang war die Windel“ erschienen. Für ihre Erzählung „Pepsi im Waschsalon“, die dem Buch zugrunde liegt, wurde sie 1997 mit dem Walter-Serner-Preis ausgezeichnet. Mir war die Autorin völlig unbekannt und wem es interessiert, wie ich zu meinen Büchern komme, ich gehe vorwiegend nach den Autorennamen und die kenne ich ja meistens, weil ich viel zu Lesungen gehe. Hier war es das Cover und der Malik-Verlag der mich neugierig machte, so daß ich es mir das Buch in den Zwischenzeiten zwischen Weihnachten und Neujahr, als ich auf Mayor Bronsteins Spuren zur Ingrid nach Dornbach ging, aus dem Bücherschrank in der Zieglergasse zog und an diesem Abend dort überhaupt sehr fündig war.

2011-06-10

Yoga-Schreib-Cafe und Radiofamilie

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:55

Das Writersstudio hat ein neues Angebot, das Schreibcafe mit Joga, das jeden letzten Donnerstag im Monat von 9 – bis 12 in der Pramergasse stattfinden wird.
„Move your ass and your pen will follow“, steht auf der Einladung, das habe ich zwar nicht ganz verstanden, der Probelauf war aber gratis, also bin ich, obwohl ich von Yoga keine Ahnung habe und mir eigentlich, da ich ein theoretischer Mensch, bei dem das Schreiben sicher über den Kopf passiert, nicht vorstellen kann, daß mir mediative Techniken dabei helfen, hingegangen, denn ich bin auch sehr neugierig und habe bezüglich Literaturgeflüster den Anspruch möglichst umfassend zu berichten und das writersstudio kenne ich schon lang. Judith Huber-Wolfsberger hat ein Buch über Schreibtechniken für Studenten geschrieben und das in der SFU vorgestellt, so bin ich in Kontakt und in den Verteiler gekommen und auch ein paar Mal zu Informationsabenden gegangen und vor drei Jahren, als das Literaturgeflüster gerade im Entstehen war, war ich im Thalia Lanstraße und habe ein Schreibseminar bei Irene Rauch mitgemacht, wo ich etwas über die Nora in der Radiosonate geschrieben habe. Im Herbst war dann der Tag der offenen Tür mit den Schnupperseminaren in den neuen Räumen. Judith Wolfsberger hat jetzt auch einen Blog, wo sie mir ihren monatlichen Info-Brief sendet, wenn ich Klienten mit Diplomarbeitsschreibängsten habe, schicke ich sie ihr.
Das Writersstudio beschäftigt sich hauptsächlich mit den Schreibblockaden von Studienten, Ana Znidar bietet aber auch Story schreiben an, Irene Rauch machte die Schreibnächte und jetzt eben das Yoga Schreibcafe. Man kommt um neun, trinkt bis halb zehn Kaffee, dann gibts einen kurzen Schreibimpuls, eine Stunde Yoga und hat man bis zwölf Zeit an seinem Text zu schreiben. Eigentlich eine tolle Idee sich da monatlich, wöchentlich oder alle vierzehn Tage zu treffen und einen Roman, ein Sachbuch oder eine Diplomarbeit entstehen zu lassen. Es gibt offenbar auch viele, die sich dafür interessieren, so wurden die Matten ganz eng ausgelegt. Die Yogalehrerin, Schreibtrainerin und Malerin Eva Karel bietet einen sehr lockeren Zugang an, trotzdem waren die Frauen sehr ausgerüstet und wie mir schien in Yoga schon erfahren. Zuerst gab es den Schreibimpuls unter dem Titel „Perspektiven finden“ und da habe ich mir meinen Frust von der Seele geschrieben und angefangen mich auf mein neues Schreibprojekt einzustimmen. Richtig vorbereitet war ich nicht, daß es aber um drei Frauen, um die Psychiaterin in Ausbildung Svetlana, die aus einer Begrader Romasiedlung stammt, die junge Türkin Sevim und Selma mit einer F2 und einer F6 Diagnose oder einer paranoiden Depression gehen soll, alle drei sind fünunddreißig, wußte ich schon. Svetlana ist mit Sevim in die Schule gegangen und zwar mit ihrer Ausbildung fast fertig, hat aber noch keinen Mann, führt ärztliche Gespräche mit Selma, die ihr zu einem feschen OA oder Professor rät, Selma ist Patientin an der Tagesklinik und Sevim zur Scheidung, dazwischen fährt sie in Wien herum, nennt sich Rathaussheriffa und führt Gespräche mit Gott und dem Bürgermeister. Da habe ich sicher meine Blockaden und Schwierigkeiten, die haben die Stunde Yoga auch nicht gelöst, dazu hat mich meine Ersterfahrung sicherlich zu angestrengt, ein paar Mal habe ich auch einen Krampf bekommen, von wegen locker und entspannt und auf die eineinhalb Schreibstunden war ich auch nicht wirklich vorbereitet, zumindest hatte ich mein grünes Buch nicht mit, aber trotzdem zwölf Seiten geschrieben und glaube auch, daß sich bei mir durch das Literaturgeflüster schon einige Blockaden gelöst haben. Dann gab es eine längere Mittagspause, die ich wieder beim Mc Donald verbrachte, ich habe aber auch in zwei Buchhandlungen nach dem Wieser Katalog gefragt, weil mir Andrea Stift mailte, die hätten das Literaturgeflüster erwähnt. Außerdem gab es den klinischen Mittag, was zum Thema passt, denn die Svetlana macht ihre Ausbildung im AKH und da gabs einen Vortrag über psychiatrische Diagnosen bei Drogenpatientien. Dann bin ich an den Bücherschränken vorbeigegangen und hatte bis um sieben, wo das Buch mit den Hörspielen, die Ingeborg Bachmann in den Fünfzigerjahren für den Sender rot-weiß-rot geschreiben hat, vorgestellt wurde, Zeit und so habe ich, obwohl ich das eigentlich nicht wollte, bei der dritten Margaretner Kunst- und Kulturmesse vorbeigeschaut, wo sie mich auch nicht mehr eingeladen haben, weil ich dem Bezirksvorsteher im letzten Jahr offenbar zu lang gelesen habe. Auf ein Brötchen und ein Glas Wein habe ich gedacht und Elisabeth Chovanec begrüßen, die kürzer gelesen hat, das Buffet gab es aber erst später und ich hatte mir ja vorgenommen ins Literaturhaus zu gehen, denn die Radiofamilie der Fünfzigerjahre mit dem Oberlandesgerichtsrat Hans Thimig, seiner Frau Vilma Degischer und dem Onkel Guido Wieland mit der braunen Nazivergangenheit, interessiert mich. Ingeborg Bachmann hat in den Fünfzigerjahren für den amerikanischen Sender rot-weiß-rot gearbeitet, der zufälligerweise in dem Haus untergebracht war, wo heute das Literaturhaus ist, dann gab es noch RAVAG mit der russischen Stunde. Die Texte zur Radiofamilie wurden von Jörg Mauthe, Peter Weiser und Ingeborg Bachmann geschrieben, die ist allerdings 1953 nach Rom gegangen. Joseph Mc Veigh hat die Texte im Nachlaß von Jörg Mauthe gefunden und sie bei Suhrkamp veröffentlicht. Am Büchertisch lagen eine ganze Reihe von Bachmannbücher auch und auch ein paar alte antiquarische Ausgaben der „Familie Floriani“ aus den Fünfzigerjahren. Joseph Mc Veigh hat eingeleitet, dann haben zwei Schauspieler Texte aus drei Hörspielen gelesen. Da hat mich erstaunt, wie politisch sie waren, denn der Krieg und die Nazivergangenheit wurden durchaus thematisiert, obwohl es sich um eine sehr konservative Familie handelte. Die Amerikaner wollten die Österreicher auch irgendwie umerziehen, obwohl Peter Weiser, der im Publikum saß, erzählte, sie hätten ihnen freie Hand gelassen. Er erzählte auch, wie die Hörspiele entstanden sind, dann gab es eine Diskussion mit Literaturwissenschaftlern, wo die Rolle die Hans Weigel und Friedrich Torberg in den Fünfzigerjahren hatten und die Kommunistenhatz, die sie betrieben, thematisiert wurden. Die Fünzigerjahre interessieren mich sehr und die Diskussion mit dem Publikum war auch sehr intensiv und der fünfundachtzigjährige Peter Weiser sehr beeindruckend, er hatte auch einen Darsteller mitgebracht, der das jüngste Floriani Kind gespielt hat und es war auch interessant, welche Fragen Katja Gassner stellte und, wie die jüngeren Literaturwissenschaftler, die für sie sehr weit entfernten Fünfzigerjahre sehen.
Was Trauriges zum Schluß Monika Giller, deren Buch vor kurzem ja im Amerlinghaus von den Frauen des Lesetheaters präsentiert wurde, ist am 31. Mai gestorben.

2011-06-09

Zum Tag der Freiheit des Wortes

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Wieder einmal Tag der Freiheit des Wortes, diese GAV- Großveranstaltung, die in den Achtzigerjahren von Josef Haslinger eingeführt wurde, weil am 10. Mai 1933, die Nazis Bücher verbrannten und an diesem Tag im NIG im Hörsaal eins daran erinnert wurde. Ein paar Mal war die Veranstaltung von Gösta Maier organisiert in Klagenfurt bzw. Villach, dann gab es sie ein paar Jahre nicht, bis ich sie urgierte, das war 2000, da hat sie dann Petra Ganglbauer organisiert, 2001 ich mit Schwierigkeiten mit Konstantin Kaiser, 2002 hat es Rolf Schwendter im Literaturhaus gemacht und von 2003 bis 2009 habe ich die Veranstaltung mit immer kleiner werdenden Budgetmitteln im Literaturhaus organisert, dann hat sich auch noch das Literaturhaus in den Ausschreibungstext eingemischt und die GAV hat beschlossen, daß man nur mehr eine Veranstaltung pro Jahr machen kann, da habe ich mich, weil ich ja nicht so viel Unterstützung hatte, für die Frauenlesung entschieden, die GAV hat die Veranstaltung wieder zur Vorstandssache gemacht und die Organisation Petra Ganglbauer übergeben, die sie in den Juni und wieder in die Uni verlegte, so war sie voriges Jahr im Campus, da habe ich gelesen, heuer war sie im Haupthaus im Hörsaal 41. Ich war nur als Zuhörerin dort und habe den Hörsaal 41 auch nicht gleich gefunden, obwohl ich ja von 1973 bis 1973 dort studierte, als ich von Christoph Kepplinger, mit dem ich die Rolltreppe vom Schottentor hochgefahren bin, beim Seitengang hineingegangen bin, habe ich gleich zwei Männer von der Security beim Eingang getroffen, das hat es in den Siebzigerjahren nicht gegeben und passt vielleicht auch schon zum Thema, das „Veranstaltung gegen Rassismus, Diskriminierung von Minderheiten und Integration ohne Anerkennung“ hieß.
Es gab achtzehn Leser, die von Petra Ganglbauer in verschiedenen Blöcken eingeteilt wurden, Günter Vallaster, der im vorigen Jahr mitorganisert hat, hat mit einer visuellen Collage zum Thema Angst begonnen, die auch auf Russisch übersetzt war. Dann kam Marie Therese Kerschbaumer, hat sich an den aktuellen Anlaß bezogen und das Ende eines Textes gelesen, den sie schon 2005 in Mauthausen vorgetragen hat. Hilde Schmölzer hat ein Stück aus dem Kapitel über Käthe Leichter aus der „Revolte der Frauen“ gelesen, die 1942 von den Nazis vergast wurde. Dann kam Marlen Schachinger, die eine sehr poetische Sprache hat und aus einem Romanprojekt las, wo es um eine junge Philosophieprofessorin aus Havanna geht, die in Kuba die Perestroika einführen will und durch Vermittlung ihres Vaters flüchten kann.
Dann kam der nächste Themenblog, hier begann Sylvia Treudl mit einer wahren Geschichte, die sie, glaube ich auch schon bei der GV der IG Autoren erzählt hat, da hat sie darüber berichtet, jetzt hat sie die Schwierigkeiten, die eine osteuropäische Autorin mit einem Reisestipendium hatte, in eine Österreichbeschimpfung verpackt, es „Willkommen herzlich“ genannt und noch ein feministisches Dialektgedicht dazugelesen. Barbara Neuwirths Text hieß „Fremde suchen“, sie erzählte mir, daß sie ihn extra für die Veranstaltung geschrieben hat, der mit „Du bist fremd, du fühlst dich fremd“ begann und mit „Die Mischung von Vertrauten verändert die Welt“ endete.
Mechthild Podzeit-Lütjen hat ebenfalls eine sehr poetische Sprache und auch immer orignielle Einfälle ihre Texte zu gestalten. So handelte „Zugbrücke hoch oder car checking“, in etwas bizarrer Form die Angst vor dem Fremden und von der Bedrohung, die von ihnen ausgeht, ab. Gutgemeinte Ratschläge zum Schutz des Eigentums und der Handtaschen könnte man es etwa nennen und die Sprachgewalt in Mechthild Podzeit-Lütjens Texte ist auch immer enorm. Ilse Kilics Text begann mit „Ich habe mir vorgenommen von der Umwelt zu sprechen“ und wiederholte das mehrmals. Der Fragebogen zum ökologischen Fußabdruck kam darin vor, der sich nicht mit Büchern beschäftigt und die Schriftsteller und die Schriftstellerinnen, die bei den Umverteilungsdebatten üblicherweise auch durch den Rost fallen. Fritz Widhalms Text war ein Gedicht im Blocksatz und behandelte die entartete Musik im dritten Reich und Erika Kronabitters „Die Verpackerin“ hat mich am meisten überrascht, begann er doch ähnlich, wie der von Barbara Neuwirth. Da kommt eine her, fühlt sich fremd, versteht die Sprache nicht und hat auch keine Zeit sie zu lernen, wird sie doch in einem Chinarestaurant ausgenützt, dann vermittelte sie ihre Lehrerin in eine Versandfirma und sie beginnt den Kunden, wenn die gewünschten Waren nicht da sind, andere zu schicken, die beschweren sich, bis sie anfängt unterstützt von der Lehrerin Briefe an die Kunden zu schreiben, „liebe Bestellerin des blauen Kleides, ich schicke Ihnen eines in der Farbe des mongolischen Himmels, meiner Heimat“ und alle sind zufrieden und Deutsch hat sie offensichtlich auch sehr gut gelernt.
Nach der Pause zeigte Thomas Northoff wieder seine Graffitis. Walter Bacos Text hieß „Menschenjagd“, da bestellen sich die Kannibalen in einem Reisebüro Touristen. Sabine Gruber las ein Stück aus ihrem letzen Roman und Reinhold Schrappeneder zwei Szenen über einen Herrn Kestranek, der sich im Fernsehen Berichte über hingerichtete Schwarze ansieht und in der Nacht Alpträume hat, weil er glaubt, daß er während einer Abschiebung erstickt. Hilde Langthaler setzte sich mit dem Begriff „Rassismus“ auseinander. Sophie Reyer las sehr poetisch von einem Kind, das war dann schon die Abteilung „Frauen“. Hier folgte Judith Gruber-Rizy mit einem Ausschnitt eines neuen Rosa-Romans, der im Künstlermilieu spielt, „high heels“ hieß und sich mit den chauvinistischen Ansichten der bildenden Künstler auseinandersetzt, während die rebellischen Künstlerinnen malen.
Am Schluß wurde es noch einmal poetisch mit Rolf Schwendter und einer aktualisierten Fassung seines „Tags der Freiheit des Wortes“.

2011-06-08

Auftritte I

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:36

Das Literaturhaus hat eine neue Leseschiene um die junge Literatur vorzustellen, zwar gab es schon von Barbara Zwiefelhofer, Thomas Ballhausen und Regina Hilber kuratierte „Zeichensetzung, Zeilensprünge“, da es aber nie genug junge Literatur geben kann, gibt es jetzt die Auftritte und das ist eine Lesereihe von außergewöhnlichlichen Autoren, die im Herbst auf der Homepage zum zwanzig Jahre Literaturhausjubeläum, mit Text, Video und Fotoschiene, präsentiert werden sollen, Literaturwissenschaftler, die über den Autor etwas sagen gibt es aus. Am Dienstag hat Sebastian Fastenhuber Bernhard Strobel und Anna Weidenholzer vorgestellt. Ich war nicht ganz sicher, ob ich hingehen soll, sind mir ja beide Autoren keine Unbekannten und bin eine Weile im ziemlich leeren Literaturhaus herumgestanden, habe Robert Huez auf die Kurztextmaschine angesprochen und ihm mitgeteilt, daß ich es schade finde, daß nicht klar ist, vom wem die Anfangssätze stammen und mir dann die Ausstellung angeschaut. Später ist Gerhard Jaschke gekommen, noch mehr hat mich der Auftritt Elfriede Haslehners erstaunt, die mir sagte, daß sie ihre Bücher gerade in die Hauptbücherei gebracht hätte und mich aufforderte, das ebenfalls zu tun. Sie wunderte sich, daß so wenige Leute gekommen wären und fragte dann, wo Sidonia Binder wäre? Worauf mir klar war, daß sie zu einer anderen Veranstaltung wollte.
Ich hatte meinen Platz neben Anna Weidenholzer, Anne Zauner hat das Projekt erklärt, Sebastian Fastenhuber begann etwas über den 1982 geborenen Bernhard Strobl zu erzählen, der 2007 mit einem Erzählband bei Droschl debutierte und dort inzwischen einen zweiten Erzählband herausgegeben hat. Mit Erzählungen tue ich mir ja schwer, bzw. lese ich sie meistens nicht. Bernhard Strobel habe ich aber, glaube ich, auf der letzten Buchwoche im Rathaus kennengelernt, wo er seinen Erzählband „Sackgasse“ vorstellte und im Radio sicher auch einige seiner kurzen Erzählungen gehört, die wie Sebastian Fastenhuber erklärte, von Ausparungen leben und meistens von einsamen alte Männer und Paaren mit seltsamen Beziehungen handeln. Er sagte dann noch, daß Bernhard Strobel ein Wenigschreiber sei, der die Vielschreiber hasse, etwas, das bei mir naturgemäß ungute Gefühle weckt, aber gut, ich gehöre halt zur zweitens Kategorie. Jetzt arbeitet er an einem Roman und hat sich vorgenommen hat, daß er etwas Besonderes werden müße, etwas, was man einem jungen Autor zwar gern verzeiht, bzw. der Literaturbetrieb auch verlangt, ich habe ihn beim Hinausgehen aber dennoch angesprochen, ob er sich damit nicht unter zu großen Druck setze und ihn, wie ich fürchte, damit ein wenig verwirrt. Es passt aber zu der Erfolgsdiskussion, die derzeit gerade auf Thomas Wollingers Blog läuft.
Die lakonisch kurzen Geschichten des sehr großen jungen Mannes haben mir auch gut gefallen, auch wenn sie nicht immer ganz verständlich waren. Die erste war die Titelgeschichte aus dem neuen Buch „Nichts, nichts“, da geht ein Mann mit seinen Einkäufen nach Hause, wird auf dem Weg zu seiner Wohnung von seinem Cousin angerufen, der ihn sagt, er müsse mit Maria sprechen, darauf schmeißt er die Einkäufe in den Kühlschrank oder auf den Boden, sagt seiner Frau oder Partnerin nicht, was er hat und rennt wieder aus dem Haus, trifft im Supermarkt einen Bekannten, der ihn an den kranken Vater erinnert, dann geht er nach Haus, erzählt, daß der Vater schon „ziemlich am Ende ist, sind wir das nicht alle?“, sagt die Freundin oder umgekehrt und der letzte Satz heißt „Nichts nichts“. Die zweite Geschichte aus dem anderen Buch war ähnlich, ein verstörter Mann und ein sehr ähnlicher Satz über Simonas Mutter, der Freundin seiner Frau „Wie geht es ihr, ist sie schon tot?“
Anna Weidenholzers Texte sind dagegen ein wenig weniger lakonisch, leben aber auch von Ausparungen. Sie hat 2010 den Erzählband, „Der Platz des Hundes“ herausgebracht, den ich mir jetzt endlich zu lesen vorgenommen habe, wenn ich mit meiner Leseliste fertig bin und habe im Literaturgeflüster schon viel über Anna Weidenholzer geschrieben, deren Name ich durch den FM4 Wettbewerb kennengelernt habe. Sie hatte auch einen Text in dem etcetera junge Literaturheft und bei Angelika Reitzers erste Textvorstellung gelesen, ist 1984 geboren und jetzt auch in der GAV, obwohl sie dafür fast zu wenige Texte eingereicht hat, sie ist Linzerin, lebt in Wien, hat als Journalistin gearbeitet, macht auch bei den Lockstoffen mit. Gelesen hat sie die sehr poetische Titelgeschichte „Zwischenzeit oder Der Platz des Hundes“ von einem Leopold, der Motten im Mehl hat aus denen er ständig Palatschinken macht, er spielt Klavier in einem Altersheim, trinkt sehr viel Bier und lebt in einer Zwischenzeit. Seine Frau scheint gestorben, so macht er die Palatschinken für sich und den Hund, der dann auch verschwindet, so daß er alleine mit der Leine ins Wirtshaus geht. Eine sehr poetische Schilderung der Einsamkeit und des Alters einer sehr jungen Frau. Dann kam eine noch unveröffentlichte Geschichte und das obligatorische Glas Wein, ich habe mich lange mit Anna Weidenholzer unterhalten, Lisa Spalt und Robert Prosser begrüßt, die am Mittwoch lesen und sich Sorgen machten, daß sie zuwenig Publikum haben könnten, weil da auch der „Tag der Freiheit des Wortes“ ist und in der Alten Schmiede soll auch eine Veranstaltung sein, dann bin ich nach Hause gegangen und habe, während ich nach dem „Platz des Hundes“ suchte, noch das Ende des Andrea Winkler Hörspiels gehört.

2011-06-07

Im Klangtheater

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:11

Eigentlich habe ich Montag zu Hause bleiben wollen und mich erst Dienstagabend entweder nach den Literaturhaus-Auftritten oder dem Fest für Conny Hannes Meyer im Augarten Aktiosradius wieder melden, dann bin ich am Morgen aufgewacht und die sanfte Stimme von Ö1 hat mich darüber informiert, daß im Radio Kultur Cafe Renald Deppe, den ich letzte Woche in der Galerie Splitter hörte, auftritt und ein Stück von Monika Trotz, mit deren Tochter, die Anna ja zur Schule ging, dargeboten wird. Während ich überlegte, ob es da freien Eintritt gibt, sprach die Stimme weiter „Und im Klagtheater gibt es noch eine Veranstaltung, da wird in der Reihe Zauberberg Andrea Winklers neues Hörspiel mit der Musik von Hannes Raffaseder präsentiert“, das wußte ich zwar schon, denn ich blättere das Heimspiel-Programm zumindestens durch, bin keine so besondere Hörspielfreundin und mit Andrea Winklers Sprachkunst habe ich, wie meine Leser wissen, auch meine Schwierigkeiten. Aber irgendwie ziehen mich ihre poetischen, handlungslosen Texte an und über Andrea Winkler habe ich auch schon einiges geschrieben, sie in einem meiner Texte zitiert und, daß ich meine Sprache gern „verwinklern“ würde, darüber poetisiere ich auch manchmal. Die Entscheidung war also gefallen, schade, daß man sich nicht zweiteilen kann und im Klangtheater, dem dritten Aufführungsort im Radiokulturhaus, war ich nur einmal bei einer langen Nacht des Hörspiels vor Jahren und in den „Zauberberg“ habe ich es überhaupt noch nie geschafft. Das ist eine Veranstaltungsreihe, die einmal im Monat eine Vorpremiere einer Hörspielaufführung bietet, die Autoren sind da und das Publikum wird, wie Peter Klein, der Moderator launig verkündet, als Versuchskaninchen mißbraucht, um herauszufinden, wo es lacht, stöhnt, weint oder schläft…
Man verkauft mit der kostenlosen Eintrittskarte gleich einmal alle Rechte an seinem Bild und seinen Tonaufnahmen, dafür darf man selbst nicht fotografieren und auch das ORF-Team beim Filmen nicht stören und wenn man deshalb nichts sieht, kann man das Geld für seine Eintrittskarten nicht zurückverlangen. Es war aber ohnehin kein Fernsehteam anwesend und bloggen darf man, glaube ich, schon darüber und auch seine Meinung abgeben, zumindestens forderte Peter Klein das Publikum dazu auf.
Während ich im Foyer auf den Eintritt wartete, kam der junge Mann, der bei meiner Lesung im Dezember in der Alten Schmiede war, ein Oberösterreicher, der von Linz nach Wien gezogen ist und da auch Andrea Winkler Oberösterreicherin ist, scheint er sich für ihre Literatur zu interessieren.
„Niemand da vor der Tür“ – „Ein Verhör? Ein Theaterstück? Eine Anklage? Ein böser Traum?“, steht in der Heimspielzeitschrift.
„Aber die Vorstellung hat längst begonnen, merken Sie nicht, daß Sie längst begonnen hat?“, begrüßte Peter Klein das Publikum gleich mit einem Zitat aus dem Hörspiel und erklärte, daß man das, was man nun zu hören bekommt, noch nie gehört hat.
„Vergessen Sie alle Hörspiele in ihrer ursprüglichen Bedeutung, denn der Komponist und Audiokünstler Hannes Raffaseder, ebenfalls aus ÖO und jetzt an der Fachschule St. Pölten lehrend, hat den Text nicht illustrierend oder kommentierend vertont, ein Spiel, daß die bestehende Welt nicht abbildet, sondern eine neue schafft. Und eine Handlung, die von einer Handvoll Schauspieler heruntergelesen wird, wird es ebenfalls nicht geben!“
Dafür gab es eine Frauenstimme und viel Musik, Geräusche, Meeresrauschen und immer wieder die gleichen Sätze, die höchst poetisch in die Gehörgänge drangen.
Mit „Vielleicht so, jemand den ich nicht sehen kann, klammert sich an den Vorhang, steckt den Kopf zu mir und sagt nichts“, hat es dann begonnen, was mich ein bißchen an die Priessnitzpreisverleihung erinnerte. Dann kam Meeresrauschen, Regen und eine Person, die ein Unternehmen in dem man denken durfte, verlassen hat und deshalb zur Rechenschaft gezogen wird oder sich schämen soll, erzählt seine Geschichte, „den liegengebliebenen Regenschirmen und Kappen“, dann regnet es aber niemand steht vor der Tür und immer wieder „fangen Sie doch endlich an mit der Vorstellung, aber die Vorstellung hat längst begonnen!“, das Ganze in mehreren Wiederholungen, von hinten nach vorne, bis sich der Kreis schließt und zurückgeht vor die Tür „Wenn Sie erlauben, habe ich jetzt genug erzählt und wenn Sie nicht verstehen, was die Welt von Ihnen will, fragen Sie die Welt, wenn die schweigt, fragen Sie ihren Nachbarn!“
Dann gabs Applaus und Peter Klein wandte sich an das Publikum, worauf sich ein anderer Komponist und Hörspielautor meldete, erklärte, daß er gerade von einem Hörspielseminar zurückgekommen sei und wenn das Publikum einverstanden wäre, drei Referate zu drei Themen geben könne, er hat sich nämlich sehr auf die Vorstellung gefreut, „aber schade wieder nichts?“
Da wollte das Publikum natürlich wissen, worin die Enttäuschung liegt?
„Nichts Neues, nur eine Wiederholung der Siebzigerjahre, alles schon gehört!“ und so weiter und so fort, da habe ich meinen Mund nicht halten können und erklärt, daß es mir sehr gefallen hätte, ich Literatur hörte und eine Handlung, die ich nicht erwartet hätte, worauf Peter Klein diese erklärt haben wollte, denn Andrea Winkler und eine Handlung, das gibt es nicht, es sind aber mehrere Ebenen da, ein Verhör, eine Anklage, ein Theaterstück, ein böser Traum, wie schon in der Ankündigung steht, den Kafka habe ich am wenigstens gehört und die Musik auch nur als Geräuschskulisse empfunden, wahrscheinlich weil ich mich darauf konzentrierte mir eine Handlung zu konstruieren.
Edith Ulla Gassner sprach von der Musik, die für sie das Hörspiel zum Hörstück macht und Andrea Winkler erklärte dem enttäuschten Komponisten sanft, daß es nicht ihr Anspruch sei, etwas Neues zu erschaffen. Es ging dann in der Diskussion darum, ob die Wiederholungen schon im Text enthalten waren, es war ein Prosatext von fünf oder sechs Seiten, der von Hannes Raffaseder zerlegt, mit Musik untermalt und wieder zusammengesetzt wurde und das Ganze ist eine wirklich sehr poetische Sprachmelodie, die der Hörer, der sich am Abend das Hörspiel aufdreht, ganz naiv erleben kann, er kann sicher auch, wie der Komponist nach neuen Klangwelten suchen und frustriert zurückbleiben oder auch, wie ich nach der Handlung in Andrea Winklers Sprachwelt suchen, wenn einer realistischen Autorin das schon so wichtig ist.
Es wird am 7. Juni in Ö1 gesendet, so daß man sich sein eigenes Bild zu machen kann, was ich wirklich nur empfehlen kann, da Peter Klein vermutete, daß fünfzig Hörer zweiundfünzig Deutungen geben werden, wozu Andrea Winkler wieder lieb und freundlich nickte.

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