Wieder ein Sommerkrimi und wieder ein Fund aus dem offenen Bücherschrank, ein Henning Mankell aus dem Jahr zweitausend, erfolgreich verfilmt, so daß ich ihn vor einigen Jahren in Harland im Fernsehen gesehen habe, trotzdem war das Lesen fast ein Aha-Erlebnis und ich habe auch meine eigene Henning Mankell Geschichte, habe ich ihn doch durch die Libro Bestseller Aktion, die es 1998 oder 1999 so gab, entdeckt und mir da „Die fünfte Frau“ und „Die falsche Fährte“ geholt und war als eine, die Krimis ja ganz gern mag, von dem typischen Henning Mankell Stil begeistert. Denn er ist, würde ich sagen, einer, der ähnlich, wie Eva Rossmann sein eigenes Krimischema hat und natürlich den Kommissar Wallander, der da hoch oben in Schweden, wo ich vor zwanzig Jahren, das letzte Mal ein paar Tage war, ermittelt und es beginnt immer mit einer sehr fesselnden Beschreibung eines Einzeltäters, meist eines Traumatisierten, der sein Trauma durch eine grausliche Gewalttat loszuwerden versucht, die die Kommissare langsam und bedächtig aufklären und wir erfahren viel von den Ungerechtigkeiten des Lebens, haben ein spannendes Leseerlebnis und der 1948 geborene Schwede hatte damit großen Erfolg.
Alfred hat die Krimis, glaube ich, alle seiner Mutter zu Weihnachten und zum Geburtstag gekauft, so bin ich mit einem davon einmal während einer Sommerfrische nach Wilhelmsburg gefahren und habe auf fast jeder Bank angehalten und einen anderen habe ich in der Buchhandlung in Bruneck durchblättert oder schnell gelesen, während der Alfred mit der Anna schifahren war.
Henning Mankell hat sich dann von seinen Wallanders, glaube ich, auch distanziert, in Afrika ein Theater geleitet und ein paar andere sozialkritische Romane geschrieben, die nicht so ein Erfolg geworden sind. „Die rote Antilope“ und „Tea-Bag“ habe ich, glaube ich, zum Geburtstag bekommen und schnell gelesen, so daß ich nicht mehr sagen könnte, worum es darin ging und einmal war ich bei einer Mankell-Lesung im Jugendstiltheater am Steinhof. Der letzte Wallander ist, glaube ich, nach einer Pause vor einem Jahr erschienen, wo sich der Kommissar ein bißchen mit dem Scheitern und dem Älterwerden beschäftigt und das hat der Kritik nicht so gut gefallen.
Jetzt habe ich also „Die Rückkehr des Tanzlehrers“ gelesen, der einmal nicht Kurt Wallander, sondern den siebenunddreißigjährigen an Krebs erkrankten Stefan Lindman zum Ermittler hat, trotzdem glaube ich dasselbe Schema, des sehr umfangreichen Buches, das mich zwei Vormittage in der Badewanne verbringen ließ, erkannt zu haben und es hat auch ein sehr wichtiges Thema, nämlich die Aufarbeitung des Holocausts in Schweden.
So beginnt es 1945 mit einem Prolog, wo ein Pilot einen schweigenden Mann mit einem Koffer von England nach Deutschland fliegt, es stellt sich heraus, das ist ein Henker und er hatte die Aufgabe einige Naziverbrecher hinzurichten, ein paar der größten hat er aber nicht erwischt. So geht es im ersten Teil wieder in die Abgeschiedenheit Schwedens. Da kann ein ehemaliger Polizist nicht schlafen, weil ihn die Alpträume verfolgen, Mankell beschreibt das großartig, so steht er auf, legt Puzzles, tanzt mit einer Puppe Tango, bis er bemerkt, daß sein Hund vergiftet, die Fenster zerschossen und Tränengas hineingeworfen wird, er muß hinaus, wird schließlich zu Tod gepeitscht und muß dann noch eine letzte Runde Tango tanzen, so daß die Polizisten über seine Blutspuren rätseln.
Inzwischen erfährt Stephan Lindman von seiner Krebsdiagnose, hat Todesangst und liest in der Zeitung von dem Mord an Herbert Molin, der einmal sein Vorgesetzter war. Er ist krankgeschrieben, so fährt er, während er auf die Behandlung wartet, nicht nach Mallorca, sondern nach Härjedalen, wo der Mord geschehen ist und rührt sich aus seiner Todesangst auch nicht bei seiner Freundin Elena. Er quartiert sich in einem Hotel ein und gerät ohne es zu wollen, immer tiefer in die Sache, Inspektor Guiseppe Larsson läßt ihn auch mitarbeiten und gibt ihn bereitwillig über den Fall Auskunft. Zweimal bricht er unerlaubterweise in fremde Wohnungen ein und findet da das erste Mal eine alte Naziuniform, das zweite Mal die Liste einer Nazivereinigung, die sich „Schwedens Wohl“ nennt und entdeckt, daß da auch sein Vater Einzahler war. Inzwischen wird auch der Nachbar des EX-Polizisten, ein Musiker ermordet und wir erfahren, wieder typisch von Mankell auch gleich, wer der Mörder Molins war, nämlich Aaaron Silberstein, der Sohn des Tanzlehrers aus Berlin, von dem wir inzwischen wissen, daß Herbert Molin, der früher anders hieß, sich freiwillig zur Waffen SS meldete, obwohl er das als Schweden gar nicht mußte und seine Urlaube immer in Berlin verbrachte, um bei Papa Silberstein, der irgendwie von Göring geschützt wurde, Tanzunterricht zu nehmen, einmal hat er ihn aber ermordet und der Sohn hat sich Rache geschworen. So kommt er als alter Mann aus Argentinien, wo er inzwischen lebt, nach Schweden, um Molin bestialisch hinzurichten, er will dann nach Argentinien zu seiner Frau zurück, erfährt aber von dem Mord an den Nachbarn und da er den nicht begangen hat, kommt er wieder zurück. Inzwischen ermittelt Stefan Lindman immer tiefer, vermeidet Elena anzurufen und verliebt sich in Herbert Molins Tochter, die im Nebenzimmer wohnt, nur entdeckt er auf ihren Computer eines Tages auch ein Hakenkreuz und, daß es in Schweden eine gar nicht so kleine Gruppe ewig Gestriger oder junger Alte gibt, wissen wir inzwischen auch. Am Ende entkommt Aaron Silberstein, Stefan Lindmans Krebs wird geheilt, er fliegt mit Elena nach England, wo es noch ein weiteres Stück aufzuklären gibt und Veronica Molin wird von einem der Polizisten durch einen Querschläger irrtümlicherweise erschossen, was diesen eine Frühpension beschwert. So weit die Mankellsche Bearbeitung des Thema Holocaust. Das Thema Gewalt aber wird thematisiert und auch die Frage, ob man sie wirklich weitergeben muß? Aber wenn Aaron Silberstein um seinen Vater zu rächen nicht selber zum ziemlich bestialischen Mörder geworden wäre, hätten wir keinen Krimi zu lesen. Das hat mir nicht so ganz gefallen, allerdings lohnt es sich schon ein bißchen darüber nachzudenken, wie Gewalt aufhören kann und spannend geschrieben war die „Rückkehr des Tanzlehrers“ allemal.
2011-07-01
Die Rückkehr des Tanzlehrers
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