Nun kommt hoffentlich Applaus von meiner Leserschaft, ich schließe mich mit innerer Zufriedenheit an, denn ziemlich unerwartet und überraschend, bin ich gestern mit dem Korrigieren meiner beiden works on progress fertiggeworden. „Die Absturzgefahr“ geht jetzt an die Druckerei, es gibt keine Verlagssuche mehr, über das Literaturgeflüster können die sich aber gerne bei mir melden, wenn sie wissen wollen, was eine mit Leidenschaft und leiser Stimme so beharrlich seit fast vierzig Jahren schreibt, Zuschußverlage bitte nicht, aber die finden seltsamerweise ebenfalls nicht zu mir.
Im Netz ist die langversprochene Leseprobe jetzt zu finden und die Vorschau mit dem kleinen Ausblick und für die, die es interessiert mit den Schreibberichten, wie das Ganze seit ungefähr einem Jahr entstanden ist, gibts auch schon seit Ende April. Und auch die „Zwillingswelten“ sind jetzt an den Alfred gegangen, damit er draus das Buch machen kann.
„Lisbeths Leseliste“, die es ja wirklich gibt, die ich mir im März zu Studienzwecken zusammengestellt habe und einen Linzführer habe ich für das Titelbild herausgesucht. Sizilienfotos passen ebenfalls und ich kann auch die Anna, wenn sie nächste Woche nach Harland kommt, fragen, ob sie mir die Titelseite graphisch gestalten will. Sie hat es für den „Stadtroman“, „Novembernebel“, „Mutter möchte zwanzig Kinder“, „Schreibweisen“,
und „Und trotzdem“ getan. Ihre Entwürfe sind immer sehr schön geworden und haben gefallen und jetzt Zeit für das Nächste.
Davon habe ich ja schon ein paar Mal geschrieben und kann die entsprechenden Artikel auch heraussuchen, das Buch sechsundzwanzig oder so, das kann ich mir nie merken, es gibt ja schon so viele „Die Frau auf der Bank“ heißen könnte und die Geschichte von drei Frauen, die den fünfunddreißigsten Geburtstag feiern oder ungefähr so alt sind, wird.
Selma, Sevim und Svetlana könnten meine Heldinnen heißen. Ich bin ja eine, die ihre innere Geschichte mit sich herumträgt, sie gerne schreiben will und bis jetzt immer irgendwie stecken geblieben ist. Versuche über eine gehemmte, vielleicht auch depressive Frau zu schreiben, die in Wien spazieren geht, ihre Bücher aus dem Bücherschrank zieht und dabei berühmte Männer trifft, gibt es schon viele. Die „Begrenzte Frau“ ist so ein Versuch, die „Radiosonate“, die „Sophie Hungers“, aber auch die „Reise nach Odessa“. Seit der Felizitas Fee, die in einigen unervöffentlichten Versuchen, dann in der „Viertagebuchfrau“ erscheint, geht mir diese Idee nicht aus dem Kopf. So könnte die Selma wieder eine Art Alter Ego von mir werden. Zu der Idee hat mich vor ein paar Monaten ein Klient gebracht, als er mir erzählte, daß er in Wien herumfahren und sich jeweils einen Bezirk gründlich anschauen könnte. Da habe ich an eine Art Stadtsheriffa gedacht, die viel auf Bänken sitzt, in Wien herumfährt oder geht und das, was ihr auffällt, dem Wiener Bürgermeister meldet, in Realita oder in der Fantasie könnte sie ihn im Rathaus besuchen, denn, daß die Selma eine Paranoia oder eine Borderlinestörung hat, ist mir auch eingefallen. Sie könnte stationär oder ambulant im AK behandelt werden, ihre Therapeutin ist die Psychiaterin in Ausbildung Svetlana, die aus einer Belgrader Barackensiedlung kommt und sich erst in Wien adaptieren muß, obwohl sie da ja ins Gymnasium ging und studierte und auf der Bank kann die Selma auch die Sevim treffen, eine ebenfalls fünfunddreißigjährige in Wien geborene Türkin, die Friseurin lernte, bis sie sich gegen eine Zwangsheirat wehrte, trotzdem den falschen Mann geheiratet hat und sich jetzt nach dem ihre beide Kinder mit der VS bzw. der neuen Mittelschule fertig sind, Tochter Gülsen aufs Gymnasium will, der Papa und die Schwiegermutter was dagegen haben, ein zweites Mal emanzipieren muß. Facebook und die neuen Medien könnten auch eine Rolle spielen oder eine Türkeireise der Familie.
Alles nicht sehr neu, im „Novembernebel“ kommt eine Romaärztin vor, in der „Sophie Hungers“ und der „Heimsuchung“ zwei junge Türkinnen, die in Wien geboren sind und Sozialarbeiterinnen wurden. Die Selma gibts in unzähligen Varianten, trotzdem liegt mir das Thema am Herzen und die Verknüpfung dieser drei Frauenschicksale, könnte vielleicht wirklich der große Roman werden, mit dem ich bisher stecken geblieben bin.
Denn das stimmt ja wirklich, ich bin zu schnell und wenn ich an die Tiefen oder Grenzen stoße, zu rasch fertig, statt mich damit ernsthaft auseinanderzusetzen. Ich denke aber, daß man genauso lernt, wenn man neunmal etwas Neues schreibt, statt eines in neun Fassungen.
Jemand der mich, wenn ich flüchten will, an die Schulter nimmt und sagt „Bleib dabei!“, wäre trotzdem gut und, daß ich manchmal ausgelutschte Metaphern nochmals verwende, weils einfacher ist, habe ich bei den „Zwillingswelten“ gemerkt, da sind sicher einige Klischeefiguren enthalten. Da hilft mir vielleicht Thomas Wollingers „Erfolglos schreiben-Serie“ weiter, denn daß ich da aufpassen sollte, ist mir schon bewußt.
Daß man aus seiner Haut nicht kann und vielleicht auch nicht soll, weiß ich natürlich auch, nehme mir aber den Vorsatz des „Zeitlassen“ mit, wenn ich demnächst mit meinem grünen Notizbuch, in dem schon einiges von der „Frau auf der Bank“ steht, in Richtung Wilhelmsburg aufbreche. Die Istambulgedichte von Gerrit Wustman und Seher Cakirs „Zitronenkuchen für die fünfunddreißigste Frau“, werde ich mir am Dienstag aus Wien holen. Ob ich Yasar Kemals „Granatapfelbaum“ brauche, weiß ich gar nicht, denn den wird eine fünfunddreißigjährige Wiener Unterschichttürkin, die sich gegen ihren Mann wehren will, vielleicht nicht lesen, die bringt ihre Töchter aufs Gymnasium, meldet sich für eine Pflege- oder Kindergartenhelferinausbildung an und läßt sich scheiden. Wenn sie trotzdem noch etwas Besonderes machen will, geht sie alleine oder mit einer Freundin ins Cafe Sperl oder in einen Tanzkurs und ist stolz darauf.
Also die Figuren reifen lassen und mich nicht gleich mit der ersten Idee in die Falle schreiben. In allen drei Frauen liegt Potential für etwas Neues und wenn ich die Männer den Frauen nicht immer gleich auf den Busen schauen lasse, nicht von „rinnenden Nasen“ schreibe, sondern mir vielleicht ein wenig von der Klagenfurter Metaphernvielfalt mitnehme, kanns nur besser werden, denn ich glaube schon, daß in meinen Sachen viel zu finden ist, das habe ich auch öfter gehört.
Die Falle ist nur, den Schwierigkeiten nicht ausweichen und der Satz „Ich kann es nicht!“, wird wohl auch noch öfter auftauchen, wenn ich das dann im Literaturgeflüster schreibe, lerne ich daraus, vieleicht haben auch meine Leser ein paar nützliche Hinweise.
So gesehen wirds auch die Schreibberichte weiter geben und als ich 2005 von Erika Kronabitter in diese Textwerkstatt nach Vorarlberg eingeladen wurde und aus der „Fluchtbewegung“ gelesen habe, habe ich mir die dortige Kritik auch zu Herzen genommen und sprachlich umgearbeitet.
Eine Wortakrobatin, die mit den Metaphern in wahren Worträuschen um sich schmeißt, a la Andrea Winkler oder Richard Obermayr, die beide den Priessnitz-Preis bekommen haben oder bekommen, will ich nicht werden, aber ein bißchen sorgfältiger und genauer sein, kann nicht schaden und natürlich auf die Fallen achten, damit wirklich was Neues entstehen kann und dann, das glaube ich ebenfalls „man schreibt immer denselben Roman ein Leben lang“, die Barbara Frischmuth, der Gerhard Roth und die Elfriede Jelinek tun das wahrscheinlich auch.
2011-07-14
Zweimal fertig
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