Gestern habe ich, nach dem das Grillfest beendet war und ich wieder eine Runde an der Traisen durch den Dreck nach der Frequency gefahren bin, noch eine Svetlana Szene geschrieben, nämlich die, wo sie im Ärztedienstzimmer Sex mit dem Oberarzt hat und er ihr sagt, daß er in sie verliebt ist, die Sevim hat inzwischen bei H. u. M viele T-Shirts und Hosen für sich und ihre Kinder gekauft und heute habe ich zwischen meinen Stunden zwei Szenen geschrieben, nämlich, die, wo die Sevim die Selma auf dem Rathausplatz trifft und ihr erzählt, daß sie einer Beratungsstelle war und sich bezüglich einer Scheidung erkundigt hat, aber nicht sicher ist, ob sie das wirklich scheiden will. Dann habe ich, zwischen einigen Klientenstunden, eine Svetlana Szene angefangen und da ist mir eingefallen, daß ich das Vorleben Theo Hardenbergs beschreiben sollte. Er wird neununddreißig, ist also vier Jahre älter, hat fünf Jahre mit einer Kollegin namens Agnes glebt, der vor vier Jahren ein Karzinom diagnostiziert wurde, worauf sie, während er auf einem Psychiatriekongreß in Bozen war, sich umbrachte, die Psychiater wissen ja, wie sie es machen müssen und jetzt hat er sich in Svetlana verliebt, mit ihr Bruderschaft getrunken, nennt sie auch auf der Station „Sveti“, was die Ausbildungsärztin Barbara Lechner bemerkt.
Die Szenen sind dicht, die Figuren haben ihr Eigenleben bekommen, ich habe auch mehr Dialoge und um Sex geht es bei der Sevim und bei der Svetlana auch, was bei mir, die ich ja eher prüde bin, etwas Neues ist, habe ich geglaubt, dann ist mir eingefallen, daß der Boris Alkemirov in der „Radiosonate“ auch mit der Amanda Silberkandl ins Bett geht, obwohl er noch an seiner verstorbenen Frau Valeria hängt, aber Theo Hardenberg hat sein Trauma schon überwunden. Agnes Selbstmord habe ich nur für die Erklärung von Theos Vorleben gebraucht. Dann war es schon sechs und ich bin nach dem meine letzte Stunde abgesagt wurde, über den offenen Bücherschrank, wo ich nur den Haruki Murakami zurückbrachte, da ich ja derzeit Paulo Coelho in Wien lese, auf den Rathausplatz gegangen, wo es zum 200. Liszt Geburtstag die „Faust Symphonie“ in einer Aufnahme aus dem Jahr 1976 mit Leonhard Bernstein gab und habe gedacht und gedacht.
So etwas ist mir bisher nur 1992 bei „Lore und Lena“ passiert, da war es sogar noch intensiver. Aber diesmal war es auch sehr dicht, sind mir doch in nicht chronologischer Reihenfolge, einige Svetlana Szenen eingefallen, daß sie mit Theo und ihrem Onkel zu einem Jazzkonzert oder Weltmusik mit Harry Stojka beispielsweise gehen wird, war mit schon eingefallen und auch, daß zuerst er sie seinen Eltern, wenn die von ihrer Weltreise zurück sind vorstellen wird und dann sie ihm den ihren. „Dann kannst du mich als deinen Verlobten ausgeben oder willst du damit bis zum Abschluß deiner Ausbildung warten?“
Dann ist mir eingefallen, daß der Klinikchef Svetlana ansprechen und zu seinen Oberärztetreffen einladen kann, da er mit Theos Vater befreundet ist und merkte, daß Svetlana „dem Jungen“ gut tut. Sie weiß dann wieder nicht, was sie anziehen oder ob sie sich wieder ein Kleid kaufen soll. Da könnte Barbara Lechner neidisch werden, während sie Svetana darauf anspricht, erscheint Theo mit einem Strauß roter Rosen in der Klinik, die allerdings nicht für Svetlana bestimmt sind, sondern für Agnes, deren Todestag sich jährt. Er fragt sie, ob sie mit ihm auf den Friedhof gehen will, zeigt ihr auch ein Bild Agnes. Dann übernachtet Svetlana in seiner geräumigen Altbauwohnung in der Währingerstraße, Porzellangasse oder Schwarzspanierhof. Inzwischen kommen die Eltern von der Weltreise zurück und die Mutter freut sich Svetlana kennenzulernen. Das das erst in vier Wochen passieren wird, hatte ich schon in der letzten Szene geschrieben und da gedacht, wie fülle ich diese Zeitspanne aus? Dann sind die Idee gefloßen, was jetzt noch fehlt, sind die Selma Ideen, die habe ich inzwischen ein wenig verloren. Aber vielleicht finde ich zu ihr zurück, die Sevim ist inzwischen auch ein wenig ausgeschrieben. Die war ja bisher am lebendigsten, jetzt sind die Weichen gestellt. Spannend wird noch werden, läßt sie sich jetzt scheiden und fängt eine Beziehung zu dem österreichischen Lehrer Norbert Winter an oder findet sie zu Bülent zuück.
Am Rathausplatz angekommen, habe ich die Svetlana Szenen in das grüne Buch notiert und während Bernstein dirigierte und die drei Teile: Faust, Gretchen, Mephisto zu hören waren und schließlich der Tenor „Das ewig Weibliche zieht uns hinan“ schmetterte, hatte ich ein literarisches Erfolgserlebnis und habe, was in der verhaltenstherapeutischen Arbeit wichtig ist und ich immer meinen Klienten predige, einmal das Positive gesehen, das heißt mich in die Figuren eingelassen und gedacht „Wow, wie gut!“, egal, ob es schließlich jemanden gefällt und was die Kritiker sagen werden und nicht ständig gedacht, „Wieder zu flach in der Personenführung, wieder nicht gut genug, zu einfach, zu holprige Dialoge etc, sondern mich beim Entstehen der Charaktere mitreißen lasen, auch wenn es dann gar nicht so neue Einfälle waren, die gekommen sind.
Wie lange das anhält, weiß ich nicht, nur, daß schon was dran ist, daß man nach soundsoviel Seiten , einen Sprung nach vorne macht, wie wenn man nach einer Kinderkrankheit einen Entwicklungssprung oder nach einer Krise ein Wachsen der Persönlichkeit bemerkt.
Ein spannender Abend am Rathausplatz, den ich sonst meisten am Morgen im Park neben dem Springbrunnen, wo sich die Sevim und die Svetlana treffen, beschreibe. Und eine Erinnerung ist gekommen, im Sommer 1975 oder 76, ziemlich zeitgleich mit der Musikaufnahme, als ich studierte und es noch kein Rathausfestival gab, habe ich öfter die Vormittage im Rathauspark verbracht, mich neben den Springbrunnen gesetzt und mit der Hand an einem Text geschrieben.
Eine Kritik habe ich natürlich auch, es könnte sein, daß ich zuwenig ausspare, sondern zuviel erzähle, indem ich die Handlung von Szene zu Szene in kleinen Schritten aufbaue und den Leser zu wenig selber denken lasse, da hat mir schon einmal jemand ein „Aussparungsseminar“ empfohlen.
2011-08-22
Dichten auf dem Rathausplatz
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