Von den Literaturhausfeiern nun zur Wien Biblithek, denn da bekomme ich, seit ich mich, als es das große Fest oder die Umsiedlung in die neuen Räume gegeben hat, in den Verteiler eingetragen habe, die Einladungen zu den Veranstaltungen und gelegentlich gehe ich auch hin, das letzte Mal war das, glaube ich, bei dem Joe Berger Symposium „Hirnhäusl„, ein Artikel der immer wieder gerne aufgerufen wird und jetzt gibt es etwas zu „Lesespuren – Spurensuche“ oder „Wie kommt die Handschrift ins Buch?“ und das ist ein Thema, das mich interessiert, denn ich bin ja eine, die in regen Austuausch zu ihren Büchern tritt. Zu ihren, aber ja, denn eine Bibliotheksleserin war ich nie, ich sammle ja und horte und gebe das, was ich habe, nicht gerne her. Seit es die Bücherschränke gibt, ist ein Großteil meiner neuen Bücher aber ein Zweit oder Drittbesitz und da ist und darüber habe ich noch nicht geschrieben, die psychologische Seite interessant. Kann man ja davon ausgehen, daß ein Teil der Bücher aus Nachläßen stammen und selbst, wenn der Vorleser sie nur so hergegeben hat, ist es interessant zu fragen, wer hat sie vorher besessen, welche Geschichte hat das Buch zu erzählen? Meistens erzählt es nichts. Manchmal ist ein Name oder ein Stempel darin zu finden, manches wurde auch aus Bibliotheken ausgeräumt, so hat die Nationalbank ihre ausrangierten Bücher in die Zieglergasse getragen und das ist interessant, denn der Bibliothekar von dort, wohnt bei mir im Haus. Manchmal schreiben die Leute auch Anmerkungen hinein, aber nicht sehr oft, ich zitiere das dann immer, beim „Wittgenstein-Programm“ war das der Fall und bei „Kurz nach 4“. Meistens weiß man nichts vom Vorbesitzer und kann darüber phantasieren und ich bin eine, die die Bücher, die sie nicht mehr hergibt, gebraucht. Das heißt, ich schreibe hinein. Als Studentin habe ich regelrechte Anmerkungen gemacht, jetzt streiche ich mir meistens nur die markanten Sätze an, weil ich mir einbilde, daß ich das für das Besprechen brauche, aber meistens schaue ich dann gar nicht mehr soviel hinein, nur nach den Namen suche ich natürlich, um sie richtig zu schreiben und manchmal zitiere ich ja auch. Ich streiche mit Bleistift an, lasse es dann aber stehen, ich radiere nicht hinaus, daß man das tun kann oder soll, habe ich erst während der Veranstaltung von Clemens J. Setz erfahren.
Auf dem Weg zum Rathaus bin ich über ein paar Polizeiautos und Absperrungen gestolpert, die das Rathaus betroffen haben, denn dort hat im Hof gerade ein Fest der FPÖ stattgefunden. Viele Wächter am Eingang, die einen aber passieren ließen, als ich aber am Arkadenhof schon vorbei war, die Wien Bibliothek befindet sich bei der Stiege sechs hinten, stand ein solcher am Weg und wollte mich irgendwo herausleiten und irgendjemand sagte in der Wien-Bibliothek, daß das Tor geschlossen wurde.
Die Wien-Bibliothek hat aber ihr eigenes Publikum und ihr eigenes Programm. So eröffnete die Direktorin Sylvia Mattl-Wurm und erzählte, daß eigentlich ein der Band 12/13 der „Sichtungen“, der gemeinsam mit der Nationalbibliothek herausgeben wird, präsentiert wird. Sie erläuterte den Sinn dieses Periodikums ganz genau, es ist ein Projekt von Volker Kaukoreit, den ich von der Erich Fried Gesellschaft, bzw. einem Interview, das ich einmal mit ihm gemeinsam in Radio Orange machte, kenne, das er inzwischen mit Marcel Atze macht.
Herrn und Frau Lunzer habe ich im Publikum gesehen. Clemens J. Setz und Peter Rosei, die Beiträge in dem von Preasens herausgegeben Band haben, haben gelesen und Marcel Atze hat eine virtuelle Führung durch die Ausstellung, die es zusätzlich zum Buch im Ausstellungskabinett gibt, gemacht und da wurde offensichtlich eine breite Themenvielvalt angerissen.
Nämlich die Bibel ausgestellt, in die Jeannie Ebner ihre handschriftlichen Notizen machte, es gibt aber auch Bücher die für Anmerkungen von Schauspielern und Regisseure vorgesehen sind und Bücher in die leere Seiten hineingeschossen werden, damit man sich seine Anmerkungen machen kann. Hannah Arendt hat mit Günter Anders gemeinsam Kant gelesen, Peter Handke hat seine Bücher kommentiert, bzw. sich geärgert, als er einen Fehler darin entdeckte.
Zusätzlich wurden noch einige Autoren, wie z.B. Peter Rosei und Clemns J. Setz gefragt, einen Artikel dazu zu schreiben. Clemens Setzs Artikel heißt „Bitte verlassen Sie Ihre Bücher so, wie Sie sie vorgefunden haben!“, da heißt er hält sie gerne so sauber, wie ein Hotelzimmer und wenn er doch was hineinschreibt, radiert er es hinaus. Daß man das nicht soll, wurde in der Diskussionsrunde erläutert. Da erzählte der Literaturwissenschaftler Walter Hettche aus München, der offenbar gerne bei Antiquaren kauft, daß ein Kollege einmal etwas ausradieren wollte und sich dann ärgerte, daß er eine Handschrift Hoffmannsthal vernichtete und Volker Kaukoreit erzählte, daß ihm die Pfandbriefwerbung in den alten rororo Taschenbüchern so ärgerte, daß er sie gern hinausgerissen hätte. Seltsam, die habe ich interessant gefunden und die alten rororo Taschenbücher sind überhaupt wunderschöne Sammelstücke, aber ich bin eine Gebrauchsleserin, die gar nicht auf die Idee kommt ihre Anmerkungen auszuradieren.
Nachher gab es Brot und Wein, man konnte sich die Ausstellung ansehen und die Ausstellungsbesucher beobachten. Clemens J. Setz überreichte seinen Freunden die Taschenbuchausgabe von den „Frequenzen“. Claudia Erdheim war da und noch einige andere Bekannte.
Es gibt zu diesem Thema auch ein älteres Buch von Evelyne Polt-Heinzl „Bücher haben viele Seiten“ aus dem Sonderzahlverlag, das weniger wisschenschaftlich ist, da geht es glaube ich auch um Eselsohren und Tintenflecken und man muß wahrscheinlich den gewöhnlichen Leser von den Anmerkungen Hofmannsthal, Anders etc unterscheiden.
Ich finde es aber spannend zu lesen, was der Vorleser vermerkte und gelegentlich erwischt man auch ein angeschriebenes Rezensionsexemplar, das ist dann besonders interessant.
Leselustfrust hat einmal ein Buch verliehen und sich über die Eselsohren mokiert, die es beim Zurückgeben hatte, aber ich denke Bücher sind Gebrauchsgegenstände und hinterlassen Spuren und das soll auch so sein, kann man ja ganze Bücher darüber schreiben und Ausstellungen veranstalten, die exquisit zelebriert werden, während unten im Arkadenhof die FPÖ ihre Feste feiert.
2011-09-28
Lesespuren – Spurenlese
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