Die Literaturhausfeiern gehen weiter, den gestrigen Sozialschwerpunkt bzw. Literaturhausführung habe ich versäumt, bzw habe ich ich mich in die Rathausfeste und in die Spurensuche begeben. Heute begann es um vier mit einem Exilschwerpunkt, die 1974 in Grosny geborene Tschetschenin Maynat Kurbanova , die seit sechs Jahren in Deutschland lebt und derzeit „Wien als Zufluchtsstadt“-Stipendiatin ist, erzählte über Leben und Schreiben im Exil.
Als ich kurz vor vier im Literaturhaus eintraf, war es in der Bibliothek noch ziemlich leer, die Autorin ist mit ihrer Tochter vor mir hineingegangen, Gerhard Ruis und Robert Huez standen im Eingangsbereich, ein paar Leute hatten auf den Sitzgelegenheiten Platz genommen.
Schade, daß das Nachmittagsprogramm so wenig Anklang findet, die Veranstaltung war nämlich äußerst interessant. Gerhard Ruis leitete ein und hatte mir schon vorher ein wenig über das Writers in exil Programm erzählt und, daß Maynat Kurbanova, die in Grosny Journalistin war, sich einen Ort wünschte, wo sie länger bleiben kann. Maynat Kurbanova, die kleine Tochter ist neben mir gesessen, erzählte dann über Tschetschenien und das ist sehr interessant, habe ich ja einige Jahre intensiv Asylwerberdiagnostik gemacht, ein bißchen was über die tschetschenischen Flüchtlinge gelernt und für die „Radiosonate“ habe ich auch die Figur des tschetschenischen Musikehrers Boris Alkemirov erfunden.
Maynat Kurbanova ging weit in die Geschichte zurück und erzählte, daß die Tschetschenen schon seit Ivan dem Schrecklichen verfolgt würden, später wurden sie von Stalin nach Sibirien verbannt, dann haben die Russen die Stadt Grosny zerstört und wieder aufgebaut. Sie erzählte auch ein bißchen was von dem Leben, das es heute in Tschetschenien gibt. Die Tschetschenen waren immer Rebellen und wollten sich nicht versklaven lassen, sie hat von ihrer Mutter ein Kindermärchen eines Wolfs erzählt bekommen, hat in Grosny als Journalistin gearbeitet und inzwischen sehr gut Deutsch gelernt. Eine bildende Künstlerin fragte, wie patriachalisch die Tschetschenen sind? Jetzt wieder sehr, darf man als Frau ohne Kopftuch derzeit die Uni nicht betreten, während die Frauen unter den Russen sehr fortschrittlich waren und als sich die Männer vor Verfolgung verstecken mußten, die Familie ernährten. Interessant etwas über das Writers in Exil Programm und über die tschetschenische Literatur zu erfahren.
Dann gab es einen Themenwechsel nämlich eine Stunde über die Künstlerpensionsversicherung, die mich nicht sehr betrifft, bin ich zwar seit man das muß eine neue Selbständige, verdiene mir das Geld zum Leben aber durch meine psychologisch-psychotherapeutische Praxis, so daß ich den Zuschuß zur Pensionsversicherung nicht beantragen kann. Das tun aber ohnehin nur 2,6% der Autoren und da ist es noch schwierig seine Autorentätigkeit nachzuweisen, da das ja ein Beruf ist, den man bis vor kurzem nicht studieren konnte.
Die Runde der Zuhörer war auch recht klein, Nils Jensen und Gabriele Petricek und noch ein paar andere Künstler sind aber gekommen, darunter auch eine Dame, die ich, glaube ich, bei dem Sprachkunstsymposium im Jänner kennenlernte und die auch am Montag und am Dienstag bei den Veranstaltungen war.
Dann ging es in den Veranstaltungsraum hinunter und zu Literaturhaus online, wurden da ja die vier Künstler, die für die Auftritte ausgewählt wurden, präsentiert. Anna Weidenholzer, Bernhard Strobel, Robert Prosser und Lisa Spalt haben da ja im Juni an zwei Abenden gelesen und haben nun ihren Auftritt auf der Hompage mit einer Fotoleiste von Lukas Dostal, dem Literaturhausfotografen der auch die Ausstellung gestaltet hat, einem Text, einem Essay und einem Video von der Lesung.
Jetzt sollten die vier Autoren mit der Autorengruppe „8-Uhr“, das sind fünf junge Leute, die sich am Germanistischen Institut bei einem Schreibworkshop getroffen haben und sich jeden Mittwoch um acht treffen, um einander ihrer Texte vorzulesen, über Chancen und Gefahren für junge Schreibende diskutieren.
Anne Zauner hat das On line-Projekt vorgestellt und erzählt, wie sie zu diesen vier Autoren gekommen sind, sie haben die literaturinteressierten Mitarbeiterinnen gefragt. Robert Prosser, Lisa Spalt und Bernhard Strobel waren auch da, Anna Weidenholzer ist, glaube ich, noch in der Künstlerkolonie in Wiepersdorf, wo sie gemeinsam mit Cornelia Travnicek ein oder zwei Monate verbringt.
Die Diskussion mit den vier jungen Männern und Esther Topitz war auch sehr interessant, erstens sind das lauter unter Dreißigjährige, zweitens sind sie vielleicht die jungen Autoren von morgen und dritten stellten sie interessierte Fragen an die Auftrittsautoren, wie sie schreiben, was sie vom Lektorat halten und wie das ist, wenn man mit einem Kurzgeschichtenband zu einem Verlag kommt? Man merkte, die jungen Leute hatten ihr Handwerk studiert und stehen noch am Anfang. Das Publikum, das waren dann auch Ältere und Literaturhausmitarbeiter durfte ebenfalls Fragen stellen und Alexander Muth, das ist der Herr mit den ich mich am Diestag intensiv mit Elfriede Haslehner unterhalten habe, stellte auch die Frage, warum die jungen Autoren nicht politisch sind?
Das stimmt so nicht, zumindestens nicht ganz, habe ich mir gedacht, denn die Slam Szene ist ja zumindestens zum Teil sehr politisch aktiv, andererseits ist das ja genau die Generation Praktikum und auch die, die gelernt hat, daß, wenn man sich besipielsweise für ein Studium für Sprachkunst bewirbt, von hunderten zehn ausgewählt werden, klar, daß man dann seine Mappe und seinen Internetauftritt hat und schaut, daß seine Lyrik und Prosa schön glatt und stimmig ist, damit man damit vielleicht einmal in Klagenfurt lesen darf. Allerdings haben die Hochschulproteste vor zwei Jahren, glaube ich, auch engagierte Literatur hervorgebracht, würde Michaela Falkner in diese Schiene einreihen und Yasmin Hafdeh, die engagierte Slamerin sowieso und auch Robert Prosser, der ja, wenn ich mich nicht irre und nichts durcheinanderbringe, als er bei Rund um die Burg in der Erotiknacht gelesen hat, sagte, daß er gerade aus Armenien zurückgekommen ist und da hat er für seinen neuen Roman recherchiert, in dem es auch Personen und vielleicht eine Handlung geben wird und das wird dann vielleicht so politisch werden, wie Joseph Roths Sozialreportagen in den Dreißigerjahren, die Alexander Muth einforderte. Der wollte, daß sich die jungen Leute mit der Olah-Affaire und mit der Kronenzeitung beschäftigen, aber ich glaube, die prekären Verhältnisse und der nicht mehr vorhandene freie Hochschulzugang schaffen andere Probleme und wenn dann nicht nur die Uni, sondern vielleicht auch die Vorstädte brennen, weil die Jugend keine Perspektiven sieht, sind wir schon sehr politisch, obwohl es schon stimmt, daß sich die unter Dreißigjährigen, die beim Hochschullehrgang aufgenommen und in Klagenfurt lesen wollen, vordergründig vielleicht angepasst geben.
Lisa Spalt, die experimentelle Dichterin, die ich schon lange vom fröhlichen Wohnzimmerumkreis kenne und der es mit ihrem letzten Buch gelungen zu sein scheint, in den Literaturparnaß aufzusteigen, in Rauris hat sie, glaube ich, auch einmal gewonnen, sagte, daß sie keine Handlung hat und nicht realistisch schreibt und Bernhard Strobel, der das sehr wohl tut, erwähnte, daß er vorläufig bei seinen Erzählungen bleibt, daß es manchmal schwierig ist, weiterzuschreiben und er sich sehr lange mit seinen Texten quält und er gerne im Kaffeehaus schreibt.
Ich habe Sabine Schuster, die sich ja einmal sehr für meine „Sophie Hungers“ eingesetzt hat und die einmal im Jahr eine Rezension von mir im Literaturhaus bringen will, kennengelernt und mir von Anne Zauner erklären kann, wie man auf die Auftritte-Homepage kommt, die gerade online gegangen ist.
Sehr interessant von der jungen Literaturgruppe zu erfahren, während sich Alexander Muth mehr für die Literatur der Arbeitswelt interessierte, die es ja noch immer gibt, es gibt das Volksstimmefest und das Linke Wort und dann den Poetry Slamer Christian Schreibmüller, der mich schon lange für den 17. Oktober mit der „Sophie Hungers“ zu einer Lesung ins Cafe Amadeus eingeladen hat.
Es gibt also sehr viel und die Literatur ist eine sehr lebendige Sache. Morgen geht es weiter mit einem Übersetzertag, da werde ich in meiner Praxis sitzen und meine Abrechnung machen und am Samstag mit einem großen Fest. Da wollte ich eigentlich hin, durch „Rund um die Burg“ und die „Poet Night“ bin ich schon lange nicht mehr in Harland gewesen und da will ich ja eigentlich jedes zweite Wochenende hin, also habe ich mir gedacht, daß ich nicht auf jedes Fest gehen muß. Der Alfred will aber auf den Hochschwab, also werden wir vielleicht, da das Wetter ja sehr schön ist, uns auf das Schiestlhaus begeben, während im Literaturhaus die Literats rocken und Ilse Kilic, Hanno Millesi et al ihre Video und Austellungsinstallationen machen.
2011-09-29
Literaturhausfeiern III – IV
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