Literaturgefluester

2011-10-30

Via Donau II und III

Filed under: Uncategorized — jancak @ 22:06

Weiter gings mit der „Literatur im Fluß“ am Vormittag in der Alten Schmiede mit einem Gespräch über österreichische ungarische Alpträume 1848, 1918, 1956, 1989 mit György Dalos und Norbert Leser moderiert von Erich Klein. Über 1848 wurde aber gar nicht so viel gesprochen, begann Erich Klein doch damit, daß das Ganze vor hundert Jahren eine rein ungarische Veranstaltung gewesen wäre, da György Dalos in Budapest und Norbert Leser im burgenländischen Oberwart geboren wurden und ging über zu den Lebensläufen. György Dalos war Mitglieg der ungarischen KP, hat in Moskau studiert und wurde 1967 wegen maoistischen Ansichten ausgeschlossen. Norbert Leser hat inzwischen eine Urkunde seiner sechzigjährigen SPÖ Mitgliedschaft bekommen, scheint sich aber eine sozialistische Monarchie zu wünschen, zumindest wurde darüber diskutiert, ob die den zweiten Weltkrieg verhindert hätte? Beide haben Otto Habsburg gekannt und György Dalos erzählte von seiner ersten Donaufahrt von Budapest nach Wien, 1980, als ihn die Alte Schmiede zum Lesen eingeladen hatte.
Am Nachmittag gings weiter mit Bekannten, nämlich mit einer Lesung von Peter Zimmermann aus „Last Exit Odessa“, seinem zweiten, 2002 erschienenen Roman und den habe ich, 2004 wirds gewesen sein, bei Thalia in der Kremsergasse um zwei Euro liegen sehen, das Buch nicht gleich gekauft und als ich es nach einer Woche doch tun wollte, war es nicht mehr da. An sich kein besonderes Ereignis, es hat mich aber zu meiner „Zusteigerin oder die Reise nach Odessa“ inspiriert. Die Geschichte von der Anselma Fuchs, dem polnischen Theologiestudenten Kasimierz und dem Pressesprecher Hyronimo Leiter. Die Reise, die Anselma nach Odessa unternimmt, ist eine Werbefahrt und ich habe, da ich noch nie in Odessa war, mich dabei an der vier Tage Busfahrt, die ich einmal mit dem akademischen Reisebüro nach Lemberg und Krakau machte, orientiert.
Peter Zimmermann war aber in den Neunzigerjahren in Odessa, hat es sehr exotisch gefunden und daraus eine Art Krimi von einer verschwundenen Nudelfabrik und einen Spanier, der sich erhängte, gemacht.
Danach las der Serbe Sreten Ugricic, bzw. Robert Reinagl die Übersetzung, aus seinem einzigen auf Deutsch erschienenen Roman „An den unbekannten Helden“ und das scheint sehr ungewöhnlicher Roman zu sein, der sich gegen alle Diktaturen wendet, so teilte Walter Famler auch einen Aufkleber aus, auf dem „Serbien existiert nicht“ steht und Alida Bremer erzählte, wie sie mit einem Koffer solcher Aufkleber von Belgrad nach Wien gefahren ist.
Der Roman spielt 2014 und da wird ein ganzes Jahr das hundertjährige Jubiläum des Attentats von Sarajevo gefeiert, außerdem wird eine Diktatur geschildert und bei den Stellen, die Robert Reinagl las, versuchen zwei aus Serbien mit einem alten VW zu flüchten, werden aber total von sämtlichen Geheimdiensten überwacht und schließlich im Schlaf ermordet.
Danach kam ein Gespräch über „Fluß und Zeitverläufe“ mit György Dalos, Mircea Dinescu, Wolfgang Müller-Funk, Erwin Riess, Laszlo Vegel, Walter Famler und Erich Klein, wo Erich Riess wieder den Prolog aus seinem Roman „Herr Groll und der rote Strom“ vorlas und dann versucht wurde, die politischen Veränderungen an der Donau auszumachen. Die Donau habe ich dabei gelernt, ist der einzige Strom der nach Osten fließt.
Am Schluß gab es Lyrik mit musikalischer Begleitung von Andrej Serkow, der aus der Ukraine stammt. „Gedichte an die Donau“ steht im Programm. Über die Donau hat aber eigentlich nur Zsusanna Ghase, nämlich aus ihren bei der Edition Korrespondenzen erschinenen „Donauwürfel“, gelesen, die sie schon in der Alten Schmiede vorstellte. Die anderen Lyriker, nämlich Mircea Cartarescu und Mircea Dinescu aus Rumänien und Dragana Mladenovic aus Belgrad, waren aber ebenso beeindruckend und Mircea Dinescu hat sogar eines seiner Gedichte gesungen.
Am Sonntag gings weiter in der Alten Schmiede mit einer Dia-Schow mit der Friedrich Achleitner, ganz privat, wie Erich Klein betonte, die Gedenkstätten zeigten, die Bogdan Bogdanovic der Architekt und ehemalige Belgrader Bürgermeister, der 1993 ins Exil gegangen ist und voriges Jahr in Wien gestorben ist, ab den fünfziger Jahren überall in Jugoslawien baute.
Friedrich Achleitner ist mit und ohne Bogdan Bogdanovic diesen Gedenkstätten nachgereist, die alle, wie er betonte, in urbanen Zusammenhang stehen und von Familien und Kindern sehr besucht werden. Manchmal werden die Steine, wie man sehen konnte, aber auch zum Motorcrossfahren benützt, das war sehr interessant und fast, wie eine Reise in den Balkanstaat und der Nachmittag in dem es mehr um den zweiten Weltkrieg, als um die Donau ging, schloß sich fast nahtlos daran an.
Auf jedenfalls in dem Buch von Michael Martens, einem Belgradkorrespondenzen, der in „Heldensuche“ von dem guten deutschen Wehrmachtssoldaten Josef Schulz geschrieben hat, der 1941 hingerichtet wurde, weil er den Befehl Partisanen zu erschießen verweigerte.Vorher las der Kroate Jurica Pavicic aus der Geschichte „Der Schlangentöter“ auch vom Krieg, allerdings von dem viel später, in dem er selbst eingezogen war, die Geschichte hat zufälligerweise genau dieses Thema behandelt, wo ein junger Mann zum allerungünstigsten Zeitpunkt einberufen wird, dann in einen Granatregen kommt, mit seinen Kamaraden, die gerade ein paar Montenegriner gefangengenommen haben, verletzt wird und der dritte, ein halbes Kind, der unverletzt blieb, muß die drei Gefangenen erschießen.
Dann wurde es mit Laszlo Vegel, den ich schon von den vorigen Abenden kannte und seinen „Bekenntnissen eines Zuhälters“, das er in den Sechzigerjahren geschrieben hat, in dem er sich gegen das jugoslawische Regime auflehnte, etwas lustiger. Jedenfalls handelt das Buch von jungen Leuten und Laszlo Vegel, der der ungarischen Minderheit in Novi Sad angehört, wurde damals vorgeworfen, daß er die Jugend zu unmoralischen Handlungen, nämlich zum Mercedes stehen aufgerufen hat.
Die Donau kommt in dem Buch übrigens schon vor und Alida Bremer las auch ein Stückchen darüber.
Der Roman des in der Schweiz lebenden Russen Michail Schischkin „Venushaar“, hat wenn ich es richtig verstanden habe, auch nichts mit der Donau zu tun, geht es darin ja um einen Dolmetsch, der Asylanträge der Tschetschenen etc übersetzt und seine Beziehungskrise hat, ich habe Michail Schischkin aber schon von meinem Buchmessen-Surfing vor zwei Wochen gekannt, weil er das Buch da am blauen Sofa vorstellte und Mircea Cartarescu kenne ich mindestens seit Samstag, trug er da ja ein sehr beeindruckendes Gedicht vor, in dem er alle seine Reise schilderte, die man seit der Wende unternehmen kann und betonte, daß für ihn in der Zeit der Diktatur Thomas Pynchon wichtiger als Ceausescu gewesen wäre. Jetzt ging es um den Roman „Der Körper“, den zweiten Teil der „Orbitor Trilogie“ und ganz am Schluß gings wieder an die Donau, bzw. an das Delta, las da ja der Südtiroler Lyriker Oswald Egger aus „Donaudelta- Schlangeninsel“ und das scheint ein sehr mythologischer Text zu sein, der auch auf einer Donaureise entstanden ist, daß Oswald Egger ebenfalls ein Wort- und Sprachspieler ist, habe ich schon auf einigen seiner Lesungen erfahren. Danach war ich nach dieser langen Donaureise schon etwas müde und erschöpft, habe aber wieder viel gelernt und einige Bekannte gesehen.

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