Literaturgefluester

2011-10-11

Morde in Döbling

Filed under: Uncategorized — jancak @ 22:49

Lina Loos „Geschichten vom Theater und vom Leben“, gab es heute als „Frauen lesen Frauen“ Veranstaltung des ersten Winer Lesetheaters im Amerlinghaus. Angelika Raubek hat den Abend gestaltet, Hilde Schmölzer und Judith Gruber-Rizy haben unter anderen mitgewirkt.
Die Schauspielerin, Journalistin und Schriftstellerin, die 1882 in Wien geboren und 1950 dort gestorben ist und kurzfristig mit dem berühmten Architekten Adolf Loos verheiratet war, kenne ich durch den Bücherkasten meiner Eltern, denn da gab es das 1947 erschienene „Buch ohne Titel“, das ich vor einigen Jahren gelesen habe.
Damals hat mir der Name nicht sehr viel gesagt und ich habe die Autorin auch als sehr naiv empfunden, habe aber gehört, daß sie als eine Ikone der Frauenbewegung gilt, Grund genug den Abend zu besuchen, zu dem mich Hilde Schmölzer und Judith Gruber-Rizy eingeladen haben.
Es war auch sehr voll als ich das Amerlinghaus erreichte. Angelika Raubek leitete ein und erzählte ein bißchen aus dem Leben der Frau, die als Carolina Caterina Opertimpfler geboren wurde und in der Mariahilferstraße gelebt haben dürfte, jedenfalls haben ihre Eltern in dem Haus in dem heute der Humanic ist, das Grand Cafe Casa picola gehabt.

Durch ihre Schwester ist sie mit neunzehn Jahren zu dem Stammtisch von Peter Altenberg gekommen, hat dort Egon Fridell, Karl Kraus und Adolf Loos kennengelernt, der gleich nachdem sie ihm seine russische Zigarettendose zerbrochen hat „Heiraten Sie mich!“, zu ihr sagte. Die Ehe hat nicht lang gehalten, Nina Loos ist Schauspielerin geworden und hat unter anderem im Volkstheater gespielt, Feuilletons geschrieben, war mit Egon Fridell und Franz Theodor Csokor befreundet und hat in einer Wohnung in Sievering gelebt, wo sie zuletzt von einer Freundin gepflegt wurde, die Hilde Schmölzer, 1964 als junge Journalistin interviewte. Jetzt hat Angelika Raubek Hilde Schmölzer interviewt, die erzählte, daß sie sich noch gut an die Wohnung erinnern kann und die Freundin sich beklagte, daß man Lina Loos zum Sterben ins AKH verlegte und ihr dort auch einen Priester aufzwang, der sie zum Beten animierte.
Die Lesefrauen haben in den Geschichten vom Theater und vom Leben Texte ausgewählt, wo die junge Nina, die vier berühmten Männer kennenlernte, dann erzählte sie vom Theater und von dem strengen Direktor Rudolf Beer, der überall war und ihr größere Rollen gab, als sie haben wollte, war sie offenbar sehr schüchtern und litt unter Lampenfieber. Sie hatte aber auch einen Bruder, Carl Forest, der ein berühmter Schauspieler war und der wurde 1938 gegen seinen Willen auch ins Versorgungsheim Lainz verlegt und ist dort gestorben.
Der Titel des Abends bezieht sich auf ein Feuilleton, in dem Lina Loos eine Freundin interviewte, die in Döbling in einem Haus mit Mann und Kindern, Hund und Katze und einigen Hühnern lebte und die immer den Tierschutzverein anrief, wenn in der Nacht der Hund eine Katze anbellte, die Katze ihr tote Vögeln vor die Füße legte oder der Marder ihr die Hühner stahl, worauf er in einer Falle gefangen und ausgestopft wurde.
Nachher gab es wieder ein Buffet, Wein und Gespräche. Adolf Opel, der Lina Loos Werke wieder herausgegeben hat, war anwesend und einige andere Bekannte, wie Werner Grüner, Hilde Langthaler, Elfriede Haslehner oder Hans Jörg Liebscher und ich habe wieder viel gelernt, habe ich Lina Loos doch gar nicht für so frauenbewegt gehalten. Sie engagierte sich aber nach 1945 im Bund demokratischer Frauen und publizierte in der Stimme der Frau und die habe ich gerne glesen, allerding erst nach 1950, habe ich beide ja erst Ende der Siebzigerjahren kennengelernt.

2011-10-10

Preisträger

Filed under: Uncategorized — jancak @ 21:31

Ich sitze vor dem Laptop, höre im Radio Ingram Hartingers Portrait über Tomas Tranströmer und habe gerade nachgegooglet, daß Eugen Ruge mit seinem Debutroman „In Zeiten des abnehmenden Lichts“, den deutschen Buchpreis 2011 bekommen hat und bin vor kurzem von der Alten Schmiede zurückgekommen, wo die Bachmannpreisträgerin Maya Haderlap slowenische Gedichte und aus ihrem neuen Roman „Engel des Vergessens“ gelesen hat.
Eine wahre Preisträgerriege, der literarische Herbst hat es in sich und mir sind wieder einmal in der Alten Schmiede fast die Tränen hinuntergeronnen, denn wen ich mich auch noch so sehr bemühe, werde ich das wahrscheinlich nie erleben und das Lesen des neuen Buches von Ruth Aspöck hatte es auch in sich.
Eigentlich hatte ich noch eine vierte Option, denn als ich am Donnerstag im Literaturhaus war, fand ich dort die Einladung zur Buchpräsentation und Lesung von „Lautschrift 2011, der ersten Publikation des einzigen universitären Literaturinstitus Österreichs, nur leider fand die Veranstaltung um vierzehn Uhr im Ausstellungszentrum Heiligenkreuzer Hof statt und da hatte ich eine Diagnostik und im Anschluß zwei Befunde zu schreiben.
So bin ich erst kurz nach sechs in die Alte Schmiede gegangen und hatte noch ein bißchen Zeit in den Morawa zu schauen und mir das Programm der Buch Wien zu holen, um herauszufinden, daß am neunten November, meinem Geburtstag, die Eröffnung ist und, daß einen Tag früher Klaus Nüchtern den Staatspreis für Literaturkritik erhält.
Da gehe ich ja immer Herrn Auinger vom Bmuk um Einladungen an, was er immer freundlich weitergibt, aber nur kurzfristig zu nützen scheint und seine Frau, mit deren Tochter Anna einmal in die Schule ging, habe ich beim Hinabgehen in die Alte Schmiede gleich gesehen. Um dreiviertel sieben war das, also sehr früh, trotzdem strömten schon die Massen in den Keller und es war gar nicht so leicht einen Platz zu finden. Zwar waren noch einige frei, aber die waren besetzt, so habe ich mich auf einen der beiden nicht reservierten in die erste Reihe gesetzt und war sehr weit vorn.
Wenn eine Bachmannpreisträgerin liest, ist es sehr voll in der Alten Schmiede, so gehört es sich auch und so sind die jungen Mädchen auch im Gang gestanden, als die strahlende Preisträgerin mit Kurt Neumann und Daniela Strigl aufgetreten ist. Am Büchertisch lag neben dem Roman, ein großer Lyrikband in Slowenisch, Deutsch und Englisch, den Maja Haderlap, wie Kurt Neumann erklärte, offenbar schon einmal hier präsentierte. Da aber Lyrik natürlich den literarischeren Stellenwert hat, begann Maya Haderlap, die Lesung mit ein paar zweisprachigen Gedichten, die sie aber schon in Deutsch geschrieben hat und im Anschluß von einer Freundin übersetzen ließ und so hat sie vom „Sommer“ und von „Venedig“ gelesen und dann, glaube ich, den Text, der im Volltext zu den Bachmannlesern erschienenen ist, über ihre Sprache. Sie hat erst in der Volksschule Deutsch gelernt und dann im Gymnasium noch einmal ihre Sprache verloren, weil man offenbar in der Eisenkappler Volksschule trotzdem slowenisch gesungen hat und Gedichte lernte. Zumindest handelt das erste Stück das Maya Haderlaß las von ihrer Mutter mit der sie als Kind während des Bügeln slowenische Gedichte lernte und die Mutter erzählte, dann noch etwas von „Vögeln, die alle faulen Kinder holen“ und, daß „die sieben Kilometer, die die Ich Erzählerin Sonntags in die Kirche gehen mußte, nichts machen, weil der Weg zum lieben Gott eben steinig ist.“ Dann gab es noch den Konflikt zwischen der Mutter und der Großmutter und die Großmutter war im KZ in Ravensbrück und holte die Pfanne, um die Ich Erzählerin auszuräuchern, als sich die in der Pubertät einmal im Bikini zeigte.
Dann kamen die weniger lustigen Stellen, nämlich die Namen der Personen, die während des Krieges verschwunden sind und es wurde vom Schweigen gelesen, das über dieses Stück Kärntner Geschichte bisher herrschte. Maya Haderlap hat sie aufgedeckt und so wird das Buch inzwischen auf Slowenisch übersetzt, aber das ist auch nicht so einfach, denn das Kärntner Slowenisch ist ja kein richtiges Slowenisch und ob das in Laibach oder Maribor anerkannt wird?
Maya Haderlap erzählte Daniela Striegl dann noch, daß es die ersten Tage nach dem Bachmannpreis wunderbar in Klagenfurt war, weil sie da in den Geschäften endlich auf Slowenisch angesprochen wurde, aber jetzt geht sie erst einmal daran, den deutschen Literaturbetrieb zu entdecken.
Richtig, wenn sie sich in den Nacht- oder Morgenzug setzt, kommt sie wahrscheinlich noch rechtzeitig in Frankfurt an und das ist für mich der Übergang zum deutschen Buchpreis, der ja um achtzehn Uhr fünfzig bekannt gegeben wurde und das ist ja die inoffizielle Eröffnung der Buchmesse und ich hatte keine Ahniung wer ihn bekommen wird. Waren mir von den sechs der Shortlist ja nur Marlene Streeruwitz und Sibylle Lewitscharoff bekannt und da eine Österreicherin da ja nicht so leicht und so oft gewinnt, hätte ich an Sibylle Lewitscharoff getippt, aber die Erfahrung lehrt, den Preis bekommt sicher einer der vier anderen und den kenne ich nicht oder doch, von Eugen Ruge habe ich in den letzten Tagen auf den Literaturseiten schon etwas gefunden und so war die Überraschung gar nicht so groß, als ich mir nachdem ich nach Hause gekommen bin, das Video an- und dann gleich wieder abdrehte. Hatte ich ja Ö1 eingeschaltet, denn das Portrait des Nobelpreisträgers interessierte mich natürlich auch, umso mehr, da ich am Freitag, als ich, bevor ich ins Parlament zur Jurysitzung, gegangen bin, mir am Naschmarkt eine Melange und ein Kipferl kaufte und dabei in der Zeitung „Heute“ blätterte, die sic darüberh mokierte, daß ein unbekannter Schwede und nicht Philip Roth den Preis bekommen hat, obwohl der und Haruki Murakami doch so viele Fans und Bücher haben, während der neue Nobelpreisträger nur ein Dutzend Gedichtbände hat und Marcel Reich-Ranicky ihn nicht kannte.
„Das ist uns in diesem Fall leider zu wenig!“, schrieb die Zeitung und ich dachte, daß Herr Reich-Ranicky und der Heute-Artikelschreiber ja nun Tomas Tranströmer kennenlernen könnten. Ich habe mir jedenfalls das Portrait angehört und bin danach erst auf die Seite des deutschen Buchpreises gegangen und auch zufrieden, denn Bücher über die ehemalige DDR interessieren mich ja sehr und der neue Buchpreisträger mit dem besten Roman des Jahres, macht auch einen sehr sympathischen Eindruck. Der beste Roman ist es natürlich nicht, sondern nur einer von vielen guten. Maya Haderlaps Roman ist sicher auch dabei und der von Josef Haslinger, der übrigens heute auch in der Alten Schmiede war, Judith Schalanskys „Hals der Giraffe“, das es ja nicht auf die Shortlist geschafft hat, die ich alle lesen will und mir zu Weihnachten oder zum Geburtstag wünsche, jetzt kommt auch Eugen Runges Buch hinzu, aber halt, die meinen Samstageintrag gelesen habe, wissen, daß ich mit meiner Leseliste ringe, also lieber bescheiden sein, das Kunstlesebuch habe ich aber schon begonnen und Manfred Chobots Text gelesen.

2011-10-09

Nichts als eine langweilige Blindschleiche

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:13

Ruth Aspöcks Textmontage zu ihren Tagebüchern, die vor kurzem bei Löcker erschienen sind, verfolge ich schon seit der Donau Rad Karawane, die 2007, von Wien nach Bamberg gezogen ist und mit der sie ihren literarischen Verlag „Die Donau hinunter“ in die Pension verabschiedet hat. Die 1947, in Salzburg geborene, in Linz aufgewachsene und schon lange in Wien lebende Autorin, ist eine eifrige Tageuchschreiberin, so daß eine ganze Menge Schreibücher, die man auch auf ihrer Homepage sehen kann, entstanden sind.
Ab 2006 oder so hat sie angefangen, die Bücher zu ordnen und in ein Buchprojekt zusammenzufassen und so liegt jetzt „Die langweilige Blindschleiche“, das heißt fünfhundert kleingeschriebene Seiten vor mir, beziehungsweise habe ich mich in den letzten Tagen durch das Leben Ruth Aspöcks gelesen und das war sehr interessant.
Kenne ich sie ja schon sehr lange, ich weiß gar nicht, wann und wo ich sie kennengelernt habe. Beim Arbeitskreis schreibender Frauen, meiner literarischen Sozilisation war sie nicht dabei, aber damals hat sich auch der Wiener Frauenverlag gegründet, den es ja leider leider nicht mehr gibt und da ist 1982 „Und der ganze Zauber nennt sich Wissenschaft“ von ihr erschienen. Sie war oder ist auch AUF-Aktivistin. Wahrscheinlich habe ich ihren Namen da gehört. Persönlich werde ich sie durch die GAV kennen, da bin ich, 1987 aufgenommen worden und 1991 habe ich sie zu meiner ersten Frauenlesung nach St. Pölten eingeladen, da hängt das Einladungsblatt immer noch am Klo in Harland.
Wir haben also ein schönes Stück gemeinsamer Literaturgeschichte und so war das dicke Buch auch sehr spannend zu lesen, obwohl ich, als sie es mir bei der letzten Poet Night übergab und sich ein wenig für die Dicke entschuldigt hat, gar nicht daran gedacht habe, daß ich darin vorkommen werde. So war das Wiedererkennen ganz interessant, obwohl das für Außenstehende gar nicht so leicht ist, denn Ruth Aspöck verwendet, wie auf den ersten Seiten steht, bei vielen Personen, um ihre Privatsphäre zu schützen, andere Namen.
Bei manchen nicht, so kommt Johann Barth beispielsweise namentlich vor, während sich Rolf Schwendter hinter einem Helmut Janko versteckt und SusiLeo mit der ersteren geht Ruth regelmäßig schwimmen und durchquerte sogar den Attersee, werden einmal von Günter Vallaster begleitet. Soll ich jetzt das literarische Geheimnis aufdecken? Tue ich nicht, wird meinem Literaturgeflüster ja von manchen Geschwätzigkeit vorgeworfen.
Ich heiße in dem Buch und das darf ich sagen, Maria und habe mich an meinen Geburtstagsfesten erkannt, bei der „Freiheit des Wortes“ und noch an einigen anderen Stellen.
Ruth Aspöck hat, wie erwähnt sehr lang an ihren Tagebücher gearbeitet, die sie danach, wie ich glaube, vernichtet hat. In der vorliegenden Textmontage, gibt es zwanzig Kapitel, die wie auf der Buchrückseite steht „eine Welt von Ernsthaftigkeit, Spannung, Humor und Selbstkritik eröffnen.“
Ich denke, es ist ein wichtiges Stück Geschichte eines Frauenlebens. Ein bißchen schwer wird man sich beim Lesen vielleicht tun, weil die zwanzig Kaptiel, die von „Anfang und“, zu „Sonntag und Werktag“ „Sprechen und Schweigen“ „Träume und Schäume“ „Blut und Tränen“ „Poesie und Brotberuf“ „Leben und Tod“ bis zu „Ende nie“ gehen, immer in den Sechzigerjahren beginnen und da kurz das Kind bzw. das pubertierende Mädchen, über die Studentin bis zu 2006, wo die Tagebücher enden, beschreiben.
Also zwanzig Mal dieselbe Geschichte und manches bleibt trotzdem angedeutdet und geheimnisvoll. So z.B. die Namen der Liebhaber, manches wird durch die Wiederholung besonders klar. Vieles habe ich nicht gewußt, obwohl ich Ruth Aspöck gut kenne und auch etliche ihrer Bücher gelesen habe.
Beginnen tut es mit dem jungen Mädchen das zur Schule geht, das, wie Kinder das so tun, über Gott und die Welt resumiert. Ruth Aspöck scheint einmal sehr religiös gewesen zu sein. Spannungen und Schwierigkeiten mit den Eltern und der Schwester tauchen auf. Dann kommt die Begegnung mit Franz, das ist der erste Freund, den sie heiraten wollte, was, wenn ich es richtig verstanden habe, durch eine psychische Krankheit verhindert wurde.
Ruth Aspöck hat dann bald ihren Sohn geboren, der nicht Christoph heißt und in Wien, glaube ich, Theaterwissenschaft studiert. Spanisch wird sie wahrscheinlich auch gelernt haben, ist sie jedenfalls in den Sechzigerjahren nach Madrid gegangen und hat über dieses Franco-Spanien das Buch „Ausnahmezustand für Anna“ geschrieben. Sie hat, glaube ich, auch in einer SPÖ nahen Institution gearbeitet. War das die Arbeiterkammer? Sich habilitieren wollen, was aber mißlang, was, wie man nachlesen kann, sehr schmerzte und bedauert wurde.
Ungerechtigkeiten, Mißgunst und Gewalt der Männerbünde werden ihre Rolle gespielt haben. Dann folgten einige Aufenthalte in Kuba, auch darüber gibt es ein Buch „Tremendo swing“ und wenn ich es richtig verstanden habe, eine Liebe, die mißglückte, weil die kubanischen oder auch österreichischen Behörden, das zu verhindern wußten, so ist Ruth Aspöck in den Neunzigerjahren nach Österreich zurückgekommen und hat ihre „Edition die Donau hinunter“ gegründet.
Da kann ich mich erinnern, daß ich mit einigen der Arbeitskreisfrauen, mit denen ich mich noch jahrelang getroffen habe, im Cafe Jelinek in der Otto Bauergasse gesessen bin und Elfriede Haslehner erzählte mir davon.
„Da können wir unsere Bücher machen!“
So habe ich auch meine Texte immer wieder hingeschickt oder ihr übergeben, wie das auch eine „Margret“ und wahrscheinlich viele andere hoffnungsvolle Autoren machten. Ruth Aspöck hat einige genommen, andere nicht und, wie in den zwanzig Kapitel sehr eindrucksvoll nachzulesen ist, immer sehr unter ihrer Armut und ihrer Erfolgslosigkeit gelitten und auch darunter, vom Hauptverband des Buchhandels und anderen nicht richtig ernst genommen zu werden.
Dabei sind eine Menge sehr schöne Bücher in dieser Edition entstanden. Begonnen hat es, glaube ich, mit einem „Theaterband“, dem „Donaugeschichtenbuch“ und „Ganz schön fremd“.
Dann hat sie Brunngrabers „Zucker aus Cuba“ wiederaufgelegt, einen Band über das „Wiener Lesetheater“ hinausgegeben und einen über „Polids Galeriecafe“, Irene Wondratschs Romane verlegt, Doris Kloimsteins „Kleine Zehen“, Johann Barths Scheidungsgeschichte und natürlich auch sich selbst. Das gibts zum Beispiel die zwei erwähnten Bücher über Kuba und Madrid, einen Gedichtband, einen Esseyband „Wo die Armut wohnt“, Das „Muttersöhnchenmärchen“,“(S)trickspiel“ „Kannitverstan“,“Snaitheim“, aber auch Anthologien, wie das „Flüssebuch“ ect.
Wenn sie 1992 damit angefangen und bis 2007 durchgehalten hat, ist das eine sehr lange Zeit und es sind sehr viele Bücher entstanden, die sie alleine bzw. mit Hilfe ihres Sohnes, der eine Zeitlang bei ihr angestellt war, herausgegeben hat und ist bewundernswert rührig dabei gewesen. Kann ich mich doch an einige Buchwochen oder Buchmessen in Leipzig und Frankfurt erinnern, wo sie allein oder mit Sohn und Schwiegertochter in ihrem kleinen Stand gesessen ist. An die Feste im Literaturhaus oder auch bei der Poldi auf der Lerchenfelderstraße. Dabei habe ich auch beobachten können, wie die erfolglosen Autoren zu ihr gekommen sind und ihr ihre Bücher angetragen haben. Im Buch kann man nachlesen, wie sie sich durch den Verlag verschuldet hat, oft die Sozialversicherung und die Honorare nicht bezahlen konnte oder zum Buffet ein paar Kekse und Auschnittbrote mitgebracht hat, weil nicht mehr Geld da war und sich freute, wenn sie ein oder zwei Bücher verkaufte.
2007 wurde das Verlagsfest sogar ausgelassen, weil sie für die Autoren, „Die zu geizig sind, ihr ein Buch abzukaufen“, keinen Wein hinstellen wollte.
Wie schwer diese Zeit für sie gewesen sein muß, kommt in dem Buch so richtig heraus und man lernt auch viel über das alternative und das literarische Leben der letzten vierzig Jahren und natürlich spielt auch die Beschäftigung mit dem eigenen Schreiben eine große Rolle. Das Ringen darum, aber auch die politsche Auseinandersetzung, die Schwiergkeiten einer alleinerziehenden Mutter, die Auseinandersetzung mit ihren Körper und dem Älterwerden. So gibt es zum Beispiel, ein Kapitiel das sich mit ihrer Menstruation beschäftigt und immer wieder sehr schöne Sätze, wie „Ich habe einen Linseneintopf gemacht, mit Appetit gegessen mit Zahnschmerzen bezahlt“ oder „Gestern Abend war ich bei Maria und Heinz eingeladen. Weißwein. Heinz hat gekocht. Gebratene Sardinen. Lugenbraten mit Rotweinsauce und Scharlotten darin gedünstet. Ein herrlicher Weißwein. Solch eine Einladung ist eine feine Unterbrechung meines Alltags.“
Diese leisen, stillen Sätze fallen immer wieder auf und machen, glaube ich, die literarische Qualität aus, so daß ich, die ich das ja mit dem Literaturgeflüster auch versuche, das Buch für ein sehr wertvolles literarisches Zeugnis und ein wichtiges Stück Zeitgeschichte halte.
Ich weiß zwar nicht, wie es auf jemanden wirkt, der vom Wiener Literaturleben keine Ahnung hat und Ruth Aspöck nicht persönlich kennt, denke aber, daß der Kampf mit dem Alltag, der Wunsch mit dem Schreiben berühmt zu werden und es „trotzdem nicht in die erste Reihe zu schaffen“, auch da beeindrucken wird.
Einige Jahre hat Ruth Aspöck, wie erwähnt an ihrem Tagebuchprojekt gearbeitet und sich, das ist mein persönlicher Eindruck, seit sie mit ihren Verlag in Pension gegangen ist, ein wenig erholt. Schreibt sie jetzt ja an einem Buch über Grillparzer, wo sie ihm an die Orte, wo er Reisen unternahm, nachgereist ist und sie hat auf der Donau Rad Karawane in Robert Eglhofer auch einen neuen Lebenspartner gefunden.
Was sie mit den „tausenden unverkauften Büchern“, machte, die sie in ihren Tagebüchern so sehr belasten, weiß ich nicht oder doch, ein paar trägt sie immer in den offenen Bücherschrank in die Zieglergasse.
Es ist also ein sehr interessantes Frauenleben und ein wertvolles Stück Literaturgeschichte, daß da beschrieben wird.
Ruth Aspöck tut das trotz aller Distanzierung, sehr ehrlich und sehr offen, so daß ich dem Buch, das nächste Woche, wie ich glaube, auch bei den IG-Autoren in Frankfurt vorgestellt wird, alles Gute und viele Leser wünsche und in ihr auch eine großartige Schreiberin entdeckte, was mir bisher nicht so bewußt war.

2011-10-08

Harland-Wochenend-Tratsch

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:52

Seit langem sind wir wieder für ein Wochenende nach Harland gefahren, gab es ja vor drei und vor zwei Wochen das „Rund um die Burg- Festival“ und die „Poet Night“ und letzte Woche nützten wir, nach dem ich mich entschlossen hatte, nicht auf das Literaturhausfest zu gehen, um auf den Hochschwab hinaufzuwandern, was gut war, denn dieses Wochenende wäre es des Wetterumsturzes wegen nicht so eine gute Idee gewesen.
So sind wir gestern Abend, als ich geradte zu bloggen anfangen wollte, nach Harland gefahren, gab es da ja eine kleine Aufregung wegen des Ohrensschmauses und ein paar Mails mit Franz Joseph Huainigg. Ruth Aspöck hat mir auch ein Mail geschrieben, daß sie zu meinem Geburtstagsfest kommt, ihr habe ich wegen ihres Buches zurückgemailt, daß ich dreiviertel gelesen in Wien zurückgelassen habe, nehme ich mir ja nicht gerne Bücher von Wien nach Harland mit, obwohl es verlockend gewesen wäre ihr Tagebuchprojekt zu Ende zu lesen, bin ich wegen den vielen Neuerscheinungen des Bücherherbstes im Augenblick ein wenig in Trouble meine hundert Bücherliste vielleicht doch nicht zu schaffen, denn ich habe mir, als ich vor ein paar Tagen im Morgenjournal von der Ausstellung „Schönheit und Vergänglichkeit“ im Essl Museum hörte, das diesbezügliche Lesebuch mit Texten siebzehn jüngerer Autoren, darunter Manfred Chobot, bestellt und gestern auch bekommen. Wenn ich diese Anthologie nach Ruth Aspöcks „Blindschleichenbuch“ einschiebe, werde ich mit den vorgenommenen hundert Büchern vielleicht nicht fertig, andererseits habe ich inzwischen ja schon fünf andere gelesen und außerdem heute als kleinen Urlaub Nachtrag Arno Surminskis „Jokehnen“ begonnen.
Selber schuld, ich muß ja nicht so neugierig sein und mich für alle Bücher interessieren, so habe ich gestern, nachdem ich mit Alfreds Eltern Sekt getrunken habe, noch über den Ohrenschmaus gebloggt, bin heute trotz Kälte wieder mit dem Rad gefahren und habe „Die Frau auf der Bank“ ab Seite fünfunddreißig mehr oder weniger lustvoll durchkorrigiert und bezüglich Tanzkurs alles auf Foxtrott abgeändert.
Bezüglich Geburtstagsfest kommen jetzt die ersten Ab- und Zusagen und während ich am Donnerstag auf die Bekanntgabe des neuen Nobelpreisträgers wartete, bekam ich eine Einladung von Hilde Schmölzer zu der Frauen lesen Frauen Veranstaltung im Amerlinghaus nächste Woche, worauf ich sie fragte, ob sie zu meinem Fest kommt, was zu einem kleinen Mißverständnis führte, habe ich diesmal ja nur Männer als Lesende eingeladen. Bisher war es eher umgekehrt und dann hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil ich mir ja vorstellen konnte, daß einer so aufrechten Feministin, wie Hilde Schmölzer eine fast reine Männerlesung vielleicht nicht gefällt. Die Frauenquote habe ich diesmal nicht erfüllt, man kann aber einmal improvisieren, habe ich im letzten Jahr ja einige interessante Männer durch das das Literaturgeflüster oder auch so kennengelernt.
Ich habe fünf Männer eingeladen, auf der Einladung stehen aber nur Stefan Eibl Erzberg, Rudi Lasselsberger, Marinko Stefanovic und E. A. Richter, weil sich Anton Blitzstein erst gemeldet hat, als ich die Einladungen schon geschrieben hatte. Er kommt aber vielleicht auch und so wird es sicher eine spannende Lesung und ich hoffe nur, daß genügend Zuhörer kommen, was, da ich die Lesung wegen dem Alpha Literaturpreis, der am 4. 11. vergeben wird, am Samstag den 5. mache, damit ich die Woche darauf Zeit für die Buch Wien habe, vieleicht ein wenig irritierend ist. Mein Geburtstag ist ja der 9. November und da wird die Buch-Wien eröffnet.
Die Shortliste für den Alpha Literaturpreis wurde inzwischen auch bekannt gegeben, Angelika Reitzer und Andreas Unterweger sind hinausgefallen, so daß der neue Alpha Literaturpreisträger unter Mariana Gaponeko, Martin Mandler und Anna Elisabeth Mayer zu finden sein wird.
Ein österreichisches Event, während nächsten Montag ja der neue deutsche Buchpreisträger oder Trägerin bekanntgegeben wird und zwei Tage später die Frankfurter Buchmesse beginnt, die ich wieder über Internet und blauen Sofa mitverfolgen werde. Eine Woche später wird am achtzehnten Oktober in der Hauptbücherei das neue „Eine Stadt ein Buch“ des letzten Nobelpreisträgers verteilt, das ich mir sicher holen und auch 2011 oder 2012 lesen will.
Sehr viel los also in diesen Leseherbst und Winter, so daß ich mir fast wünschen sollte, diesmal keine Buch-Wien Karten zu erhalten, um meine Leseliste hinunterlesen zu können.
Aber nein, das wünsche ich mir natürlich nicht, sondern werde morgen Mittag mit dem Alfred wieder auf die Rudolfshöhe hinaufwandern und dann nach Wien zu Ruth Aspöcks Tagebuchprojekt zurückkehren und mich auf eine schöne Woche mit Buchmesse und anderen literarischen Events freuen. Ruth Aspöcks Buch wird übrigens am Stand der der IG Autoren in Frankfurt vorgestellt, Andrea Stift und Valerie Fritsch habe ich dem Internet entnommen, fahren auch dorthin und ich hoffe, daß es noch das blaue Sofa gibt, so daß ich mich ein bißchen informieren kann.

2011-10-07

Ohrenschmaus-Jurysitzung

Filed under: Uncategorized — jancak @ 21:48

Heute war wieder Jurysitzung des Ohrenschmauses, Literaturwettbewerb für Menschen von und mit Lern oder intellektueller Behinderung, den es seit 2007 gibt. Weil ich den Otto Lambauer von Alfreds Wandergruppre kenne, bin ich in der Jury und da mich Literatur in allen ihren Formen interessiert, habe ich auch sehr viel gelernt dabei und kenne mich jetzt mit dem, was Menschen, die beispielsweise ein Downsydrom schreiben, auch gut aus.
Franz Joseph Huainigg, der einmal Behindertensprecher der ÖVP war oder das noch ist, hat ihn gegründet. Wenn ich die Legende richtig verbreite, hat er sich zum vierzigsten Geburtstag einen solchen Literaturpreis gwünscht und Michael König, die das Vorbild für meine „Mimi“ war, hat ihn dazu angeregt. Otto Lambauer, der das Literaturgeflüster anfangs sehr verstärkte und im Behindertenbereich der Caritas tätig ist, hat mir davon erzählt, bzw. wollte er wissen, wie man in das Literaturhaus für die Preisverleihung kommt. 2007 hat sie dort stattgefunden, weil der Rollstuhlzugang, glaube ich, doch nicht so ganz optimal war, wurde es in das Museumsquartier verlegt und ich bin mit Felix Mitterer, Barbara Rett, Heinz Janisch und Kurt Palm in der Jury. Am Anfang war noch die Kinderbuchautorin Friedl Hofbauer, die ich durch Vermittlung von Valerie Szabo, einmal, lang lang ists her, für meine Dissertation interviewte dabei. Im vorigen Jahr habe ich Ludwig Laher und Adrea Stift für die Jury vorgeschlagen und die Beschäftigung mit der Literatur von Lernbehinderten immer sehr genossen. Wurde da ja gleich im ersten Jahr Renate Gradwohl als großes Talent entdeckt und seither bin ich der Ansicht, daß Ernst Jandl, der sich, glaube ich, mit dem Haus der Künstler in Gugging sehr beschäftigt hat, von Leuten mit sogenannten Lernbehinderungen vom Schreiben inspirieren ließ. Renate Gradwohl schreibt jedenfalls so, wie es Ernst Jandl manchmal tat.
Im zweiten Jahr begann es ein bißchen problematisch zu werden, stellte sich doch heraus, daß das Preisträgergedicht von Astrid Lindgren war und damals gab es die Idee, die sich nicht durchgesetzt hat, daß die Jury jeweils drei Texte in den Kategorien Prosa, Lyrik und Lebensbericht auswählt und den Vorjahrspreisträgern nämlich Renate Gradwohl, Herbert Offenhuber, etc zur Verfügung stellt. Nur leider war das Gedicht, daß die Endjury auswählte, nicht vom Einreicher, von den zwei anderen Einreichungen stammte ein Gedicht von Anton Blitzstein, der vom Augustin, seinen Mondkälbern und seinen Katzen sehr bekannt ist, aber der ist kein Mensch mit Lernbehinderung, sondern einer mit Psychiatrieerfahrung und wir begannen die Kriterien für die Einreichung zu diskutieren.
2009 und 2010 gab es damit keine Schwierigkeiten. 2009 wurde mit dem Text von Sarah Lutschaunig, eine tolle Prosabegabung einer sehr jungen Frau, die sagte, daß erste Mal eingereicht und gleich gewonnen hat, entdeckt und in Josefine Bitschau Lebensbericht eine alte Dame, die davon schreibt, wie es damals war, als man sich verstecken mußte, damit einem Hitler nicht erwischt.
2010 gab es mit Reinhard Buchmann wieder einen Prosagewinner mit einem unheimlich starken Talent, das in seiner Sprachgewalt an Thomas Bernhard erinnert, obwohl der Einreicher, wie seine Betreuer meinen, nicht viel spricht.
2010 wurde die Jury durch meine Mithilfe eine wenig aufgefrischt und 2008 wurden Kriterien festgelegt, so daß sicher ist, daß nur mehr Menschen mit Lernbehinderungen einreichen und das ist ein Begriff, der leicht mißverstanden werden kann. Denn was ist eine Lernbehinderung? Eine Legasthenie und eine Aufmerksamkeitsstörung. Aber das ist eigentlich nicht damit gemeint, sondern die geistige Behinderung, die inzwischen intellektuelle Beeinträchtigung heißt. Die Betroffenenen nennen sich, ganz klar, lieber lernbehindert. Aber das kann zu Mißverständnissen führen, wie ich zum Beispiel vorige Woche im Literaturhaus merkte, als ich einem Herrn vom Ohrenschmaus erzählte und der sofort meinte, da reicht er ein, denn er ist Epileptiker und, daß sich depressive Akademiker oder Menschen mit Psychiatrieerfahrungen angesprochen fühlen, haben wir schon erlebt.
Franz Joseph Huainigg will aber, daß der Preis für Menschen mit Lernbehinderungen, wie beispielsweise einem Down Syndrom vorbehalten bleibt und so wird seit 2008 vorher geschaut, daß die Kriterien stimmen, was nicht immer gelingt, so waren heuer einige Texte dabei, die sich mit dem ADHS-Symptom beschäftigten, die eigentlich nicht teilnahmeberechtigt wären.
Trotzdem ist die Beschäftigung mit den über hundert Einreichungen eine sehr schöne Sache und wenn man es zum fünften Mal macht, weiß man, obwohl es offiziell eine anonyme Einreichung gibt, schon in etwa, von wem der Text stammt, denn der Ohrenschaus hat seine Stammeinreicher und ich weiß in etwa auch, ob der Text den Kriterien entspricht oder nicht und wenn jemand das ADHS-Symptom beschreibt, dann stimmt es wahrscheinlich nicht.
Aber mir ist das eigentlich egal und ich finde es noch immer schade, daß Anton Blitzsteins schöne Texte, der heuer vielleicht bei meinem Geburtstagsfest lesen wird, hier nicht aufgehoben sind.
So war es auch heuer, über hundert schöne Texte und wie Kurt Palm meinte, manche zu perfekt. Ich habe damit, wie gesagt, kein Problem, sondern einen offenen Literaturbegriff und so war die Jurysitzung heute Mittag im Parlament mit Felix Mitterer, Heinz Janisch und Ludwig Laher auch sehr interessant, besonders da wir uns bezüglich unserer Favoriten ziemlich einig waren.
So gab es einen sehr schönen Lebensbericht für den wir eigentlich alle stimmten, auch bei der Prosa waren wir uns ziemlich einig, über die Lyrik wurde ein bißchen diskutiert. Nach einer Stunde waren wir fertig und bereit uns auf die Preisverleihung am 29. 11. um 19 Uhr im Museumsquartier zu freuen.
Vorher muß ich noch das Vorwort für das Buch „Nicht schlafen können“, das inzwischen in der Edition der Provinz entsteht und das zur Preisverleihung anläßlich fünf Jahre Ohrenschmaus vorgestellt werden wird, fertig schreiben.
Einen kleinen Wermuthstropfen gab es noch mit dem Prosatext, von dem sich inzwischen herausstellte, daß er auch zu „perfekt“ ist, da es aber eine sogenannte Ehrenliste gibt, auf die die vielen anderen schönen Texte Platz finden, werden wir noch einen Prosatext finden, der den Kriterien der intellektuellen Behinderung entspricht. Die Behindertenolympic macht dafür, glaube ich, IQ Tests und läßt nur Leute teilnehmen, die einen IQ unter 85 oder 75 aufweisen, aber das ist eine Selektion, die ich gar nicht will. So freue ich mich auf die Preisverleihung im November, in der das Siegergedicht auf einer Zotterschokolade aufgedruckt sein wird und auf das Buch mit den vielen schönen Siegertexten und denke, daß ich, seit ich mich so regelmäßig mit dem, was sogenannte behinderte Menschen schreiben, beschäftige, viel gelernt habe. Min Literaturbegriff hat sich seither auch erweitert.
Ohrenschmausarviv 2008 1 2, 2009 1 2, 2010 1 2
Dann gibts noch einen allgemeinen Bericht von 2008 und den über Otto Lambauers Ohrenschmaus-Stand bei „Rund um die Burg“, der sich dann von dort zurück gezogen hat.

2011-10-06

Nobelpreisraten und Islandschwerpunkt

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:22

Die Verleihung des Literaturnobelpreises ist ja eine Sache die mich sehr interessiert, am ersten oder zweiten Donnerstag im Oktober wird um dreizehn Uhr der Name des oder der Erwählten, meistens sind es ja Männer, bekanntgegeben und um halb eins wird dieser oder diese vom Vorsitzendenden des Kommitees angerufen und davon informiert. Das sind so die Informationen, die zu mir durchsickerten. Daß es eine Long und eine Shortliste gibt und daß man auf letzterer mindestens zweimal stehen muß, um gewählt zu werden, damit nicht eine Eintagsfliege, wie angeblich einmal Pearl S. Buck, den Preis bekommt und nicht jedermann oder jede Frau ihren oder seinen Vorschlag nach Stockholm schicken kann. Das dürfen nur Auserwählte, Universitätsinstitute und frühere Nobelpreisträger, die IG Autoren sind, glaube ich, auch dazu befugt und die schlagen Jahr für Jahr Friederike Mayröcker vor, diesmal stand auch Peter Handke als Österreicher auf der Liste. Die Amerikaner tun das wahrscheinlich für Philip Roth und der geht dann an diesen Donnerstagmittagen angelblich nicht aus dem Haus, damit er den Anruf nicht versäumt.
Diese Listen sind angeblich auch geheim, sickern aber immer wieder durch. So gibt es eigene Wettbüros und Ö1 verkündet die Namen, die hoch auf dieser Liste stehen. In den letzten Tagen steht meistens ein Name hoch im Kurs und der bekommt den Preis oder auch nicht. Vor zwei Jahren wurde so im Morgenjournal die Biografie Herta Müllers veröffentlicht und es hat gestimmt, während ich im vorigen Jahr verwirrt war, als ich am Morgen plötzlich von Haruki Murakami hörte. Mario Vargas Llosa ist es dann geworden und heute Morgen stand Bob Dylan sehr hoch auf dieser Liste, der libanesisch syrische Dichter Adonis, wieder Haruki Murakami und ein schwedischer Lyriker namens Tomas Tranströmer, von dem ich noch nie etwas hörte, der aber auch als ewiger Favorit zu gelten scheint.
Im Mittagsjournal interviewte Günter Kaindlsdorfer eines der Kommiteemitglieder und Kristina Pfoser erzählte, daß Bob Dylan in den letzten Minuten von diesem achtzigjährigen Lyriker, der schwer krank ist, seit einem Schlaganfall im Rollstuhl sitzt und nicht mehr sprechen kann, verdrängt wurde. Für das Mittagsjournal ging sich die Namensnennung nicht mehr aus, diesmal wurde es aber in „Von Eins bis Zwei“ von Mirjam Jesser bekanntgegeben. Wenn ich Donnerstag nicht in der Klinik bin, habe ich mir die Namen in den letzten Jahren ergooglet, diesmal war ich aber in der Küche, bin aber trotzdem noch vor der Radioverkündigung darauf gekommen, daß wir wieder einen Nobelpreisträger haben, den ich nicht kannte. Bei Jean Marie Gustave le Clezio vor drei Jahren war das ebenso, inzwischen habe ich von ihm zwei Bücher gelesen. Ob ich an Tomas Tranströmers Gedichte komme, weiß ich nicht. In der Biografie gibt es es Ähnlichkeiten, zwar schreibe ich keine Lyrik, der alte Mann, der, wie ich später hörte, zu den bekanntesten Lyrikern zählt, hat aber als Psychologe gearbeitet und einige Gedichtbände von ihm, habe ich inzwischen ergooglet, sind auf Deutsch erschienen.
Er soll sich, wie seine Frau erzählte, sehr über die Auszeichnung gefreut und nicht mehr damit gerechnet haben. Sie ist sicher verdient und kommt wahrscheinlich zu einem Zeitpunkt, wo er das Geld nicht mehr ausgeben kann und viele Leute werden jetzt wahrscheinlich wieder sagen „Tomas wer?“
So sorgt diese Nobelpreisnominierung für Spannung und es trifft immer den Falschen so richtig die Entscheidung auch ist, weil natürlich soviele andere überbleiben, die auch darauf warten und sich nicht spazierengehen trauen.
Für Interessierte hier mein Nobelpreisarchiv 2008, 2009, 2010
Ansonsten war der Donnerstag wieder ein Tag der Terminkollisionen, wo ich nicht wußte, ob ich in die Alte Schmiede oder in die Gesellschaft für Literatur gehen soll und schließlich im Literaturhaus gelandet bin. Das habe ich auch Ö1 zu verdanken und der Frankfurter Buchmesse, die nächste Woche beginnt und als Gastland Island hat. Ö1 hat diese und auch vorige Woche einen Island Schwerpunkt, berichtet vom Bankencrash, von der Edda und der isländischen Literatur und am Samstag gab es in den Hörbildern eine Sendung von Johann Kneihs, der ein halbes Jahr in Bildungskarenz in Island verbrachte und dort über seine Großeltern Victor und Melitta Urbanic forschte, das sind ein Komponist und eine Künstlerin, die 1938 von Graz nach Reykjavik emigrierten und das Kulturleben Islands nachhaltig prägten.
Er war dort Musikdirektor und hat Bach aufgeführt, sie hat gedichtet, Skulpturen gemacht, übersetzt und Bienen gezüchtet. Rudolf Habringer hat einen Roman darüber geschrieben und am Donnerstag wird im Literatur eine Ausstellung der Exilbibliothek eröffnet, sagten sie im Radio, als wir gerade in Richtung Hochschwab fuhren und da mich das interessiert, bin ich heute ins Literaturhaus gegangen.
Vorher habe ich die Brigitte in der Galerie im Park getroffen, von der ausstellenden Künstlerin ein Glas Wein offeriert bekommen und ihr die Einladung zu meinem Geburtstagsfest gegeben und als ich das Literaturhaus erreichte war es sehr voll.
Elfriede Haslehner habe ich getroffen, weil sie eine der Urbanic Töchter von ihren Chören kennt und die Familie gesehen. Ursula Seeber hat eingeleitet. Es gab Lieder von Victor Urbanic zum Teil mit Texten seiner Frau und die Tochter Sibyl erzählte, daß ihre Mutter den ganzen Tag gedichtet hat. Sie war auch mit Erika Mitterer befreundet und mit Friedrich Gundolf vom George Kreis. Es gab eine Diskussion mit der Tochter, Rudolf Habringer und einer Islandforscherin. Rudolf Habringer, mit dem ich, 2007 glaube ich, einmal in der Alten Schmiede gelesen habe und der bei Picus verlegt, las eine Stelle aus seiner „Island Passion“, wo er das Schicksal Victor Urbanics fiktiv erzählt und Originalaufnahmen mit der Stimme Melitta Urbanics. Am Schluß führte Ursula Seeber durch die Ausstellung und erklärte die Bilder und Schriften in den sieben Vitrinen. Es gab Wein und die Bücher und die Noten zu kaufen. In einem neuaufgelegten Lyrikband gibt es auch ein Gedicht Melitta Urbanics zu finden, von der sonst, wie Ursula Seeber betonte, noch viel zu entdecken ist.

2011-10-05

Überbuch und Riesenroman

Filed under: Uncategorized — jancak @ 21:44

Präsentation des nun endlich gesetzten „Zettels Traum“ in der Hauptbücherei. Ob ich ohne die kürzlich erfolgte Erstlektüre von „KAFF auch Mare Crisium“ hingegangen wäre, weiß ich nicht. Wahrscheinlich aber schon, habe ich das Bücherschrankbuch ja auch gelesen und heute war auch irgendwie ein literarischer Tag. Habe ich nicht nur zwei Szenen meiner drei S weitergebracht, sondern bin, als ich die Zieglergasse um halb sieben hinaufgegangen bin, auch auf eine mit zwei Männern eifrig diskutierende Lisa Spalt getroffen, die ich natürlich fragte, was es im Literaturhaus gäbe?
Die „Idiome“ – Hefte für neue Prosa wurden präsentiert, ob es sich bei den beiden Männern um Urs Jaeggi und Florian Neuner, die auch im Program stehen, handelte, habe ich gar nicht mitbekommen und Lisa Spalt auch nicht erklärt, daß ich stattdessen zur Präsentation des „Überbuches“ gehe und natürlich habe ich vorher beim Bücherschrank Halt gemacht, der, wie meistens sehr bevölkert war und diesmal wieder normal gefüllt. Die gähnende Leere, die ich die letzten drei Male beobachten konnte, war verschwunden. Ist aber offenbar nicht nur mir aufgefallen, so sagte mir ein Benützer gleich, daß der Ausräumer heute offenbar nicht gekommen sei und erzählte mir von den Raritäten, die er gefunden hätte.
Ich war ein bißchen neugierig, wie voll oder leer die Hauptbücherei sein würde? Habe ich ja keine Ahnung, ob Wien eine Stadt der Arno Schmidt Spezialisten ist oder nicht. Christel Fallenstein, die mir mailte, daß sie gerne zu meinem Geburtstagsfest kommen würde, habe ich gefragt ob sie kommt. Sonst war das aber eine Überraschung und der Büchertisch war mit dem riesigen sechs Kilo schweren Überbuch und anderen Arno Schmidt Ausgaben auch gut gefüllt.
„KAFF auch Mare Crisium“ befand sich nicht dabei. Es gab aber eine Art Probedruck oder Einführung zur Neuauflage, die verteilt wurde und bei der Präsentation hat es sich um eine regelrechte Performance gehandelt. Aber erst habe ich mich in dem halbgefüllten Saal umgesehen, Sascha Manowicz und Peter Henisch erkannt und weil neben dem Autor noch ein Platz frei war, mich neben ihm gesetzt und ihm erzählt, daß mir das Ende seines Buches nicht gefallen hätte.
„Von welchem?“, fragte mich sehr freundlich seine Begleiterin und es hat sich ein interessantes Gespräch entwickelt. Ein Highlight meines Literaturalltags, weswegen ich das Literaturgeflüster eigentlich führe, haben sich da ja einige Gespräche bei mir tief eingeprägt, die ich auf diesen Weg dokumentieren und weitergeben möchte.
Daß Peter Henisch manchmal zu Literaturveranstaltungen geht, weiß ich, daß er sich für Arno Schmidt interessiert, war eine Überraschung, hätte ich das ja gerade einem realistischen Autor nicht zugetraut. Ich bin das aber auch und so habe ich ihn auch danach gefragt und er sagte mir, daß er oft Klarheit in Arno Schmidts Werken gefunden hätte. Da habe ich ihm auch erzählt, daß ich „KAFF auch Mare Crisium“ gelesen, aber nicht verstanden hätte.
„Vielleicht verstehe ich es heute“, sagte ich noch in den Probeseiten blätternd, die sehr groß, dreispaltig und von ähnlicher Orthografie, wie „KAFF“ schienen, mit eingefügten Zeichnungen, Amerkungen, Satzzeichen, etc.
Susanne Fischer, die Editorin, führte in den Roman ein und erzählte, daß er zehn Jahre später als „KAFF“ entstanden ist, daß der Titel auf den „Sommernachtstraum“ anspielt und die Handlung an einem Tag ab vier Uhr früh in der Lüneburger Heide spielt. Und zwar bekommt da der Ich-Erzähler Daniel Pagenstecher, der an einer Edgar Allan Poe Ausgabe arbeitet, Besuch vom Übersetzerehepaar Paul und Wilma Jacobi und deren sechzehnjährige Tochter Fränzel und zieht mit diesen offenbar den Tag über die Heide, unterhält sich mit ihnen über Poe, entwickelt eine Etym-Theorie, verliebt sich in die Sechzehnjährige oder sie in ihn und einen Nato Soldaten, der ein geborgtes Fleischhauerbuch liest, treffen sie offenbar auch.
Das Ganze erinnert irgendwie an „KAFF“ und dessen Handlung, die sowohl auf dem Mond, als auch in der Lüneburgerheide bei einem Tantenbesuch spielt, besteht aus fünfzehnhundert Seiten und ist bisher nie als Typoskript erschienen.
Danach folgte eine Lesung aus dem Buch vom Buchgestalter Friedrich Forssmann und Bernd Rauschenbach von der Arno Schmidt Stiftung und die beiden haben offenbar ein schauspielerisches Talent oder die Lesung sehr einstudiert. Danach erzählte Friedrich Forssmann, wie er dazu kam, das Buch zu setzen und das tat er auch sehr gekonnt.
Mit Siebzehn hat er von einem Freund „KAFF“ empfohlen bekommen, brach danach die Schule ab und wurde Schmidt Leser, aber damals gab es einen Verlagsstreit und Schmidt offenbar kaum zu kaufen, dann brach er eine Setzerlehre ab, studierte Graphikdesign, begann die vier letzten Schmidt Romane Probe zu setzen und marschierte damit auf die Frankfurter Buchmesse. Kam zur Schmidt Stiftung, da war er dreiundzwanzig und hatte eine dreijährige Tochter. Jetzt ist seine Enkeltochter so alt und „Zettels Traum“ fertig und Bernd Rauschenbach erläuterte darauf genauso komödiantisch, wie man „Zettels Traum“ lesen soll.
Nicht spaltenweise und nicht gelegentlich ein paar Seiten, sondern in einem durch, für das Bett und die Badewanne eignet es sich wegen seiner Größe und Schwere nicht, also am Schreibtisch und dann braucht man ein deutsches und ein englisches Wörterbuch, eine Literaturgeschichte, den James Joyce, Sigmund Freud und noch eine Menge Sekundärliteratur. Dann ist man in einem Jahr fertig und ein Arno Schmidt Spezialist. Man kann es aber auch ohne die Begleitliteratur lesen, denn Schmidt hat schon das Wichtigste eingefügt und außerdem empfohlen mit dem Buch vier oder sieben anzufangen.
Ja richtig, der Roman besteht aus acht Büchern. Nachher wurden der Performancer sehr beklatscht, die auf den Büchertisch hinwiesen. Wieviele den sechs Kilo Band nach Hause schleppten, weiß ich nicht und auch nicht, ob ich mich an das Jahreswerk machen würde, wenn ich es im Bücherschrank fände? Glaube eher nicht, habe aber derzeit ein anderes, wenn auch viel verständlicheres „Monsterwerk“ vor mir, nämlich Ruth Aspöcks „Nichts als eine langweilige Blindschleiche“, das aus fünfhundert Seiten und zwanzig Büchern im Kleindruck besteht und wieder viel gelernt.

2011-10-03

Schreibfabrik

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:26

Im Writersstudio gibt es jeden ersten Montag im Monat eine Schreibfabrik, das sind drei Stunden für die konkrete Textarbeit, wo man sich treffen kann, um mit seinen Texten zu beginnen oder weiterzuarbeiten.
„Schreibseminare sind das eine“, steht auf dem Infoblatt, „da gibts Know-how und Übungen, doch was tun, wenn der Workshop vorbei ist? Auf den Bildschirm starren und auf die Muse warten?“
Dagegen gibts in der Pramergasse zwei regelmäßige Schreibtreffs.
Das Schreib-Cafe mit Yoga und die Schreibfabrik. Im Juni war ich bei dem Yoga-Vormittag, wenn ich mich nicht irre, ist das nur für Frauen, da gibt einen kleinen Schreibimpuls, eine Stunde Yoga, dann kann man bei Kaffee oder Tee seinen Laptop oder sein Notizbuch auspacken und an seinem Projekt schreiben.
Für mich war das eine Premiere, trainiere ich ja regelmäßig die progressive Muskelentspannung, von Yoga habe ich aber nicht viel Ahnung, dann bin ich mit meinen Zetteln dagesessen und habe mich geärgert, daß ich mein grünes Notizbuch mit den „Frau auf der Bank“- Notizen nicht mitgenommen habe. So habe ich das Thema der drei S nur umkreist und den Sommer intensiv zum Schreiben benützt. Der Rohentwurf ist fertig und seit ich wieder in Wien bin, korrigiere ich Szene für Szene, nur komme ich derzeit nicht sehr viel dazu, waren ja die Ohrenschmaus-Texte durchzusehen, das Geburtstagsfest vorzubereiten, die Poet Night und „Rund um die Burg“ waren auch, so daß ich schon länger bei der Szene acht halte. Das ist vielleicht ganz gut, raten die Schreibseminare ja immer, man soll seinen Text eine Zeit liegen lassen. Ich halte davon eigentlich nicht sehr viel, es hat sich aber so ergeben und als die Einladung zum Ausprobieren der Schreibfabrik kam, habe ich mich darauf vorbereitet.
Zwar habe ich nichts neu zu schreiben, aber eine konkrete Frage bezüglich der Szene, wo Svetlana Mihic in den Tanzkurs geht. Daß sie sich den von ihren Eltern zum Geburtstag schenken läßt, hat sich aus der Handlung ergeben, um mit dem Oberarzt am Ärzteball Walzer zu tanzen. Dann wollte ich aber nicht damit anfangen, sondern bin, weil mir nichts anderes einfiel auf Tango gekommen. Aber ist das nicht zu schwer für den Anfang? Ich bin ja nicht so eine gute Recherchiererin, daß ich das aber bei der Feedbackrunde fragen könnte, ist mir eingefallen. So habe ich mein Manuskript, das grüne Notizbuch und auch die Zettel, die im Yoga-Schreibcafe entstanden sind, gepackt und bin am Nachmittag in die Pramergasse hinausmarschiert.
Vorher habe ich noch die Einladungsbriefe, die ich bezüglich meines Geburtstagsfestes schon fertig hatte, aufgegeben und mir zwei neue Briefmarkenrollen bei der der Post gekauft.
Das literarische Geburtstagsfest wird heuer am Samstag den fünften November stattfinden, weil am Freitag vorher der Alpha Literaturpreis vergeben wird, wo Angelika Reitzer, Mariana Gaponeko, Martin Mandler, Anna Elisabeth Mayer und Andreas Unterweger auf die Shortlist gekommen sind und die Woche darauf die Buch-Wien stattfindet, wo ich zu beiden gehen will. Diesmal wird es fast eine reine Männerlesung werden, habe ich durch das Literaturgeflüster und auch sonst im letzten Jahr interessante Autoren kennengelernt, so daß ich von meiner bisherigen Methode, meine schreibenden Freundinnen einzuladen, ein wenig abweiche und ein Programm mit Stefan Eibel Erzberg, Eva jancak, Rudolf Lasselsberger, Marinko Stefanovic und E.A.Richter anbieten kann.
Die Lounge in der Pramergasse war auch gut besucht, zu meinem Erstaunen habe ich Margit Heumann getroffen und einige andere bekannte Gesichter, die ich schon vom Tag der offenen Tür kannte. Gundi Haigner moderierte und bot den zwölf Interessenten, zehn Frauen und zwei Männer, glaube ich, ein dichtes Programm. Begann es doch mit einer kleinen Aufwärmübung „Die Neugikeit des Tages ist….“, da habe ich meinen Muskelkater von der Hochschwabwanderung, das Aussenden der Geburtstagsfesteinladungen und das schöne Wetter thematisiert. Weiter gings mit Bildgeschichten, ein Regenschirm, eine offene Sicherheitsnadel, eine Rose mit Dorn, ein Zebra, ein Segelboot und eine Nasenspitze und man sollte ein paar Sätze schreiben und dazwischen etwas Platz lassen, um später etwas einzufügen bzw. die Verbindung herzustellen.
Nach einer Pause ging es weiter mit den Erwartungen der Teilnehmer und die waren sehr konkret vom Sachbuchschreiben, Input finden, zum Verarbeiten der Informationen, die sich in verschiedenen Marathons angesammelt haben und Gundi Haigner hatte auch Vorschläge für alle.
Für die, die zu neuen Texten finden wollten, schlug sie längeres oder kürzere Freischreibrunden vor, es entschieden sich aber die meisten für das kreative Feedback. Blümchen oder Fragezeichen und der andere hört zu, sagt „Aha!“ und läßt das Response dann wieder reifen.
Da war das Feedback auf meine Frage mit dem Tanzkurs auch sehr hilfreich, denn habe ich es doch geahnt, Tango ist für einen Anfängerkurs viel zu schwer und mit flachen Schuhen kann man auch nicht Tango tanzen. Also werde ich das auf Foxtrott ändern.
Wenn ich auch nicht regelmäßig jeden ersten Montag oder Donnerstag an einem Schreibtreff teilnehmen will, denke ich doch, daß ein regelmäßiger Fixpunkt, wo man über seine Fortschritte, ganz egal ob man jetzt an seiner Diplomarbeit, seinem Sachbuch oder einem Roman schreibt, berichten kann, eine gute Sache ist und soviel ich weiß, bietet das auch nur das Writerstudio an und da ich bis zur Jurysitzung die Ohrenschmaustexte weiter durchschauen muß und auch das Geburtstagsfest noch nicht fertig ausgesendet habe, wird „Die Frau an der Bank“ wohl auch noch etwas liegen bleiben, bis ich mich an die Änderung meiner Tanzstundenszene machen kann, daß man beim Tango tanzen Stöckelschuhe braucht, habe ich übrigens schon am Freitag beim Patrick und seinem H & K Werk- Statt- Welt-Fest gesehen, wo Barbara Ruppnig und Martina Cizek Jazz-Tango-Klezmer spielten und einige Paare tanzten, während ich mich an dem karibisch-kreolischen Buffet und den polnischen Kartoffelpuffern überessen habe.

2011-10-02

Figuren

Filed under: Uncategorized — jancak @ 20:19

Der 2011 in der Edition ch Textband „Figuren“, 32 Prosaskizzen von Manela Kurt beginnt mit einem Schachbrett als Inhaltsverzeichnis.
Auf zwei Feldern werden abwechselnd in schwarz-weißen Quadraten, die Textüberschriften mit der Seitenanzahl vermerkt.
Einige Texte scheinen dem Schachspiel entlehnt. So gibt es „Der Läufer“, „Springen“, „Der König“, „Ein weißes Feld“, andere Texte scheinen wieder nichts mit den Schachfiguren zu tun zu haben, sondern dem realen Leben zu enspringen, seine Gefühle, Wirrnisse, Freuden und Ängsten in kurzen Sätzen mehr oder weniger poetisch zu erzählen.
Fotografien spielen in dem Band auch eine große Rolle, nicht nur, daß Fotografien von Michael Kurt aus seinen Paris-Zyklen den Texten beigefügt sind. Die Texte sind auch sprachliche Fotografien und die Geschichten werden nicht nur in experimentellen Sprachstilen sondern oft sehr fotografisch erzählt.
Die 1982 in Karl-Marx Stadt, in der ehemaligen DDR, geborene Manuela Kurt, die in Wien vergleichende Literaturwissenschaft studiert, erzählt die Welt in kurzen Momentaufnahmen, geht dabei immer wieder von einer Ich-Erzählerin aus, wobei sie manchmal das, wovon der Text handeln soll, wie in dem Beispiel „Küssen“, gar nicht erzählt.
„Schau nicht nach unten, denn dort lauert ein Löwe. Zwei Steinfiguren. Ich werde zu dir gezogen. Weiße Stadt im Nebel. Ich kehre zurück. Im Morgengrauen durch die Gitterstäbe.“
Wer von wem geküßt wird, wird zum Leser ausgelagert, der sich seine eigene Geschichte zu dem scharf skizzierten Szenario ausdenken und seine Phantaise entscheiden lassen kann, wie das mit dem „Windhauch“ und dem „Stillstand“ zu verstehen ist.
Gefühle kommen in den Texten vor, Ängste, Freude, Verständnislosigkeit und Unverstandenwerden, wie das im Leben so ist, aber auch der sehr reale Alltag, wie das U-Bahnfahren wird immer wieder skizziert. So hat sich der „Läufer“ im ersten Text „auf den Weg gemacht, klettert von den höchsten Türmen der Stadt hinunter, trägt einen Stab, den er kaum halten kann, zeigt uns durch die U-Bahn Scheibe sein Gesicht und fletscht die Zähne“ und wir haben das Schachbrett längst verlassen und können uns unseren Reim zu machen versuchen, wie das mit den Läufern in der U-Bahn ist.
„Du fehlst mir“, heißt es in dem sehr poetischen Text. „Winter“
„Die Stadt wird immer kälter. Ich lehne mich gegen die Wand und du küsst mich.“
Während man in „Die Liebenden“ in die Abgründe der menschlichen Beziehungen hineinschauen kann.
„Wie Süchtige greifen ihre Hände nacheinander. Er ist der Bach, der reißt. Sie fühlt sich wie vor einem Gewehrlauf. Sie kocht über vor Liebe. Die Weite zwischen ihnen wird eng. Sie kämpfen.“
Man kann sich über das alles viel längere Geschichtenausdenken, sogar Romane mit tausend Seiten schreiben, die ich gerne lese. Die Verdichtung und Vernknappung hat aber ihren Reiz, zwingt zum genau Hinschauen, um den Widersprüchlichkeiten, die es in den Texten hin und wieder gibt, nicht auf dem Leim zu gehen und dann wird nicht nur mit den Bildern und den Fotografien, sondern auch mit Sprache gespielt.
Im „Am Boden“ „schleicht sich von hinten das flinke B an mich heran. Das U (sein heimlicher Komplize) läßt nicht locker, bis das C mich so richtig an die Nagel nimmt und das H einmal kräftig gegen mein Schienbein tritt“.
Eine schöne Visualisierung, die die Vorstellungskraft der realistischen Schreiberin schult und der Psychotherapeutin gefällt natürlich die Selbsterkennung in „Bin ich es?“, während der Text „Fliegen“ wieder Rätsel aufzugeben weiß. Wer fliegt während des „Spaziergangs durch die Herbsblätter“ wohin? Die Flügel hat die Ich-Erzählerin zwar bekommen, dann verwandelt sie sich aber im Einkaufszentrum in einen Teddybär und „fühlt Müdigkeit in allen Gliedern“.
Man muß schon sehr aufpassen, um Manuela Kurts Figuren zu erfassen, dann kann man dem banalen Alltagsleben poetische Wendungen abgewinnen, was das Lesen interessant und spannend macht.
„Die Tänzerin“ ist ein längerer Prosatext, der in kurzen Sätzen sehr viel erzählt, wenn man sich in die sprachliche Verdichtung einlassen will, während der Text „Illusionen“ nur aus drei Zeilen besteht.
Mein Lieblingstext ist zweifellos „Unterwegs“, in dem Manuela Kurt sehr poetisch mit dem Wort „schon“ zu spielen weiß.
Man hat viel gelernt vom Leben, nach dem Lesen, was, wie schon beschrieben, wo anders in langen Romanen viel ausführlicher beschrieben wird, während man die „Figuren“ der Manuela Kurt auf das Schachbrett stellen oder sie durch die Stadt schicken kann, aber auch Innehalten und die fotografischen Schnappschüße betrachten, dann kommt man den Figuren auf die Spur und kann sich ihr oder auch das eigene Leben erzählen.
Manuela Kurt, entnehme ich dem Buch hat in verschienenen Anthologien und Zeitschriften wie „DUM“ und „Wortwerk“ veröffentlicht.
Ich habe sie im Sommer 2009 bei einer Lesung im Readingroom gehört, da sind mir schöne Stellen in ihren Gedichten aufgefallen, im Internet ist nicht viel über sie zu finden, nur zwei Rezensionen über das Buch, das am 14. 9. in der Buchhandlung tiempo nievo vorgestellt wurde. Manuela Kurt ist jedenfalls auch eine unter Dreißigjährige. Mal sehen was ich noch von ihr hören oder lesen werde und ob ich sie in der Grazer Autorenversammlung treffen kann?
Eine der oben zitierten Widersprüchlichkeiten kann auch die Diskussion der Frage sein, ob es jetzt zweiunddreißig oder dreiundvierzig Prosaskizzen sind?
Zwei mal sechzehn Felder machen zweiunddreißg, das Buch hat aber dreiundvierzig Seiten, da muß der Rezensent schon aufpassen, daß er sich nicht verzählt.

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