Literaturgefluester

2011-11-30

Nachträge und Vorausschau

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:55

Wieder einmal hat der Kopf geraucht von all den Mainstreameindrücken der Erich Fried Tage, wo ich viel für das eigene Schreiben lernte und mich mit dem Schreiben und dem Lesen von Kurzgeschichten auseinandersetzte. An den Bücherschränken vorbei nach Hause gegangen und da gibt es einen neuen am Margaretenplatz, aus dem ich auch einen sehr schönen Anne Enright Erzählband „Alles was du wünschst“ genommen habe und ihn auf meine Leseliste für das Jahr 2013 setzte. Denn da bin ich, ob dem Überfluß meiner ungelesener Bücher ein bißchen in Bedrängnis. Mit der Hundert Bücher Liste, die ich mir im Februar erstellte, bin ich aber fertig. Das heißt nicht ganz, denn ich habe heuer schon hundert Bücher gelesen, allerdings erst dreiundneunzig von der Februariste. Dafür aber schon sieben andere, die ab Herbst dazukamen und da ich auch das letzte auf dieser Liste stehende Buch, nämlich Thomas Wollingers „Archäologin“ lesen will, werden es wahrscheinlich 2011 mehr als hundert Bücher werden. Dann habe ich schon Listen für 2012 und 2013 angefangen mit denen ich die Übersicht bewahren will und auf der für 2012 einmal neunundfünfzig Bücher aufgeschrieben, die ich im nächsten Jahr lesen will und dann Platz gelassen, daß ich ab Jänner pro Woche ein neues Buch dazu schreiben kann, denn so hundertzehn Bücher sind, glaube ich, pro Jahr zu schaffen. Mehr nicht, denn das Lesen hat bei mir nicht die erste Priorität, das hat das Schreiben. Da sich aber trotzdem schon weitere Bücher angesammelt haben, gibts schon eine neue Liste mit zwanzig weiteren Büchern, die kann ich dann noch mit dreißig weiteren Büchern auffüllen, um ab 2013 den Rest dazuzustellen. Ich habe mir jetzt auch die Mühe gemacht, die Leseliste mit den Büchern von 2008, 2009 und 2010 zu ergänzen und das war sehr interessant. Denn bei 2008 sind nur sechs Bücher zu finden. Eine Zahl, die natürlich nicht stimmt, habe ich ja erst im Juli mit dem Bloggen begonnen und dann habe ich anfangs auch nicht alle Bücher, die ich gelesen habe, besprochen. So gibt es beispielsweise keine Besprechung von Uwe Tellkamps „Turm“, Eva Rossmann „Russen kommen“ und auch bei „Fever Pitch“ nur ein paar Zeilen. Das Besprechen hat sich erst langsam herausgebildet und es war wohl auch ein Lernprozeß. 2009 habe ich dann schon achtunddreißig Bücher stehen, glaube mich aber erinnern zu können, daß ich fünfundvierzig Bücher gelesen habe und 2010 waren es, glaube ich neunzig, habe dann aber auch nur achtundachtzig zum Verlinken gefunden. Das kann nun nicht mehr passieren, daß ich was übersehe, weil ich jetzt gleich verlinke und durch die Bücherschränke hat sich mein Leseverhalten auch eindeutig gesteigert. Hundertzehn halte ich aber für die Obergrenze, so daß ich versuche mich an die Regeln der Bücherschränke zu halten, möglichst nur ein oder höchstens zwei Bücher pro Besuch zu nehmen, etwas das vielleicht nicht immer gelingt. Die Bücherlisten helfen mir aber mich zu disziplinieren, denn zuviel Ungelesenes möchte ich nicht ansammeln.
So viel zu den Klagen einer Vielleserin und der Überfluß ist ja eigentlich sehr schön, gibt es ja auf der anderen Seite, das Jammern über die, die nicht mehr Lesen lernen oder Lesen wollen und so war im montägigen Kurier auch eine ganze Seite zu diesem Thema. Gibt es da ja ein Projekt das sich „Family Literacy“ nennt, das versucht, die Kinder über ihre Eltern zum Lesen zu bringen und eine Enquette mit Experten gab es am Montag dazu auch und ich habe noch immer die Roundtable Diskussionen der Fried Tage im Kopf, wo es um die neuen Formen des Schreibens im Internet und dem Stöhnen darüber, wer das alles lesen soll, ging. Da wurde ja auch über Blogs diskutiert und darüber, daß manche in Buchform erschienen sind. Rainald Goetz ist, glaube ich, so ein Blogger, der seine Online Tagebücher beispielsweise unter dem Namen „Abfall für Alle“ bei Suhrkamp veröffnetlicht hat und Anna Sams „Die Leiden einer jungen Kassiererin“ ist ein Erfolgsbuch, das zuerst auch ein Blog gewesen ist. Das hat sich in der letzten Zeit etwas verändert, zumindest höre ich nicht mehr soviel von den Blog-Erfolgen. Dazu gibt es inzwischen wahrscheinlich zu viele mehr oder weniger gute Blogs. Ich lese eher von den Bloggersterben und da tut es mir persönlich immer noch ganz besonders leid, daß es leselustfrust nicht mehr gibt, denn die hat, nachdem ich sie im Sommer 2009 entdeckte, mein Leseverhalten eindeutig gesteigert und ich bin auch auf einige sehr interessante Bücher durch sie gekommen und stoße abgesehen davon, daß ich mich immer noch durch ihren Blogroll surfe, immer wieder auf sie, so hat Thomas Wollinger erst vorgestern eine Besprechung von ihr gefunden und da ist mir eingefallen, daß auch das in der letzten Zeit ein wenig fehlt, gehen die Blogger da ja eher aufeinander los und jammern über die schlechte Qualität. Ich finde es aber trotzdem immer noch sehr spannend, daß soviele Leute schreiben, der Nanowrimo geht ja auch morgen zu Ende, da habe ich dieses Jahr nur ein wenig bei der Statistikseite der Schreibwerkstatt mitgenascht und selber nicht immer sehr eifrig an den „3 S“ korrigiert. Wenn ich aber dazu komme geht es eigentlich ganz gut und ich bin eigentlich auch ganz zufrieden mit meinen drei Frauen, die alle am selben Tag Geburtstag haben und einen Namen tragen, der mit „S“ beginnt und ich habe auch schon eine Idee für das nächste Buch. Da haben mich dazu ein bißchen die Thomas Stangl Romane mit der Emilia Degen, die in zwei seiner Bücher vorkommt, angeregt, so daß ich mir dachte, daß ich eine Wohnung zum Ausgangspunkt nehmen könnte, in der sowohl die Großmutter, Mutter und Tochter gelebt haben. Die Großmutter, die Rosa heißt und 1915 geboren wurde, ist schon gestorben, die Tochter Marianne wohnt inzwischen woanders, Theresa lebt noch da und studiert Philosophie. Mit diesem Szenario könnte ich versuchen den nächsten Roman zu schreiben, der vielleicht ein bißchen weniger „trivialer“ wird und mir mit der Entwicklung der Personen und der Handlung etwas mehr Zeit lassen…
Mal sehen, ob es gelingt. Bis es soweit ist, werde ich die „3 S“ sicher noch öfter durchgehen müßen und ab jetzt wird es vielleicht auch ein weniger ruhiger werden. Die Bücher, die jetzt noch ungelesen auf der 2011 Liste stehen, möchte ich noch lesen und wenn ich ganz fleißig bin, schaffe ich vielleicht noch den Gedichtband, den ich vorige Woche bei Fix Poetry gewonnen habe, nämlich „Gräber und Drüber“ von Andreas Reimann, ansonsten kommt ja bald Weihnachten und die Adventzeit, die ich diesmal literarisch nicht so ausschlachten will. Zwar habe ich im Sommer schon ein Weihnachtslesebuch gefunden und den Adventrundgang durch den siebenten Bezirk und xxxxxx-small gibt es natürlich auch. Die Geburtstagsbücher werde ich dann erst im nächsten Jahr lesen und die werde ich, damit ich nicht zu unaktuell bin, den anderen schon aufgeschriebenen, ein wenig vorziehen und als ich mich Alfred gestern fragte, ob ich mir ein Buch zu Weihnachten wünsche, habe ich „Nein!“, gesagt.

2011-11-29

Ohrenschmaus 2011

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:14

Bevor ich heute zu der Ohrenschmauspreisverleihung ging, bin ich noch ein bißchen bei der Amerlinghausdemo mitgegangen, es hätte auch eine Protestveranstaltung gegen die Postamtschließung im fünften Bezirk gegeben, in der Ovalhalle des Museumsquartiers wurde aber zum fünften Mal der „Ohrenschmaus – Literatur von fund für Menschen mit Lernbehinderung“ vergeben. Von der Jurysitzung habe ich ja schon geschrieben und auch, daß ich die Laudatio für den Lebensberichtgewinner und das Vorwort für das „Die besten Texte- Buch“ -„Kann nicht schlafen“ geschrieben habe.
Diesmal war die Preisverleihung anders organisiert. Barbara van Melle und Ronny Pfennigbauer, der die letzten Jahre, glaube ich, gesungen hat, haben moderiert. Es begann mit der Begrüßung, dann haben Felix Mitterer und Chris Pichler, die Texte, die auf die Ehrenliste gekommen sind, gelesen und da gab es einige bekannte, so hat Josefine Bitschau, die ja schon 2007 gewonnen hat, wieder einen Text geschrieben, in dem sie sich mit ihrer Kinheit unter Hilter, wo man aufpassen mußte, nichts sagen durfte und die Freundinnen verschwanden, von denen man später erfuhr, daß sie in Hartheim ermordet wurden, beschäftigte und auch der Prosapreisträger vom Vorjahr David Sylvester Marek überzeugte wieder mit „Karpartenrosenkranzwegsuche in Pressburg“. Dann gab es noch den „Gepardenspaziergang“, „Die Straßenbahn im Apfelbaum“ u.u.u.
Der Wissenschaftsminister hat ein paar Worte dazu gesprochen und auf seine Kompetenz als Literaturwissenschafter verwiesen. Es gab auch einen Sonderpreis für einen dramatischen Text, der in die drei üblichen Kategorien nicht einzuordnen war. Der Lyrikpreis wurde von einer aparten jungen Frau, nämlich der 1993 geborenen, Ruth Oberhuber gewonnen, die den „Durchbruch des Kindes in mir“ geschrieben hat, weil sie von zu Hause ausgezogen ist. Heinz Janisch, der die Laudatio hielt, betonte, daß „Sonne und Licht“, das in dem Gedicht neben „Regen und Schnee“ eine Rolle spielt, auch vom heurigen Literaturnobelpreisträger Thomas Transstömer für sehr wichtig gehalten wird. Das Gedicht, das auch auf der Zotter Schokolade zu finden ist, wurde wieder von Chris Pichler gelesen. Bevor es mit dem Lebensbericht weiterging, gab es eine Musikeinlage und sogar den „Ohrenschmaus-Song“, den später alle singen mußten. Für den Lebensberichtpreisträger waren wir uns bei der Jurysitzung alle einig. Der 1962 in Waidhausen geborene Peter Gstöttmaier überzeugte mit seinem mit der Hand und im Dialekt geschriebenen Text „Selbständi“ eigentlich sofort. Denn „Söbständi is allas selba macha, sölba denka und toan, sölba wolln, sölba kinna, Verantwortung übernehma!“
Leider hatte ich mit meiner Laudatio ein bißchen Pech, läutete dazwischen doch das Preisträgerhandy, so daß ich noch einmal anfangen mußte. Sie scheint aber doch ganz gut gefallen zu haben, will sie ja eine Dame in Radio Orange bringen. Die Laudatio für den Prosatext hielt Ludwig Laher, der ein sehr begnadeter Laudator ist und „Der Ascheimer“, des 1963 in Hannover geborenen Reinhard Schmidt, der sich sehr für Schmuck interessiert, ist auch ein sehr skuriller witziger Text oder einer der die Einsamkeit und die Kommunikationslosigkeit, wie Ludwig Laher in seiner Laudatio betonte, besonders hintergründig thematisiert. Bekommt da ja einer beim Spazierengehen immer ein Stück Kuchen geschenkt, das er gar nicht mag, so daß er es immer von der Bäckersfrau in den Ascheimer werfen läßt. Jeden Tag tut er das, so daß sie ihn schon kennt, „und wenn er reinkommt, schon immer lachen muß.“
Ludwig Laher betonte in seiner Laudatio noch die Wichtigkeit die Texte auch in den Schulbüchern zu haben und da komme ich schon zum nächsten Punkt, nämlich dem „Ohrenschmaus-Buch“ in dem sämtliche Preistexte der letzten fünf Jahre erschienen sind und das von der Edition der Provinz herausgegeben wurde. Richard Pils hat es persönlich überbracht und das Bundesministerium und die Erste Bank haben es finanziert. Robert Stocker, der dazu sprach, betonte, daß er, der ja zu sehr vielen Preisverleihungen geht, schon lange bei keiner war, die er so witzig und unterhaltsam gefunden hat. Es gab dann noch die Präsentation der Zotter Schokolade und das große Gruppenfoto. Für die kleineren gab es jeweils einen roten Rahmen, die Urkunden waren auch in einem solchen und Ronny Pfennigbauer hat die Preisträgernamen auch jeweils nach Oskarmanier aus einem Kuvert gezogen und mit „and the winner is..“ verkündet. Nachher gab es ein Buffet mit gefüllten Weckerln und Kuchen. Ich habe mich mit ein paar Leuten unterhalten, Anton Blitzstein zu seiner Schokolade verholfen, die er jetzt immer als Trostpreis bekommt und mit Heinz Janisch ein Interview für das Fernsehen gegeben. Spannend der „Ohrenschmaus“, der Literaturpreis der besonderen Art von dem ich auch glaube, daß ein paar solcher Texte, unseren Schulbüchern sehr gut tun und für Interessierte hier noch einmal das Archiv der Jahre 2008, 2009, 2010, von 2007, wo der Preis im Literaturhaus stattfand, habe ich ja noch keine Aufzeichnungen.

2011-11-28

Ein wunderbarer Wüstling

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:25

Hier kann ich gleich an das Kurze Prosa Festival der Erich-Fried-Tage anknüpfen, habe ich doch Eva Bakos „Ein wunderbarer Wüstling“, ein Buch, aus dem offenen Bücherschrank, für einen Roman gehalten, bin erst beim Lesen der ersten Geschichte „Der geborene Liebhaber“, irgendwann mittendrin draufgekommen, daß es noch sechs andere Geschichten gibt und war zuerst einmal enttäuscht, war das Szenario von der Journalistin, die früher einmal ein schüchternen graues Entlein war, sich dann von Anna Schraffelseder in Annette Verron umbenannte, nach Deutschland ging, um Karriere zu machen und jetzt nach Wien gekommen ist, um einen alternden Burgschauspieler zu interviewen, doch sehr interessant. Eigentlich war es eine Interview-Serie. Sie hat sich schon mit etlichen berühmten älteren Männern unterhalten und ist eine Männerhasserin, vorher hat sie einen Schauspieler namens Max Norden aufgeblättert, jetzt hat sie das mit Clemens Corlano vor, aber der entpuppt sich als sehr charmanter alter Herr, ist offen und freundlich und erzählt ihr, daß er der Sohn eines Rastlbinders sei und eigentlich homosexuell und alle seine Liebhaberinnen nur Scheinbeziehungen. Annette ist auch ehrlich und erzählt ihm von ihren Mißerfolgen, dann lädt er sie zum Essen ein, eine junge Frau taucht auf und er schenkt Wein aus seinem Weingut aus und erklärt,daß alles was er vorher erzählte, gelogen war, so daß sie ihm das Tonband zurückgibt und geht. Danach entpuppt sich die junge Frau als Nichte, der Liebhaber Max Norden taucht auf und Clemens Corlano hat seinen Freund durch seine Schauspielkunst gerächt. Achtundvierzig Seiten hat die Erzählung. Auf dem Buchrücken steht etwas von „Wien, behauptet Eva Bakos, ist in der Hand der Patriarchen“.
Das Buch ist 1977 erschienen und Eva Bakos, die 1929 in Wien geboren und 2003 dort gestorben ist, war Leiterin der Österreich Redaktion der Zeitschrift Brigitte und hat mehrere Bücher geschrieben.
„Heirate nur keine Wienerin“, von dem ich hoffe, daß es ein Roman ist, habe ich noch auf meine Leseliste zu stellen und der Erzählband ist wohl das, was man sich als das Wiene Klischee für deutsche Illustrierte oder das deutsche Lesepublikum vorstellen kann. Hier werden die Liebhaber in allen ihren Formen abgehandelt. Das Künstlermilieu kommt bevorzugt vor, aber auch slowenischen Möbeltischler und starke Frauen, die den Namen Dragica führen, was das Klischee dann wieder etwas unterbricht. Um noch einmal auf den Roman-Kurzgeschichten-Konflikt zurückzukommen. Der Wechsel von der einen in die nächste Geschichte ist mir immer etwas schwer gefallen und ich habe ein paar Seiten gebraucht, bis ich in das neue Szenario hineingekommen ist, obwohl das Milieu sehr ähnlich war, weil es ja meistens um die Beziehung von Männern zu Frauen, um Eros und Erotik gegangen ist. Da schwenke ich noch einmal zu den Short-Cuts zurück, wurde beim Roundtable Klaus Nüchtern doch gefragt, ob das Besprechen von Kurzgeschichten schwieriger wäre.
„Nein!“, sagte er, „Denn man kann auch leichter schummeln und muß nicht alles lesen!“
Ich habe alle gelesen und glaube schon, daß ich Geschichten nicht so gerne lese, weil das Besprechen der verschiedenen Szenarien schwieriger ist. Wie soll man da alles auf einer Seite unterbringen? Ich muß zwar auch nicht alle Geschichten erwähnen, die nächste heißt aber „Kein hoffnungsloser Fall“ und ist ähnlich liebenswürdig romantisch. Da hat eine Frau einen Sektionschef in ihr Bett gebracht, geht aber nicht, denn im Bett seines Freundes kann der anständige Kerl keinen Orgasmus kriegen. so gehen sie das nächste Mal in seine Wohnung. Jugendstil, roter Plüsch, und Bilder von der Alma Mahler an den Wänden, da kann die Witwe nicht und schleppt ihn in ein Bordell, dort geht es und aus dem Nebenzimmer kommt die Tochter des altmodischen Beamten und nennt ihren Papa liebevoll „Sek“, was von Sektionschef kommt.
Das ist ein Wien, das ich nicht kenne und auch nicht glaube, daß es in den Siebzigerjahren so war, aber sicher das, was man gerne über Wien lesen will und in der Titelgeschichte „Ein wunderbarer Wüstling“ geben Willy Bittner und Dragica Skofic den Tod von Verena Bittner, die mit achtundzwanzig Jahren tragisch verschieden ist bekannt. Willy Bittner ist der wunderbare Wüstling, Dragica seine langjährige Geliebte und die, die das Geschäft schupft. Eine Jugendstilwohnung am Wiener Naschmarkt gibt es auch und eine Ballettschülerin, die wegen dem schönen Willy ihre Karriere aufgibt, ihn heiratet und dann lange in einer Dreiecksbeziehung mit Willy und Dragica, die eigentlich homosexuell ist, lebt, erst als sie ausbrechen und Choreographin werden will, kommt es zur Katasthrophe, bzw. zum tödlichen Autounfall.
Mit der schwülen Erotik geht es weiter im „Eidechserl“, das ist Anni, die Tochter eines Eidechsenforschers, die bei einer alten Tante in der Schikanedergasse aufwächst, da gibt es die Werkstatt des Tischlers Branko Filipovic und von dem munkeln die Tanten, daß er die kleinen Mäderln verführt. Anni wird neugierig und steigert sich auch in eine solche Phantasie hinein, später wird sie Sprechstundenhilfe und folgt ihrem Internisten brav ins Bett. Dort agiert sie aber sehr traumatisiert, so daß sie sehr oft ihre Stellen wechselt, bis sie mit achtundzwanzig, wie vierzehn aussehend zu Tischer Filipovic in seine Werkstatt geht und dann mit ihm nach Dalmatien fährt, dort wird sie dann von seinem Neffen ermordet. Heute würde man mit dem Mißbrauchsthema vielleicht ein wenig anders umgehen. Bei der nächsten Geschichte „Nachhilfe“ geht es aber auch um eine Lehrerin, die in einer unglücklichen Beziehung lebt und einem kleinen Italiener-Buben Nachhilfestunden gibt.
„Der Freund bedeutender Frauen“ ist eigentlich ein Frisuer, schafft es aber fast die Karriere einer Sängerin durch falsche Beratung zu zerstören und „Riesinnen“ ist echt brutal. Wird da ja eine Familie von einer reschen Köchin zu Tode gefüttert. Der schöne Karl, lebt in einem Haus mit seiner Frau, der Schwägerin mit Kind und der Schwiegermutter. Die Köchin Fini gibt es auch und die kocht allen ihre Lieblingsspeisen, so daß der Cholesterinspiegel steigt, die Frau im vierten Monat immer ihr Kind verliert, obwohl Karl doch unbedingt einen Sohn haben will, die Schwägerin kommt ins Sanatorium verliert und zuletzt erliegt Karl einem Herzinfarkt erliegt, während Fini glücklich eine schöne Tochter von ihm bekommen wird.

2011-11-27

Erich Fried-Preis an Thomas Stangl

Filed under: Uncategorized — jancak @ 16:12

Heute also die Preisverleihung im Literaturhaus, die den Erich-Fried-Tagen und Kurze Prosa Festival der vergangenen Tage folgten. Kurz vor elf bin ich an der Prominenz vorbei in die Biblitothek gegangen und in der dritten Reihe einen Platz hinter Josef Haslinger und Herbert J. Wimmer gefunden, so daß ich die Gelegenheit nutzen konnte, Josef Haslinger zu fragen, was eigentlich der Unterschied zwischen einer Short Story und einer Kurzgeschichte ist und hörte heraus, daß es ohnehin das ist, was ich dachte. Lauter schriller amerikanischer oder aber auch die amerikanische Tradition, die, wie das kreative Schreiben einen großen Einfluß auf das deutsche Schreiben und die deutschsprachigen Autoren hat. Inzwischen mehrte sich der Unmut unter den Stammbesuchern, weil fast alle Plätze reserviert waren. Vierzig geladene Gäste erklärten mir die Bibiane und Robert Huez, da muß man reservieren. Wenn man aber als literarisch Interessierter keinen Platz bekommt, ist das auch nicht gut. Dann war es aber, wie ich mir ohnehin dachte, zu gut gemeint und es blieben noch einige Plätze frei. Die Droschls waren aber da, Christel Fallenstein, Rolf Schwendter und sogar Klaus Wagenbach, war der ältere Herr, der mir schon die letzten Tage aufgefallen ist, aber erst den Hinweis vom Josef brauchte, der mir erzählte, daß er damals am 4. 11. auch nicht bei Alpha hineingekommen ist. Inzwischen begrüßte Robert Huez Publikum und Festgäste und überreichte Anne Zauner, die das Programm kuratierte einen Blumenstrauß, die ja bewirkte, daß ich meine Einstellung zu Kurzgeschichten überdenke und sehr viel Neues habe ich auch gehört dabei. Heinz Lunzer, der Präsident der internationalen Fried Gesellschaft, überreichte Andrea Ecker vom Bundesministerium ein Päckchen Stangl-Bücher und wies das Publikum darauf hin, daß sie zu Weihnachten nicht nur Christbaumkugeln, sondern auch Bücher verschenken sollen und Andrea Ecker wieder auf den Auswahlfunktion, die solche Preise haben und zitierte, daß Arno Schmidt gesagt haben soll, ein Mensch mit fünfzig hat in etwa fünftausend Bücher gelesen, es erscheinen aber jährlich, glaube ich, zweihunderttausend neue.
„Was unterscheidet sich die Literatur vom wahllos Schreiben?“, bei solchen Sätzen fühle ich mich immer leicht angegriffen, aber vielleicht sollte ich es, wie Thomas Stangl halten, der, glaube ich, sagte „Ich vertraue darauf, daß wenn ich schreibe, Literatur entsteht!“
Das hat auch Barbara Frischmuth gefunden, die heuer die allein Jurorin war, denn eine Spezialität des Fried-Preises ist ja, daß nur einer den Preisträger bestimmt und Beatrice von Matt, offenbar auch von der Fried Gesellschaft, die krankheitshalber nicht kommen konnte, ließ ihre Rede über Barbara Frischmuth verlesen. Die „Sophie Silber-Trilogie“, das Haus in Altaussee mit dem schönen Garten und die Beschäftigung mit der Türkei und dem Orient wurden dabei erwähnt. Dann kam schon Barbara Frischmuth mit ihrer Laudatio an Thomas Stangl und erzählte, daß sie seinen ersten Roman „Der einzige Ort“, der gleich ein paar Preise bekommen hat, erst ein paar Jahre später gelesen hat, aber den Hinweis bekam, daß das ein neuer begabter Autor sei. Ich habe von Thomas Stangl, soweit ich mich erinnern kann, durch das Ex Libris gefahren und die ersten beiden Romane nicht gelesen, nur „Was kommt“ für den er im vorigen Jahr den Alpha-Literaturpreis bekommen hat und der thematisch die Fortsetzung des zweiten Romans „Ihre Musik“ ist. Beide spielen im zweiten Bezirk und haben in etwa die gleichen Protagonisten. Im Zweiten geht es um eine Mutter und eine Tochter. Die Mutter hat ihren jüdischen Geliebten durch den Holocaust verloren, die Tochter verliert sie, weil die sich in eine geistige Askese bzw. psychische oder körperliche Krankheit flüchtet. Im dritten Roman taucht dann noch ein junger Mann auf, der von seiner Großmutter erzogen wird und es geht, um die manchmal nicht sehr realen Beziehungen der Personen zueinander. Nicht sehr leicht zu verstehen. Ich habe, glaube ich, den Zugang auch nicht ganz gefunden. Barbara Frischmuth sprach von „Zwischenräumen, Schnittstellen und Übergängen“ und Thomas Stangl bezog sich in seiner Laudatio wieder auf den Namensgeber. Erzählte er doch von dem, was einem passieren kann, wenn der Vater von einem SS Mann tot geprügelt wurde und man gerade noch entkommt und wie es dann passiert, daß man 1968 zum politischen Idol werden kann und, daß er Erich Fried 1989 im Audi Max bei einer berühmten Lesung hörte, die ich, wenn ich mich richtig erinnere, leider aus irgendeinen Grund versäumte.
Nachher wieder Smalltalk und Gespräche und ich nehme mir von diesem Festival viel mit, habe ich ja meine Einstellung zu Kurzgeschichten neu refektiert. Geschrieben habe ich sie ja eher als „Auftragsarbeiten“, als ich mich noch an Ausschreibungen beteiligte und die Resultate, in zwei „Best-of-Erzählbänden“ gesammelt. Jetzt schicke ich ja nicht mehr ein, sondern schreibe meistens einen längern Text, der dann soetwas, wie ein Roman oder eine längere Erzählung in Sinne einer Novelle wird und da fällt mir ein, daß Ulrike Draesner gestern die Novelle lobte und was das Lesen betrifft, da greife ich gerne zu den bekannten Namen und habe da schon öfter einen Erzählband erwischt und ihn mit den Gedanken, „Erzählungen lese ich nicht“, weggelegt. Jetzt werde ich aufmerksamer sein, ich verspreche es und habe auch gleich einen Erzählband zu besprechen, den ich eigentlich auch für einen Roman gehalten habe. Ja und als mich Josef Haslinger wieder fragte, ob ich meine Bücher im Eigenverlag mache und ich ja dieses Wort nicht mag, ist mir eingefallen, daß ich es „Self publishing“ nennen könnte, das ist zwar auch das Gleiche, klingt aber besser, weil es vielleicht Englisch ist….
Und hier das Archiv 2008, 2009, 2010

2011-11-26

Short-Cuts I und II

Filed under: Uncategorized — jancak @ 23:22

Weiter ging es mit der Kurzprosa am Freitag um sechzehn Uhr mit einem Roundtable zum Thema „Nicht jede kurze Geschichte ist eine Kurzgeschichte“, unter der Leitung von Zita Bereuter diskutierten Rebekka Göpfert, Klaus Nüchtern, Michael Stavaric, Helmut Kaplan und Edda Strobl über „Schreiben, Texten, Bloggen, Twittern und Veränderungen durch die modernen Technologien“, eigentlich über alles nur nicht über Kurzgeschichten, sondern begannen mit der Frage, wer am Podium bloggt oder twitter? Was nur sehr wenige taten und daher wieder bedauert wurde, daß die Auswahl und Selektion wegfällt, wenn jeder seine Texte in das Netz stellen kann. Rebekka Göpfert von der Literaturagentur Graf und Graf bedauerte, die Gratiskonsumkultur, Klaus Nüchtern beteuerte keinen Sinn am Twittern zu sehen. Die Frage, ob nun das E- Book kommen wird, wurde wieder diskutiert und mit den Erfahrungen aus der Musikindustrie verglichen.
Am Büchertisch lagen indessen viele Kurzgeschichtenbände auf, darunter Jagoda Marinics, die am Samstag lesen wird, Geschichten „Eigentlich ein Heiratsantrag“, den ich mir im Frühling bei der „Bücherlandung“ um einen Euro kaufte, aber noch nicht gelesen habe, weil ich Kurzgeschichten nicht so gerne lese, sie sind mir auch zu kurz, wie bei der Diskussion erläutert wurde, daß die Verlage, die Buchhändler etc, behaupten, daß das die Leser nicht lesen wollen, also muß auf allem Roman draufstehen. Bei mir stimmt es, daß die Kurzgeschichtenbände oft ungelesen bleiben, wenn ich mich nicht diszipliniere und sie auf meine Leselisten stelle, wie ich Margit Heumann mit der ich mich intensiv unterhalten habe, erzählte.
Dann kam ein Lesungsblock mit verschiedenen Kurzprosaformen, von Julia Franck moderiert, die ja auch einen berühmten Kurzgeschichtenband „Bauchlandung“ – Geschichten zum Anfassen, geschrieben hat und den habe ich auch bei „Buchlandung“ gekauft und in dem Jahr am Hochschwab gelesen, als die den deutschen Buchpreis hat. Und noch später die Romane „Lagerfeuer“ und „Die Mittagsfrau“ und da begann Brigitta Falkner mit Miniaturen aus „Populäre Panoramen“, einem Text, aus dem ich sie, glaube ich, schon beim Fest für Ernst Jandl im Jänner lesen hörte, wieder eine Falknersche Verbindung mit Bild, Ton und Musik und sie sitzt vor dem Computer und steuert das Geschehen, wo ihre Stimme von einer Zugsfahrt liest, dazu sah man Bilder von Minilandschaften, Zügen, Puppen und anderen Figuren. Das gilt für mich als experimentelle Prosa und kenne ich auch von einigen Alten Schmiede Lesungen, der Illustrator David Hughes der sein Graphic Novel „Walking the Dog“, auf Englisch moderierte war mit dagegen nicht bekannt, wie ich mich überhaupt in diesen Genre nicht sehr auskenne. Kolummen lese ich dagegen öfter, die aus Harald Martensteins „Ansichten eines Hausschweins“ wo es um Autoren, Verlassenwerden und einiges anderes ging, waren mir dagegen nicht bekannt und auch der 1970 in Ostberlin geborene Jochen Schmidt nicht, der aus seinem Buch, das vielleicht einmal ein Blog war „Schmidt liest Proust“ las und das ist ein interessantes Projekt. Da hat der Autor nämlich ein halbes Jahr lang je zwanzig Seiten aus dem berühmten Roman gelesen und das tagebuchartig dokumentiert. Zuerst das, was er an diesem Tag erlebte, dann seine Romanerfahrungen und noch die Erkenntnisse, die er daraus gewonnen hat.
Dann gab es eine Pause in der mir Robert Huez meine „Momentaufnahme“ zeigte, die ich in der Fülle der anderen Texte gestern offenbar übersah, aber irgendwie habe ich wahrscheinlich schon so eine Grundeinstellung „Mein Text ist sicher nicht dabei!“, was manchmal nicht stimmt.
Danach kam ein weiterer Meister des Erzählens, nämlich Christoph Ransmayr, der einen Stapel Bücher präsentierte und die Leute beruhigte, daß er die nicht alle lesen würde, sondern erzählte, daß er einmal nach Salzburg eingeladen wurde, um dort die Formen des Erzählens zu präsentieren, er sagte dann auch etwas davon, daß alle Leute Romane schreiben würden, obwohl das nur wenige wirklich könnten und las fünf abgeschlossene Erzählungen von seinen Reisen durch die Welt, von der Gewalt und den Kriegen, die es auf ihr leider gibt. Die von der Lastwagenfahrt durch Indonesien und der Völkerverständigung, die durch eine Zeitung entsteht, hat er, glaube ich, schon bei der Literatur im Herbst gelesen, danach folgte noch Thomas Ballhausen mit einer Kurzfilmnacht, aber die habe ich gespritzt, war ich ja schon müde und erschöpft von all der Prosagewalt und von Thomas Ballhausen, auch einem Priesnitzpreisträger und Bachmannleser, habe ich die „Unversöhnten“ einmal im Bücherschrank gefunden und das lag auch am Büchertisch.
Und jetzt habe ich noch erfahren, daß Gertrud Klemm den 8. Lise-Meitner-Preis gewonnen hat, der am Montag vergeben wird, El Awadalla hat mich davon verständigt, aber eigentlich hätte ich es wissen können, wurde danach doch im Literaturgeflüster in den letzten Tagen sehr gesucht.
Am Samstag gings weiter mit dem Roundtable bzw. der Romandiskussion. Wie sehen das die Verlage, die wollen alle einen Roman, weil sie glauben, daß die Leser das so wollen und so betreiben sie den Ettikettenschwindel. Klaus Zeyringer diskutierte das mit Josef Haslinger, Ulrike Draesner, Ales Steger aus Slowenien und Harald Martenstein und Josef Haslinger meinte, daß die Kurzform eigentlich für die Literaturzeitschriften gedacht wäre und, daß es in den USA Short-Stories-Bände gäbe, die die besten Texte enthalten, die vorher beispielsweise im New Yorker erschienen sind. Ulrike Draesner erzählte, daß sie ihr Verlag nach dem Erscheinen eines Buches zu einer Besprechung zitieren und ihr bekannt geben würde, daß sie nun nach zweimal novel fiction einmal nonnovel, sprich zum Beispiel ein Lyrik Bändchen machen dürfe und daß ihr das zu wenig sein, so daß sie vorschlagen würde, am nächsten Lyrik Band „Roman“ daraufzuschreiben. Das ist interessant, denn ich denke, die Kurzform eigenet sich für Lesungen und für Auschreibungen, beim Bachmannpreislesen braucht man zum Beispiel einen Text mit dreißig Minuten Leselänge und manche Geschichtenbände enthalten die Reste von dem was vom letzten Roman übergeblieben ist. Norbert Gstrein macht das glaube ich so, während die richtige Kurzgeschichte eigentlich etwas ist, was sehr viel Arbeit verlangt, weil man auf kurzem Raum den ganzen Inhalt verpacken, entsprechend verdichten und aussparen muß und also längst keine Vorübung für den Roman darstellt, während Ales Steger vermutete, daß die Leute lieber einen Roman kaufen würden, weil sie für ihr Geld mehr zu bekommen glauben und Geiz ist ja bekanntlich geil. Das trifft sich mit meinem Erleben, daß ich manchmal enttäuscht bin, wenn ich beispielsweise glaube, daß das Buch, das ich lese, ein Roman ist und dann ist die spannende Geschichte nach fünfzig Seiten auf einmal aus und ich muß mich auf ganz neue Welten einstellen. Daran ist schon was und um das zu erproben folgte ein Rundgang durch das gegenwärtige europaische Kurzgeschichtenschaffen, also ein bißchen Fräuleinwunder von dem was man beim Bachmannpreislesen hören kann, einen Isländer, einen Norweger und einen deutschen Rundfunkdirektor, der früher auch einmal Gerichtsreportagen geschrieben hat. Josef Haslinger moderierte souverän und die in Deutschland geborene Jagoda Marinic mit kroatischer Herkunft begann den Reigen. Sie hat auch 2007 die Bachmannpreislesung eröffnet und las nun einen Text mit dem schönen Namen „Der Tag an dem ich Niki Laudas Putzfrau traf“, eine spannend geschriebene Geschichte einer jungen in Deutschland lebenden Frau, die in ihre nicht Heimat Kroatien zurückkehrt, um dort eine Zeitlang zu leben.
„Verwechseln Sie das Ich nicht mit mir!“, warnte die Autorin am Anfang ihrer Lesung, trotzdem fragte Josef Haslinger sie danach, ob sie sich als Kind in Deutschland anders, als die Deutschen empfunden habe. Das habe ich ja einmal mit meiner Kritikerin JuSophie diskutiert, ob das Erzähl-Ich unbedingt das Autoren-Ich sein muß, auch Professoren für literarische Ästhetik fallen auf diese Fallen offenbar herein.
Dann kam Jochen Rausch, das ist der Programmdirektor, der einen Roman und einen Kurz-Story-Band geschrieben hat, mit dem er mit Ferdinand von Schirach verglichen wurde. Er las daraus zwei verkürzte Proben. Nämlich einen Text, wo ein Mann seine Traumfrau findet und als er sie verläßt, zündet sie das Haus mit seiner Frau und seinen zwei Kindern an, so daß er ihr schließlich Rache schwört. Da habe ich in der Schreibwerkstatt der Eveline Haas vor Jahren auch einmal einen Text mit dem Titel „Mein ist die Rache“ geschrieben, der im „Best of – Eva Jancak- Geschichtenband“ enthalten ist. Hier operiert der Arzt, der seinen besten Freund bei einem Motorradunfall verloren hat, weil ihn ein Gendarm irrtümlicherweise erschossen hat, dem den Blinddarm aber ordnungsgemäß heraus. Danach kam Bjarte Breiteig, das ist ein Norweger, der ein norwegisches Literaturinstitut besucht hat und sich in seinen Texten auf Raymond Carver bezieht, seine Texte werden nächstes Jahr auf Deutsch bei Luftschacht erscheinen. Er las auf Norwegisch, die deutsche Übersetzung wurde auf die Leinwand projeziert, was für mich sowohl schwer zu lesen als auch gleichzeitig zu verarbeiten war, ich kann den Text aber nachlesen. Als letzte vor der Pause kam Ulrike Draesner, die heuer in der Jury des dBP war, mit einer Erzählung namens „Josef rennt“ von der sie erzählte, daß sie einen zündenden Einfall hatte und dann zwei Jahre auf die Realisierung wartete. Entstanden ist eine spritzige Geschichte, der man das amerikanische Vorbild deutlich anmerken konnte, viele Aussparungen, mehrere Perspektivenwechsel, so daß es die Hörerin schwer hatte sich auskennen, besucht doch zuerst Josef seine Frau im Altersheim, dabei vögelt er alle alten Damen und fördert damit ihren Therapiefortschritt, auf einmal ist er aber selber der Patientin und bastelt für seine Damen Filzpantoffeln, die er unterm Bett versteckt, der Pfleger schreit „Ficki Ficki!“ und Schwester Traudi muß ihm suchen.
Nach der Pause in der ich mich mit Koschka Hetzer unterhalten habe, die ich vor fast dreißig Jahren bei einem Gesprächstherapieseminar kennenlernte und die mich als „Mädchen dürfen pfeifen, Buben dürfen weinen“, den Kinderbuchpreis bekommen hat, bei der Literatur im März im Künstlerhaus für die Zeit im Bild interviewte, der Kameramann filmte, die Schulklasse stand herum, mir wars peinlich, aber viele Leute haben es gesehen, ging es weiter mit Sjon, das ist ein berühmter Islaänder, der für Björk Texte schreibt und für die Frankfurter Buchmesse zwei Romane auf Deutsch übersetzt bekommen hat, der isländische Botschafter leitete lange und umständlich ein, die Erzählung „Nachtmahl“ war dann wieder konventioneller und Josef Haslinger fragte nach den Einflüßen der Island Saga. Interessant, daß der Autor sich auf Melitta Urbanic bezog, die ja von Österreich nach Island geflüchtet ist und vor einigen Wochen im Literaturhaus eine Ausstellung hatte. Danach kam der deutsche Kurzgeschichtenstar Judith Hermann, die drei Erzählbände und keine Romane geschrieben hat, nämlich „Sommerhaus, später“ mit dem sie gleich berühmt wurde, „Nichts als Gespenster“, das noch immer ungelesen in meinem Bücherregal steht, weil ich ja keine Kurzgeschichten mag und „Alice“, das war im Programm auch angekündigt. Sie las aber eine Erzählung aus einer Anthologie, weil sie keine Erzählung kürzen wollte, was ich sehr löblich fand. Danach folgte der heurige Fried Preisträger Thomas Stangl, der auch beim Bachmannpreis gewonnen hat und damit auch den ersten Alphapreis und den Aspekte Literaturpreis, hat er für sein Romandebut auch bekommen. Er las und das war interessant, auch eine Geschichte aus einem Altersheim, die Erfahrungen eines Zivildieners mit der Frau Bauer und der Frau Czerny, die er mit Gespenster und Lemuren vergleicht, die aber viel realistischer und wie er sagte, auch dem Leiden alter Mensche, viel würdiger und angemessener war, als ich Ulrike Draesners Geschichte empfand. So schnell amerikanisch, wie ihr Josef ist Thomas Stangl nicht durch das Altersheim gehetzt, sprachlich abgehoben und schön erzählt war der Text aber auch, ob es eine sehr kurze Kurzgeschichte war, weiß ich gar nicht genau.
Nach soviel Literatur mußte etwas Musikalisches folgen, nämlich das Trio Lepschi mit Stefan Slupetzky, Thomas Slupetky und Martin Zrost und die machten sich über die hypnotisierten Literaturzuhörer, die sich sechs Stunden Short Stories anhören, gehörig lustig. Anne Zauner, die in der ersten Reihe saß, hat sich dabei sichtlich unterhalten.

2011-11-25

Short-Cuts-Eröffnung

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:03

Short Cuts- Kurze Prosa lautet bekanntlich der Titel der heurigen Erich Fried Tage, die ja wie schon erwähnt jedes zweite Jahr im Literaturhaus stattfinden und bei denen ich eigentlich regelmäßig war. Da es das Literaturgeflüster ja erst seit 2008 gibt, weiß ich, daß 2009 Laut lauter lyrik das Thema war und das trägt, glaube ich, schon die Handschrift der neuen Leitung und ist vielleicht auch ein Resultat der Umstrukturierbemühungen, die zuerst mich als Veranstalterin aus dem Literaturhaus und später auch Silvia Bartl vertrieb, zumindestens läßt es sich da am deutlichsten ablesen. Eine Leistungsschau von dem, was als das Schönste und das Beste im gängigen Literaturbetrieb gilt, während unter Heinz Lunzer, wie Anne Zauner in ihrer Einleitung erklärte, 2005 „Literatur und Politik“ das Thema war und 2007 „Übersetzerfragen“, bei beiden war ich und es gibt dazu, glaube ich, auch Publikationen. 2009 war ein Lyrik Workshop und 2009 ist die Kurzprosa das Thema. Und wenn ich da persönlich werden darf, meine Leser wissen es, die Kurzprosa ist nicht so mein Thema, träume ich ja davon lange Romane zu schreiben, die dann oft ohnehin nur längere Erzählungen werden und auch beim Lesen, drücke ich mich um das Kurze mehr oder weniger herum. So stehen das von der Buch-Wien 2010 erschnorrte Anna Weidenholzer-Buch und die Rom-Anthologie noch immer auf meiner Leseliste und bei meinem CickLit Schwerpunkt aus der Vergangenheit, den ich derzeit habe, bin ich daraufgekommen, daß der „Wunderbare Wüstling“ von Eva Bakos auch ein Erzählband ist und das habe ich sowohl Robert Huez, als auch Anne Zauner gefragt, eine häufige Suchanfrage, die ins Literaturgeflüster findet ist „Lange Texte zum Abschreiben“, trotzdem wird bei dem Symposium der Blog als eine literarische Kurzform erwähnt. Nun ein Blog ist, was die Blogger daraus machen und Eva Jancaks Literaturgeflüster wird immer länger, ist aber natürlich eine Kurzform, wenn auch eine, die manchmal die tausend Wortgrenze überschreitet und es ist ein Frustblog, die literarische Ausdrucksform einer zu Kurzgekommenen, die seit fast vierzig Jahren im Literaturbetrieb herumroutiert, viel liest und da sie nun ja sozusagen einen eigenen Bücherschrank am Margaretenplatz bekommen hat, fast gezwungen ist, beinahe täglich zu bloggen über die Lesungen, die Bücher, das eigene Schreiben und manchmal, ganz wenig, auch eigene Texte und die sind dann natürlich kurz, das stimmt schon. Und da ist vor zehn Tagen würde ich fast sagen eine eigene Literaturgattung entstanden, nämlich der Jammertext. Dann gibt es noch den „Wunderschönen Tintentraum“, die Reisereportagen 1 2 3 4 und die „Momentaufnahme“ und das ist ein Text, den ich für die Kurztextmaschine, ein Projekt für die Erich- Fried- Tage, geschrieben habe. Ein paar der vierhundert eingegangenen Texte sind im Literaturhaus auch ausgestellt, meinen habe ich nicht entdeckt, aber vielleicht habe ich auch nicht genau genug geschaut. Cees Noteboom der Eröffnungsredner, war jedenfalls heute morgen im Morgenjournal und so habe ich, was ich auch sehr ungern mache, eine unfertige Diagnostik am Schreibtisch liegen lassen und bin ins Literaturhaus zur offiziellen Eröffnungsveranstaltung marschiert. Bernhard Denscher hat die für das Kulturamt der Stadt Wien vorgenommen, nach dem ihm Robert Huez für die großzügige Unterstüzung ohne die es das Festival nicht geben würde, dankte und Anne Zauner, die das Festival kuratierte. Klaus Amann vom Musil Institut in Klagenfurt hielt die Eröffnungsrede „Über kleine Formen“ und erwähnte das Märchen, die Sage, die Reportage, das Graphic Novel, den Blog etc als Beispiele und auch ein kleines gelbes Reclambuch, das sich mit den Kurzformen beschäftigt und natürlich all das nicht gelten lassen will, sondern nur die Kurzgeschichte als eine solche erwähnt und short cuts, das habe ich vergessen, ist ein Film von Robert Altmann aus dem Jahr 1993, den ich mit dem Alfred gesehen habe und der sich auf Raymond Carver bezieht. Und die short story kommt aus Amerika, die Kurzgeschichte stammt aus dem deutschen Sprachraum. Ich mag sie, wie schon erwähnt nicht so sehr, schreibe aber immer wieder kurze Texte, wenn sie angefragt werden. So hat mich vor ein paar Tagen Anton Blitzstein für eine Wortspende für seinen Kalender gebeten, ansonsten bin ich gerne lang und breit. Wenn ich könnte, wie ich ich wollte, so langatmig wie Heimito von Doderer, wenn vielleicht auch politisch linker, seine „Dämonen“ haben mich aber im Sommer 1977, als ich von zu Hause ausgezogen bin, sehr beschäftigt und Klaus Amann und Thomas Bernhard, auch ein eher langatmiger, beschäftigte er auch. So soll der große Meister, als er von Doderers Tod erfahren hat, ausgerufen haben, „Jetzt ist der Weg frei!“ und in einer Kurzstory hat er sich mit seinem Konkurrenten Peter Turrini beschäftigt und ihn in den Tod geschickt.
Es gibt aber noch viele andere literarische Kurzformen, Klaus Amann hat sie in seinem Einleitungsreferat erwähnt und die Zeitschrift „Volltext“, die zur freien Entnahme auflag und die auch in das Projekt einbezogen wurde, hat die beteiligten Promis befragt, was sie von Twitter, Blogs und Co halten und siehe, viele der Befragten schreiben noch mit der Schreibmaschine und haben keine Ahnung was Twitter und Co ist und Klaus Nüchtern, der kulturgewaltige preisgekrönte, meint, „daß es die massenhaft ins Netz gestellte Texte entwertet, wenn jeder publizieren kann und darf…“
Das trifft mich Dauerbloggerin natürlich, ist für mich das Bloggen ja ein Weg, mich von dem Literaturbetrieb, der mich nicht mag, zu verabschieden und mich trotzdem literarisch zu äußern und der Vorwurf, daß das Vielschreiben ein mangelnder Qualitätsbeweis ist, trifft mich irgendwie auch, denn in der Kürze liegt ja bekanntlich die Würze und ich bin ja episch breit und auch Klaus Amann beschränkte sich irgendwann und beendete sein Einleitungsreferat. Dann kam Cees Nooteboom im Gespräch mit Susanne Schaber und gab einen wahrscheinlich kurzen Einblick in seine literarische Produktion seit den Fünfzigerjahren. Da hat er, sagte er, ein Romankapitel in einer Bibliothek geschrieben, das er einem Autor zeigte, der es dann gleich bei einem Verlag veröffentlichte. Dann kamen aber einige Jahrzehnte Kolummnen und davon las Cees Nooteboom einige vor. Er ist auch viel auf Reisen, so schrieb er Reisereportagen und 1989 war er in Berlin, da habe ich einmal um einen Euro, bei Thalia in der Kremsergasse zu Weihnachten ein dünnes Bändchen gekauft, es ist aber auch der Roman „Allerseelen“ entstanden und ein paar Prosaskizzen, die er zu den Werken eines Malers geschrieben hat. Auch da gab es ein paar Kostproben aus dem Buch „Selbstbildnis eines Anderen“ und einen Bildband der mit seiner Frau einer Fotografin entstanden ist, da hat er sämtliche Friedhöfe bereis und herausgefunden, was dort zu finden ist, Bleistifte, Whiskeyflaschen etc. So hat er das Grab von Joseph Roth und das von Paul Celan bereist und war dann auch in dem Cafe, in dem Joseph Roth, ich glaube, das war 1939, zusammengebrochen ist und auch beim Grab seines Lehrers über das er ein Gedicht „Der Dichter der Leser“ geschrieben hat, war er. Am Schluß gab es noch eine Kurzgeschichte aus dem Band „Nachts kommen die Füchse“ und eine Vorschau auf die „Briefe an Poseidon“, die nächstes Jahr erscheinen werden. Nachher gab es wieder Wein und Knabberstangen und diesesmal interessante Gespräche, so haben mich beispielsweise ein paar Leute auf meinen Blog angesprochen, von denen ich keine Ahnung hatte, daß sie ihn kennen und ich bin jetzt natürlich neugierig auf die Short Cuts, obwohl das eine literarische Form ist, die mir so gar nicht liegt, das Literaturgeflüster inzwischen aber auch schon achthunderteindundneuzig Artikeln hat und ein paar davon sind Prosaskizzen. Ein neues „Kolik“, das sich auf die Short Cuts Kurzprosa bezieht und einige Erich Fried Prosatexte enthalten soll, gibt es auch. Gustav Ernst war so freundlich es mir zu schenken, dem ich mein Bedauern ausdrückte, daß die Namensliste der Studierenden der Sprachkunst inzwischen nicht mehr im Internet zu finden sind. Der erste Jahrgang war dort noch angegeben, bei den Studenten der zweiten Klasse habe ich das Ausdrucken versäumt und beim dritten Jahrgang habe ich überhaupt keine Ahnung, ob ich die kenne, die dort studieren. Inzwischen kommen aber immer wieder Suchanfragen, der von mir Erwähnten und Gustav Ernst verriet mir auch, daß es im Jänner wieder eine Lesung geben wird. Und wem es interessiert, das ist jetzt wieder ein langer Text von tausenddreihundertfünfunddreißig Worten geworden. Man sieht von Kurzprosa ist auf meinem Blog keine Spur, ich bin aber auch eine Außenseiterin des Literaturbetriebs.

2011-11-24

Erich Fried Special

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:37

Im Literaturhaus finden wieder die Erich Fried Tage statt. Das ist eine Veranstaltungsreihe der Erich Fried Stiftung, die jährlich den Erich Fried Preis vergibt, jedes zweites Jahr findet noch zusätzlich ein Symposium statt, laut lauter lyrik ist das 2009 beispielsweise gewesen und eine Veranstaltung zu Erich Fried scheint es auch jedesmal zu geben. Früher war auch Heide Heides Fried Portrait zu diesem Anlaß ausgestellt, seit das Literaturhaus sein neues Design hat, ist das offenbar weggefallen. Heuer ist „Short cuts“ – Kurze Prosa das Thema und das Erich Fried Special hat sich auch mit der Fried Prosa beschäftigt.
Am 22. November 1988 ist Erich Fried gestorben, im Mai wäre er neunzig geworden und Heinz Lunzer, der ja glaube ich ein Gründer der Erich Fried Gesellschat ist, hat das Symposium eröffnet, eine Gesellschaft die sich ihre Mitglieder aussucht, wie ich weiß, seit ich einmal mit Volker Kaukoreit für Radio Orange interviewt wurde.
Heinz Lunzer hat auch schöne Worte für die Eröffnungsrede gefunden und Erich Fried mit Georg Kreisler verglichen, der ja vor zwei Tagen gestorben ist. Der Eröffnungsvortrag wurde von Walter Hinderer gehalten und hatte den Titel „Mit einem Wort, jedes Wort zuviel wäre heller Wahnsinn. Einübung in Erich Frieds Prosastücke“ und ein bißchen in die Fried Prosa eingeführt, die Marcel Reich Ranicky nicht gefallen hat und hat auf diese Art und Weise, die Stücke erklärt, die August Zirner später gelesen hat. Autobiografische Erinnerungen an die Großmutter aus Wien, die dort ein Zuckerlgeschäft hatte, offenbar sehr gut fluchen konnte und dem kleinen Erich wahre Schaudergeschichten erzähltee, was mit einem passierten kann, der ein bisser onaniert, sie ist im KZ umgekommen, was Erich Fried sehr belastet zu haben scheint. Dann gab es einen Text zur Sprache und zu Wörtern, auf den sich auch das Eingangszitat bezieht und einen über Kain und Abel. Danach gab es einen Film, den Klaus Fried über seinen Vater gedreht hat und interessant, der 1969 geborene spricht nicht Deutsch und erzählte, daß das sein Vater nicht mit ihm gesprochen hat. 1965 hat Erich Fried, der ja nach England emigrierte, Catherine Boswell geheiratet, die ebenfalls anwesend war und, ich glaube, auch 2009 nach Wien gekommen ist. Erich Fried ist 1988 in Baden-Baden gestorben, da ist Klaus Fried offenbar das erste Mal nach Deutschland gekommen und jetzt das erste Mal nach Österreich. Erich Fried hat in Deutsch geschrieben und ist, glaube ich, oft nach Deutschland gereist, um seine Lyrik vorzutragen, warum er mit seinen Kindern nicht Deutsch gesprochen hat, ist interessant.
Ein bißchen habe ich mich mit diesem Thema ja auch in meinen „Wiener Verhältnissen“ beschäftigt. Dort hat Jakob Mandelbaum, die deutsche Sprache auch nicht an seine Kinder weitergegeben, obwohl sein Enkel Germanistik studierte, er hat allerdings auf Englisch weitergeschrieben und das ganze ist ein 1999 entstandener Roman von mir.
Nachher gab es wieder was zu Knabbern und zum Trinken und auch sehr viel literarische Prominenz im Publikum. Gustav Ernst, Robert Schindel, Barbara Frischmuth, etc, obwohl es eigentlich nicht sehr überlaufen war und ich habe es auch sehr interessant gefunden, gehe ich ja gerne zu den Erich Fried Veranstaltungen, kann mich aber nicht erinnern, den Meister live erlebt zu haben, obwohl er in den Achtzigerjahren öfter in Wien war.

2011-11-23

Heute heiratet mein Mann

Filed under: Uncategorized — jancak @ 15:13

Weiter mit den alten Chick-lits aus dem offenen Bücherschrank, diesmal geht es um Annemarie Selinkos „Heute heiratet mein man Mann“, 1940 bei Albert Lange erschienen und wahrscheinlich in Kopenhagen geschrieben, jedenfalls spielt der Roman dort. Er ist politischer als die Gürt-Romane und spritzig frech, wie die heutigen Chick-lits ist er auch. Beginnt es doch beim Zahnarzt, wo Dr. Aaagard in Thesis Mund herumbohrt und damit sie ihm nicht vor Schmerzen in die Hand beißt, erzählt, daß die interessante Verlobung eines seiner Patieten bevorsteht. Architekt Poulsen soll Karen Nielson heiraten, um erst nach der Behandlung zu erfahren, daß Thesi, die geschiedene Frau Poulsen ist. Thesi, eigentlich Maria-Theresia, stammt aus Wien und ist eine Offizierstochter, in Kopenhagen verdingt sie sich als Modezeichnerin und geht auch mit den dicken Chefs der Modeabteilungen essen, damit sie von ihnen Aufträge bekommt, um die Miete und die Zahnarztrechnungen bezahlen zu können. Sven Poulsen hat sie in Kitzbühl kennengelernt und ihn dort geheiratet. Daß sie, wie Annemarie Selinko vor den Nazis nach Dänemark geflüchtet ist, kommt aus dem Buch nicht heraus. Wohl aber wird erwähnt, daß während die Geschichte sich entwickelt, in Wien am Stephansdom die Hakenkreuzfahne weht und der Höhepunkt der Handlung spielt auch am 31. August. Wahrscheinlich 1939, denn am nächsten Tag wird der neue Weltkrieg beginnen.
Vorerst hat Thesi aber von der Verlobung ihres geschiedenen Gatten erfahren und ruft an, um ihn zu gratulieren. Er lädt sie freundlich ein, sie in seiner neuen Villa zu besuchen und sich das Haus anzusehen. Thesi läßt sich indessen von Direktor Andersen in das teuerste Restaurant der Stadt ausführen und trifft dort ganz zufällig Sven mit seiner Braut, deren Mutter und Tante.
Am nächsten Tag borgt sich Thesi ein „unanständiges Kleid“ von einem Mannequin aus, das wiederum ganz zufällig, die Geliebte von Karens Vater ist und lernt zwei interessante Männer kennen, einen englischen Adeligen, der gerade vom Franco-Krieg zurückgekommen ist und einen Kriegsberichterstatter, mit dem sie sich kurz darauf verloben wird. Vorher geht sie mit dem unanständigen Kleid und den beiden Männern in Svens Villa, wo der gerade mit Braut, Tante und künftigen Schwiegereltern, die Verlobung feiern will. Sven ist wieder freundlich und Thesi erzählt der Schwiegermutter, daß Sven gerne Familienanschluß hat und gerne in die Oper geht, obwohl das gar nicht stimmt und der künftige Schwiegervater verbündet sich mit Thesi bei seiner Freundin Ulla und sagt ihr, daß er auch nicht will, daß Karen, neunzehn Jahre jung, Sven heiratet.
Warum Thesis Ehe auseinandergegangen ist, ist auch nicht so klar, aber offenbar hatte sie keine so rechte Vorstellung von einer Ehe, so daß sie auf einmal geschieden war und die Anwälte an Sven verdienten. Jetzt ist sie aber mit John verlobt und soll ihn sogar am selben Tag, wie Sven Karen heiraten, dabei fühlt sie sich hundselend. Es ist aber keine psychosomatische Vermeidungsreaktion, um nicht heiraten zu müssen, sondern der Scharlach. So kommt Thesi ins Krankenhaus, wird von einer Nonne aus Tirol, die ihr das Beten beibringen will, versorgt, ertappt die Herren Ärzte vor dem Radioapparat, als sie die Nachricht vom Ausbruch des Weltkriegs hören und läßt sich von Sven auch das Einzelzimmer und die Spitalsbehandlung bezahlen. Sie hat zwar eine Krankenḱasse, aber die Beiträge nicht bezahlt und unter sonstigen Verwandten nur die Großmama in Wien, aber die kann mit schlechten Nachrichten nicht behelligen.
Die gute Thesi ist überhaupt genauso naiv, wie die heutigen Chick-lit Heldinnen unter denen Leselustfrust früher stöhnte und schreibt auf diese Art und Weise dem Herrn Primararzt vor, ihr nicht zu nahe zu kommen, weil sie ja Scharlach hat und als sie nach sechs Wochen gesund entlassen wird und in ihrer Wohnung keine Möbel mehr vorfindet, weil Sven, der sie, weil er jetzt Luftschutzkeller bauen muß, nur selten besuchte, ihr aber trotzdem mitteilte, daß seine Hochzeit auch nicht stattgefunden hat, in die sich Thesi schon hineinfantasierte, bzw. mit Schwester Theophania eifrig darum betete, daß Karen auf der Fahrt ins Rathaus einen ganz harmlosen Unfall haben soll, die in seine Villa transportieren ließ, sich zwar dagegen auflehnt, dann aber doch bereitwillig wieder zu ihm zieht und noch ein ganzes Jahr in einer „schlampigen“ Beziehung mit dem Geschiedenen lebt und ihn erst wieder heiraten will, als die deutsche Geheimpolizei eine Hausdurchsuchung macht und Sven ernstlich bedroht wird, da drängt sie auf Wiederverheiratung und beendet den vor einem Jahr begonnnen Brief an die Wiener Großmama „Ich bin wahnsinnig glücklich, man sollte jede Ehe zweimal beginnen und beide Male mit demselben Mann!“
Dazwischen wird Thesis erstes Weltkriegtraum thematisiert, sie hat ihren Vater im Krieg verloren und erlebt, wie es ist, „wenn die Kinder hungern und die Männer zu Krüppel geschoßen werden.“
Das Buch ist flott und frisch erzählt und hat im Gegensatz zu „Morgen ist alles besser“ auch keine unnötigen Längen und es ist sehr spannend zu lesen, wie der Kriegsausbruch im Dänemark 1939 zwischen Modeschauen und Lippenstift erlebt wurde.
Schaut man in Annemarie Selinkos Biografie nach, die es bei Wikipedia gibt, findet man einige Parallelen, ist sie ja auch nach Dänemark emigriert und als dort die Nazis kamen, nach Schweden geflüchtet. 1986 ist sie in Kopenhagen gestorben und ihr 1951 erschienener Napoleon-Roman „Desiree“ ist ein Welterfolg geworden. Den habe ich, weil ich mich ja immer schon für Geschichte interessierte und eine Zeitlang auch für „Napoleon“ schwärmte, als Hauptschülerin oder in der Straßegasse gelesen. Den in Wien spielenden Roman „Morgen ist alles besser“, den ich ebenfalls im Bücherschrank gefunden habe, vor einem Jahr gelesen und dann noch das Kapitel über Annemarie Selinko in dem Buch von Evelyne Polt-Heinzl. Heute ist Annemarie Selinko abgesehen vielleicht von dem Napoleonroman ziemlich vergessen und so finde ich es besonders spannend, daß es die offenen Bücherschränke, von denen inzwischen ein neuer von der „5-CitY“ gespendet, am Margaretenplatz existiert, gibt. Denn da findet man die Bücher, die die Leute, die jetzt sterben, wahrscheinlich in ihren Bücherschränken hinterlassen und so habe ich die Chance ein bißchen in die Vergangenheit zu lesen und das dritte Reich aus erster Hand zu erfahren, ist sehr interessant, genauso wie die Erfahrung, wie frisch und aktuell ein 1940 geschriebener Roman sein kann, auch wenn die Heldin einerseits sehr naiv, dann aber wieder erstaunlich modern und aufgeschlossen dargestellt wird.

2011-11-22

Was jetzt, Cornelia?

Filed under: Uncategorized — jancak @ 16:52

„Was jetzt, Cornelia?“, eine Donauland Linzenausgabe von 1979 und Gesellschaftsroman von Elisabeth Gürt, von der man relativ viele Bücher im offenen Bücherschrank findet. Ich habe einige ihrer Bücher gelesen, einige waren im Bücherkasten meiner Eltern, ein paar habe ich bei anderen Gelegenheiten antiquarisch bekommen, ein uraltes einmal um zehn Schilling oder einen Euro bei Hintermayer von dem sich schon der Umschlag in Luft auflöste.
Schaut man bei Google nach, findet man nichts über die Autorin, außer, daß man ihre Bücher antiquarisch erwerben kann, aber keine biografischen Angaben, so daß ich eigentlich nur raten kann. Ihre Bücher spielen in den Fünfzigerjahren des vorigen Jahrhunderts, dieses hier dürfte schon in den Siebzigerjahren spielen und wenn ich mich recht erinnere, habe ich die Autorin vor zwanzig oder fünfundzwanzig Jahren einmal bei einer Veranstaltung des Schriftstellerverbandes hochbetagt, gesehen.
Inzwischen wird sie wahrscheinlich gestorben sein und bei den Blättern zu den Büchergilde Gutenberg Werbeheften, die ich von meinem Vater erbte, gibt es eines, wo ihr Bild neben Erika Mitterer und Vicki Baum als Beispiel für die Frauenliteratur der Gegenwart abgebildet ist. Eine österreichische Gesellschaftsautorin also, die viele Frauenromane geschrieben hat, die in den Fünfzigerjahren in den Büchergilde und Donaulandausgaben zu finden waren und heute so gut, wie vergessen ist, beziehungsweise deren Bücher in den Antiquariaten verscherbelt werden.
Einige habe ich gelesen, da mich ja das Leben in Wien der Dreißiger und der Fünzigerjahre sehr interessiert und so kann ich mich erinnern, daß ich in der Zeit, als ich meinen Vater betreute und von ihm nach Lainz in den Pflegehelferunterricht gefahren bin, manchmal einen Gürt-Roman in der Tasche hatte.
Dieser hier ist aus dem Bücherschrank und es scheint ein späterer Gürt-Roman zu sein, handelt er doch von einer Fünfundfünzigjährigen, das ist Cornelia, die Kinderpsychologie studierte, da ihre älteste Tochter aber schon dreißig ist, kann sie nicht sehr lange berufstätig gewesen sein, sondern sehr bald nachdem sie geheiratet hat, nur noch Hausfrau und Mutter gewesen. Eine bürgerliche gut situierte Hausfrau, ist ihr Man doch Möbelfabrikant. Das ist der Ausgangspunkt des Romans. Othmar hat Cornelia gerade verlassen und ist zu seiner jüngeren Sekretärin gezogen, die auch noch ein Kind von ihm erwartet und Cornelia stellt sich die Frage, was soll ich nun tun?
Nach Außen ist alles geordnet, der Unterhalt bezahlt, die Wohnung bürgerlich und auch die Nachfolgerin kommt auf Besuch und bringt Blumen. Blumen werden in dem Roman überhaupt sehr oft gebracht. Trotzdem stellt sich Cornelia diese Frage und forscht sogar im Schulamt nach, ob sie wieder als Psychologin tätig werden kann?
Kann sie mit Fünfundfünzig natürlich nicht, da gibt es aber ihre beiden Töchter Marion, gerade dreißig, wunderschön und gut verheiratet, eine femme fatal und sehr oberflächig, die die jungen Dichter unterstützt und ihre Gedichte für dreißigtausend Schilling drucken läßt, dabei ihren Gatten, den ebenfalls gutsituierten, erfolgreichen Architekten Phil und vor allem ihren zehnjährigen Sohn Ronald vernachläßigt und ins Tagesheim steckt, während die andere Tochter Ruth den Schuldienst für den sie ausgebildet wurder, verläßt und in München ein Künstlerleben führt.
Das ist die Ausgangslange und zeigt die Problemlage auf, die er verarbeiten will. Denn, wie macht man es mit Beziehungen? Cornelia ist umgeben von Leuten, die ihr einreden wollen, daß Bindungen nicht wichtig sind und man altmodisch und von vorgestern ist, wenn man sich einbildet, daß eine Bezieung lebenslang halten soll.
So taucht auch ein Jugendfreund auf, ebenfalls mit einem Hausmütterchen verheiratet und mit einer jungen Freundin ausgestattet, der Cornelia im Bett haben will und als sie nicht darauf einsteigt, sich von ihrer Freundin Palatschinken backen läßt.
Aber eigentlich weiß Cornelia ohnehin was sie will, gibt es da ja das von ihren Eltern geerbte Landgut, aus dem sich ein Kinderferienlager machen läßt und der kleine Ronald ist ohnehin vernachläßigt genug und in Gefahr keinen Halt im Leben zu finden, weil sich seine schöne Mutter zuwenig um ihn kümmert und Ruth wird schwanger und das ist in einem freien Künstlerleben auch recht schwierig.
Am Ende hat sich alles eingerenkt und zu einer schönen Ordnung hingebracht. Marion kehrt zu ihrem Phil zurück und Ruth mit künftigen Kind und Mann nach Wien, um den Schuldienst wieder aufzunehmen, während ihr Ben als Graphiker Karriere machen wird und Cornelia kann sich als Psychologin auf ihrem Landgut den anderen entwurzelten Kindern widmen, mit ihren reiten und Ostereier bemalen und sogar einen Apotheker, der als Junggeselle auf sie gewartet hat, scheint es auch zu geben.
Chicklit des vorigen Jahrhunderts einer inzwischen ziemlich vergessenen Erfolgsautorin, die sehr viele Frauenromane mit vordergründig gesellschaftlich relevanten Zeitthemen geschrieben hat, die mich als politisch interessierte Frau natürlich interessieren, obwohl, die Politik kommt, wie in in solchen Romanen üblich, nicht vor und das Milieu ist die gut situierte Mittelschicht und die Probleme werden auch nur angerissen und dem scheinbar guten Ende zugeführt. Trotzdem kommt der sexuelle Mißbrauch vor und eine Vierzehnjährige, die versucht aus dem Schulfenster zu springen, weil sich der Freund ihrer Mutter ihr genähert hat.
Und so lese ich sie ganz gerne die Frauenromane von gestern und vorgestern, den politischen Bezug dazu, kann ich mir ja denken, bzw. wurde darüber in den gestrigen Jelinek-Dialogen diskutiert und es könnte ja auch sein, daß das Buch in derselben Zeit, wie Elfriede Jelineks „Liebhaberinnen“ geschrieben worden ist und so habe ich die Lektüre auch ganz spannend gefunden.

2011-11-21

Jelinek-Dialoge

Filed under: Uncategorized — jancak @ 22:57

Das Elfriede Jelinek Forschungszentrum, das sich ja um 2004 nach der Nobelpreisverleihung, glaube ich, gegründet hat und dem auch Christoph Kepplinger angehört, veranstaltet regelmäßig Jelinek-Symposien. Bei einem großen war ich in der Alten Schmiede, dann war ich schon zu Literaturgeflüsterzeiten einmal im Radio-Kultur-Cafe und jetzt gab es die „Jelinek- Dialoge“ – Sätze und Gegensätze aus Literatur und Wissenschaft, wo acht jüngere Gegenwartsautoren eingeladen wurden einen Text zu schreiben, den sie gemeinsam mit einem Literaturwissenschaftler diskutierten. Gestern ging das los im Schauspielhaus, da waren wir aber in Harland, außerdem hätte es achtzehn Euro Eintritt gekostet und das zahle ich nicht, fällt es mir sowieso schon schwer zu Veranstaltungen zu gehen und immer abseits zu stehen und nie selbst wo eingeladen zu werden, obwohl ich ja auch etwas zu sagen und zu schreiben hätte.
So habe ich Paulus Hochgatterer und Konstanze Fliedl zu „Du sollst Vater und Mutter ehren – der Autor und seine literarischen Eltern“, Bettina Balaka und Wynfried Kriegleder „Lockvögel, Baby“, Gerhild Steinbuch und Eva Horn „…immer nur Natur“, Peter Clar und Peter Ernst „Ich habe einen Stift und bin zu allem fähig – Der Autor und sein Leser“, Händl Klaus und Richard Schrodt „Ich ersehne die Alpen“ und Ewald Palemtshofer und Alexandra Millner „das sprechen kann man nicht – eine schriftliche Unterredung“ versäumt und könnte mir nur selber meine Gedanken dazu machen. Heute bin ich aber zu den letzten zwei Dialogen nämlich Andrea Winkler und Ronald Innnerhofer „Wir, wen kümmerts, wer (brigitte, paula, erich und heinz) spricht? und Olga Flor und Daniela Strigl „Das Haus aus Spreche ist mir leider zusammengekracht“ in die Alte Schmiede zurechtgekommen. Und das war sehr interessant, habe ich ja in den Siezigerjahren, die 1975 erschinenen „Liebhaberinnen“ gelesen und Elfriede Jelinek, die man damals noch bei Lesungen erleben konnte, bei der bei Balasz Nemeth sagen, hören, meine Figuren sind Kunstfiguren, denn Charaktere interessieren mich nicht. Das hat mich damals sehr erstaunt und Abwehr hervorgerufen, will ich doch anders schreiben, aber wer widerspricht einer Elfriede Jelinek? Andrea Winkler hat es in ihrem Text wieder sehr sanft und freundlich mit ihrer wunderschönen Sprache getan und hat Fragen an die Germanistikstudentin Susi gestellt, die in dem Buch auch irgendwo auftaucht, warum die Paula und die Brigitte keine eigene Sprache haben. Die Siebzigerjahre, wo es einen neuen Realismus gab und man nicht erzählen durfte, sind weit weg, der Literaturwissenschaftler Innerhofer erklärte, wie das war mit dem Wolfsgruber und dem Innerhofer und der Elfriede Jelinek, die als Frau gegen die Männer angeschrieben hat und sich dabei von ihren Personen sehr distanzierte und erklärte, daß er in der Welt, wo die Frau keine Chance hat und dann doch nur in der Fabrik oder in der Prostitution,bzw im Bett ihres trinkenden, sie schlagenden Mannes landet, selber aufgewachsen ist.
Im zweiten Dialog beschäftigte sich Olga Flor, die ja erst kürzlich mit Daniela Striegl in der Alten Schmiede diskutieren hörte, mit ihren Jelinek Leseerfahrungen und verhedderte sich öfter dabei, während Daniela Strigl, wie Pia Janke in ihrem Schlußwort anmerken sollte, die Grenzen der Wissenschaft verlassen hat und fast schon selber literarisch oder essayistisch geworden ist, jedenfalls verglich sie Jelinkes Sprache mit Zitaten aus der „Kinder der Toten“, „Neid“ oder „Gier“ mit den Werken Olga Flors und meinte, daß die auch keine sehr optimistische Welt aufzeige.
Dann kam die Pause, wo man den Büchertisch betrachten konnte, ich nutze die Zeit Christoph Kepplinger daran zu erinnern, daß er die „Absturzgefahr“ im November in der Volksstimme rezensieren wollte und stand ein bißchen isoliert herum, während sich Andrea Grill, Manfred Müller und die anderen, die gekommen waren, intensiv unterhielten. Auffallend viele junge Mädchen, wahrscheinlich Germanistikstudentinnen und ein paar Stammbesucherinnen. Dann läutete die Glocke und es kam zur Schlußdiskussion „Fortschreibungen – Gegenschreibungen – Neuschreibungen“ mit Bettina Balaka, Andreas Beck, dem Direktor vom Schauspielhaus, Pia Janke von der Jelinek Stiftung und Kurt Neumann. Christian Schenkermayr moderierte und stellte Fragen zu Elfriede Jelinek und ihren Einfluß auf die Autorentexte. Gerhild Steinbuch lernte ich, hätte ihren Ton am intensivsten getroffen, Bettina Balka betonte, daß sich seit den Siebzigerjahren viel geändert hat und es jetzt keine marxistischen Autoren mehr gäbe, da widersprach ihr nicht nur Eva Brenner, die meinte, sie würde lieber Elfriede Jelinek lesen, während sich der Theaterdirektor in einen Endlosdialog über das Theater verwickelte, den Andrea Winkler schließlich mit der Frage unterbrach, ob sie, wenn sie beispielsweise zwei Jelinek-Bücher und dann nichts mehr von ihr gelesen hätte, sie fortschreiben – gegenschreiben – oder neuschreiben würde? Und mir ist aufgefallen, daß die meisten Autoren verleugneten, einem Jelinek Einfluß erlegen zu sein, während das bei Thomas Bernhard ein bißchen anders ist, wie ich ja auch in der „Alten Schmiede“ vor ca einem Jahr hören könnte, aber wahrscheinlich ist es einfacher diesen Ton zu treffen, bei der Jelinek ist das, glaube ich, schwieriger und interessant ist ja auch, daß sie ihre Texte so bereitwillig den Regisseuren zur Weiterbearbeitung überläßt.
Was nehme ich mir, die ich ja keine unbedingter Jelinek Fan bin, aber sehr viele ihrer Romane gelesen habe, mit? Daß ich sowohl politisch als auch psychologisch schreiben will und mir der Charakter der Figuren sehr wichtig ist und es inzwischen sehr viele sehr junge Frauen gibt, die Germanistik oder Literaturwissenschaften studieren, aber das ist etwas, das ich ohnehin wußte, hat ja Anna Lindner, die mit der Anna maturierte, das auch getan und schon zwei Bücher geschrieben, sie ist aber, glaube ich wieder in Rumänien, dafür war Alexandra Millner, die ja die Anna ein paar Jahre unterrichtet hat, beziehungsweise zu dieser Zeit Praktikantin in der Rahlgasse war.

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