Die Sozialversicherung der gewerblichen Wirtschaft, bei der seit 1997 oder 98 alle Freiberufler, also auch die Psychologen, Psychotherapeuten und alle Künstler zwangsversichert sind, tut etwas für seine Künstler, ladet einmal im Jahr zu einer Talkrunde mit anschließenden Kulturprogramm ein und meldet das den Kunstvereinen mit der Bitte, die Info an die Mitglieder weiterzugeben. Die GAV hat das bei ihrer letzten GV getan und so bin ich gestern um halb sechs mit recht unspezifischen Erwartungen auf die Wiedner Hauptstraße gegangen, denn ein Thema war dem Programm nicht zu entnehmen, nur, daß Alexander Goebel durch den Abend führt und der SVA-Obmann Stellvertreter, ein Herr vom Sozialministerium, einer vom Künstlersozialversicherungsfonds und einer vom BMUKK talken werden. Ich war ein bißchen früh daran, so habe ich wieder eine kleine Runde gedreht und dann gleich Andreas Renoldner, der der GAV berichten soll, bei seinem Fahrhrad gesehen, sonst habe ich nur Daniela Beuren von der Grauenfruppe und eine bildende Künstlerin, die ich meistens am Weltspartag in der Bank Austria treffe, gekannt.
Die Talkrunden waren auch recht unspezifisch, so fragte Alexander Goebel, den SVA-Obmann, ob man sich bei ihm melden kann, wenn man einen Künstler einladen will und rief am Schluß die Künstler zum kommunizieren auf. Dazwischen gab es ein Kunstprogramm mit dem Iris Camaa Duett und Peter und Teutschner, die ein Kabarett über Raucherentwöhnung und das, was die alten Menschen mit den vielen verschiedenen Medikamenten angeblich so treiben, boten und eine Vernissage von VOKA, das ist ein Künstler, der den Spontanrealismus erfunden hat und einen Film zeigte, wie in seinem Atelier ein Bild entsteht. Die waren dann auch ausgestellt und man konnte sie, wenn man es wollte, kaufen und ein wirklich ausgezeichnetes Buffet gab es am Schluß auch, so daß ich nicht, wie ich eigentlich vorhatte, ins Amerlinghaus zu „Radio Rosa“ ging, sondern bei den Canapes, den kleinen Schnitzelstücken, den Sacherwürfeln und dem Schokolademousse stehen blieb und mich länger mit Daniela Beuren unterhielt. Andreas Renoldner war schon gegangen und heute gab es, ein paar Tage vor der Buch-Wien, zu der ich jetzt die gewünschten Einladungen habe, im Gewerkschaftshaus bei der Donaumarinia, die kritischen Literaturtage bzw. Alternative Buchmesse. Das gibts jetzt auch schon das zweite Jahr, voriges Jahr habe ich es versäumt, diesmal habe ich mir die Tage dafür freigehalten und so bin ich nach einer Morgenstunde an die Donau hinausgefahren.
„Zwei Tage alternativen Lesespaß – über fünfzig Aussteller – Lesungen und Buchpräsentationen – freier Eintritt“, steht im Programm, das ich mir wahrscheinlich beim Volksstimmefest mitgenommen habe. El Awadalla hat mich aber auch noch angemailt und mich zu einem Dialekt-Workshop „Dialekt sprechen – Dialekt schreiben“ eingeladen, so habe ich mich angemeldet und bin mitten in die Vorstellungsrunde geplatzt.
Was erwarte ich mir, die ich in Hochdeutsch schreibe von einem Dialektworkshop? Keine Heimatgedichte, aber vielleicht ein bißchen Schreiberfahrung, wie man zum Beispiel in einem Roman einen Dialog gestalten kann. Etwa zehn Personen haben teilgenommen und es war sehr interessant, obwohl wir nichts geschrieben haben. Es war zwar angedacht, etwas über U-Bahnfahren zu schreiben und El-Awadalla hat dazu auch ihre U-Bahn Dialoge vorgelesen, dann kamen aber so viel Fragen von den Teilnehmen, daß es bei einer Diskussionsrunde geblieben ist, was mir egal war, weil ich ja ohnehin keine Dialektdichterin werden will.
Das Programm ging nach dreizehn Uhr weiter und war ebenfalls sehr spannend, stellte sich ja der Werkkreis „Literatur der Arbeitswelt“ vor, Gerald Grassl präsentierte die „Tarantel“ und wünschte sich von den Lesern Eugen Bartmer, Werner Lang und Anton Mantler je ein Wunschgedicht und interviewte Josef Rieser zu seinem Briefroman und ich weiß endlich, wie der Stammbesucher heißt, den ich so regelmäßig bei den Literaturveranstaltungen treffe.
Anschließend präsentierte Haimo L. Handl seinen Driesch-Verlag. Las einen Teil seines Textes aus der neuen Nummer, Corinna Manisha Lenneis stellte mit einem Partner einen Dialog vor und Susanne Scholl, die etwas später kam, hatte offenbar etwas an dem Heft zu reklamieren, denn sie schüttelte sehr oft den Kopf und las ihre Erzählung „Fremde Brüder“, wo ein Mann, eine Russin in seine Wohngemeinschaft aufnimmt, mit der er dann zur Hochzeit eines ihrer Brüder oder Cousin mit Geschenken beladen nach Russland fliegen fliegt.
Die Präsentation der „Wienzeile“ mit Günter Geiger versäumte ich und auch die Führung durch die Bibliothek, dafür begeisterte mich aber Kurto Wendts „Sie sprechen mit Jean Amery, was kann ich für Sie tun?“, einen Roman, den er in seiner Bildungskarenz geschrieben hat, die er auch gleich sehr empfahl. Er lobte auch den Milena-Verlag, da stört mich wieder, wie meine Leser wahrscheinlich wissen, daß das kein reiner Frauenverlag mehr ist. Der Roman, den Alfred auch beim letzten Volksstimmefest kaufte, ist aber eine herrliche Satire über Langzeitarbeitslose, das Arbeitsmarktservice und Call Center Agents und hat mich so begeistert, daß ich das Buch demnächst lesen will.
Es gab noch eine Präsentation eines Buchs über Josef Stalin des Dietz-Verlags, das ist ein Berliner Verlag mit dessen Verlegerin ich mich unterhalten habe, als ich mir die Verlagsstände anschaute, ein Studienprojekt über Jura Soyfer und eine Lesung von Sina Tahayori, eines Exil-Literaturpreisträgers und mit Christa Stippinger habe ich mich bei meiner Messerunde auch sehr intensiv unterhalten, bzw. mir die Einladung zum Exil-Preis 11 geholt, der auch heuer wieder auf der Buch Wien vergeben wird.
Dann gabs einen Poetry Slam zum Thema „zeit?- arbeit?- geld?“ durch den wieder Mieze Medusa führte und bei dem alle Slamgrößen, wie Markus Köhle, Yasmin Hafdeh etc slamten aber auch andere, da man sich, glaube ich, dazu anmelden konnte, so traten auch vier Leute, darunter El Awadalla auf, die ihre Gedichte zur Arbeitswelt lasen, aber nicht in die Enderunde kamen, die wurde schon von Slamgrößen bestritten. Wer den Slam gewonnen hat, weiß ich aber nicht, weil ich ja zur Alpha Preisverleihung wollte, der ja zwischen Marjana Gaponeko, Martin Mandler und Anna Elsabeth Mayer entschieden wird und kann das Endergebnis genausowenig flüstern, denn ich bin nicht hineingekommen.
Da Einladung nur für geladene Gäste! Voriges Jahr war es in der Zeitschrift Buchkultur ausgeschrieben und ich habe auch darüber berichtet, heuer habe ich hingemailt und um eine Einladung gebeten und sogar mein Geburtstagsfest verlegt, aber leider keine Antwort bekommen. So bin ich, ich war wieder ein bißchen verspätet, denn der Weg von der Donaumarina ist ja weit, nach Julian Schutting hineingegangen, aber am Empfang gescheitert.
Es lebe die Hochkultur könnte man sagen, die im Saal ihr vom Casino Austria gesponsortes Dinner verzehrt, sich dabei von den Nachwuchsautoren etwas vorlesen läßt und am alternativen Literaturgeflüster nicht interessiert ist. Ich habe mich zwar wirklich bemüht hineinzukommen, aber von dem Herrn, der das entscheidet und mir seinen Namen verweigerte, nur eine vage Zusage bekommen, daß er mich vielleicht das nächste Mal einladen wird, was ich sehr schade finde, denn ich halte viel vom Kultursponsoring und verteidige auch immer die Hochkultur, denn die KritLit allein ist nicht repräsentativ.
Aber vielleicht klappts das nächste Mal. Ich kann mir ja mein Butterbrot mitnehmen und der Securityguard kann auch aufpassen, daß ich nicht vielleicht ein Glas Wein trinke. Und manche, habe ich mir sagen lassen, halten das Literaturgeflüster für eine ziemlich einzigartige Berichterstattung über den Wiener Literaturbetrieb, als kleiner Hinweis für die Prüfer, die sich vielleicht hier umsehen wollen.
Jetzt werde ich warten, bis ich erfahre, ob „Annuschka Blume“, „23 Tage“ oder „Fliegengewicht“, der von der den Wiener Büchereien ausgesuchte Preis-Roman sein wird, beziehungsweise habe ich gerade auf der Alpha-Seite gesehen, daß Anna Elisabeth Mayer die Preisträgerin ist, deren Lesung ich mir am nächsten Freitag um 17 Uhr bei der Buch-Wien anhören kann, da ich dafür Karten bekomme und Klaus Nüchtern, der unter anderen in der Jury war, wird am Dienstag den Staatspreis für Literaturkritik erhalten.
Über den gängigen Mainstreamroman und daß man, wie man den schreibt, im Leipziger Literaturinstitut lernt, habe ich mich übrigens bei der SV-Veranstaltung mit Andreas Renoldner unterhalten und der hat auch „Fliegengewicht“, als Beispiel angeführt. Ich hätte mir ja Marjana Gapanenko gewünscht, aber deshalb wurde ich wahrscheinlich nicht nicht hineingelassen.
Morgen gibts noch einmal Gelegenheit sich mit der kritischen Sub-Literatur zu beschäftigen, allerdings gibts da auch das literarisches Geburtstagsfest und da macht der Alfred schon das Buffet.
2011-11-04
SV-Cocktail, KriLit, Alpha-Literaturpreis
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