Jetzt kommt die Besprechung von zwei Büchern oder eigentlich doch nur eines, aber das in zwei Teilen, das heißt kapitelweise von Sprache zu Sprache gelesen. Mit Frank McCourt „Die Asche meiner Mutter“ in der wundervollen Harry Rowohlt Übersetzung begonnen, denn das lag vor einiger Zeit im Bücherschrank und das ist ein Buch das man lesen sollte, sicher eines für die „hundert Bücher Liste“, die jeder Gebildete haben soll und das Original nämlich „Angela Ashes“, hat mir Alfred aus New York mitgebracht, als er, 2000 war es wahrscheinlich, mit der Anna dorthin flog, um Tante Idas hundersten Geburtstag zu feiern und weil ich nicht so gerne Englisch lese, habe ich das Buch ins Regal gestellt. John Grishams „The Brethren“, hat er mir auch gebracht, das habe ich auf meinen Fahrten ins SMZ-Ost zur Supervision, die ich damals dort hatte, gelesen, nicht sehr gut verstanden und konnte auch nicht nachschauen, gab es Internet ja noch nicht und auf Deutsch war es noch nicht erschienen.
Aber das gleichzeitige Lesen des deutschen Buches und des Origninals kann ich wirklich nur empfehlen, die Anna hat sich zwar darüber mokiert und gemeint, daß ich beide Bücher lesen soll, aber dazu habe ich nicht genug Zeit, warten ja schon andere.
Wenn man aber auf Deutsch beginnt, hat man einen guten Einblick, dann gehts auf Englisch weiter und das deutsche Kapitel kann man auch überfliegen und sich ein paar Worte einprägen, wenn man zum nächsten Kapitel geht. So bekommt man, glaube ich, auch einen Eindruck von der Übersetzung und die habe ich sehr gut gefunden. Mit John Irvings „Der Bär ist los“ machte ich ja eine Negativerfahrung, aber das Buch habe ich nur in einem unverständlichen Deutsch gelesen. Und noch eine Erfahrung, die man mit dieser Art des Lesens machen kann, das deutsche Buch hat fünfhundertachtunddreißig Seiten, die amerikanische Originalausgabe dagegen dreihunderzweiundsechzig, gut das Buch ist größer, trotzdem läßt sich die Frage stellen, wie ausschweifend hat da Harry Rowohlt übersetzt?
Frank McCourth wurde 1930 in New York geboren und ist 2009 ebendort gestorben, dazwischen lagen die Jahre einer irischen Unterschichtkindheit in Limerick, mit deren Beschreibung, 1996 im Ruhestand erarbeitet, er weltberühmt wurde und 1997 den Pulitzer-Preis bekommen hat. Das steht auch auf der amerikanischen Ausgabe, außerdem steht noch „A Memoir“ darauf und diesen Ausdruck habe ich, glaube ich, von Ana Znidar beim „Tag der offenen Tür“ des Writers studio das erste Mal gehört. Die bieten auch solche Schreibkurse an und im letzten Brief von Judith Wolfsberger wird auch davon berichtet, daß die Amerikaner mit dem Memorienschreiben, das bei uns immer noch einen Volkshochschulruf besitzt oder etwas für die Ghostwriter ist, die dann über das Leben berühmter Personen drüberfahren, ganz anders umgehen als wir.
Frank McCourth, der Lehrer war, hat, wie ich Wikipedia entnehme, kreatives Schreiben unterrichtet, bevor er sich hinsetzte und mit seiner Kindheit in Irland berühmt wurde. Inzwischen gibt es noch zwei Erinnerungsbände „Ein rundherunm tolles Land“ und „Tag und Nacht und auch im Sommer“, wo er seine Erfahrungen als Lehrer verarbeitet. Dieses Buch habe ich inzwischen auch gefunden und habe es auf meiner Leseliste.
„Die Asche meiner Mutter“, ist wohl das berühmteste, es wurde verfilmt und ich habe Ausschnitte daraus auch schon in den „Radiogeschichten“ von Ö1 gehört und zeigt, daß man auch ein tristes Leben durchaus literarisch aufarbeiten kann, vor allem in Amerika, das die Leute ja zum kreativen Schreiben ermuntert und nicht nur eintrichtert, daß man das nicht soll, weil man sonst ja vielleicht den hehren Goethe beleidigt, weil man es nicht gut kann. Frank McCourth kann es und erzählt seine Jugenderlebnisse so, daß es die Leserinnen zum Weinen bringt und man sehr viel erfährt vom rauhen Leben in Irland in den Neunzigerdreißiger und Vierzigerjahren des vorigen Jahrhunderts.
Geboren wurde Frank McCourth aber in New York und da fängt das Buch auch an, mit der Geschichte der Mutter Angela, die die Reise über das große Wasser machte, dort Malachy McCourth einen Säufer aus dem Norden Irlands heiratete und von ihm ein Kind nach dem anderen bekam. Gab es damals ja kaum Verhütungsmittel und man war wohl auch in New York nicht aufgeklärt. So schildert Frank McCourth, wie er mit seinem jüngeren Bruder Malachy, den Vater aus den Wirtshäusern holen soll, damit der den kargen Wochenlohn nicht vertrank und, wie der Vater seine Kinder nachts aus dem Bett holte, wenn er betrunken nach Hause kam und sie schwören ließ, daß sie für Irland sterben würden.
Er hat dann auch von Roddy McCorley und anderen Freiheitshelden gesungen und war in die kleine Margaret ganz vernarrt und als die starb, traf es die Familie hart, die Mutter blieb im Bett blieben, so daß der kleine Frank beim italienischen Gemüsehändler Bananen für die kleineren Geschwister stehelen mußte, weil die Mutter, die Kinder den ganzen Tag ins Freie schickte. Eine Nachbarin schreibt dann einen Brief an die Großeltern, so daß die das Geld für Schiffspassage zurück nach Irland schicken, wo aber beide Großeltern nicht entzückt über die Familie mit den vier kleinen Kindern sind. Zuerst leben sie eine Woche bei den Eltern des Vaters, dann kommen sie zu den Eltern Angelas nach Limerick, wo der Vater aus dem Norden ein Außenseiter bleibt und vielleicht deshalb keine Arbeit findet. Wenn er eine hat, vertrinkt er das Geld und kommt am nächsten Tag zu spät, so daß er wieder stempeln gehen muß und dieses Geld auch vertrinkt. Ein Horror für die immer schwangere Mutter, die ihre Babies ständig sterben sieht und die in einem kleinen Häuschen wohnt, wo es von den Klogerüchen, der ganzen Straße ins Zimmer stinkt und die unteren Räume überflutet sind, so daß die Familie in den oberen Stock nach „Italien“ zieht, wo es wärmer ist.
Ein Bild des Papstes gibt es auch und Zigaretten, die die Mutter ständig raucht, sonst ist kaum Geld für Tee und Brot im Haus, so daß Frances mit seinem Bruder stehlen gehen muß, während die Mutter krank im Bett liegt und nach Zitronenlimonade verlangt. In solchen Zuständen bekommt man leicht die Schwindsucht und auch Franks Augen machen nicht mit, so daß sie immer rot geschwollen sind. die Zeiten im Spital sind trotzdem schön, denn da bekommt man was zu Essen, es ist warm, es gibt Bücher und auch Mädchen, die einem was ins Ohr flüstern. Nur wenn die dann sterben bekommt man Schuldgefühle, denn man lebt ja im streng katholischen Irland, wo alles von den Brüderschaften geregelt wird, die Lehrer einen nur stumpfe Sätze nachsagen lassen und die Mutter in den Pfarren, um Brot betteln muß und von den Jesuiten hinausgeworfen wird.
Trotzdem gibt es Aufwind, nämlich den Krieg in Deutschland, der treibt die Männer nach England in die Munitionsfabrik, wo sie dann Geld nach Haus schicken und wenigstens am Freitag Milch und Honig fließen. Allerdings nicht in allen Familien, denn Malachy McCourth schickt kein Geld und verschwindet dann vollständig. Die Mutter wird mit den überlebenden Kindern aus „little Italy“ hinausgeschmissen und Frank verdingt sich trotz seiner schlechten Augen zuerst als Kohlenhändler, das heißt, er hilft einem solchen, der wegen seiner schlechten Beine, die nicht austragen kann und wird mit vierzehn Telegrammbote. Die große Hoffnung ist Amerika und um Geld für die Schiffspassage anzusparen, schreibt er auch Drohbriefe für eine Schneiderin und hat sowieso wegen der Sexualität ständig Angst in die Hölle zu kommen und das ist in Zeiten, wo die Seiten mit der Empfängnisverhütung aus den Zeitungen hinausgerissen werden, besonders schwierig und Aufklärung gibt es ja auch kaum. So hantelt sich Frank durch sein tristes Leben und erzählt mit Hilfe amerikanischer Schreibseminare sehr flott dahin, daß das Buch ein Bestseller wurde und auch Nachahmer gefunden hat.
2011-11-14
Die Asche meiner Mutter
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