Wieder einmal macht mich ein Buch ein bißchen ratlos, fällt es mir doch schwer Andrej Kurkows „Der wahrhaftige Volkskontrolleur“ einzuordnen. Was ist das nun ein Schelmenroman, eine Farce über die ehemalige Sowetunion, ein Märchen über das schöne Leben im schönen Russland der Neunzehndreißigerjahre im Stil von Gogols „Der Revisor“ nacherzählt? So etwas wahrscheinlich. Im Klappentext des 2011 bei Haymon erschienenen Buches steht etwas von „Schwarzen Humor und echten Kurkow“ und von dem 1961 in St. Petersburg geborenen, das damals wohl anders hieß und seit seiner Kindheit in Kiew lebenden Andrej Kurkow habe ich schon „Picknick auf dem Eis“, gelesen, eine Farce auf das neue Leben in der Ukraine und ihn einige Male bei Lesungen gehört. Das erste Mal, glaube ich, bei Ukrainischen Tagen in der Kunsthalle, dann bei der „Literatur im Herbst“ und bei der Buch-Wien 2008 und 2011 und ich habe mir wohl eine ähnlich scharfe Satire erwartet.
„Der wahrhaftige Volkskontrolleur“ ist aber vergleichsweise sanft und märchenhaft. Nirgendwo eine wirkliche Anklage oder Systemkritik, sondern alle Menschen scheinen glücklich in dieser märchenhaften Volksdiktatur.
„Trotz abstruser ins extreme oder surreale verfremdeter Situationen verliert Kurkow nie den ernsthaft-liebevollen Blick auf seine Figuren“, steht bei Wikipedia.
Es gibt vier voneinander unabhängige Handlungsstränge, die alles von diesem schönen guten sowetischen Leben erzählen.
Da ist der Bauer Pawel Dobrynin glücklich mit seiner Manjascha, seinen beiden Kindern und dem Hund Mitka, der wird zum lebenslangen Volkskontrolleur ernannt. Manjascha packt ihm einen Reisesack mit einer Axt, weil man ja nie wissen kann, wozu man eine solche braucht und ab geht es nach Moskau in die Dienstwohnung, zu der Dienstehefrau und dann in den Kreml zum Genossen Kalinin. Alle trinken ständig Tee und ein Büchlein über Lenin erhält der Held auch zum Geschenk, denn der Name Stalin, der ja wirklich in der SU herrschte, taucht in dem Roman nicht auf. Andrej Kurkow sagte vorige Woche auf der Buch-Wien, daß er den nicht verwenden wollte, dann wäre es wohl auch weniger Märchenhaft geworden.
Der Held wird aber gleich mit einem Pferd, das er auch geschenkt bekommen hat, mit einem Flugzeug nach Sibirien verfrachtet, dort spielt er mit dem Piloten und seinem Quartiergeber, während eines Scheesturmes eine Weile Karten, ißt Zwieback und Kekse, die beiden Männer brechen in ein Militärlager auf, um Nachschub zu holen und erfrieren, das Pferd flüchtet ebenso in die Kälte. Der Held wird weiter in die Polarlandschaft geflogen und begegnet dort einem Volksaufstand, dazwischen liest er Lenins gesammelte Geschichten, träumt nachts darüber und als er nach Moskau zurückgeflogen wird, weiß er nicht recht, wie er sich seiner dienstlichen Ehefrau gegenüber verhalten soll, ist traurig, weil sein Hund Mitka gestorben ist und wird auf seine aufrechte Gesinnung mit Hilfe verschiedener Apparaturen überprüft.
Dann gibt es noch einen Engel, der sich wundert, daß aus der SU niemals Seelen in den Himmel kommen, so steigt er auf die Erde herab, um die zu suchen, vertauscht sein Engelsgewand gegen den Rock eines geflohenen Soldaten und begegnet ständig Deserteuren und geflohenen Kolchosebauern, was eine Anspielung sein könnte, daß doch nicht so alles eitel Wonne ist. Mit diesen bricht er auf und zieht einem Stern nach, um das gelobte Land zu suchen. Dort lassen sich die Enflohenen nieder, um wieder mit Milch und Honig eine gerechte soziale Marktwirtschaft mit allen ihren Schikanen aufzubauen. Ein buckliger Buchhalter läuft herum und schreibt alle Namen auf, die kommunistische Lehrerin Katja unterrichtet die Kinder und die Analphabeten und verliebt sich ein bißchen in den Engel, bei dem sie es nur schade findet, daß er an die unsterbliche Seele glaubt, obwohl sie doch weiß, daß es die nicht gibt. Der erste Deserteur nennt sich Oberdeserteur und die Sabotage muß man natürlich auch bekämpfen.
Dann gibt es einen Schuldirektor, der nachts auf die Dächer seiner Schule steigt und vom Volkskommissariat für Bildungswesen genannt Narkompros seltsame Auträge erhält. So müßen alle Schüler einen Aufsatz schreiben, der dann unkorrigiert eingesammelt und abtransportiert wird. Die Themen lauten „Wofür ich mein Vaterland liebe“ „Meine Familie – die Erbauer des Kommunismus“ oder „Wovon mein Papa träumt“.
Dieses Thema wählt nur ein einziger Schüler und der hat keinen Papa mehr, nur eine Mama, die eigentlich seine Tante ist und die träumte davon Pilotin und Fallschirmspringerin zu werden. Der Direktor liest den Aufsatz, besucht die Tante, verliebt sich in sie und organisiert ihr einen Fallschirmsprung.
Dann gibt es noch eine Blutspendeaktion, wo allen Genossen Blut in großen Mengen abgezapft wird und das bringt die Handlungsstränge, die sonst so nichts mit einander zu tun haben, irgendwie zusammen.
Der vierte Strang ist ein Künstler, der mit einem Gedichte aufsagenden Papagei durch die Gegend zieht und auch den geheimen Auftrag erhält, den eigentlich schon verstorbenen Genossen Lenin, der aber irgendwie in einem unterirdischen Keller weiterzuleben scheint, ein Geburtstagsständchen zu bringen.
Danach kommt er in ein Erholungsheim ans schwarze Meer, der Direktor bekommt den Blutspendeauftrag in seiner Schule durchzuführen, die dienstliche Ehefrau des Pawel Dobrynin hat auch etwas damit zu tun und die Entflohenen gebären friedlich ihre Kinder für die neue Zeit.
So geht es vierhundert Seiten scheinbar ohne Zusammenhang dahin. Sehr friedlich und sehr schön und dennoch voll mit Ironie und Sarkasmus wird in vielen Episoden die Geschichte der wunderbaren Sowetunion, wo Milch und Honig fließen und die Rotarmisten, den Schuldirektor in der Nacht zum Schlafen auffordern, damit er am nächsten Tag gesund und fröhlich dem Staat seine Kräfte zur Verfügung stellen kann, erzählt.
Was sonst noch geschah wissen wir und auch ein bißchen, wie es heute in Moskau, in der Ukraine, etc aussieht und was dort geschieht.
Ich glaube auch vorige Woche bei der Lesung gehört zu haben, daß das Buch der erste Teil einer Trilogie darstellt, die 1927 beginnt und bis 1974 mit denselben Personen weitergeht und das Andrej Kurkow, das jetzt auf Deutsch erschienene Buch schon vor einiger Zeit geschrieben hat.
Es gibt auch eine Facebook-Seite die dem Roman gewidmet ist und von Andrje Kurkow ist noch zu erwähnen, daß er sieben oder mehr Sprachen spricht und seine Lesungen auch manchmal auf dem Klavier begleitet.
2011-11-20
Der wahrhaftige Volkskontrolleur
2011-11-18
Vorschau auf das Wochenende
Heute einmal nicht Gesellschaft für Literatur, obwohl es da eine Veranstaltung der Plattform Bibliotheksinitiativen gibt, wo Edith Waclavicek, Eva Kittelmanns neues Buch „Die Aufgabe oder Eros wie im Himmel so auf Erden“, vorstellt und Edith Waclavicek ist jene pensionierte Bibliothekarin, die glaube ich, ihre Literaturtage im November in der Galerie Heinrich nicht mehr macht, bei der es in den letzten Jahren aber immer eine Frauenlesung gab und die ich, glaube ich, bei den „Mittleren I“ noch im Literaturhaus oder bei der „Frauen lesen Frauen – eigene Texte Lesung“, die ich dort einmal organisierte, kennenlernte, weil sie den Text für eine ihrer Publikationen haben wollte. Sie hat dann Judith Gruber-Rizy eingeladen jährlich bei ihrer Literaturveranstaltung eine Frauenlesung zu organiseren, diesmal gibt es keine mehr wegen Honorarstreitigkeiten und auch sonst habe ich nur von der Gesellschaft für Literatur Veranstaltung gehört und wäre wahrscheinlich hingegangen, interessiere ich mich ja sehr für Literatur. Wir werden dieses Wochenende aber wieder einmal nach Harland fahren und da waren wir seit der Sommerfrische ja nur an einem Wochenende. Alfred ist zwar öfter hinausgefahren, um seinen Eltern bei der Gartenarbeit zu helfen, aber ich hatte immer literarische Termine, jetzt passt es aber einmal, ein beschauliches Wochenende am Land zu verleben und auch mit der Korrektur der „Frau auf der Bank“, die ich jetzt an die sechs Wochen mehr oder weniger intensiv Szene für Szene durchgegangen bin, bin ich heute fertig geworden und werde jetzt das gesamte Manuskript, Rohentwurf 94 Seiten oder 43.502 Wörter, da müßte ich mich für den Nanowrimo noch ein bißchen anstrengen, solange durchgehen, bis ich damit zufrieden bin und es dem Alfred zur PDF-Erstellung übergeben kann. Erfahrungsgemäß werde ich damit noch bis Jänner oder Februar brauchen, habe aber schon Sara Wipauer für den Klappentext gewinnen können und ihr den Rohtext gerade geschickt.
Ein Foto brauchen wir auch noch, aber da bietet sich vielleicht eine Bank im Rathauspark beim Springbrunnen an, wo ein Teil der Erzählung oder des Romans ja spielt. Die letzten Wochen hat es mich bezüglich Buch-Wien und anderer Literaturveranstaltungen ja herumgerissen und dann korrigiere ich meine Texte nach der Fertigstellung des Rohentwurfes ja nicht so gern, so gesehen, kann das Wochenende in Harland, wo es nichts als Radfahren als Alternative gibt, ein bißchen Ruhe bringen, bzw. gibt es da Arno Surminskis „Jokehnen“ als Badewannenlektüre und das ist eine Rückerinnerung an den Polenurlaub und ein Buch, daß es außerhalb meiner Hundert-Bücher-Liste gibt, die ich mir ja als Challenge vorgenommen habe. Sieht man auf die andere Leseliste bemerkt man, daß da schon hundetneun Titel stehen und von den ursprüglichen hundert sind zehn noch nicht gelesen, wenn ich die bis zum 31. Dezember schaffen will, muß ich mir ein bißchen auf die Finger spuken, bzw. bezüglich Rezensionsexemplaren aufpassen und so habe ich gestern die Gesellschaft für Literatur auch verlassen ohne genauer nachzufragen, wie ernst das Angebot des Autors, daß sich die Zuhörer je ein Buch mitnehmen könnten, gemeint war, habe ich ja meine Geburtstagsbücher schon auf die Liste von 2012 geschrieben und da ist jetzt ein neues Buch dazugekommen, nämlich Judith Scharlanskis „Hals der Giraffe“, das ich von Trude Kloiber bekommen habe, die ich am Nachmittag besuchte und das ist eine Schulkollegin aus der Straßergasse, die zufällig eine Gasse weiter wohnt und mich vor ca zehn Jahren einmal auf der Straße angesprochen hat. Seither kommt sie zu meinen Geburtstagsfesten und bringt mir immer eine aktuelle Neuerscheinung mit und ich besuche sie meistens danach zu Kaffee und Kuchen und tratsche mit ihr ein bißchen über mein literarisches Leben bzw. meinen Frust und da gab es in der letzten Zeit ja einigen und auch ein paar depressive Artikel darüber. So zum Beispiel, meine Erfahrungen vor zwei Wochen mit dem Alpha-Literaturpreis und als ich da vorgestern in der Gesellschaft für Literatur den Literaturkompass der Zeitschrift Buchkultur fand, entdeckte ich auch prompt die Ankündigung zu der Veranstaltung, um 18. 30 hat sie angefangen, deshalb war ich kurz nach sieben vor zwei Wochen so ganz allein mit den Empfangsdamen und dem strengen Herr und von einer Einladung, die dazu nötig ist, ist nichts dabei gestanden. Das zu dem Vorwurf, daß ich mich da ohne Einladung einschmuggeln wollte, wenn man nicht will, daß das literarisch interessierte Publikum dazukommt, darf man es auch nicht im Literaturkompaß ankündigen, denke ich und habe die Ankündigung ausgeschnitten und hingeschickt, mal sehen, ob diesmal eine Reaktion kommt?
Ein zweiter Frust ist die Sache mit dem Amerlinghaus und da gibt es am Dienstag den 29. November um 17 Uhr eine Demonstration, die beim Omofuma-Denkmal beim Museumsquartier startet und ins Rathaus führt, wäre schön, wenn alle, denen das Amerlinghaus am Herzen liegt und die vielleicht wollen, daß Literaturveranstaltungen, wie die „Mittleren VI“ dort stattfinden können, hingehen und ihr Engagement zeigen. Ich werde das tun, allerdings werde ich es nicht bis zum Rathaus schaffen, sondern um halb sieben ins Museumsquartier gehen, denn dort findet am Dienstag den 29. November um 19 Uhr die Verleihung des „5. Ohrenschmauses – Literatur von und für Menschen mit Lernbehinderung“ statt und da werde ich die Laudatio für den Lebensbericht-Preisträger halten und ich lade natürlich ebenfalls alle ein, sich zu splitten und hinzukommen und dafür kann man sich bei www. ohrenschmaus.net anmelden.
So geht es also weiter mit dem Literaturherbst, der allmählich ein Winter wird. Nächste Woche gibt es noch die Fried-Preis Monsterveranstaltung, ansonsten habe ich vor etwas intensiver an den „3 S“ zu korrigieren, die ausstehenden Bücher zu lesen und vielleicht auch schon Ideen für das nächste Projekt zu sammeln, obwohl ich mir dazu ja wieder, ich verspreche es wirklich, sehr viel Zeit lassen will, um an meiner Personenführung zu arbeiten und von der Trivialität meiner Sprache ein Stückchen weg zu kommen, mal sehen, ob mir das gelingt?
Ich bin aber, wie meine Leser wissen, diesbezüglich etwas toleranter und habe nicht so einen elitären Literaturbegriff, daß ich nur das aller Abgehobenste gelten lasse, das gilt auch für Rechtschreibfehler, weil ich ja eigentlich für die Freiheit der eigenen Schreibweise bin und so bin ich bezüglich Aktionen, wie dieser mit den tausendachthundertfünfzig Fehlern in dem Kafka-Buch über das ich gestern berichtet habe, etwas ambivalent. Natürlich soll man in Zeiten wie diesen, wo an die zwanzig oder auch schon dreißig Prozent funktionaler Analphabeten unsere Schulen verlassen, auf die Bildungsmisere aufmerksam machen, mir ist aber ein schreibender Mensch mit Rechtschreibfehlern lieber, als einer der gar nicht schreibt und liest und sich nicht für Literatur interessiert.Und was ich schade an der Sache finde ist, wenn jetzt die tausend an die Schulen verschickten Bücher so einfach weggeschmissen werden, wie ich ja in einigen Artikeln lesen konnte, da wäre ich eher für ein Ratespiel, wer die meisten Fehler findet.
2011-11-17
Bulgarische Literatur und Londonbooks
Waltraud Palme hat mir bei meinem Geburtstagsfest die Einladung zu ihren „Londonbooks“, die am 17. November im Freihausviertel-Doppeldeckerbus, der in der Schleifmühlgasse steht, gegeben und da ich E.A.Richter sein Belegexemplar der „Zwillingswelten“ geben wollte und außerdem wieder in die Gesellschaft für Literatur zu der Präsentation von Georgi Grozdevs Roman „Beute“ gehen wollte, habe ich zu dem Bus geschaut, an dem ich sowieso vorbeigegangen bin. Die „Londonbooks“ sind Waltraud Palmes Zeichentagebücher, die auf ihren Reisen entstanden und der Doppeldeckerbus ist ein austrangierter Londoner Bus, der dem Freihausviertel gehört und dem man offenbar für seine Präsentationen mieten kann, während in der Gesellschaft für Literatur eine Veranstaltung der internation Elias Canetti Gesellschaft stattfand, das heißt Manfred Müller leitete ein, daß die bulgarische Literatur eine große Tradition in der Gesellschaft für Literatur hat, die Germanistin Penka Angelova, die in Ruse die Elias Canetti Gesellschaft leitet und offenbar auch das Buch herausgab, moderierte und übersetzte. Der Roman „Beute“ des 1957 geborenen Schriftsteller, Publizist und Verleger Georgi Grozdev handelt von einem bulgarischen Naturreservat in dem ein Betreuer der ausländischen Jagdgäste, der seiner Vergangenheit entkommen will von ihr eingeholt wurde. Es waren nur ein paar Besucher da, so daß die Veranstaltung in den weichen Sesseln im Vorraum stattfand. Zuerst ein paar Seiten auf bulgarisch, dann las der Schauspieler Peter Moucka ein paar Szenen und dann gab es eine sehr intensive Diskussion im kleinen Kreis. Ulf Birbaumer war da und eine Dame, die erwähnte, daß sie das Buch gelesen, aber nicht recht verstanden hat, weil ihr die bulgarische Welt sehr fremd ist. Eine Erfahrung, die ich ja mit dem litauischen Roman von Renata Serelyte auch einmal machte. Dafür lagen aber eine Rezension und ein Vorwort auf, so daß man sich ein bißchen einlesen kann, denn der Roman „Beute“ ist sehr philosophisch und baut auf vielen mythologischen Betrachtungen auf.
Das ganze Leben als Beute, diese Frage, stellte dann auch der Autor, ob man sich als Beute betrachtet? Da gibt es natürlich sehr viele Betrachtungsweisen, ich neige ja dazu immer den Realismus zu suchen und da scheint es in dem Buch auch, um eine Entführung oder das Verschwinden der siebzehnjährigen Tochter des Protagonisten Hunters zu gehen und da las der Schauspieler eine Stelle, wo die Eltern zu der Polizei gehen und das Verschwinden melden und der Polizist wimmelt ab, in drei Tagen ist sie zu Hause oder man findet ihre Leiche und das erinnert ja sehr an Birgit Vanderbekes „Sweet Sexteen“, wo ja auch die Sechzehnjährigen an ihrem Geburtstag verschwinden. Eine bulgarische Dame fragte nach den Minderheiten, weil ein paar der Protagonisten türkische oder Zigeunernamen tragen, da wehrte der Autor eher ab und beantwortete auch meine Frage, wie er dazugekommen ist, sich als Beute zu fühlen, nur sehr vage. Irgendwer lobte die Übersetzung, da begann der Schauspieler von den Fehlern zu sprechen, die er gefunden und ausgebessert hätte, weil er beim ersten Lesen das Buch nicht verstanden hat und diese Erfahrung habe ich mit John Irvings „Der Bär ist los“ ja auch gemacht. Der Autor meinte, das wäre, weil eine Frau das Buch übersetzte und sich Frauen meistens nicht für das Jagen interessieren, daran knüpfte sich dann eine Diskussion über das Thema Jagd in der Literatur und ich habe das Vorwort zu dem Buch, das die mythologischen und philosophischen Anspielungen erklärt, noch nicht gelesen, so daß mir als Frau, ein Roman, der über das Jagen handelt, auch ein wenig fremd erscheint.
Interessant der kleine Kreis und die intensive Diskussion, der Autor ist auch Verleger und wird am 5. Dezember in einem Theater in Sofia sein zwanzigjähriges Verlagsjubiläum feiern, erzählte noch die Moderatorin, Ilia Trojanow hat er auch verlegt und dessen „Eistau“ spielt ja auch in einem Naturreservat, ob das ein Zufall ist?
Etwas anderes Interessantes habe ich heute noch bei http://www.buecher.at gefunden, nämlich die Aufklärung des „Rätsels“ über das „Kafka“-Buch, das in den letzten Tagen offenbar die Presse verwirrte. Denn da wurde Kafkas „Schloß“ mit vielen Fehler an Schulen verschickt und erklärt, daß das Buch von der EU mit 345 000 Euro gefördert worden wäre. Das ganze war aber eine Kunstaktion, die Kritik am schlechten Bildungssystem üben wollte und Gac am Rande, dabei noch die ISBN-Nummer von Thomas Glavinic Roman „Lisa“ verwendet hat.
2011-11-16
Evelyn Schlag und fünfzig Jahre österreichische Gesellschaft für Literatur
Evelyn Schlags neuer Roman „Die große Freiheit des Ferenc Puskas“, ist bisher fast genauso an mir vorbeigegangen, wie die Tatsache, daß die Gesellschaft für Literatur das fünfzigjährige Jubiläum feiert. Beides stimmt nicht ganz, war die Lesung ja im ÖGS-Programm angekündigt und ich bin auch heute hingegangen und daß die österreichische Gesellschaft fünfzig wird, war vorigen Mittwoch im Kulturjournal, das ich mir zwischen dem Frauengesundheitsgespräch und der Buch-Wien-Eröffnung anhörte und dabei wurden auch die beiden Festveranstaltungen am vorigen Mittwoch und am Donnerstag angekündigt, da ich geistig aber schon auf der Buch-Wien war, habe ich weggehört und mich nur gewundert, daß die ÖGL ihre Festveranstaltung in Buchmessezeiten macht. Am Freitag hat mir dann Gerlinde Tamerl noch von einem Festakt erzählt, zu dem sie hingehen würde und am Sonntag habe ich Helmuth A. Niederle auf der Buch-Wien getroffen, der dort eine Veranstaltung moderierte, richtig dazugekommen mir die Ankündigungen zu den beiden Festveranstaltungen anzusehen, bin ich erst heute, als ich mich entschieden hatte, nicht in die Alte Schmiede zum fröhlichen Wohnzimmer mit Ilse Kilic, Fritz Widhalm und Günter Vallaster zu gehen, sondern in die Gesellschaft für Literatur, denn über den neuen Schlag-Roman, habe ich zwar schon gelegentlich gehört, er wurde aber weder bei Rund um die Burg noch in Frankfurt und auch nicht auf der Buch–Wien vorgestellt und da ich an mich selbst den Anspruch stelle, über alles ein wenig Bescheid zu wissen, bin ich hingegangen, denn die 1952 in Waidhofen an der Ybbs geborene und dort lebende Evelyn Schlag ist sicher interessant und ich kenne ihre Gedichte und ihre Romane schon sehr lange und habe über einen auch schon hier geflüstert, den mir Trude Kloiber einmal zu Geburtstagsfest brachte, dann habe ich noch „Die göttliche Ordnung der Begierde“ gelesen und war auch in einigen anderen Schlag-Lesungen. Schreibwerkstätten macht sie glaube ich auch.
Manfred Müller, der die Veranstaltung moderierte, betonte in seiner Einleitung, daß es ein eher ungewöhnlicher Schlag Roman sei, der wie ein kleiner Entwurf beginnt und in einem Opus Magnum über die großen Themen der Zeit endet und nannte die Flüchtlingsproblematik und der Roman handelt, worauf schon der Titel hinweist, vom Ungarn Aufstand 1956. Daß es sich bei Ferenc Puskas um einen berühmten Fußballer handelt, habe ich dem anschließenden Gespräch entnommen, bei Fußball kenne ich mich ja nicht aus und der Roman spielt, erzählte Manfred Müller weiter auch in mehreren Ebene. Eine ist 2008 und da beginnt es auch mit einer Begegnung an einer Tankstelle, wo ein Rechtsanwalt, der seine Freundin zum Flughafen bringt und nicht sicher ist, ob sie ihn vielleicht betrügt, einem verwirrten alten Mann, der Laszlo Földesch heißt, begegnet und der ist zehnjährig mit seinen Eltern 1956 nach Österreich gekommen. Dann gibt es eine Ebene, die vom Ungarnaufstand handelt und eine von Edelka und Istvan Földesch und ihrem Sohn Laszlo, die in einer Milchverwertungsgesellschaft in Österreich arbeiten und dort kommt die kleine Katharina mit ihrer Großmutter hin, um Käse einzukaufen, philosophiert altklug vor sich hin und begegnet dem Ungarnbub auf seinem Rad.
Wie immer ist Evelyn Schlag sehr sprachgewaltig, zum Beispiel werden die Farben sehr schön beschrieben, wird da ja türkis grün der Wermutheidechse genannt.
Sie hat wie sie im Gespräch mit Manfred Müller erzählte, drei Jahre an dem Roman gearbeitet und wollte eigentlich etwas von einer fliegenden Bibliothekarin schreiben, aber da ist in der ersten Szene ein Laszlo aufgetaucht, so daß sie zu recherchieren begann und ein Buch über den Ungarnaufstand machte. Sehr interessant und auch spannend, wie unbekannt dieser Roman einer bleiben konnte, die in der letzten Zeit in sehr vielen Literaturveranstaltungen war. Manfred Müller nannte, wie schon erwähnt, das Buch ein Opus Magnum, worauf Evelyn Schlag den kopfschüttelnd meinte, daß es höchstens ein Suppenwürfel eines Opus Magnums wäre, was ja auch eine sehr schöne Wortschöpfung ist und Doderer wurde in der Diskussion natürlich auch erwähnt, der Rechtsanwalt liest, die „Dämonen“ und bei Doderer gibt es offenbar auch eine Edelka und Evelyn Schlag scheint sich auch mit Doderer sehr beschäftigt haben.
anfred Müller meinte noch, daß es sehr wenige Romane über den Ungarnaufstand gibt, aber da habe ich einen von Alois Vogel gelesen und Ivan Ivanji hat bei Picus auch 1999 „Ein ungarischer Herbst“ herausgebracht.
Bei den Feiern zu vierzig Jahre Gesellschaft der Literatur bin ich gewesen. Da gab es eine im Radio Kulturhaus, wo glaube ich, vierzig Autoren lasen und das Buffet in den in internen Räumen für die lesenden Autoren gerichtet war, während sich das Publikum im Foyer ein Glas Wein kaufen konnte. Marianne Gruber war aber auch in der Sendung von Tag zu Tag und da habe ich, glaube ich, sogar angerufen und noch ein Detail gibt es zu erwähnen, die „Zwillingswelten“, habe ich, als ich am Montag eine kleine Aussendung machte, nicht mehr an die Gesellschaft für Literatur geschickt.
2011-11-15
Bestandsaufnahme
Das ist der Versuch eines literarischen Textes mit und ohne Kanten nach den intensiven Eindrücken von vier Tagen Buch-Wien. Herumschauen, herumlaufen, danebenstehen, zwischen all den Bücherbergen, dem Schauen, Hören und dem Lesen von Texten, die alle besser als meine sind? Mitnichten, nichts davon, natürlich nicht und dennoch, trotzdem, Depression ob der eigenen Unbeachtetheit. Was mache ich denn falsch, nicht einmal einen klitzekleinen Verlag zu finden, während das den anderen scheinbar doch gelingt, während die anderen scheinbar sehr viel besser sind? Mitnichten, natürlich, nichts davon. Daran nicht glauben und daher weiter machen, schon fast vierzig Jahre lang. Achtundzwanzig Bücher sind auf diese Art und Weise schon entstanden, fünfundzwanzig im sogenannten Selbstverlag. Ein Wort, das ich nicht leiden kann und das infolgedessen auch nicht stimmt. Denn ich bin kein Verlag und keine Verlegerin, sondern eine realistisch schreibende Frau, eine ehemalige Hauptschülerin mit einer wunderbaren Deutschlehrerin und Knödelakademieschülerin mit einer ebensolchen und tapfer dann entschloßen versucht, sowohl zu schreiben, als auch Psychologie zu studieren. Alles beide festentschlossen und nicht geglaubt, daß das so schwer sein wird und die Türen in den Literaturparnaß so ewig verschlossen bleiben, denn natürlich gedacht, es wird schon werden, wenn ich nur beharrlich bin. Mitnichten nichts davon, denn in dieser Bücherflut der zweihunderttausend jährlichen Neuerscheinungen scheinen meine fünfundzwanzig selbstgemachten Bücher keine Chance zu haben und nicht aufzufallen. Da kann ich tun und machen was ich will und solches auch schon prophezeit bekommen.
„Das wird so bleiben!“, haben die wohlmeinenden Kollgeinnen gesagt und ich habe es nicht geglaubt. Wie können sie das wissen? Sind sie doch keine Hellseherinnen der Literatur. Man kann immer besser werden, hat die Verhaltenstherapeutin trotzig vor sich hingedacht. Dennoch haben sie bis heute rechtbehalten und trotzdem schreibe ich weiter, denn das kann man nicht verbieten und führe diesen Blog. Einzigartig und ziemlich unbeachtet und interessiere mich auch weiter für Literatur. Deshalb beinahe bis zur Erschöpfung auf der Buch-Wien herumgelaufen, unzählige Lesezeichen entgegengestreckt bekommen haben und auch mit meinem Interesse aufgefallen.
„Was machst du denn hier, bist du schon wieder, bist du immer da?“, verwundert und erstaunt gefragt worden sein. Und auch daneben gestanden, auf den Empfängen, wo sich die Insider küssten und umarmten, daneben gestanden, gewartet und dann schüchtern, das eine oder auch das andere Buch angefragt, denn die interessieren mich ja noch immer und ich lese sie sehr gern. Versuche mich ihnen wertschätzend zu nähern und mich in ihnen wiederzufinden. Was ich auch kann, hat doch die Bestsellerautorin mit dem kurzen Röckchen dieselbe Frage nach der literarischen Qualität, wie ich gestellt bekommen. Nur hat sie mehr Erfolg und geht entsprechend selbstbewußt mit diesen Fragen um.
„Das ist mir ganz egal!“, kann sie mit einem Blick auf die Lesermassen, die zu ihr gekommen sind, antworten, während ich, wenn ich nicht aufpasse, bei meinen Lesungen ganz alleine bin und dennoch trotzdem weiterschreiben. Libromanic, hypographic, scribophil, wie nennt man dieses? Das habe ich mit einem Freund schon einmal diskutiert, während mir die Kollegen raten, doch nicht so viel zu schreiben. Warum nicht, wenn es mir Freude macht? Die Freude hält sich angesicht der Ignoranz und der Kritik, die immer wieder kommt, aber doch in Grenzen und so kann es schon einmal passieren, daß mir die Tränen herunterrinnen, wenn ich bei einer Lesung einer Erfolgsautorin sitze und dennoch trotzdem tue ich es gern und bin, wie ich es schon einmal formulierte, von der Literatur besessen, die ja etwas Schönes ist und dann am Sonntagabend nach den vier Buchmessentagen inmitten der Bücherberge, der Buchhandlung Thalia doch etwas erschöpft und mißgestimmt. Wo bleibt die Freude am fünfundzwanzigsten eigenen Buch? Das erst einen Tag später ausgeschickt werden wird, an die Nationalbibliothek, die ihr Pflichtexenmplar haben will, an die Dokumentationsstelle für Literatur, an die Alte Schmiede für die Textvorstellungen und den ORF für einen Sendetermin. Irgendwo sollte ich das neue Buch auch präsentieren und an ganz kleinen Orten, wo dann zwei drei Leser kommen, gelingt das manchmal auch. Wenn ich es aber bei Wikipedia eintrage, streicht man es mir dort neuerdings heraus.
„Eigenverlag wollen wir nicht!“, heißt auch hier die Devise, es bleibt die Hoffnungslosigkeit und die Frage nach den Alternativen. Aufgeben nie, das tut man nur bei einem Brief, ganz klar und es ist ja auch sehr schön, das neue Buch. Nur schade, daß das niemand merkt und auch schon die Kritkierstimmen kamen. Aber ebenfalls ganz klar, gibt es ja zweihunderttausend Neuerscheinungen, von denen man höchstens zweihundert im Jahr lesen kann und damit ist man schon sehr beschäftigt. So hält sich auch der Erfolg in Grenzen, ebenfalls ganz klar. Und denoch, trotzdem ist da eine, die interessiert sich sehr für Literatur und schon sehr lang dafür. Vor vielen vielen Jahren von einem Freund geraten bekommen, sich am eigenen Schreiben zu freuen und nicht nach dem Erfolg zu schielen. Damals darüber sehr empört. Denn die Elfriede Jelinek und der Peter Handke tun das doch ebenfalls nicht. Heute sich dabei ertappen, das als Erfolgsrezept zu formulieren und etwas später doch zusammenzuzucken. So nicht, so soll es doch nicht sein. Was aber ist die Alternative und warum finde ich keinen klitzekleinen Verlag? Andererseits gefallen mir meine Bücher sehr. Hätte aber doch ganz gerne ein klein wenig Aufmerksamkeit. Denn da ist eine, die interessiert sich sehr für Literatur. Für die eigene und die der anderen und kann ihr neues Buch nicht bei Wikipedia präsentieren. Macht nichts, gibt es ja das Literaturgeflüster und die eigene Website und da steht natürlich alles drin. Bleibt dann noch das Eigenlob und die eigene Laudatio auf das unermüdliche Werk, denn da ist eine, die interessiert sich sehr für Literatur.
„Es ist wie es ist!“, sagen die Liebe und Erich Fried. Den Erich Fried Preis bekommt aber immer jemand anderer und man soll sich auch nicht selber loben, das hat man schon in der Schule gelernt, obwohl das heute wenigstens die Hilfsorganisationen „Empowering“ nennen. Soll man aber schreiben, darf man es, wenn man es kann? Man darf es nicht, um den großen Goethe nicht zu beleidigen, einmal, wenn ich es recht erinnere, Andre Heller in einer Büchersendung sagen gehört zu haben. Aber der schreibt ja selbst und hat seine eigenen vielbeachteten Bücher und es ist ja schön, wenn man es kann. Vor allem in Zeiten, wie diesen, wo man das in den Schulen nicht mehr so selbstverständlich lernt und die Leseförderung überall angesagt ist. Dann bekommen die Volksschulkinder, die übergebliebenen „Edition-Zwei“ – Exemplare in die Hand gedrückt, die offenbar trotz Förderung, auch nicht die rechte Beachtung finden und ich stehe etwas verloren bei der Kochbühne herum, stopfe mir den Beinschinken von dem glücklichen Bioschwein aus Gars am Kamp in den Mund, eße Brot und Kren dazu und sage einer netten Dame, die sich darüber wundert, „Ich bin ja schon sehr lange da!“
„Es ist doch erst elf!“, wundert diese sich. Ja, aber schon Sonntag und da hatte ich bereits sehr viele Bücher angesehen und Lesungen gehört und bin in dieser Zeit natürlich nicht zum Lesen gekommen, obwohl auf meiner Hundertbücherliste noch neun ungelesene Bücher stehen und schon wieder ein neu Erschnorrtes hinzugekommen ist.
„Hineinstopfen und hinauskotzen!“, nennt es meine Kritikerin. Ich nenne es anders, bin ich ja immer noch vom Wort begeistert, schwimme aber nicht im Wörthersee und werde auch nicht nach Klagenfurt eingeladen. Die „Drei S“ liegen indessen unbeachtet im Regal, denn da ist ja der Gedanke,“Wozu soll ich mich abmühen, es bringt ja sicher wieder nichts!“
Aber aufgeben nie, das tut man nicht bei einem Roman. Ich kann ja weiterschreiben und wenn ich das nur genügend selbstbewußt praktiziere, habe ich meinen Teil getan. Denn da ist ja eine, die interessiert sich sehr für Literatur, lautet doch die Dankesrede, die ich halten würde, wenn…
Ich halte sie mir selber und ziehe mich nach einem intensiven Arbeitstag, in dem ich nach dem intensiven Buchmessenherumgelaufe der letzten Tage, dem Erleben aus der ersten Hand, erstaunlich schnell zurückgefunden habe, mit dem dicken, von der Buchmesse nach Hause gebrachten Buch in die Badewanne zurück. Denn da ist eine, die interessiert sich trotz aller fehlenden Ecken, Kanten und vielen Schwierigkeiten sehr für Literatur, tut was sie kann und schreibt darüber und wem das interessiert, dem dankt sie sehr!
2011-11-14
Die Asche meiner Mutter
Jetzt kommt die Besprechung von zwei Büchern oder eigentlich doch nur eines, aber das in zwei Teilen, das heißt kapitelweise von Sprache zu Sprache gelesen. Mit Frank McCourt „Die Asche meiner Mutter“ in der wundervollen Harry Rowohlt Übersetzung begonnen, denn das lag vor einiger Zeit im Bücherschrank und das ist ein Buch das man lesen sollte, sicher eines für die „hundert Bücher Liste“, die jeder Gebildete haben soll und das Original nämlich „Angela Ashes“, hat mir Alfred aus New York mitgebracht, als er, 2000 war es wahrscheinlich, mit der Anna dorthin flog, um Tante Idas hundersten Geburtstag zu feiern und weil ich nicht so gerne Englisch lese, habe ich das Buch ins Regal gestellt. John Grishams „The Brethren“, hat er mir auch gebracht, das habe ich auf meinen Fahrten ins SMZ-Ost zur Supervision, die ich damals dort hatte, gelesen, nicht sehr gut verstanden und konnte auch nicht nachschauen, gab es Internet ja noch nicht und auf Deutsch war es noch nicht erschienen.
Aber das gleichzeitige Lesen des deutschen Buches und des Origninals kann ich wirklich nur empfehlen, die Anna hat sich zwar darüber mokiert und gemeint, daß ich beide Bücher lesen soll, aber dazu habe ich nicht genug Zeit, warten ja schon andere.
Wenn man aber auf Deutsch beginnt, hat man einen guten Einblick, dann gehts auf Englisch weiter und das deutsche Kapitel kann man auch überfliegen und sich ein paar Worte einprägen, wenn man zum nächsten Kapitel geht. So bekommt man, glaube ich, auch einen Eindruck von der Übersetzung und die habe ich sehr gut gefunden. Mit John Irvings „Der Bär ist los“ machte ich ja eine Negativerfahrung, aber das Buch habe ich nur in einem unverständlichen Deutsch gelesen. Und noch eine Erfahrung, die man mit dieser Art des Lesens machen kann, das deutsche Buch hat fünfhundertachtunddreißig Seiten, die amerikanische Originalausgabe dagegen dreihunderzweiundsechzig, gut das Buch ist größer, trotzdem läßt sich die Frage stellen, wie ausschweifend hat da Harry Rowohlt übersetzt?
Frank McCourth wurde 1930 in New York geboren und ist 2009 ebendort gestorben, dazwischen lagen die Jahre einer irischen Unterschichtkindheit in Limerick, mit deren Beschreibung, 1996 im Ruhestand erarbeitet, er weltberühmt wurde und 1997 den Pulitzer-Preis bekommen hat. Das steht auch auf der amerikanischen Ausgabe, außerdem steht noch „A Memoir“ darauf und diesen Ausdruck habe ich, glaube ich, von Ana Znidar beim „Tag der offenen Tür“ des Writers studio das erste Mal gehört. Die bieten auch solche Schreibkurse an und im letzten Brief von Judith Wolfsberger wird auch davon berichtet, daß die Amerikaner mit dem Memorienschreiben, das bei uns immer noch einen Volkshochschulruf besitzt oder etwas für die Ghostwriter ist, die dann über das Leben berühmter Personen drüberfahren, ganz anders umgehen als wir.
Frank McCourth, der Lehrer war, hat, wie ich Wikipedia entnehme, kreatives Schreiben unterrichtet, bevor er sich hinsetzte und mit seiner Kindheit in Irland berühmt wurde. Inzwischen gibt es noch zwei Erinnerungsbände „Ein rundherunm tolles Land“ und „Tag und Nacht und auch im Sommer“, wo er seine Erfahrungen als Lehrer verarbeitet. Dieses Buch habe ich inzwischen auch gefunden und habe es auf meiner Leseliste.
„Die Asche meiner Mutter“, ist wohl das berühmteste, es wurde verfilmt und ich habe Ausschnitte daraus auch schon in den „Radiogeschichten“ von Ö1 gehört und zeigt, daß man auch ein tristes Leben durchaus literarisch aufarbeiten kann, vor allem in Amerika, das die Leute ja zum kreativen Schreiben ermuntert und nicht nur eintrichtert, daß man das nicht soll, weil man sonst ja vielleicht den hehren Goethe beleidigt, weil man es nicht gut kann. Frank McCourth kann es und erzählt seine Jugenderlebnisse so, daß es die Leserinnen zum Weinen bringt und man sehr viel erfährt vom rauhen Leben in Irland in den Neunzigerdreißiger und Vierzigerjahren des vorigen Jahrhunderts.
Geboren wurde Frank McCourth aber in New York und da fängt das Buch auch an, mit der Geschichte der Mutter Angela, die die Reise über das große Wasser machte, dort Malachy McCourth einen Säufer aus dem Norden Irlands heiratete und von ihm ein Kind nach dem anderen bekam. Gab es damals ja kaum Verhütungsmittel und man war wohl auch in New York nicht aufgeklärt. So schildert Frank McCourth, wie er mit seinem jüngeren Bruder Malachy, den Vater aus den Wirtshäusern holen soll, damit der den kargen Wochenlohn nicht vertrank und, wie der Vater seine Kinder nachts aus dem Bett holte, wenn er betrunken nach Hause kam und sie schwören ließ, daß sie für Irland sterben würden.
Er hat dann auch von Roddy McCorley und anderen Freiheitshelden gesungen und war in die kleine Margaret ganz vernarrt und als die starb, traf es die Familie hart, die Mutter blieb im Bett blieben, so daß der kleine Frank beim italienischen Gemüsehändler Bananen für die kleineren Geschwister stehelen mußte, weil die Mutter, die Kinder den ganzen Tag ins Freie schickte. Eine Nachbarin schreibt dann einen Brief an die Großeltern, so daß die das Geld für Schiffspassage zurück nach Irland schicken, wo aber beide Großeltern nicht entzückt über die Familie mit den vier kleinen Kindern sind. Zuerst leben sie eine Woche bei den Eltern des Vaters, dann kommen sie zu den Eltern Angelas nach Limerick, wo der Vater aus dem Norden ein Außenseiter bleibt und vielleicht deshalb keine Arbeit findet. Wenn er eine hat, vertrinkt er das Geld und kommt am nächsten Tag zu spät, so daß er wieder stempeln gehen muß und dieses Geld auch vertrinkt. Ein Horror für die immer schwangere Mutter, die ihre Babies ständig sterben sieht und die in einem kleinen Häuschen wohnt, wo es von den Klogerüchen, der ganzen Straße ins Zimmer stinkt und die unteren Räume überflutet sind, so daß die Familie in den oberen Stock nach „Italien“ zieht, wo es wärmer ist.
Ein Bild des Papstes gibt es auch und Zigaretten, die die Mutter ständig raucht, sonst ist kaum Geld für Tee und Brot im Haus, so daß Frances mit seinem Bruder stehlen gehen muß, während die Mutter krank im Bett liegt und nach Zitronenlimonade verlangt. In solchen Zuständen bekommt man leicht die Schwindsucht und auch Franks Augen machen nicht mit, so daß sie immer rot geschwollen sind. die Zeiten im Spital sind trotzdem schön, denn da bekommt man was zu Essen, es ist warm, es gibt Bücher und auch Mädchen, die einem was ins Ohr flüstern. Nur wenn die dann sterben bekommt man Schuldgefühle, denn man lebt ja im streng katholischen Irland, wo alles von den Brüderschaften geregelt wird, die Lehrer einen nur stumpfe Sätze nachsagen lassen und die Mutter in den Pfarren, um Brot betteln muß und von den Jesuiten hinausgeworfen wird.
Trotzdem gibt es Aufwind, nämlich den Krieg in Deutschland, der treibt die Männer nach England in die Munitionsfabrik, wo sie dann Geld nach Haus schicken und wenigstens am Freitag Milch und Honig fließen. Allerdings nicht in allen Familien, denn Malachy McCourth schickt kein Geld und verschwindet dann vollständig. Die Mutter wird mit den überlebenden Kindern aus „little Italy“ hinausgeschmissen und Frank verdingt sich trotz seiner schlechten Augen zuerst als Kohlenhändler, das heißt, er hilft einem solchen, der wegen seiner schlechten Beine, die nicht austragen kann und wird mit vierzehn Telegrammbote. Die große Hoffnung ist Amerika und um Geld für die Schiffspassage anzusparen, schreibt er auch Drohbriefe für eine Schneiderin und hat sowieso wegen der Sexualität ständig Angst in die Hölle zu kommen und das ist in Zeiten, wo die Seiten mit der Empfängnisverhütung aus den Zeitungen hinausgerissen werden, besonders schwierig und Aufklärung gibt es ja auch kaum. So hantelt sich Frank durch sein tristes Leben und erzählt mit Hilfe amerikanischer Schreibseminare sehr flott dahin, daß das Buch ein Bestseller wurde und auch Nachahmer gefunden hat.
2011-11-13
Vierter Buchmessetag
Am letzte Messetag hat um elf Louis Begley seinen neuen „Schmidt“ im Theater in der Josefstadt vorgestellt, aber ihn habe ich schon einmal in der Hauptbücherei gehört, die „Lügen in Zeiten des Krieges“ in diesem Jahr gelesen und einen älteren „Schmidt“ habe ich auf der Leseliste fürs nächste Jahr, also bin ich lieber zur Messe hinausmarschiert, um so mehr da da ja zu Mittag das „Ö1-Quiz“ wieder übertragen wurde.
Um zehn war es zwar wieder ein wenig leer, dann begann Franz Zeller seinen Krimi „Blutsbande“ auf der FM4 Bühne vorzustellen und Trude Kloiber flüstere mir zu, daß sie schon das Buch besorgt hat. Auf der Kochbühne präsentierte der Falter wieder die Slowfoodbewegung, schnitt einen warmen Beinschinken auf und servierte ihn mit Kren und Senf. Bevor es zum Quiz ging, kam ich bei bei Kulturkontakt zu einem Umtrunk mit Sekt und Keksen zurecht, wo ich ein wenig Smalltalk trieb, Andrea Grill, die am Abend ihren Gedichtband „Happy Bastards“ bei Thalia präsentierte, war da und Räto Ziegler, bei dem ich mich nach E.A. Richter erkundigte, den ich ja auf der Messe treffen wollte, um ihn die „Zwillingswelten“ zu geben. Beim Ö1 Quiz gab es wieder einen Büchergutschein zu gewinnen, wenn man wußte, daß die sich die größte Bibliothek in London befindet, die freundlichen Herren halfen, ich habe aber ohnehin nichts gewonnen, aber die Lesung der Fm4-Wortlaut Gewinnerin Isabella Straub versäumt, konnte aber auf der Fm4-Bühne später „Neues aus Ungarn“, nämlich die Lesungen von Laszlo Garanczy der bei Droschl einen Roman über seine Militärzeit herausgegeben hat und die aus dem Erzählband von Krisztina Toth hören und traf da wieder den Lehrer, mit dem ich mich gestern im Collegium Hungarium unterhalten habe, auch ein eifriger Messebesucher, der sich sehr viele Bücher signieren läßt. Dann wurde es auf der Hauptbühne sehr voll, trat da ja um sechzehn Uhr Charlotte Roche mit ihren „Schoßgebeten“ auf und daß, die sich sehr gut präsentiert, habe ich schon am blauen Sofa bei meinem Frankfurter Buchmessensurfing erfahren. Katja Gasser interwiete und erzählte ein bißchen über dem Roman, in dem es, um eine Frau namens Elisabeth und auch um Charlotte Roches Trauma geht, die bei einem Unfall einen Teil ihrer Familie verlor, es geht in dem Buch auch um Therapeuten und um eine Frau, die alles richtig machen will, die beste Vegetarierin und die größte Umweltschützerin sein will und, ich glaube auch um Patchworkfamilien. Es gab auch eine Diskussion, wo Charlotte Roche auf ihr Schreiben angesprochen wurde, die hehren Kritiker scheinen nicht sehr viel davon zu halten, was Charlotte Roche nicht berührt und den Lesern gefällt es, hat sich das Buch ja schon sechshunderttausendmal verkauft und das Publikum stellte sich auch in einer langen Schlange an, um es signiert zu bekommen. Ich unterhielt mich noch ein bißchen mit der Bruni darüber. Alice Schwarzer hat ja einen offenen Brief an Charlotte Roche geschrieben, daß sie das Buch nicht für feministisch hält.
Dann war die Buch-Wien 11 schon wieder aus und das ist immer ein wehmütiges Gefühl, zu sehen, wie an den Ständen eingepackt wird. Da die Buchandlung Thalia aber sozusagen am Heimweg liegt, machte ich dort einen Zwischenstop, um Andrea Grill als Lyrikerin zu hören, worin ich noch keine Erfahrung hatte, ansonsten war ich ja schon einige Male bei ihren Lesungen. Vier Bücher hat sie schon geschrieben, leitete der junge Mann vom Thalia die Lesung ein und erwähnte, daß er keine Erfahrung in der Vorstellung von Lyrik-Bänden hätte und ich habe auch nicht gewußt, daß „Happy Bastards“, die ja, glaube ich, vor kurzem auch in der Gesellschaft für Literatur oder sonstwo vorgestellt wurden, ein Lyrikband ist. Es sind aber sehr eindrucksvolle Texte, die Andrea Grill sehr konzentriert vorgelesen hat, die sehr frisch und ungewöhnlich klangen. Der Alfred, den ich beim Thalia traf, hat das Buch gekauft und es signieren lassen, „Für einen treuen Lyrikfreund“ hat Andrea Grill hineingeschrieben. Die Lesung hat nur sehr kurz gedauert, vorher habe ich mich noch ein bißchen in der Buchhandlung herumgetrieben und mir die vielen Bücher angeschaut, die dort herumliegen und ihre Leser finden wollen.
Jetzt raucht mir der Kopf und ich brauche wieder etwas Zeit in meinen Alltag zurückzukommen, danke der Buch-Wien für das freundliche zur Verfügungstellen der Messekarten und denen, von denen ich mir Bücher erschnorrte, die ich jetzt natürlich lesen muß.
2011-11-12
Dritter Buchmessetag
Wunderschönes Wetter und ein langer Spaziergang durch den zweiten Bezirk, wo man die Herren mit den langen Mäntel und den großen Pelzmützen spazieren gehen sieht, die ahnen lassen, was da vor siebzig Jahren passiert sein muß und durch den Prater, wo es den Donauwalzer zu hören gibt und bei der Geisterbahn. die (Toten)glocken läuten, dann an der Seniorenmesse, der Pädagogica und der Heimtiershow zur Buch-Wien und gleich zum richtigen Schwerpunkt zurechtgekommen, Karim El-Gawhary erzählte von der arabischen Revolition und den neunzehnjährigen Scharfschützinnen Gadaffis, die zu weinen beginnen, wenn sie an ihre Zukunft denken und von einem Arzt der bisher nur an seinen Beruf und seine Familie dachte und dann nach und nach in die Revolution hineingeglitten ist.
Lange bin ich nicht geblieben, hatte ich ja ein Date mit Gerlinde Tamerl, die sich zwar verspätete, der weibliche Lehrling unterhielt sich zwar inzwischen mit mir und fragte nach welche Bücher aus dem Haymon-Verlag ich gelesen hätte? Einige sind es inzwischen gewesen. Ich hatte wieder Wünsche an Frau Tamerl und um zwölf las Andrej Kurkow im Literaturcafe und der ist ein Diogenes-Autor. „Picknick auf dem Eis“ habe ich gelesen und den Autor ein paar Mal in Wien live gehört, einmal bei einer ukrainischen Veranstaltung in der Kunsthalle, dann vor drei Jahren bei der Literatur im Herbst und bei der Lesefestwocheneröffnung war er 2008 auch. Jetzt ist „Der wahrhaftige Volkskontrolleur“ bei Haymon erschienen und wenn ich das Buch vorziehen will, komme ich wahrscheinlich wirklich in Bedrängnis meine „Hundert-Bücher-Liste“ zu schaffen, denn das Buch ist sehr dick. Es ist aber inzwischen signiert und Ingrid Schramms und Michael Hansels „Hilde Spiel und der literarische Salon“ hat mir Gerlinde Tamerl auch gegeben. Hilde Spiel hat ja jetzt ein Gedenkjahr und das Reich-Ranicky-Buch zu Hilde Spiel gabs vor einem halben Jahr bei „Buchlandung“ um einen Euro und steht auf meiner Leseliste. Stress, Stress, Stress. Dabei ist die Buch-Wien eine sehr betuliche Sache, obwohl es heute am Samstag ab Mittwoch ziemlich voll war und das, obwohl die Pensionisten keinen freien Eintritt mehr hatten. Es gibt aber die Kochbühne und da machte jemand, der ein Dracula-Kochbuch geschrieben hat, einen wirklich guten Blattsalat mit Hühnerleber und Himbeeren und Liesl Wagner-Bacher trat mit ihrem Schwiegersohn auf. Ich erwähne es wieder, in die Alte Schmiede kann ich fast das ganze Jahr gehen, die Haubenköche leiste ich mir nur auf der Buch-Wien, es ist aber ohnehin genügend Literarisches abgefallen, da bin ich konsequent. So wurde Ulrich Bechers „Kurz nach 4“ auf der FM4-Bühne von Christoph Haacker vorgestellt und Judith Scharlansky präsentierte den „Hals der Giraffe“ auf der ORF-Bühne. György Dalos war im Literaturcafe und wurde wieder von Alexandra Föderl-Schmid zur „Größe und Untergang des sowetischen Imperiums“ befragt und besonders interessant für die Seitenblicke-Literaturflüsterin, die ehemalige Russland ORF Korrespondetin und nunmehrige Schriftstellerin Susanne Scholl, war sowohl beim Andrej Kurkow und hat mit ihm „russisch parliert“, als auch beim György Dalos und Jurorin bei den Exil-Literaturpreisen, die ja seit vorigen Jahr nicht mehr im Amerlinghaus mit dem guten Buffet des Beisls, sondern um fünf auf der ORF-Bühne vergeben werden, war sie auch und dort passierte ein kleines Unglück, erlitt doch der Juror Sina Tahayori, den ich vorige Woche auf der Krilit kennengelernt habe, einen Schwächefall und fiel zusammen, was die Freude der Preisträger wahrscheinlich ein wenig trübte. Emily Walton war jedenfalls unter den Preisträgern und Nadja Spiegel, die ja ein besonders junges Literaturtalent ist und auch eine Schulklasse des Konrad Lorenz Gymmnasiums in Gänserndorf. Es gab auch die üblichen Politikeransprachen und da betonte der Bezirksvorsteher des siebenten Bezirks, daß sich eine Lösung für das Amerlinghaus finden wird, was ich wirklich sehr erhoffe, denn mich ladet ja warhscheinlich niemand ein, meine Lesungen auf der Buch-Wien abzuhalten. Dann war der Buchmessentag zu Ende und ich überlegte die Abendoptionen, gibt es ja die Lesefestwoche und um die habe ich mich biseher eher gedrückt. Es gab aber eine tolle Lesung im Literaturhaus, eine im jüdischen Museum und eine andere im republikanischen Club, zu der ich eigentlich wollte. Gelandet bin ich im Collegium Hungarium bei einer Veranstaltung von Kulturkontakt und das war etwas Besonderes, nämlich neue Texte über die Donau und zwar von bulgarischer, kroatischer, rumänischer, serbischer, ungarischer und slowakischer Seite. Gabriele Madeja moderierte, es spielte wieder die Tschuschenkapelle und die Texte wurden zum Thema „Donau“ extra geschrieben. Es gab auch ca zweihundert projezierte Donaubilder und eine Diskussion über Möglichkeiten und Grenzen der Donau und nacher gab es slowenischen und ungarischen Wein, sehr gute Pogatscherln und eine angeregte Diskussion.
Ich bin was die Buchwien betrifft, wieder total begeistert und blogge auch sehr intensiv darüber, was aber offenbar nicht bemerkt wird, so wunderte sich Zwillingsleiden, daß sich in der Bloggerszene diesbezüglich nichts tut, während wegen Frankfurt alle aus dem Häuschen waren. Ja, die Buch-Wien ist sehr klein und eine Fortführung der Buchwoche im Wiener Rathaus, aber Österreich ist ein kleines Land mit einem noch kleineren Buchmarkt und ein Monat nach Frankfurt werden sich Suhrkamp, Rowohlt, Fischer etc, hier nicht exklusiv präsentieren wollen und eine Bloggerszene, wie in Deutschland, wo hunderte jugendliche Bücherblogger, wie die Schwammerln aus dem Boden schießen, um angeblich Rezensionsexemplare zu bekommen, haben wir ebenfalls nicht, aber Anni Bürkl, Cornelia Travinicek und leselustfrust haben in den letzten Jahren über die Buch-Wien geschrieben, Claudia Zotzmann tat das auch dieses Jahr und, daß die Bücherblogger nicht auf die Buch-Wien gehen wollen, finde ich sehr schade und es ist auch bedenklich, stimmt da wohl etwas nicht mit der Kommunikation. Gut, es gibt am Wochenende keine Verkleideten, wie in Frankfurt und in Leipzig die die Hallen stürmen, nur Literatur, die Kochbühne, die Textbox, die ich bisher versäumte, die Messebuchhandlung, die mit Ikea Möbel ausgestattet zum Lesen eindlädt und morgen, die Charlotte Roche, wem es interessiert, kann es ja einmal probieren und den Kulturqiz gibt es um dreizehn Uhr dort auch.
2011-11-11
Zweiter Buchmessetag
Am Vormittag wurde im Rathaus der Ehrenpreis des österreichischen Buchhandels für Toleranz in Denken und Handeln an Alfred Komarek vergeben. Das ist ein Preis, den der Hauptverband 1990 einführte und der während bzw. bei der Eröffnung der Buchwoche im Rathaus vergeben wurde. Da brauchte man eine Einladung, 2007 hatte ich eine und war bei der Preisverleihung an Martin Pollack dabei. Danach transformierte sich die Buchwoche in die Buch-Wien und zog in die Messehalle, die Ehrenpreisverleihung im Rathaus wurde aber beibehalten, die Verleihungen an Paul Lendvai, Erika Pluhar und Armin Thurrnher habe ich versäumt, zu der an Armin Thurnher bin ich zwar auf der Einladungsliste gestanden, habe es aber vorgezogen, sozusagen in Sache Sprache unterwegs zu sein oder schlicht und einfach eine dieser Werbefahrten zu machen. Heuer habe ich den Preis mit der Messe kombiniert, da er inzwischen aber am Vormittag vergeben wird, bin ich erst am frühen Nachmittag auf die Buch-Wien gekommen und habe im Staatssenatssitzungssaal außer den Festrednern auch nicht viele Leute gekannt.
Heinz R. Unger natürlich und den Preisträger, da war ich schon einmal bei einer Ehrung in der Grünangergasse und im März bei einer Veranstaltung in der Buchhandlung Thalia. Der Rahmen war sehr feierlich, im Staatsenatssitzungssaal war ich noch nicht sehr oft, Stadtrat Ludwig erzählte auch warum und erklärte die Portraits der Bürgermeister, die an den Wänden hingen. Das von Helmut Zilk wurde von Maria Lassnig gemalt und die Rede des Wohnbaustadtrats, der den Bürgermeister vertrat, war sehr lang und gründlich, mir kommt vor er hat sich sehr liebevoll darauf vorbereitet und auch ein altes Foto aus dem Ö3-Archiv erwähnt, das den jungen Alfred Komarek zeigt. Dann folgte die Laudatio von Ehrhard Busek, der einmal Vizebürgermeister war und die war auch sehr lang und gründlich, erwähnte die Schulzeit in Bad Aussee und Herzmanovsky-Orlando und zitierte einen Text, in dem die Eisenbahn in Langsamkeit versinkt, Parallelen zur Gegenwart sind wohl nur zufällig. Es gab dann ein intensives Fotoshooting mit allen Beteiligten, eine Dankesrede in der gekonnt humoristischen Art, wo Alfred Komaek meinte, daß auch ein toleranter Mensch nicht unbedingt jeden leiden können muß und zum Abschluß ein paar Brötchen, Sacherwürfeln, Obsttörtchen und ein Glas Wein. Dann bin ich durch den Prater zu den Messehallen hinausmarschiert und Christa Stippinger gleich um zwei Bücher angeschnorrt. Um die Exilpreistexte 11, dann wollte ich eigentlich den Berlinroman von Petra Lehmkuhl, bin aber zu Susanne Gregors „Kein eigener Ort“ gekommen, der gleich anschließend auf der FM4-Bühne vorgestellt wurde. Susanne Gregor wurde 1981 in Zilina, in der Slowakei geboren, da kamen wir immer vorbei, wenn wir im Sommer in die hohe Tatra fuhren, ist also auch noch eine vielleicht unter Dreißigjährige und beginnt ihren hundertzehn Seiten Roman mit dem Satz „An der Grenze wurde ich mit einem Ruck wach, als hätte mich das Leben selbst aus dem Schlaf gerissen“, die junge Autorin scheint also auch eine Frau der schönen Worte zu sein und es geht in dem Buch, wie ich dem Text entnehme, um die „Geschichte einer jungen Frau im Spannungsfeld zwischen Liebe und Abhängigkeit“.
2010 hat sie auch einen der Exil-Literaturpreise gewonnen. Ich bin nicht lange bei der Lesung geblieben, wurde bei 3-Sat ja Petra Hartlieb von Ernst A. Grandits zu ihrem Wien-Berlin Krimi „Auf der Strecke“ interviewt, den sie gemeinsam mit Claus-Ulrich Bielefeld geschrieben hat. Die Buchhändlerin saß im roten Buch-Wien T-Shirt da und erzählte, wie sie dazugekommen ist mit Herrn Bielefeld, mit dem sie immer während der Frankfurter Buchmesse essen geht, einen Krimi zu schreiben. Sie scheinen sich mit dem Schreiben kapitelweise abgewechselt zu haben und das Buch spielt im Literaturmilieu, so heißt der Berliner Ermittler Thomas Bernhardt und ein berühmter Schriftsteller wird tot im Zug auf der Strecke zwischen Wien und Berlin aufgefunden. Sujets, die mir ja bekannt sind, so hat mich Ruth Aspöck am Dienstag auch gefragt, ob es bei den „Zwillingswelten“ um Ilse Aichinger und ihre Zwillingsschwester geht? Geht es nicht, im „Verrückten Traum der Thea Leitner“ heißt der Lektor aber Günter Grass und das wurde nicht nur von Elfriede Haslehner sehr beanstandet. Hier wurde das Buch aber sehr gelobt und soll auch in Serie gehen, das heißt am zweiten Krimi wird schon geschrieben und da geht es dann nicht mehr um Literatur.
Ich bin weitergewandert und habe mir Michael Kumpfmüller auf der ORF-Bühne angehört, inzwischen wurde der Bundespräsident wieder vom Hauptverband herumgeführt und als ich meine Psychologie Kollegin Elfriede Hofer traf, fragte mich die als Erstes, ob ich den Bundespräsident gesehen hätte und der Herr vom Brösl-Bär-Verlag unterbrach und wies uns auf seine Lesung am Sonntag hin. Ich war noch immer auf der Suche nach Gerlinde Tamerl, die um vier kommen sollte, schaute ein bißchen zu der Kochbühne und hörte mir dann Walter Kohls Lesung „Das leere Land“ im Literaturcafe an, der von Alexandra Föderl-Schmid vom Standard moderiert werden sollte, die aber irgendwie im Stau steckengeblieben ist. Um fünf gab es die Alpha-Sieger- Lesung im Literaturcafe, da wurden zwei Casino Austria Tafeln aufgestellt und der Moderator stellte, die 1971 in Salzburg geborene Autorin Anna-Elisabeth Mayer, die am Leipziger Literatur Institut studierte und ihren Debutroman „Fliegengewicht“ vor, der in einem Krankenhaus spielt und eine junge Frau zu drei alten Damen auf eine Station kommt. Ich bin auch da nicht zu Ende geblieben, habe ich ja noch immer Gerlinde Tamerl gesucht und auf der Kochbühne wurden Weihnachtslebkuchen gebacken und erklärt. Zufällig bin ich daraufgekommen, daß die junge Frau, die eine Dame im grauen Pullover zum Lebkuchenteig aufspritzen animierte und Kostproben verteilte, Gerlinde Tamerl war. Die Kostproben waren köstlich, man konnte sie in warmen oder schon fertigen Zustand genießen, was vor allem die Kinder reichlich ausprobierten und der zweite Buch-Wien Messetag war vorbei. Er hat sowohl Spaß gemacht, als auch wieder ein wenig deprimiert, vor allem weil ich von einigen Kollegen angesprochen wurden, die sich wunderten, daß ich mich so intensiv hier aufhalte und fragten, ob das nicht sehr anstrengend sei?
2011-11-10
Erster Buchmessetag
Heute hat also die Buch-Wien vierte Auflage begonnen, wahrscheinlich, schöner, größer, besser, wie der Hauptverband sicher weiß, ich bin jedenfalls ziemlich zerschlagen am Morgen in Richtung Prater marschiert, kleiner Trost, daß ich in der Rotenturmstraße eine genauso zerschlagen wirkende Anna B. traf, die gerade vom Nachtdienst vom AKH nach Hause ging. Die Schulkinder scharten sich schon um den Eingang, als ich die Halle D erreichte, die Pädagogika war gerade am Beginnen, von den Pensionisten mit freien Eintritt war noch nicht viel zu sehen, war es ja erst halb zehn und die Garderobe war mit der Autorenkarte heuer nicht mehr frei. Macht ja nichts, man kann sich ja die Jacke um den Bauch binden und eine Tragetasche gab es bald zusätzlich auch und in der Handtasche, ein paar Stücke von der Pizza, die Alfred gestern nach Hause brachte und ein Stück Kuchen, der noch vom Geburtstag stammt.
Es gibt zwar wieder die Kochbühne mit den Haubenköchen, diesmal ohne Tische und Barhocker, sonst aber das Feinste vom Feinen. Manfred Buchinger von der „Alten Schule“, bekannt durch die Eva Rossmann, kochte Sterz mit Kürbissauce und ein steirischer Koch Lachsforelle mit dreierlei Sorten Erbsen, Grammeln und Backerbsen. Aber das war erst später, vorerst wankte ich ziemlich orientierungslos herum, dachte, was mache ich da den ganzen Tag?, versuchte den Schulkindern auszuweichen, wenn die mit den Blöcken, die sie offensichtlich auszufüllen hatten, an mir vorüberrasten.
Beim ORF-Wagen, wo es leider keinen Gratis-Kaffee mehr gibt, bekamen sie die Bände der Edition Zwei geschenkt, die Renata Serelyte, den Boris Chersonskij, Akos Fodor und die Theodora Dimova, den Akos Fodor habe ich dann auch bekommen, die anderen Bücher hatte ich schon, die Renata Serelyte und den Boris Cheronskij voriges Jahr bei der Bank Austria Literaturgala im Radiokulturhaus bekommen, die Theodora Dimova schon ein bißchen früher und das Buch habe ich dann auch beim Lesezirkel in der Hauptbücherei vorgestellt. Ein bißchen schade zu sehen, wie diese Bücher an Volksschüler verscherbelt werden, für die sie nicht geeignet sind und die sie wahrscheinlich nicht lesen, aber so ist halt der Literaturbetrieb, da mache ich mir nichts vor und Annemarie Türk und ihren Kulturkontakt-Austria sollte ich an diesem Tag noch öfter begegnen.
Vorerst hatte ich noch Schwierigkeiten mit dem Programm und mich bei den verschiedenen Bühnen zurecht zu finden, denn heuer ist alles ein bißchen anders und doch irgendwie gleich.Dann hatte ich auch etwas vor, so wollte ich ja nach Christoph Haacker Ausschau halten, um mir die Neuauflage von Ulrich Bechers „Kurz nach 4″ abzuholen und Gerlinde Tamerl will ich auch kennenlernen. Am Metrostand sah ich, daß sich eine Frau Ingrid Harrers „Wien und die Bücher, Bücher, Bücher“ mitnehmen konnte und ließ es mir auch geben. Leselustfrust hat es besprochen, ein Buch das die literarischen Orte Wien beschreibt, 2010 erschienen und natürlich längst veraltet ist, mich aber trotzdem interessiert.
Bei der ORF Bühne stellte um zehn Ludwig Müller seinen Krimi „Der Paragraphenreiter“, etwas später Susanne Wiegele ihren „Fetzer und die Ordnung der Dinge“ vor, der von einem Borderlinepolizisten am Naschmarkt handelt, einer mit innerer Unruhe, einem großen Herzen, deftiger Sprache und einer Lieblingsdomina, da konnte ich mir natürlich nicht verkneifen, zu fragen, wie ein Borderliner die Aufnahmsprüfung in die Polizeischule schafft?
Ich ging von einer Bühne zur anderen, versäumte bei der Kochbühne den ersten steirischen Durchgang, hörte ein bißchen Anett Krendlsberger zu, die im Literaturcafe aus ihrem Kitab-Buch „Beweislast“ las und etwas später Gerhard Ruis.
Am 3Sat-Stand wurde um vierzehn Uhr Petros Markaris zur Situation in Griechenland befragt und las ein bißchen aus seinen „Faulen Krediten“. Um halb vier war Ruth Aspöck im Literaturcafe mit ihren Tagebuchbuch und brachte ihren ganzen Fanclub mit, Ulli Seliger-Fleischmann, Inge Reisner, eine Frau von der LitGes St. Pölten, die ich immer bei den Osterspaziergängen treffe, Elfriede Haslehner, Hilde Schmölzer, Irene Wondratsch u.u.u.
Walter Baco brachte mir das zweite Tschautschner-Buch, um das ich ihn gebeten habe, Christoph Haacker gab mir den neuen „Becher“ und erzählte mir von dem Nachwort das er dazu geschrieben hat. Da gibt es jetzt viele Seiten Information mit vielen Bildern und die Briefe, über die ich Christoph Haacker im Sommer kennengelernt habe, sind auch erwähnt. Ich werde das Buch kein zweites Mal lesen, sondern eher „Nachtigall will zum Vater fliegen“, das damals auch von der städtischen Bücherei ausgeschieden wurde, auf die Harlander Leseliste setzten, das Nachwort aber auf jeden Fall lesen, denn für mich sind biografischen Angaben in Büchern ja wichtig und in dem Fünfzigerjahre-Buch gibt es so etwas nicht, aber sonst habe ich ja, eine lange Bücherliste und habe heute auch noch ein paar Leute um Bücher angeschnorrt. Jürgen Lagger, wie gewohnt um die FM4 Anthologie, obwohl der heuer, glaube ich gar keinen Messestand mehr hat. Die letzten zwei habe ich immer für die GAV-Neuaufnahmen gebraucht und auch Jochen Jung, mit dem ich beim Empfang der Wirtschaftskammer um dreiviertel sechs im Literaturcafe ins Gespräch gekommen bin, meinen morgendlichen Besuch angesagt. Dann ist sich die Hauptbücherei, um Michael Kumpfmüllers Kafka-Buch zu hören, nicht mehr ausgegangen, aber der tritt morgen auch auf der Messe auf und auch das Konzert zu dem mich Kulturkontakt-Austria eingeladen hat, nachdem ich an einem Gewinnspiel teilgenommen habe, habe ich ausgelassen.