„In Plüschgewittern“ von Wolfgang Herrndorf, ebenfalls ein Fund aus dem offenen Bücherschrank, ich glaube, es war bei der Eröffnung von dem am Zimmermannplatz und das vorvorletzte auf meiner „Hundertbücherliste“, ist sehr interessant, denn über den 1965 in Hamburg geborenen Autor ist sehr viel zu sagen. Erstens einmal ist das Buch, das 2002 bei „Zweitausendeins“ erschienen und für die rororo Ausgabe überarbeitet wurde, der erste Roman des Autors und mit „besonderen Dank Katrin Passig und Holm Friebe“ gewidmet, der Autor ist auch inoffizieller Mitarbeiter der „Zentralen Intelligenz Agentur“ und schreibt Beiträge für die „Riesenmaschine“. 2004 hat er auch beim Bachmannpreis gewonnen und diesen Frühling war sein vierter Roman „Tschik“ auf der Shortlist bei Leipzigerbuchpreis, den dann Clemens J. Setz gewonnen hat. Der Autor konnte nicht nach Leipzig reisen,leidet er doch an einem Gehirntumor und schreibt darüber seit 2010 in „Arbeit und Struktur“.
Irgendwo habe ich gefunden, daß er seit seiner Krankheit sehr viel schreibt und so ist auch im November ein neuer Roman namens „Sand“ erschienen und, daß er viel mit Katrin Passig herumreist, habe ich auch wo gelesen.
Aber zurück zum Debutroman, bzw. zu der bei rororo erschienenen Fassung, die ich gelesen habe, die Erstfassung wird, entenehme ich Wikipedia, der Popliteratur zugeordnet und der Roman erinnerte mich auch an Thomas Glavinic, Thomas Klupp und Sven Regener. Es geht um einen sehr orientierungslosen Dreißigjährigen und vielleicht auch um einen, der an einer Depersonalisierungsstörung leidet und die entsprechende Verlinkung habe ich auch in dem Tagebuch von Wolfgang Herrndorfs Tagebuch wiedergefunden und natürlich geht es auch über die Generation X. Das sind die, „die sich der Gesellschaft verweigern, ohne gegen sie zu protestieren“, also die, „die wahnsinnig intelligent und selbstbewußt als Kellner jobben, billige Drogen konsumieren und nachts im Bett Turgenejew lesen.“
Der Held ist ein namenloser Dreißigjähriger über den man auch sonst nicht viel weiß, obwohl er pausenlos redet, monologisiert und denkt und am Beginn der Geschichte, ähnlich wie bei Thomas Klupps „Paradiso“ auf einer Autobahnraststädte steht, denn er hat sich gerade von seiner Freundin Erika getrennt und ihr geholfen die Wohnung auszuräumen, da sie nun in eine WG nach Frankfurt fährt. Irgendwo auf der Autobahn verabschieden sie sich voneinander, Erika fragt ihn noch nach seinen ersten Erinnerungen an sie und er kommt mit einem Kindergeburtstag bei Psychologeneltern daher, wo man sie meisten Worte aus dem Wort „Kaiser“ finden soll und er findet „Erikas“, was aber nicht gilt, denn ein Name hat ja keinen Plural.
Der Dreißigjährige stammt auch von wahnsinnig liberalen Eltern, die ihre Kinder tolerant und vorurteilsfrei erziehen wollen, trotzdem sitzt er da als Kind und denkt sich Geschichten aus, daß seine Eltern nicht seine Eltern wären und Neurodermitis kriegt er auch. Aber das ist erst später, als er sich in das Mädchen mit den hellblauen Jeans verliebt und wegen ihr in der Oberstufte Kunstgeschichte, Französisch und Latein wählt und dann jahrelang in ihrer Klasse sitzt, um kein Wort mit ihr zu reden. Zu einer Beziehung kommt es erst ein paar Jahre später. Aber jetzt sind wieder ein paar Jahre vergangen, der Held ist Dreißig und stoppt nach Hamburg in sein Elternhaus, wo jetzt sein Bruder Volker und dessen schwangere Frau oder Freundin Marit leben. Wo die Eltern hin verschwunden sind, erfährt man nicht, wohl aber von den miesen Scherzen, die er mit der wahnsinnig toleranten Pastorentochter Marit macht und dann gibt es noch eine Großmutter, die im Sterben liegt und dorthin fährt er am nächsten Tag. Da konnt dann eine schaurig schöne Stelle, von seiner Todesangst und dem Bild der Großmutter als junges Mädchen, der auch niemand gesagt hat, daß sie Jahre später an Krebs sterben wird.
Der Held fährt aber nach Berlin um dort einen Freund zu suchen, sinniert eine Weile über die Homosexualität herum, erlebt den Freund auch als Fremden, sucht nach einer Wohnung, verliebt sich in eine Frau namens Ines, was aber nicht klappt, versucht vergeblich einige Male Erika anzurufen, dann besauft er sich und irrt in diesem Zustand von Lokal zu Lokal, bevor er seinen Rucksack schnappt, er ist immer mit dem solchen unterwegs und sich bei einer Mitfahrzentrale nach Worms mitnehmen läßt. Der Laster fährt aber in Richtung Hamburg, der Fahrer versucht ihn anzubaggern und im letzten Kapitel sind wir wieder in der Villa bei Marit mit dem blauen Kleid und dem Einstich einer Infusionsnadel und ich bin mir nun nicht sicher, ob das Ich jetzt der, der bisherigen Erzählung oder der Bruder Volker, offenbar auch ein Psychologe, ist, jedenfalls gibt es Aufzeichnungen von dem über seinen mißratenen Bruder mit der Depersonalisationsstörung, der die Geschichte weiter erzählt und der letzte Satz lautet „Wenn es ein Junge wird, werden wir es nach ihm nennen“, hat Marit gesagt und ich habe gelacht. Da kann man nur hoffen, daß es kein Junge wird“.
Ganz so spannend durchkonzipiert, wie man das von der Riesenmaschine immer hört, daß man es tun muß, damit man den Bachmannpreis gewinnt, erscheint mir das Buch nicht. Ein bißchen habe ich mich bei dem orientierungslosen Dreißigjährigen, der sich da so planlos durch das Leben säuft nicht ausgekannt, aber die ersten Kapitel, wo er im früheren Kinderzimmer liegt und großspurig über seine verlorene Jugend sinniert, habe ich sehr dicht gefunden, später in Berlin erschien es mir unübersichtlicher und das viele Räsonieren über die Homosexualität, hat mich auch ein bißchen verwirrt, dachte ich, da wären wir schon weiter und es ist auch nicht ganz klar, ob in dem Buch die „Geistesschwäche“ eines einzelnen Helden oder die der gesamten Gesellschaft angeprangert wird und, daß Kinder machmal glauben ihre Eltern wären nicht die richtigen, zählt, glaube ich zu den ganz normalen Entwicklungsphasen, die Krankheit des Autors macht das Buch auch sicher noch ein bißchen tragischer.
Es sind aber immer wieder sehr spannende Episoden eigefügt, so die schon erwähnte, bei dem Kindergeburtstag bei den Psychologeneltern, aber auch die, wo die Klasse einen Ausflug auf die Ostseite macht, um den „Frieden und die Sozialdemokratie oder auch nur Blödsinn zu erleben“ und sein Freund Malte wettet, daß der, der es schafft als längster von der Grenzpolizei geflizt zu werden, von den anderen 10 Ostmark vom Zwangsumtausch bekommt. Malte schafft es sechs Stunden in der Kabine zu bleiben, kauft sich, um das „Ost-Spielgeld“ einen sozialistischen Trainingsanzug, den er dann aus dem Zugsfenster schmeißt, in dem Buch wird überhaupt viel weggeschmissen, später erzählt Malte seinem Freund dann, daß er gar nicht so lange in der Kabine, sondern am KuDamm, im Bahnhof Zoo und im Kino war. Ja und Erika ist auch nie in Frankfurt angekommen, sondern hatte auf der Fahrt dorthin einen tödlichen Autounfall.
Thats live oder das Lebensgefühl der Dreißigjährigen der Generation X und jetzt wünsche ich Wolfgang Herrndorf für sein neues Buch und seine Gesundheit alles Gute, für „Tschik“, das ich nicht gelesen habe, hat er den Clemens-Brentano-Preis und den Jugendliteraturpreis 2011 bekommen, der Hans-Fallada-Preis ist 2012 dran.
2011-12-11
In Plüschgewittern
2011-12-10
Ein mörderisches Wochenende
Obwohl ich ja nicht wirklich Krimis schreiben will, weil ich keinen Mord erfinden, planen und ausführen lassen will, hat mich das kleine lila bei BoD erschiene Heftchen „Ein mörderisches Wochenende“ von der 1967 in Berlin geborenen Petra Steinke, die Schauspiel, Germanistik, Linguistik und Psychologie studierte und Dozentin an der Volks- und Fachhochschule ist oder war, interessiert, als ich es vor ca einem halben Jahr im offenen Bücherschrank gefunden habe und zum Lesen aufbewahrte, bis ich mit dem Korrigieren „Der Frau auf der Bank“ fertig bin, denn das ist schon so eine Tradition, daß ich mich bevor ich etwas Neues beginne in eine Art „Schreibklausur“ begeben. So habe ich Angela Leinens „Wie man den Bachmannpreis gewinnt“ das vorletzte Mal gelesen und die Skripten von Louise Doughty „Ein Roman in einem Jahr“ habe ich mir für diesen Zweck auch schon mal hervorgeholt und natüŕlich den Klassiker James N. Frey „Wie man einen verdammt guten Roman schreibt“, den ich fast auswendig kann. Ein bißchen Theorie und Praxis kann nicht schaden, habe ich mir gedacht, als ich mit dem dreiundsechzig Seiten Büchlein in die Badewanne gestiegen bin und es war auch ein sehr lehrreiches Vergnügen, denn die dreiundsechzig Seiten enthalten sehr viel gestraffte Information.
„Arbeitsbericht über ein Wochenendseminar zum Schreiben von Kriminalromanen“, lautet auch der Untertitel und das Buch ist in zwei Teile gegliedert. Die ersten neunundzwanzig Seiten befassen sich mit der Theorie, hier wird erklärt, was ein Detektivroman und ein Thriller ist und daß es Zwischenformen gibt.
Interessant der Hinweis von Raymond Chandler, daß man einen Kriminalroman von hinten nach vorne konzipieren muß, um den Spannungsbogen aufrechtzuerhalten. Also nichts mit einfach Losassoziieren, wie ich es ganz gerne tue. Petra Steinke scheint überhaupt eine Anhängerin der Struktur und des Szene für Szene planens zu sein und gibt auch genaue Anweisungen für den Spannungsbogen, auf welcher Seite Spannung vorkommen soll und wie sich das Ganze steigern muß und empfiehlt für den Anfang drei Spannungsschleifen für einen Roman von hundertfünfzig Seite, da man ja auch die Verlage nicht überfordern soll.
Zuerst erzählt sie aber ein bißchen was über den Detektivroman und führt hier Beispiele vor allem von Agatha Christie an, wieder interessant, daß es hier unbedingt einen Mord geben soll und sie führt auch beliebte Orte von Agatha Christie an, die Insel, das Hotel, das Flugzeug, der Zug etc.
Dann gibt einen Detektiven und ein Opfer und natürlich auch einen Täter ganz klar.
Wer jetzt vor soviel Theorie ein bißchen Bammel bekommt, sei auf den zweiten Teil verwiesen, bzw.auf den sehr spannenden Eingangstext, wo eine Lehrerin mit ihren Skripten auf dem Fahrrad zur Schule fährt und darüber stöhnt, daß sie zu spät kommen wird, denn im zweiten Teil wird es sofort praktisch und zwar haben die Teilnehmer des Wochenendseminars in diesem offenbar einen Roman konzipiert. Der braucht natürlich eine Hauptperson und die muß man kennen, wissen, wie sie heißt, wo sie wohnt, was sie gerne ißt, etc, wie man auch den Ort kennen soll, an dem die Handlung spielt, bzw. die auswählen, die einen vertraut sind.
Die Teilnehmer haben sich für einen Schulroman entschieden und dann die Handlung aufkonzipiert. Es wird in der Schule ein Lehrer ermordet, ein Schüler wird verdächtigt, die Lehrerin glaubt das nicht und bricht in die Wohnung des Toten ein, um wichtige Indizien zufinden. Das wird „Kampfszene“ genannt und es wird auch ein Beispiel gegeben. Köstlich die Lehrerin wird von einem kleinen Hund, der sich dort befindet, angegriffen, den sie dann in eine Schublade steckt.
Ob die Szene von allen oder von jedem eine extra geschrieben wurde, ist nicht ganz klar. Das Programm klingt aber sehr dicht und wenn man das konkrete Schreiben üben will, ist der Besuch eines solches Seminars sicher zu empfehlen und es ist auch bestimmt interessant, sich für einen Krimi eine mögliche Handlung mit Protagonisten, Opfer, Spannungsbogen etc auszudenken und dann Szene für Szene aufzuschreiben.
In dreiundsechzig Seiten bleibt das nur angedeutet, es gibt aber auch Hinweise, wie das Manuskript aussehen soll, daß man dann an die Verlage schickt und den Rat nicht ungeduldig zu werden, wenn es nicht gleich klappt, denn die Lektoren werden ja von Manuskripten überhäuft und vor allem auch viele Hinweise auf Kriminalromane, in die man sich vorher einlesen kann oder soll.
Ermutigend der Hinweis im Einleitungskapitel „Lesen, verstehen, selbst schreiben!“
Das Buch hat auch viel Aufforderungscharakater das zu tun, schade, daß ich nicht so gerne Krimis schreibe, „Tauben füttern“ und „Tod eines Jurymitglieds“, waren ja nicht wirklich solche, aber vielleicht läßt sich für mein nächsten Romanprojekt trotzdem etwas mitnehmen.
2011-12-09
Tanz in den Mai
Jetzt kommt kein Weihnachtsbuch, obwohl Rudolf Lasselsberger „Tanz in den Mai“, gut zu dem vorher besprochenen „Stellenweise Glatteis“ passt, versteht sich der, 1956 in Schlatten, NÖ geborene, doch als Vertreter der Literatur der Arbeitswelt und ich habe ihn auch kennengelernt, als ich 1987 zu der Schreibwerkstatt des Max von der Grün-Preises eingeladen wurde, da hat er, glaube ich, gewonnen und war in diesem Jahr auch Stadtschreiber von Linz und das Jahr 1987 passt auch ganz gut, spielt „Tanz in den Mai“ doch Ende April Anfang Mai 1986 in Niederösterreich, südlich der Donau und ist soetwas wie ein Alltagsroman.
Gewidmet ist er, der in diesem Jänner verstorbenen Nichte Rudi Lasselsbergers, die mir glaube ich, einmal kommentierte und die Personen, die in dem Buch vorkommen, haben, wie sich leicht erkennen läßt, bzw. Rudi Lasselsberger bei seiner Lesung am 9. November in der Alten Schmiede, die man auf seinen Blog per Video nachhören kann, sagte, auch unschwer als die Lasselsbergerische Familie erkennen und, daß der Franz, das Vorbild für den Rudi ist, habe ich schon auf Seite Fünf bei der Seite mit der Überschrift „Wien“, „Franz geht ins „Künstlerhaus“ zu einer Diskussion im Rahmen von „Literatur im März“, erkannt.
Aber Georg, Karin, Gerti, Franz u.a kommen nur als Nebenpersonen vor, die Hauptpersonen sind Sabine 5, Andrea 29, Lehrerin, Elfriede, 48, Putzfrau und Anna, 76, Pensionistin, lauter starke Frauen halt, die da in Niederösterreich in „Fuchs“ „Zett“ und „Schlacken“, wahrscheinlich fiktive oder leicht veränderte Ortsnamen, wohnen, beziehungsweise den Alltag miteinander verbringen.
Den Alltag Ende April bis Anfang Mai 1986. Was war da los? Richtig, Rudi Lasselsberger genaue Aufzeichnungen der damaligen Rundfunk und Fernsehnachrichten bringen uns sofort hinein in die Geschichte der Zeit vor fünfundzwanzig Jahren. Da war Rudolf Kirchschläger noch Bundespräsdident, zur Wahl trat aber Kurt Waldheim an und in Tschernobyl hat es die Atomkatastrophe gegeben und das alles bekommen, die Lehrerin Andrea, die mit ihrem Mann Georg und der fünfjährigen Sabine in einem Försterhäuschen lebt, die Großmutter Anna, die von Vroni versorgt wird und Elfriede, Mutter von Franz und Andrea durch die Nachrichten im Fernsehen und Radio mit, während sie ihr Alltagsleben leben. Georg ist Musiker und fährt öfter mit seiner Band nach Wien zum Spielen, sonst verlegt er Fliesen in dem Haus und es gibt auch Spannungen zwischen ihm und Andrea, beziehunsweise Streitereien, wer von den beiden Sabine in den Kindergarten bringen soll? Sabine ist das aufgewckte Mausi, das den Lulli nicht aus dem Mund nimmt, wenn es mit der Großmutter spricht und beim Radfahren ins Salzstangerl beißt, sodaß es zu einem Umfaller kommt. Andrea muß nach Melk zu einer Tagung und verschaut sich da ein bisschen in ihren Kollegen Martin. Großmutter Anna macht Gurkensalat zum Abendessen, weil sie als Diabetikerin das fette Gselchte nicht mehr essen darf und schaut aus dem Fenster in den Nachbargarten, wo die Vroni und Lois wohnen, Mutter Elfriede ist Bedienerin in einer Stofffabrik, obwohl sie eigentlich Schneiderin werden wollte, aber dafür war kein Geld da, so ist sie stolz auf ihre beiden Kinder und Franz, Andrea, Georg und Karin, eine Kollegin Andreas gehen auch öfter zusammen ins Wirtshaus, wo Franz „Drei Obstler“ bestellt, „denn Obst ist gesund!“
Von solchen Scherzen lebt das Buch, das wieder, diesmal nicht mit der Hand, in der berühmten Lasselsbergerischen Alltagssprache geschrieben ist. Es kommt da zu ganzen Dialogen, zwischen Mutter, bzw. Großmutter und Kind.
Köstlich der Dialog zwischen Elfriede und Sabine während des Fernsehschauens. Da wird der einundachtzigjährige Schriftsteller und Nobelpreisträger Elias Canetti vom Bürgermeister Zilk interviewt, der in seinem „schnorchelnden Hochdeutschwienerisch“, erzählt, daß Canetti der erste Schriftsteller ist, der in diesem Jahrhundert Ehrenbürger der Stadt Wien wurde, während Sabine ein Cola haben will und fragt, ob die Oma auch einmal so weiße Haare, wie der Nobelpreisträger bekommen wird? Damit ist sie nicht einverstanden, so läßt sie ihre Oma sämtliche Haarfarben von kastanienbraun bis blau aufzählen, währenddessen kommen die Nachrichten zum Präsidentschaftskanditaten W., der Sabine nicht gefällt.
Köstlich und interessant, das Alltagsleben einer Familie in Niederösterreich, wo gebaut, gekauft, gekocht und gesoffen wird, während draußen das Leben abläuft, das wir vielleicht für wichtiger, literarischer und interessanter halten.
So könnte man zu den Lasselsberger Roman vielleicht dasselbe sagen, was auch meinen Texten, die ich ja auch sehr gerne den Alltag mit Radiomeldungen montiere, vorwerfen kann, daß nichts Wichtiges passiert und es keine richtige Handlung hat, mir aber sehr sympathisch ist, weil ich mir bei all den spannenden Bachmannpreisromanen, die die unglaublichsten Wendungen in ihren Plot einbauen, nur damit den Lesern nicht langweilig wird und sie das Buch nicht emport wegschmeißen, ohnehin nicht recht geheuer ist, weil das, was man dann lesen kann, mit der Wirklichlichkeit oft nichts mehr zu tun hat.
Aber doch, wird mir Rudolf Lasselsberger hoffentlich gleich widersprechen, denn das Wichtige ist ja der Alltag, das Zubereiten des Gurkensalates, das Füttern der Katzen und das Beobachten des Löwenzahns, weil man den Nachrichten, ob das Trinken der Milch und des Wassers und das Spielen der Kinder im Freien jetzt gefährlich ist oder nicht, wie wir, die wir April und Mai 1986 erlebt haben, aus Erfahrung wissen, ohnehin nicht trauen kann.
Seit dieser Zeit hat Rudolf Lasselsberger an dem Text gearbeitet und genaue Aufzeichnungen darüber gemacht, wie er bei der Lesung in der Alten Schmiede erzählte und hinzufügte, daß seine Großmutter, als er ihr sagte, daß er über sie schreiben will, meinte, er solle sich lieber mit der Kultur beschäftigen, weil die wichtiger wäre, aber der Alltag ist das, wie Rudolf Lasselsberger mit Recht betonte, auch.
Also ein sehr realistischer Roman eines Autors, der sich als experimentell versteht und deshalb bei seinen Lesungen immer sein Leiberl wechselt, dem Publikum seinen nackten Bauch darbietet und mit Mozartkugeln oder Nüssen in die Menge schießt und die erste Auflage seines zweiten Romans, den ich mit ihm bei meiner Frauenlesung im März im Amerlinghaus tauschte, auch selbst gemacht hat. In einer fünfzig Stück Auflage und einer ISBN Nummer die das Geburtsdatum von Rudi Lasselsberger ist, ja der Autor ist sehr originell. Inzwischen scheint es aber eine zweite Auflage im selbstgegründeten Verlag mit richtiger ISBN-Nummer zu geben und eine Rezension von Ilse Kilic, die sowohl im Literaturhaus-Archiv als auch im neuen Kolik erschienen ist, gibt es auch.
Ja und bei meiner „Alltagslesung“ am 28. 5. 2011 im Amerlinghaus und bei meiner letzten Geburtstagslesung war der Rudi Lasselsberger auch.
Und jetzt noch ein trauriger Nachtrag, Werner Kofler ist, wie ich den Nachrichten entnahm und auch bei den Suchanfragen merken konnte, gestorben, der ja vielleicht auch ganz gut zum Schreiben von Rudi Lasselsberger passt.
2011-12-08
Schreibgedanken
Auch wenn es nerven sollte, jetzt kommen wieder Schreibgedanken, denn während ich mehr oder weniger lustvoll „Die Frau auf der Bank oder dreimal „S“ korrigiere und dabei schon wieder denke, bald fertig zu werden, vielleicht nicht mehr vor Weihnachten, denn dann müßte ich „Mörderisches Wochenende“, das kleine Krimiworkshopbüchlein, das ich einmal im Bücherschrank gefunden habe und auf meiner Leseliste für 2012 habe, vorziehen, habe ich mir ja vorgenommen, das sozusagen als Einstieg für das nächste Projekt zu lesen, beginne ich schon zu überlegen, was ich als nächstes schreiben werde?
Man könnte vielleicht sagen, ich bin unersättlich oder unermüdlich, eine manische Schreiberin vielleicht, aber ich habe jetzt sehr lange keine Ahnung gehabt, was ich als nächstes schreiben will. Irgendwie bin ich ja auch ausgeschrieben. Sind die „Zwillingswelten“ ja das fünfundzwanzigste Digitalbuch, das in etwas mehr als zehn Jahren entstanden ist und mangels Erfolg oder wegen schlechter Kritiken, kommt ja auch sehr oft der Gedanke „Wozu, das wird ja wieder nichts?“
Dann meldet sich natürlich Widerstand, denn ich denke ja wirklich, daß eine, die sehr viel schreibt, das irgendwie, wenn vielleicht auch anders, können muß und das Bloggen im Literaturgeflüster ist ja auch eine ständige Beschäftigung mit dem Schreiben. So daß ich schon glaube, sagen zu können, wo meine Stärken und meine Schwächen liegen. Ganz so negativ, wie meine Kritikerin JuSophie sehe ich es nicht und denke auch nicht, daß ich Trivialromane schreibe, wohl aber realistisch und mein Brotberuf und die Beschäftigung mit Randschichten hat wahrscheinlich auch zur Folge, daß es mir immer wichtig war, verständlich zu denken, zu sprechen und zu schreiben.
Deshalb wird wahrscheinlich keine experimentelle Autorin aus mir und, daß ein Roman „abgehoben“ sein muß, um als literarisch zu gelten, was mir einmal Karl Markus Gauss erklärte, habe ich auch sehr lange nicht verstanden. Jetzt verstehe ich es und glaube auch, daß man etwas Neues schaffen soll und berühren, das ist ein Zitat von Felix Mitterer aus dem neuen Ohrenschmaus-Buch. Aber ich denke schon, daß man das alles in einer verständlichen Sprache tun kann und dann will ich auch von den Randschichten des Lebens und dessen Ecken und Kanten schreiben und natürlich meinen eigenen Ton finden.
Mein Problem und das was mich wahrscheinlich hindert, ist meine Schüchternheit und dann bin ich vielleicht auch zu schnell und zu ungeduldig. Daß ich mich immer noch an meinen Grenzen vorbeischummle, kann ich mir vorstellen, aber ich denke auch, daß ich mit dem Schreiben, die Grenzen überwinde und pro Buch besser werde, ect…
Langer Schreibe kurzer Sinn, irgendwann, ich glaube erst vor ein paar Tagen, sind die Ideen für das neue Projekt gekommen. Da denke ich ja zuerst brav immer, mir ein halbes Jahr Schreibabstinenz zu verordnen, um, wie das Kind nach den Masern einen Entwicklungssprung zu machen, aber ein Kind Masern bekommen zu lassen, gilt ja inzwischen als fahrlässig und ich will mir das wahrscheinlich auch nicht wirklich antun. Die nächste Idee ist dann, eine Weile in Wien herumzufahren, Szenen aufzunotieren und das Gleiche auch beim Zeitungslesen machen.
Dann kam schon die erste Idee und zwar hat da eine Bloggerin von einer Philosophiestudentin geschrieben, die in verschiedene Welten abdriftet, das klingt interessant und Thomas Stangls „Emilia Degen“ hat es mir beim Erich-Fried-Preis ja auch irgendwie angetan. Dann kam schon die Idee, daß ich in einer Wohnung zu verschiedenen Zeiten, die Großmutter Rosa 1915 geborenen, die Mutter Marianne Geburtsjahr 1950 oder so und die achtundzwanzigjährige Philosophie studierende Enkeltochter Theresa leben lassen könnte und die Wiedergeburt von Jiri Kratochvils „Femme Fatal“ am Montag in der Alten Schmiede hat mir auch gefallen. Da ist dann gleich der Arbeitstitel „Die Wiedergeborenen“ entstanden und am Dienstag sind die Idee in das grüne Notizbuch geflossen.
Die inzwischen verstorbene Großmutter Rosa könte in der NS-Zeit eine jüdische Freundin in der Wohnung versteckt haben und 1956 ist dann deren Tochter Esther aus Budapest nach Wien geflüchtet, während die Journalistin Marianne, Theresas Mutter, 1968 ein Verhältnis mit einem aus Prag geflohenen Journalisten hatte und Theresa, die jetzt in der Wohnung der Großmutter wohnt und zu ihrer Mutter ein schlechtes Verhältnis hat, könnte einen Asylwerber aus Georgien, vielleicht auch einen Journalisten oder Schriftsteller in ihrem Kabinett wohnen lassen und dabei unterm Bett oder im Kasten auf ein paar Schachteln mit alten Briefen oder Fotos stoßen….
So könnte es beginnen und wenn ich es unbedingt brauche, könnte ich auch etwas über das erfolglose Schreiben oder den Literaturbetrieb hineinpacken. Mal sehen. Ob es wirklich ein Krimi wird, glaube ich nicht, obwohl ich wieder, bevor ich beginne, ein Art Schreibstudium machen und dafür das Krimiworkshopbüchlein lesen will und dann wieder „Achtung, Bleistift los!“ und frei vor sich hin assoziieren um das Neue entstehen zu lassen und wirklich viel Zeit lassen, wenn mir das gelingt, um auch über meine Grenzen zu stoßen. Also wieder denken, auch ein Rohentwurf muß nicht unbedingt in sechs Wochen entstehen, mal sehen, ob mir das gelingt, jetzt bin ich noch sehr zuversichtlich. Aber einige Wochen werde ich für die „Frau auf der Bank“ schon noch brauchen. Inzwischen kann ich ja meine Ideen kommen lassen und ich werde auch im Literaturgeflüster darüber berichten, denn ich finde das Schreiben über Schreibprozesse schon sehr gut, spannend und auch inspirierend.
2011-12-07
Stellenweise Glatteis
„Stellenweise Glatteis“ von Max von der Grün, das nächste Buch von meiner hundert Bücher Liste und auch ein Fund aus dem Bücherschrank, handelt zufälligerweise auch von Weihnachten, zumindest beginnt der Roman, der in den Siebzigerjahren von einem Betriebsrat eines Dortmunderbetriebes, der von einem Hauptvertreter der Literatur der Arbeitswelt geschrieben wurde, handelt im Advent und der Höhepunkt der Handlung spielt auch auf der Weihnachtsfeier in der Kantine, wo die Belegschaft am 24. Dezember zwangsweise verpflichtet wird und von der Geschäftsleitung, einen Kalender, Schnaps und zwei Packerln Zigaretten geschenkt bekommt.
Das waren noch Zeiten, wo ein Betriebsrat die Hauptrolle in einem Roman spielt, der, wie im Klappentext steht, nach einem authenitischen Fall, geschrieben wurde.
Karl Maiwald gelernter Schlosser und dann Fahrer in einem Dortmunder Betrieb, hat, wie soviele andere Arbeiter, seine Gesundheit für die Firma ruiniert. Jetzt leidet er an den Bandscheiben und wurde deswegen zum Fahrzeugwarten degradiert. Er ist verheiratet, hat eine Tochter, die sich als Kindergärtnerin für die Arbeit mit Behinderten ausbilden läßt und lebt in einem Reihenhaus in einer Straße, wo auf der anderen Seiten, die Villen der Zahnärzte, Rechtsanwälte etc der Stadt leben.
Klassenkampf pur also, waren das noch Zeiten, wo der Betriebsrat das Sagen hatte, Karl hat aber auch eine Erfindung gemacht und wird deshalb zum Chef bestellt, um sich dort hundert Mark und eine Belobigung abzuholen. Dort muß er warten, drückt zufällig auf den Knopf eines Kästchens und kann plötzlich hören, was seine Kollegen so erzählen.
Denn die Gegensprechanlage, die vor einiger Zeit installiert wurde, ist in Wahrheit ein Abhöranlage, Karl entlockt der Sekretärin Fräulein Schindler das Geheimnis, daß die Akten, die sie von den Tonbändern angelegt hat, in einem Tresor lagern, so bricht Karl in der Nacht mit einem Kollegen dort ein, holt die Akten und lagert sie im Partykeller des Freundes seiner Tochter. Eine steckt er in die Jackentasche und nimmt sie mit zur Weihnachtsfeier, wo dann ein Christbaum brennt. Vorerst geschieht aber nichts anderes, die Gewerkschaft vertröstet, der Betriebsleiter wird ausgewechselt und Karl fristlos entlassen. Das kann zwar durch einen Streik rückgängig gemacht werden, die Gewerkschaftszeitung berichtet aber trotzdem nicht von den Akten, die weiter im Partykeller bzw. bei Karl lagern, weil sie niemand haben will, wird doch der Betrieb von der Gewerkschaftsbank aufgekauft, so daß sich Karl schließlich an einen Kommunisten wendet, der ihm Flugblätter druckt, die er mit Hilfe der italienischen Gastarbeiter, die in einigen Baracken hausen, in den Betrieben verteilt.
In anderen Baracken werden Türken angesiedelt, aber weil die niemand haben will, werden sie angezündet, wobei Karls Tochter ein Auge verliert und Karl, der das eigentlich aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr darf und schon wieder entlassen wurde, weil er die Akten schließlich am Betriebsgelände verbrennt, fährt einen hochexplosiven Laster und erleidet einen Unfall, am Schluß verteidigt ihn ein bekannter Industrieanwalt von der anderen Straßenseite umsonst und Karl erhält einen neuen Job bei seinem „Fast-Schwiegervater“ traut der Sache aber trotzdem nicht so recht und denkt im letzten Kapitel ständig „Ich hätte zufrieden sein müßen. War es aber nicht.“
Stellenweise Glatteis also. Soweit der Roman des 1926 in Beireuth geborenen und 2005 in Dortmund gestorbenen Schriftstellers, einem wichtigen Vertreters des Werkkreises der Literatur der Arbeitswelt, den ich, wenn schon nicht persönlich, dann doch vom oberösterreichischen Max von der Grün Preis der Arbeitswelt kenne, zu dem ich in den Achtigerjahren regelmäßig meine Texte eingeschickte, aber nie etwas gewonnen habe. Einmal bin ich mit der „Slavica“ zwar, wie mir einer der Juroren sagte, in die nähere Auswahl gekommen und zu einer Art Schreibwerkstatt wurde ich 1987 auch nach Linz eingeladen, für einen Preis gereicht hat es aber nicht. Inzwischen ist der Preis auch eingestellt worden und der sogenannte Buchpreis, der Nachfolger, nimmt keine selbstgemachten Bücher, obwohl ich es zweimal versuchte und sowohl die „Globalisierungsnovelle“ als auch „Tauben füttern“ hinschickte. Die Literatur der Arbeitswelt ist inzwischen auch nicht mehr so modern, obwohl es den Werkkreis unter Gerald Grassl etc immer noch gibt, der sich bei der KriLit im November auch exclusiv vorstellte und der duftende Doppelpunkt unter Petra Öllinger, hat im Frühjahr ja auch eine Anthologie zu Arbeitswelt herausgebracht und in einem mehrteiligen Gewinnspiel auch an die Literatur der Arbeitswelt und an Max von der Grün erinnert und ich lese als realistische Autorin solche Romane auch gern, literaturkritisch läßt sich vielleicht sagen, daß die Handlung nicht ganz ausgefeilt und gestrafft ist. So könnte man natürlich nach dem Sinn fragen, den es hat, gestohlene Akten monatelang in einem Partykeller zu lagern und dann demonstrativ aber heimlich im Werksgelände zu verbrennen? Die Themen sind aber sehr interessant und in Zeiten, wie diesen, in denen wir leben, könnte man auch neidisch werden, von einer so starken Gewerkschaft zu lesen, obwohl die natürlich auch angeprangert und ihr Versagen genau beschrieben wird.
Im Bücherschrank findet man gelegentlich solche Bücher, so habe ich noch „Wenn der tote Rabe vom Baum fällt“ in meinem neuen Bücherregal stehen und „Flächenbrand“ in Harland, das schon früher zu mir gekommen ist.
2011-12-06
Weihnachtsbowle mit Susanne Ayoub
Eigentlich habe ich ja in die städtische Bücherei Gumpendorferstraße, dort, wo ich einmal Ulrich Bechers „Kurz nach 4“ gefunden habe, zu El Awadallas Dialektliteraturveranstalltung gehen wollen, aber dann lockte der Weihnachtsmann bzw. die Kekse und die „Weihnachtsdramolettln“ mit Susanne Ayoub in der städtischen Bücherei Pannaswchgasse. Ich weiß, das heißt jetzt anders, aber als Hauptschülerin bin ich einmal in die Städische Bücherei am Elterleinplatz gegangen, habe einen Krimi lesen wollen und wurde von der älteren Dame dort belehrt, daß daß für Kinder kontengiert ist und in der berühmten Arbeiterbücherei in der Sandleitengasse war ich auch einmal eingeschrieben. Für eine Büchersammlerin wie mich ist eine Bücherei, wo man die Bücher wieder hergeben muß, nicht das richtige und so bin ich erst durch eine Lesung, bzw. einen Aufruf in der Bezirkszeitung im Jahre 1998 oder 1999, es war jedenfalls Europawahl und Hannes Swoboda hat mir das Mikrophon gerichtet, in die Pannaschgasse gekommen, bzw. zu einer Lesung am Platz davor. Das war dann nicht ganz das Richtige, in die Kartei der Szene Margareten bin ich trotzdem gekommen und bei den damals monatlichen Literaturveranstaltungen, wo die Margaretner Literaten der Reihe nach vorgestellt wurden, habe ich, glaube ich, auch Susanne Ayoub kennengelernt und dann immer wieder gesehen, zum Beispiel beim Siemens Literaturtechnikpreis, bei dem ich ja eifrig und erfolglos immer hinschickte und da habe ich sie auch einmal gefragt, ob ich mit ihr im Auto nach Hause fahren kann, weil sie ja, glaube ich, auch im fünften Bezirk wohnte und als 2004 bei Buch und Wein in der Schäffergasse Anita C. Schaubs Frauenbuch, wo ich auch ein Portrait drinnen habe, vorgestellt habe, ist gerade ihr erster Roman „Engelsgift“ erschienen, da habe ich sie auf ihren Erfolg angesprochen. Ich habe es gut gemeint, sie dürfte es mißverstanden haben, jedenfalls hat mir die B. so etwas gemailt, ich war dann aber auch bei einer Lesung des Romans beim Thalia in der Landstraße und habe ihn dort durchgeblättert. Es erschienen dann noch „Schattenbraut“ und „Mandragora“ und auch Gedichte, Filme, Reportagen über Bagdad, wo Susanne Ayoub ja geboren wurde. Seit einiger Zeit ist sie auch in der GAV, ich habe sie in Leipzig einmal getroffen und bei der Buch-Wien bin ich ihr auch begegnet und in diesem Monat ist sie, glaube ich, zweimal in der Alten Schmiede, ein erfolgreicher Aufstieg also und heute die „Weihnachtsdramolettln“ zu den „komischen Seiten des besinnlichen Festes“ unter dem Titel. „Wenn zu Nikolo der Weihnachtsmann kommt..“ und das ist ja, glaube ich, heute.
Die städtische Büchereifiliale, in der ich auch schon ein paar Mal gelesen habe, 2002 hätte ich es sollen, Herr Winter von der Szene Margareten hat mich aber wegen Honorardifferenzen kurzfristig ausgeladen, 2004 habe ich „Tauben füttern“ vorgestellt, dann zweimal um die „Goldene Margarete“ gelesen und zweimal beim Festwochen-Literaturwettbewerb, das zweite Mal habe ich ihn gewonnen und jetzt gibt es wahrscheinlich krisenbedingt weniger Veranstaltungen, jedenfalls war ich, glaube ich, seit es das Literaturgeflüster gibt, nicht mehr dort, war jedenfalls weihnachtlich beleuchtet und geschmückt und eine eher unkonventionelle Weihnachtsmusik gab es auch.
Es gibt einen jüngeren Mann als neuen Leiter, der begrüßte und Susanne Ayoub las drei Dramolette. Das erste handelte von einer Frau, die einen Mann auf der Margaretenstraße mit ihrem Weihnachtsbaum umstößt und daraufhin in eine Diskussion über den Sinn von Weihnachten gerät. Der Mann der keine Ahnung von Weihnachten hat, entpuppt sich zuerst als Kommunist, dann nimmt er ihr den Weihnachtsbaum ab und stürzt sich mit einer Säge oder Axt auf ihn. Beim zweiten baumelt das Christkind mit nackten Füßen vor dem Fenster eines desillisionierten Mädchens, das gerade alle ihre Wünsche zusammenschreibt und mag die Weihnachten nicht mehr und beim dritten taucht Mary Madonna beim Filmproduzenten Jo auf und erzählt ihm etwas von einer feministischen Geburt von Jesus Noel.
Danach gab es die versprochene Weihnachtsbowle, die Kekse und Gespräche mit der B., Herrn Blaha und noch einigen anderen und das war die besinnliche Vorweihnachtsfeier in einem Advent, den ich blogmäßig diesmal gar nicht so besonders begehen wollte, da mir aber mit Max von der Grün „Stellenweise Glatteis“ auch ein Buch, das zumindest Anfangs zu Weihnachten spielt, in die Hände gefallen ist und nächste Woche sowohl der Umgang als auch xxxxx-Small ist, komme ich wahrscheinlich doch nicht herum und ich mag Weihnachten ja auch und bin, wie ich immer schreibe, keine Weihnachtshasserin, denn Punsch und Kekse und jetzt auch Bowle, die mir Susanne Ayoub extra einschenkte, schmecken ja sehr gut.
2011-12-05
Lockergedichte und Kratochvil-Roman
Zwei unterschiedliche Termine in der alten Schmiede. Zuerst um sechs die sogenannte „Stunde der literarischen Erleuchtung“. Herbert J. Wimmer las und kommentierte „Locker und Spontangedichte“ von Andreas Okopenko und nahm dazu fünf oder sechs Gedichtbände auf den Lesetisch mit. Begonnen hat er mit denen, die 1983 bei Freibord erschienen sind und las daraus ein „Traumgedicht“, das offenbar auch in dieser berühmten Humanic-Werbung verwendet wurde. Dann gab es noch ein lustiges „Zölibat“ genanntes „Der liebe Gott ist ganz allein, so sei es auch sein Priesterlein“.
Lockergedichte sind also ganz spontan entstandene Drei oder Vierzeiler, manchmal sind die Texte auch länger, die Andreas Okopenko offenbar sehr gern geschrieben hat und dabei mit der Sprache spielte. Herbert J. Wimmer, der alle seine Lieblingsgedichte gelesen hat, hat etwas davon gesagt, daß die Lockergedichtzeit zwischen 1973 und 83 gewesen ist, die Spleengesänge „Warum sind die Latrinen so traurig“, sind aber 1969 bei Residenz erschienen, Herbert J. Wimmer hat auch daraus gelesen, das dürften eher längere Texte sein. Dann gibt es noch die später erschienenen Texte in den Büchern „Immer wenn ich heftig regnet“, „Affenzucker“ und „Streichelchaos“ bei Ritter erschienen, das wie Herbert J. Wimmer erwähnte noch erhältlich ist und das er von hinten nach vorne las.
Nach einer halben Stunde war er fertig und es war eine gute Erinnerung an den Dichter, dessen Fest zum achtzigsten Geburtstag ich fast versäumte und bei dessen Begräbnis ich auch im vorigen Juli war.
Dann war aber noch viel Zeit bis zum nächsten Programmpunkt, nämlich der zweisprachigen Lesung der „Femme Fatale“ von Jiri Kratochvil, so bin ich ein bißchen über den Graben und den Kohlmarkt gegangen und habe mir die Weihnachtsbeleuchtung und die Punschstände angeschaut bzw. die Weihnachtsschokoladen im Mannershop.
Nachher ging es in den Keller und ich habe ein paar Gesichter wieder getroffen, obwohl das ja eine andere Literaturgattung ist, aber von Jiri Kratochvils Roman „Femme Fatale“ habe ich in der letzten Zeit recht viel gehört, so daß ich neugierig war.
Das Buch ist von Christa Rothmeier und ihrer Tochter aus dem Tschechischen übersetzt bei Braumüller erschienen, ein Verlag der sich offenbar besonders um die tschechische Gegenwartsliteratur bemüht, war da ja erst eine Veranstaltung mit tschechischen Erzählern, die Christa Rothmeier ebenfalls moderierte. Diesmal wurde von Ronald Pohl eingeleitet, den Kurt Neuman als Spezialisten der osteuropäischen Literatur vorstellte und der erzählte auch ein bißchen was über den Roman, der im November 1989 beginnt. Da kommt eine junge Frau, in dem Roman wird sie als Mädchen beschrieben, von Prag nach Brünn, dort wurde sie am Wenzelsplatz auf der Demo zusammengeschlagen, jetzt trifft sie im Haus der Kunst ein und lernt den Erzähler einen Turnlehrer kennen, den die Femme Fatale“ dann auch gleich verführt, bzw. ihn einmal in der Woche in einem Fitneßstudio eines Stundenhotels trifft, die Femme Fatale namens Katka hat auch einen Wenderoman geschrieben, mit dem sie gleich sehr berühmt wird, so daß sie ein Stipendium nach New York erhält und dort kreative Writingkurse gibt und um eine Wiedergeburt bzw. um eine trommelnde Doppelgängerin geht es auch.
Der 1941 in Brünn geborene Jiri Kratochvil las einen Teil des ersten Kapitel und dann noch ein Stück des dritten auf Tschechisch, Kurt Neumann das zweite, dann gab es noch ein Gespräch, wo Jiri Kratochvil etwas über den postmodernen Roman und seinen Schreibstilen erklärte, es geht auch viel um Fiktion und surreale Elemente, das was ich hörte, klang aber durchaus realistisch. Der Versuch eines älteren Mannes, die Wende an Hand einer schönen jungen Frau ironisch distanziert zu erzählen, ein interessanter Roman, es gab auch ziemlich viel Publikum, so ist unter anderen Cornelius Hell gekommen, den ich gleich etwas zum gestrigen Ex Libris fragen konnte. Denn da hat er die „Elenden von Lodz“ besprochen, ein Buch von dem ich schon auf meinem Frankfurter Buchmessensurfing hörte und mich wunderte, daß es niemand mit der „Fliegenfängerfabrik“ von Andrzei Bart verglich, da es da ja offenbar, um genau das gleiche Thema und den Judenrat Chaim Rumkovski geht. Das Buch ist auch 2011 erschienen und wurde, glaube ich, zu Ostern in Ex Libris vorgestellt, in der Hauptbücherei war es auch, dann kam der Bestseller aus Schweden und kein Mensch spricht mehr davon, was ja sehr interessant ist oder, wie mir Cornelius Hell erklärte, daß man bei so vielen Büchern, nicht alle kennen kann. Ich werde aber auch nur eines lesen und die „Femme Fatale“, auf die Kurt Neumann hinwies, daß man sie am Büchertisch erwerben kann, wahrscheinlich nicht.
Der Abend war in seiner Vielfalt sehr interessant und auch, daß mich jemand fragte, ob ich wieder im Literaturgeflüster darüber schreiben werde? Natürlich, denn das tue ich regelmäßig seit drei ein halb Jahren und da ist es interessant, daß das heute der neunhunderterste Artikel ist, da habe ich gestern vergessen, die runde Zahl zu erwähnen.
2011-12-04
Die Zimtläden
„Die Zimtläden“, des 1942 im Ghetto von Drohobycz von der Gestapo ermordenten Bruno Schulz sind, wie in der Buchbeschreibung steht, “ phantastische Erzählungen, in dem die versunkene Welt des galizischen Städtchen lebendig werden“ und Isaac Bahevis Singer schreibt „Manchmal schrieb er wie Kafka, manchmal wie Proust, und mit der Zeit gelang ihm eine Tiefe, die keiner von ihnen erreicht hat“, aber eigentlich ist diese Geschichtensammlung soetwas, wie ein Episodenroman, begegnen wir in den kurzen Geschichten, die Überschriften wie „Die Heimsuchung“, „Die Schneiderpuppen“, „Die Zimtläden“, „Die Kakerlaken“, „Die Krokodilstraße“ etc haben, immer wieder denselben Personen und das ist vor allem der Vater des Heranwachsenden Ich-Erzählers?, dem die seltsamsten Dinge passieren. Er züchtet Vögel auf dem Dachboden des Hauses, unterhält sich mit den Ladenmädchen seines Stoffgeschäftes, hält ihnen „Traktate über die Schneiderpuppen“ und wird von dem Hausmädchen Adela, das uns auch immer wieder begegnet und viel plastischer als die Mutter geschildert wird, angestupst und gekitzelt, so daß er lachend und kreischend aus dem Zimmer entflieht.
„Damals bemerkten wir alle, wie der Vater von Tag zu Tag schrumpfte – wie eine Nuß die in ihrer Schale vertrocknet“
Das Hausmädchen scheint überhaupt eine große Macht über den Vater zu besitzen, „es kehrt das graue Kehrichthäufchen, das sich in der Enge ansammelt jeden Tag zum Abfall“ und eine Geschichte, wo sich der verschwindende Vater, in eine Kakerlake verwandelt, gibt es auch.
In der Biografie Bruno Schulz ist von dem Stoffgeschäft des Vaters, das 1910 wegen schwerer Krankheit und Konkurrenz aufgelöst werden mußte, die Rede und das jüdische Stättel wird wohl am ehesten in der „Krokodilstraße“ beschrieben. Phantastisch und surreal sind die Geschichten allemal, womit ich meine Schwierigkeiten habe und das, ich gebe es zu, auch nicht so gerne lese, aber die „Zimtlädchen“ von Bruno Schulz haben auch ihre eigene Geschichte.
2008 sind sie von Doreen Daume neuübersetzt wieder erschienen, da hörte ich im Ex Libris davon und wollte auch zur Präsentation ins Literaturhaus gehen, gegangen bin ich dann zu Cornelia Travniceks „Die Asche meiner Schwester“ in die Nationalbibliothek. Doreen Daume habe ich aber bei der „Literatur im Herbst“ in diesem Jahr kennengelernt und heuer ist der zweite Geschichtenband „Das Sanatorium der Sanduhr“, auch von Doreen Daume übersetzt, erschienen und wurde im Frühjahr in der Gesellschaft der Literatur vorgestellt und an dem Tag im Februar, als ich meine hundert Bücher-Liste erstellte und danach in die Alte Schmiede zu einer Marianne Fritz Veranstaltung ging, habe ich in dem inzwischen einzigen Buchgeschäft auf der Wiedner Hauptstraße „Die Zimtläden“ aus einer Abverkaufskiste gezogen, um zwei Euro gekauft und auf Platz zweiundsiebzig auf meine Leseliste gestellt. Jetzt habe ich die skurrilen Geschichten gelesen, mir bei der Phantastik ein wenig schwer getan, so daß mich die Realistik des Essays von David Grossmann und die Anmerkungen von Doreen Daume fast mehr „faszinierten“, aber die Lebensgeschichte des 1892 in Drohobycz/ Gallizien geborenen Bruno Schulz ist ja auch sehr interessant. Sohn eines Stoffhändlers, der Maler werden wollte, der Erzählband ist auch sehr phantastisch von ihm illustriert, aus finanziellen Gründen mußte er aber Architektur studieren und war durch die Krankheit und dem Tod des Vaters auch gezwungen als Zeichenlehrer zu arbeiten.
Doreen Daume schreibt in ihrem Nachwort, daß er ausgezeichnet Deutsch beherrschte und drei Jahre lang in Wien gelebt bzw. gemeldet war und dort auch Architektur studierte. David Grossmann erwähnte eine Geschichte, daß der schüchterne Zeichenlehrer am Ostersonntag 1933 mit seinem Manuskript in einem Warschauer Künstlerhotel auftauchte und dieses einer berühmten Schriftstellerin geben will, die Kontakt zu einem renommierten Verlag hat, die dann von den Geschichten auch gleich sehr begeistert war.
Irgendwoanders steht geschrieben, daß die Verlage doch nicht so viele surreale Geschichten haben wollten und daß es auch mit den Übersetzungen schwierig war, obwohl sich Bruno Schulz schon in den Dreißigerjahren darum bemühte und einen Brief an einen in Wien lebenden Lemberger Anwalt schrieb. Er war dann aber doch ein berühmter Dichter, hat als Zeichenlehrer in einem Gymnasium gearbeitet und dort wohl auch Schwierigkeiten, sich bei den Schülern durchzusetzen. So interviewte David Grossmann 2008 einen ehemaligen Schüler, der erzählte, daß Schulz, um sich bei den Schülern durchzusetzen, diesen die ganze Zeit phantastische Geschichten erzählte, gezeichnet hätten sie nicht sehr viel bei ihm. In der Geschichte „Zimtläden“, wo der Ich-Erzähler mit den Eltern ins Theater geht und nach Hause geschickt wird, um das Portemonnaie des Vaters zu holen, kommt auch ein Professor vor, bei dem die Schüler nicht sehr viel zeichnen.
Und ein Augenzeuge bei der Aktion 1942 im Ghetto, wo die Gestapo wild auf Juden geschoßen hat, der den toten Schulz auf der Straße liegen sah, wird von David Grossmann auch zitiert. Eine andere Legende gibt es, daß Schulz der Schützling eines SA-Mannes war, dessen Villa er ausmalte bzw. mit Zeichnungen illustrierte und ein anderer SA-Mann ihn aus Rache erschossen hat.
„Sie haben meinen Juden getötet – Ich habe Ihren getötet.“, soll er gesagt haben.
In dem Buch gibt es auch einen Text von Bruno Schulz „Die Mythisierung der Wirklichkeit“ in dem „Das Wesen der Wirklichkeit ist der Sinn. Was keinen Sinn hat ist für uns nicht wirklich“ steht und dann mit „Die Poesie erkennt diesen verlorenen Sinn wieder“ weitergeht und mit „Philosophie ist eigentlich Philologie, sie ist die tiefgreifende, erschöpferische Erforschung des Wortes“ endet und ein Expose über das Buch „Zimtläden“ von Bruno Schulz gibt es auch.
„In diesem Buch wird der Versuch unternommen, die Geschichte einer Familie, eines Provinzhauses nicht aus ihren realen Elementen, aus Begebenheiten, Charakteren und den wirklichen Geschicken heraus zu begreifen, sondern über diese hinaus nach einem mythischen Gehalt, nach dem letzten Sinn der Geschichte zu suchen.“
Schöner als es der Autor tat, läßt sich das wohl nicht beschreiben. Ich interpretiere es mir trotzdem aus der Bigorafie heraus, auch wenn bei Wikipedia die mythologischen Deutungen entschlüßelt werden, so daß man die Rezeptionsgeschichte nachlesen kann, das, was ich aus der Biografie herauslese, erscheint mir klar verständlich, so daß ich mich die Lektüre und das, was ich bisher über Bruno Schulz las und hörte, sehr beeindruckt hat.
2011-12-03
Adventgedanken
Doch ein bißchen was zum Advent, gibt es bei den anderen Blogs doch ein paar Adventkalender. Literaturcafe.de hat den mit den Romananfängen zu den nicht geschriebenen Büchern, Klaudia Zotzmann hetzt ihr Schaf wieder durch die Wiener Kaffeehäuser und ich erkenne sie nicht, weil ich ja kaum in Kaffeehäuser gehe. Der Name Peter Altenberg ist mir aber doch eingefallen, obwohl ich mir da gar nicht sicher war, ob das der ist oder vielleicht doch Egon Fridell oder gar Karl Kraus, denn die sind ja auch ins Cafe Central gegangen und libromanie listet überhaupt eine Serie von Adventkalendern und das Raten, Lesen, Türchen öffnen und vielleicht sogar ein bißchen was gewinnen, ist ja interessant.
Ich habe es wahrscheinlich schon in den letzten Jahren geschrieben. Bei mir, die ich nicht katholisch und sowas wie eine Konsumverweigerin bin, ist die Adventzeit mit Weihnachten, wenn ich dann vor dem Christbaum meiner Schwiegereltern stehe und meine Bücherpäckchen auspacke, vorbei. Vorher reizen mich die geschmückten Geschäfte und die Weihnachtsbeilagen der Zeitungen und ich hole mir aus dem Keller in Wien, bzw. in Harland aus dem großen Kleiderkasten immer die Weihnachtsdekorationen, die sich in den vergangenen Jahren angesammelt haben und schmücke damit die Zimmer.
Da ich immer Anfang November mein Geburtstagsfest habe und da da der Weihnachtseinkauf schon beginnt, bekomme ich oft Weihnachtliches geschenkt und die Gutscheine von Leiner und Kika etc löse ich auch immer ein.
Diesmal gibt es etwas Besonderes, nämlich einen richtigen Adventkranz, den der Alfred letzte Woche am Markt in St. Pölten kaufte und vor dessen entzündeter ersten Kerze, bin ich diese Woche mehrmals gesessen, habe meinen Blog geschrieben bzw. an den „3 S“ korrigiert. Gestern gab es dann auch schon die erste Weihnachtsfeier der AUGE, der alternativen Gewerkschaft in der Belvederegasse, wo es immer ein tolles Buffet, aber kein Adventsingen, sondern ein Erraten der politischen Unworte der letzten Jahren mit Bewertung der Ratingagenturen gab. Am Dienstag gibt es eine Adventlesung mit Susanne Ayoub in der Bücherei Pannaschgasse, zu der ich wahrscheinlich gehen werde und das „Ohrenschmaus- Beste Texte Buch“ ist ja auch soetwas, wie ein Weihnachtsgeschenk. Zumindestens habe ich vor, das meiner Schwiegermutter am 24. zu überreichen. Der Anna werde ich ihres vieleicht schon früher geben und gestern war dann der Bericht der Ohrenschmauspreisverleihung im Kulturprogramm, des neuen ORF III, von dem ich gar nicht wußte, daß es den gibt. Eigentlich war das auf der Ohrenschmausseite schon für den 1. 12. angekündigt, aber da ist wahrscheinlich der Tod der Christa Wolf dazwischen gekommen. So gab es den Bericht gestern, während wir bei der AUGE-Weihnachtsfeier waren und wurde das Ohrenschmaus-Buch auch als gute Idee für ein Weihnachtsgeschenk angekündigt. Ich habe ja schon geschrieben, daß ich mir auf Alfreds zweite oder dritte Frage jetzt doch ein paar Weihnachtsbücher gewünscht habe, dann ist der Artikel über Christa Wolf gekommen und mir ist eingefallen, daß ich mir ja auch ihr letztes Buch, auf das ich, glaube ich, das erste Mal vor ca eineinhalb Jahren durch Emily Waltons Blog gestoßen bin, wünschen hätte können. Jetzt habe ich es schon. Alfred der heute morgen die bestellten Bücher von Anna Jeller holte, hat es mir gebracht und ich weiß nun nicht genau, in welcher meiner Leselisten ich es eintragen soll? Ja, die Qual der Wahl und als ich gestern zum Lidl Milch einkaufen ging, bin ich beim „Wortschatz“ am Margaretenplatz vorbeigekommen und habe dort bei den vielen, schon von Zwillingsleiden beschriebenen „Oldies“, das Groschenromanimitat „Lisas Liebe“ von Marlene Streeruwitz gefunden und dazu ist zu erwähnen, daß Marlene Streeruwitz nicht nur am Donnerstag in der Sendung „Im Gespräch“ im Radio war, sondern auch im nächsten Jahr den Bremer Literaturpreis für ihr Buch „Die Schmerzmacherin“, das auch auf der Shortlist des deutschen Buchpreis war, bekommen wird.
Aber zurück zum Advent. Da habe ich ja zu meinem Geburtstagsfest einiges an Schokolade und Nüssen bekommen, die sich in der Adventzeit vernaschen lassen und von der Ingrid einen Sonnentor-Teekalender, der heuer besonders liebevoll gestaltet ist. Da steht erst einmal genau angeschrieben, was alles in dem Teepäckchen drinnen ist, das hat mir bis jetzt eher gefehlt und dann gibt es ein aufklappbares Bild und ein kleines extra Heftchen mit je einen Adventgedanken, daß man sich entspannen, Zeit für die Familie nehmen oder spenden soll, beispielsweise.
Dann gibt es noch das Punschtrinken und da waren wir mit der Anna schon am vorigen Sonntag am Spittelberg. Ich mache mir meinen Punsch ja immer selber, mit je ein drittel Rotwein, Orangensaft und Wasser, einem Teepäckchen oder aktuell, ein bißchen was von dem Früchtetee, den mir die Sara Wipauer zum Geburtstagsfest mitgebracht hat, eine halbe aufgeschnittene Orange und Zimt. Schmeckt sehr gut. Eine Einladung zum Punschtrinken nach Sprögnitz habe ich im Sonnentor Teegeschäft in der Kremsergasse auch gefunden und ich bin mir auch nicht sicher, ob heute und morgen nicht wieder etwas in Nußdorf an der Traisen ist, denn das gab es jedes Jahr um den Nikolo, aber dazu ist heuer keine Einladung gekommen. Dafür gab es in dem Folder, den die Kaufleute der 5 City, von denen auch der offene Bücherschrank am Margaretenplatz ist, einen Punschutschein für den kleinsten Adventmarkt in Margareten vor der Falco Stiege, der nur aus einem einzigen Standl bestehen soll, aber das ist offenbar so klein, daß ich es übersehen habe oder es ist bei der Ankündigung geblieben, bzw. etwas schiefgegangen. Advent ist also sehr spannend. Ein großes Geschäft mit Streß und Hetze. Manche mögen es, manche nicht. Ich suche mir wieder die Gutscheine heraus, trinke Punsch, schmücke die Wohnungen und entziehe mich dem Streß. Ein Weihnachtsbuch gibt es heuer auch, das habe ich schon geschrieben, Peter Meissners „Auch Engel lachen gernen“ mit vielen Kürzestgeschichten zum Erzählen auf den Weihnachtsfeiern. Bei Residenz ist auch eines erschienen „Santa Klappe“ von Ernst und Christoph Griessemann, aber das ist mir entgangen und es geht mir auch der Blog von leselustfrust mit ihren Weihnachtsbüchern, die mich ja erst auf die Idee gebracht hat, daß man zu Weihnachten Weihnachtsbücher lesen kann, etwas ab. Aber ich habe, da ja noch acht Bücher auf meiner Bücherliste für 2011 stehen, ohnehin nicht soviel Zeit für Weihnachtsbücher.
2011-12-02
Nachdenken über Christa Wolf
Im Mittagsjournal war zu hören, daß die wohl berühmteste „DDR – Autorin“ Christa Wolf im zweiundachtzigsten Lebensjahr nach schwerer Krankheit in Berlin gestorben ist, was mich zu einem Extraartikel veranlaßt, obwohl ich Christa Wolf nicht persönlich kannte, sie aber einmal auf der Leipziger Buchmesse, 2002 oder 2003 wird das wohl gewesen sein, fotografierte und eine Menge ihrer Bücher habe ich auch gelesen. Schaue ich in meinen Bücherkatalog, den ich mir übrigens vorgestern in aktualisierter Form ausdrucken ließ, finde ich den „Geteilten Himmel“ in einer dtv Ausgabe von 1973, das ist nach den „Moskauer Novellen“, das zweite Buch der Autorin und ich habe es wahrscheinlich in der Otto Bauer Gasse gelesen und wahrscheinlich nicht ganz verstanden, denn damals habe ich mich mit der DDR-Geschichte nicht sehr ausgekannt. Wie ich daraufgekommen bin, das Buch zu kaufen, weiß ich nicht mehr, vielleicht durch den Arbeitskreis schreibender Frauen und den kommunistischen Frauenbund zu dessen Veranstaltungen ich in den späten Siebzigerjahren ja regelmäßig ging. Alfred, der in dieser Zeit öfter in der DDR war, hat auch einige Bücher in unseren Haushalt eingebracht. So gibt es „Kindheitsmuster von 1985 in meiner Sammlung, „Nachdenken über Christa T.“, in einer Aufbau-Ausgabe von 1978, den „Fortgesetzten Versuch“, an den ich mich jetzt gar nicht erinnern kann, in einer Reclam Ausgabe von 1979, vielleicht ist es das Buch, das ich in der Gumpendorferstraße aus Alfreds Bibliothek gelesen und sprachlich sehr anspruchsvoll empfunden habe.
„Kassandra“ gibt es auch in einer Aufbau-Ausgabe aus dem Jahr 1985, vielleicht habe ich das aus der Zentralbuchhandlung, in der ich früher öfter Aufbau-Bücher kaufte oder es mir von Maria Heisler aus Budapest mitbringen lassen und ich, glaube mich auch, zu erinnern, daß Christa Wolf, als das Buch erschienen ist, bei der Literatur im März im Künstlerhaus war und da hat sie jemand auf den Unterschied der West und der Ostausgabe ansgesprochen. In der DDR war ein Kapitel gestrichen, das im Westen erschienen war und Christa Wolf meinte damals, daß sie ihre Zustimmung zu der Streichung gegeben hätte, damit das Buch erscheinen konnte.
„Gesammelte Erzählungen“ aus dem Aufbau Verlag aus 1989 gibt es auch in meiner Sammlung und da nähern wir uns schon der Wende. 1990 waren wir im Sommer in Berlin, da gab es die DDR noch, die Mauer war aber schon offen, so daß man problemlos vom Osten in den Westen fahren konnte und da waren wir auch einmal bei einer Straßenlesung, wo Christa Wolf zwar, glaube ich, nicht auftrat, ich habe mir da aber ihre „Reden im Herbst“ gekauft, wo die Reden enthalten waren, die sie auf den verschiedenen Demonstrationen gehalten hat. 1990 ist auch das Buch „Was bleibt“ erschienen, wo sie einen Tag einer ostdeutschen Schriftstellerin schildert, deren Wohnung und berufliche Aktivität von der Stasi observiert wird, das von der westdeutschen Literaturkritik kontrovers diskutiert wurde, die meinten, daß sich Christa Wolf „zu unrecht auf die Seite der Opfer mogeln wollte.“
Als wahrscheinlich 1999 das Lesetheater im Literaturhaus „Medea“, glaube ich, aufführte und ich eigentlich an den „Wiener Verhältnissen“ weiterschreiben, aber doch den Text hören wollte, bin ich mit dem Manuskript hingegangen und habe versucht, während der Aufführung zu schreiben, was, wie ich mich erinnern kann, von Elfriede Haslehner kritisiert wurde, die nicht verstehen konnte, das mir offenbar beides wichtig war.
Vor einigen Jahren habe ich mir bei Thalia in der Kremsergasse bei den Abverkaufbücher den Wolf- Fühmann- Briefwechsel „Monsieur wir finden uns wieder“ gekauft, wo es unter anderem um die Biermann Ausbürgerung geht. Die 2002 erschienene Erzählung „Leibhaftig“, wo es um eine Krebserkrankung geht, habe ich gelesen und möglicherweise haben wir sie auf der Buchmesse gekauft, wo ich Christa Wolf fotografierte. Auf dieser Messe ist, glaube ich auch Günter Grass aufgetreten und hat „Im Krebsgang“ präsentiert, das ich mir auch von dort mitgenommen habe. „Leibhaftig“ ist das aktuellste Christa Wolf Buch das ich habe. Das im Vorjahr erschienene „Stadt der Engel oder The overcoat des Dr. Freud“, ist an mir vorbeigegangen und jetzt bin ich über den Tod der 1929 in Landsberg an der Warthe, im heutigen Polen, geborenen Autorin, die 1976 nach Berlin gekommen ist und seither dort lebte, sehr betroffen, interessiere ich mich ja sehr für die „DDR-Literatur“ und denke jetzt fast, daß ich mir „Die Stadt der Engel“ vom Alfred zu Weihnachten wünschen hätte sollen, da habe ich ja vor kurzem geschrieben, daß ich seine Frage, was für Bücher ich mir zu Weihnachten wünschen würde, mit dem Hinweis schon genug Bücher zu haben, verneinte. Inzwischen habe ich den „Mythos Bachmann“, den neuen Markaris-Krimi und die „super sad true love story“ von Gary Steyngart auf eine Wunschliste gestellt. Ja, ja, ich bin eben doch unersättlich.
Wenn wir aber am Wochenende nach Harland kommen, ist das eine gute Gelegenheit in den Regalen, nach den Wolf-Büchern, die dort lagern, zu suchen und die Autorin, die mir sehr sympathisch war und deren Sprache ich bewundere, wiederzulesen.