Literaturgefluester

2012-01-10

Alle Wege

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:15

„Alle Wege“ führen nach Rom sagt das Sprichwort und da gibt es ein Östereich-Atelier oder eine Stipendiatswohnung in der Via di Tor Millina und da zieht es die österreichischen Autorinnen von Martin Ammanshauser bis Cornelia Travnicek bekantlich hin. Viel mehr als dreizehn werden sich in der schon etwas abgehausten Wohnung, Andrea Stift hat einmal in ihren Blog, ein paar Fotos derselben hineingestellt, ihre Rom-Phantasien niedergeschrieben haben. Linda Stift, ihre Cousine hat jedenfals dreizehn Autoren gebeten, ihre Rom-Geschichten für eine Anthologie zusammenzustellen, die bei Sonderzahl herausgekommen ist. Thomas Kussin und Matthias Zsutty haben Fotos dazu gemacht, von der berühmten Künstlerwohnung gibt es keine und der Buchtext verspricht „Frische neue Blicke auf die citta eterna. Und wie nebenbei entsteht ein Panorama der österreichischen Gegenwartsliteratur.
Dann springen wir hinein, es hat ohnehin lang genug gedauert, bis ich das Buch gelesen habe und beginnen mit Rosemarie Poiarkow „Wenn der Papst stirbt“, da sind wir gleich mittendrin in dieser Künstlerwohnung, obwohl, die 1974 in Baden bei Wien geborene, von der ich „Wer, wenn nicht wir?“ gelesen habe, erst, wie auf der Biografieseite steht „vor hatte, um ein Rom Stipedium anzusuchen, vorzugsweise in Okotober“ steht noch dabei.
Johannes Gelich machte das in „Ponte Mammolo“ auch, das heißt vorher war er in Madrid, dann kommt er in die Via di Tor Millina 35, wird von einem bildenden Künstler und einer Fotografin zum Spaghetti-Essen eingeladen und hat in seinem Zimmer Alpträume, denn im selben Bett haben schon Robert Menasse und Franzobel geschlafen, welche Vorstellung?, das Klo ist dauern verstopft, bzw. wird von ihm besetzt und über Pasolini will er seine Stipendiatsarbeit auch noch schreiben.
Dann kommt Andrea Stifts Text „Schmutzig“, die war im Juli 2007 das erste Mal in Rom, als ein Harry Potter erschienen ist, den sie dann gleich in der Buchhandlung Feltrinelli um Mitternacht erstand. 2009 war sie, glaube ich, noch einmal dort, jedenfalls habe ich diesem Jahr ihren Blog entdeckt und da auch die berühmten Fotos gefunden. Der nächste Text ist von Anna Kim und der bereitete mir ein bißchen Schwierigkeiten, beziehungsweise bestätigte er meine Vorurteile, warum ich mich so oft vor Anthologien und Kurzgeschichtenbänden drücke. Denn man liest sich ein in eine Geschichte und dann kommt ein ganz anderer Stil und das macht das Mitdenken ein bißchen schwierig. Noch unverständlicher wurde es bei Markus Köhle, denn der vermischte gleich genial das Deutsche mit dem Italienischen in „Amore fa mal di testa e daneggia gravamente la capacita linguale“, na klar, hat er ja in Rom Romanistik studiert, was mir gar nichts ausmachte, versuchte ich während meiner Italienaufenthalte ja Italienisch zu lernen und habe deshalb immer ein tausend Lektionen Italienisch Sprachbüchlein mitgenommen. Mieze Medusa versuchte es dann gleich auf Englisch „Its fobidden to rubbish the monument“, beginnt mit dem Südbahnhof, den es nicht mehr gibt und der Zugsfahrt, versucht dabei einen Stefan zu vergessen, lernt einen Sven kennen, geht mit ihm essen und Kaffee trinken und macht auch eine Stadtführung.
Die nächste Autorin konnte höchstwahrscheinlich schon Italienisch, als sie Rom bereiste, hat dort auch als Zimermädchen gearbeitet und in die Anthologie ein Stück von „Stillbach“ hineingestellt und das war sehr interessant, besucht das deutsche Zimmermädchen doch in der Zimmerstunde den Fontana di Trevi und erwischt dort ihre Kollegin, wie sie mit einem Magneten die Münzen aus dem Wasser fischt, die die Touristen hineinschmeißen, um sich entweder in einen Römer zu verlieben oder in die ewige Stadt zurückzukommen. Sabine Gruber wurde 1963 in Meran geboren und lebt inzwischen in Wien. Und Michael Stavaric zählt in „Und in Italien“ sämtliche Vorurteile auf, die man über diese und über andere Städte haben kann. „Und in Rom ist es allen Frauen, die MARIA heißen, verboten als Prostiutierte zu arbeiten, und im übrigen Italien ist es das nicht“
In Angelika Reitzers „Scherbenhügel“ geht es gleich wieder in das Österreich-Atelier. Das heißt nicht gleich, zuerst geht es zu einer Fastenkur, die aber kein Erfolg wurde, so kommt sie nach Rom und läßt sich dort von ihren Mitbewohnern bekochen. Und Olga Flor beschreibt in den „Katakombenheiligen“ die negativen Seiten, der ewigen Stadt, erzählt von den Bettlern, den Taschendieben und den Männern, die einen in die Toreinfahrten locken und zu vergewaltigen suchen, während Linda Stift, die viermal dieses Atlier besuchte in „Macks Verhängnis“ einen verhinderten Heiratsschwindler seine Leiden schildern läßt. Er will in Rom eine reiche alte Frau verführen und berauben, stolpert aber über die amerikanischen Lolitas in den Eisdielen, kauft sich einen halben Liter Zitroneneis, spritzt ab, bekleckert seine Hose und findet am nächsten Tag auch in den Nobelhotels, die ersehnten reichen alten Frauen nicht. Und Cornelia Travnicek erinnert unter Palmen am Wiener Graben, daß Schriftstellerinnen gar nicht auf Urlaub gehen können und, daß man in Rom vor lauter Erwartungshaltung nicht schreiben kann oder höchstens einen Italienroman „Aber wer braucht schon soviele Italienromane?“ und war 2010 durch den Umweg über Paliano, wo das andere Österreich Atelier, das es in Italien gibt, liegt, „zum ersten Mal in der ewigen Stadt.“ Am Schluß führt uns Martin Ammanshauser noch auf den Friedhof und zitiert die Reisen, die, der Vater Johann Caspar Goethe, Johann Wolfgang Goethe und sein Sohn August machte. Und ich war 2003, glaube ich, einmal dort, auf einem Campingplatz mit dem Alfred ein bißchen außerhalb, da ich in der Zeit, wo ich noch unabhäng war und keinen Kassenvertrag hatte, nicht recht wußte, wie man sich um ein Rom-Stipendium bewirbt und vielleicht auch keines bekommen hätte, so also als Touristin mit einem literarischen Reiseführer durch die Stadt gezogen und dann 2004, als „Tauben füttern“ schrieb, davon zehrte, macht da ja die arbeitslose Lehrerin, Veronika Schätzmeister, wie angeblich sehr viele Italiener auch, Urlaub auf ihrem Balkon mit Ausblick auf den Donaukanal, während sie im Italienischen Billig Supermarkt Spaghetti, Chianti etc einkaufte, um ihrer Freundin dann in Mails von einem vorgetäuschten Urlaub vorzuschwärmen, während unten am Donaukanal eine Tauben fütternde alte Frau erschlagen aufgefunden wird. So jetzt habe ich auch ein bißchen zu den Büchern der Autoren und den Veranstaltungen, die ich von ihnen schon besucht habe, verlinkt. Ich habe ja bei den „Mittleren“ einmal Cornelia Travnicek und Andrea Stift eingeladen, da war auch Lina Stift und da hat die Anthologie vielleicht auch ein bißchen ihren Ausgang genommen, mit der man am besten wahrscheinlich nach Rom fahren und sie dort lesen sollte, da kann man dann auch am Campo di fiori und zu dem Haus gehen, in dem eine andere Exil-Römerin, nämlich die berühmte Bachmann einmal lebte.

2012-01-09

Aktuelle literarische Gesellschaftsbefunde

Filed under: Uncategorized — jancak @ 21:32

So heißt eine neue Lesereihe in der Alten Schmiede und es war auch der erste Abend im Neuen Jahr und für mich die erste Literaturveranstaltung nach drei Wochen Abstinenz mit Kurt Neumann in der Gesellschaft für Literatur haben die Veranstaltungen 2011 geendet, mit Marlene Streeruwitz „Die Schmerzmacherin“ fing es 2012 wieder an und von Marlene Streeruwitz habe ich in der letzten Zeit einiges gehört, so war das Buch auf der Shortlist des deutschen Buchpreises 2011 und den Bremer Literaturpreis bekommt sie im Jänner auch. In der Weihnachtsbeilage des Standards war ihr literarischer Gesellschaftsbefund zur Schuldenbreme und auf meinen Bücherlisten stehen drei Streeruwitz Bücher „Verführungen“ ist heuer dran, „Lisas Liebe“ und „Majakovskiring“ folgt dann 2013 und ich bin eigentlich nicht so eine besondere Streeruwitz Expertin, ist sie mir ja auch irgendwie zu sperrig oder abgehoben könnte man sagen und ich verstehe manche ihre Gedankensprünge bei Diskussionen nicht, eine brillante Rednerin ist sie allemal und „Partygirl“ habe ich vor einigen Jahren gelesen, weil es das bei „Buchlandung“ um einen Euro oder waren es noch zehn Schilling, gab.
„Die Schmerzmacherin“ ist aber in aller Munde, wurde von Daniela Striegl bei dieser Jahresenddsikussion als Buch des Jahres gelobt, so daß es mir schon leid, tat, daß ich es mir nicht zum Geburtstag wünschte. Aber man kann nicht alle Bücher haben und ich habe ohnedies schon genug und jetzt noch fünf Stück mehr und neun Euro weniger, ich weiß die Buchhändler unter meinen Lesern werden aufstöhnen, aber bei Morawa gab es einen Abverkauf und da habe ich die Marie Therese Kerschbaumer um vier Euro drinnen lassen, Karin Ivancsics „Muß das schön sein“, Kurt Bracharz „Für reife Leser“, Zdenka Beckers „Taubenflug“, Lukas Meschiks „Anleitung zum Fest“ und Crauss „Motorradheld“, aber herausgenommen. Letzteres eigentlich nur, weil ich dachte, das kann ich dann der Christel Fallenstein zeigen, wenn ich sie in der Alten Schmiede sehe. Sie war aber nicht da, dafür habe ich einen Platz neben Angelika Kaufmann gefunden, die mir die „Absturzgefahr“ abkaufte und Mieze Medusa und Markus Köhle, die ein paar Reihen dahinter saßen, erzäht, daß ich jetzt endlich die „Rom-Anthologie“ lese. Dann kam schon Kurt Neumann mit seiner Eröffnung und Cornelius Hell, der den Roman mit sämtlichen Rezensionen, die es darüber gibt, einleitete. Er hat auch eine geschrieben, aber ich lese ja eher keine Reznsionen und einige Rezensenten, meinte er, haben das Buch theoretisch gefunden. Es ist aber politisch brillant und gibt eine hervorragende Analyse unserer Sicherheitsgesellschaft und dafür hat Marlene Streeruwitz drei Jahre recherchiert und fünf Jahre an dem Buch gearbeitet, das dann aber anders, als geplant wurde. Da sollte ich vielleicht neidisch werden, tu ich aber nicht, denn ich schreibe ja auch gesellschaftskritische Romane und bei mir kommt die potische Situation auch immer vor. Der erste Satz lautet jedenfalls „Noch nie waren soviele Raubvögel zu sehen gewesen“ oder so ähnlich und es geht um die vierundzwanzigjährige Amy, die eigentlich Amalia Schreiber heißt, die sich als Sicherheitsmitarbeiterin ausbilden läßt, weil sie mit ihrem BWL-Studium scheiterte. Ja, als ich für die „Arm reich prekäre und andere Arbeitsverhältnisse“-Lesung, die ich nicht mehr im Literaturhaus machen durfte, recherchierte, war, glaube ich, gerade Wien Wahlkampf und da hat Marlene Streeruwitz auch einen sehr gesellschaftskritischen Roman über prekäre Arbeitsverhältnisse und eine gescheiterte Studentin ins Netz gestellt, den ich mir immer ausdruckte. Marlene Streeruwitz hat sehr originell das Ende des Buchs gelesen und vorher einiges darüber erzählt, zum Beispiel auch, daß ihr immer eine falsche Grammatik vorgeworfen wird, weil sie österreichisch schreibt, was mich ein bißchen wunderte, daß ihr das der Verlag drinnen gelassen hat, hat Cornelia Travnicek auf ihren Seiten ja unlängst beschrieben, was ihr ihr deutscher Verlag alles herausstrich und mir hat Fischer TB bei unseren StottererBuch ja auch die Buben zu Knaben gemacht etc.
Ab einem bestimmten Bekanntheitsgrad kann man aber offenbar machen, was man will, nur bei dem Wort „Kübel“, sagte Marlene Streeruwitz hat sie sich erweichen lassen, denn da würden die deutschen lachen. Die österreichschen Leser sind dagegen gewohnt mehr zu schlucken und Cornelius Hell erwähnte vorher noch, daß sich die Rezensenten nicht einig waren, wie das Buch nun endete, ob die Amy am Schluß davon kommt, getrettet wird, etc. Es bleibt jedenfalls eine Windjacke über und Amy fährt in dem Stück, das Marlene Streeruwitz gelesen hat, in ein Hotel, das von einer Frau, die ihr Mails geschickt hat, gerade verlassen wird, dann in eine alte Schule, wo offenbar diese Sicherheitstrainingsfirma war, dort liegt ein Toter am Konferenztisch, Amy holt ihre Jacke und telefoniert mit einem Mann, mit dem sie sich über das trojanische Pferd unterhält und die letzten Worte lauten „Care and attention“. Den ersten Satz habe ich schon zitiert und der Buchbeginn ist in dem „Deutschenbuchpreis-Büchlein“ nachzulesen, das ich mir jetzt immer schicken lasse.
So hat das Veranstaltungsjahr also angefangen und ein paar erfreuliche Meldungen gibt es auch noch, nachdem 2011 ja mir als Literatin nicht so viel brachte und auch meine literarische Qualität bezweifelt wurde, hat mich am Samstag Margot Koller aufgefordert, ihr mitzuteilen, was ich im April in Salzburg lesen möchte, wo ich mich dann kurzfristig entschloß, schon das „Work in progress“ zu wählen und als ich gestern von der „Winterfrische“ nach Wien kam, fand ich ein Mail von Barbara Neuwirth vor, daß Annemarie M. Moser die „Sophie Hungers“ im letzten Podium besprochen hat. Das ist ein Erfolg, denn es gibt ja immer wieder Diskussionen, ob selbstbemachte Bücher in Literaturzeitschriften besprochen werden dürfen, die Sophie Hungers, wurde aber auch schon von Janko Ferk fürs Literaturhaus besprochen und Annemarie M. Moser ist auch eine anerkannte Autorin, deren Name ich kenne, seit sie einmal vor Jahren, bei einem Profil-Literaturwettbewerb, den ersten Preis gewonnen hat und die Rezension ist auch noch sehr gut.
Alois Eder hat die „Globalisierungsnovelle“ auch schon einmal im Podium besprochen, konnte sie aber auch nicht verkneifen, ein bißchen auf den selbstgemachten Status hinzuweisen, ja und die dritte Freude ist eine verspätete Weihnachtskarte, die hat die Post wieder ein bißchen herum- und zurückgeschickt und ein handgeschriebenes Weihnachtsgedicht von Peter Gstöttmaier, den Ohrenschmaus- Lebensberichtpreisträger, der sich um das Preisgeld ein paar Möbeln kaufte, mit denen er demnächst seinen fünfzigsten Geburtstag feiern will.

2012-01-08

Durst

Filed under: Uncategorized — jancak @ 01:22

Eigentlich wollte ich ja als nächstes, den Andrea Camilleri Krimi lesen, ich ich mir am Sommer in dieser Abverkaufskiste in Wilhelmsburg gekauft habe, bin aber daraufgekommen, daß er sich, weil er an einem Karfreitag spielt, als Osterbuch bestens eignet und ich es nicht nach Weihnachten lesen will, also habe ich zu Hermann Jandls achtzig Seiten dicke Erzählung „Durst“ gegriffen, ein kleines Büchlein in einem blauen Umschlag, das im Österreichischen Literaturforum erschienen ist, das ist der Kremser Verlag von Johannes Diethart, bei dem auch unser Vier Frauenbuch erscheinen sollte, das ich mit Elfriede Haslehner, Hilde Langthaler und Valerie Szabo-Lorenz einmal machen wollte, das aber an der leidigen Druckkostenzuschußfrage gescheitert ist.
Hermann Jandl ist der jüngere Bruder von Ernst Jandl, 1932 geboren, Lehrer, Schuldirektor, der seit 1952 Lyrik und Prosa veröffentlicht, beim PEN und wahrscheinlich auch beim Schriftstellerverband ist und den ich einmal, vor Jahren in der Alten Schmiede kennenlernte.
Und „Durst“ ist eine interessante Erzählung, schnell gelesen, hat aber viel Stoff zum Nachdenken und wahrscheinlich auch für eine Menge Bücher und beginnt, wie überhaupt in dem Buch viel enthalten, mit einem Dialog. Eine Frau holt die Polizei, weil sie ihr Lebensgefährte wüst beschimpfte und sie mit dem Tod bedrohte und die trommeln an an seiner Tür, beziehungsweise holt sie die Feuerwehr, dabei hat doch alles so gut angefangen. Die Pension des Klaus Steiners, auf die er sich nach fünfunddreißig Bürojahren schon so freute und auch große Pläne hatte. Ein Auto hat er sich gekauft und Bücher, Platten, und Englisch will er lernen, Italienisch, Reisen machen u.u.u.
Das Paar fährt dann auch an einen See und nach Mariazell und die Frau regt sich auf, daß der Mann so oft das Wort „schön“ gebraucht. Dann überfallen dem Mann ungute Gedanken, wie es sein könnte, wenn er zuerst ein Wort vergißt und dann zuviel oder zuwenig Geld hinlegt. Er geht auf ein Begräbnis eines Schulkollegen und fängt zu trinken an. Denn das Büro geht ihm ab und die Struktur, die Ordnung, nach fünfunddreißig Dienstjahren kann er sich allein nicht beschäftigen, obwohl er früher so schöne Dialoge geschrieben und auch Goethe gelesen hat.
Es gibt auch sehr lebedinge Szenen, so will die Frau ihn zu einer Norwegenschifffahrt bewegen und zeigt ihm das Prospekt, liest es ihm vor und er steigert sich in ein solches Delir hinein, daß er glaubt, er wäre auf dem Schiff, dabei hat er sich zu Hause angetrunken. Die Frau macht ihn auch Vowürfe, fleht ihn an, mit dem Trinken aufzuhören und ist sonst eine gute Frau, die kocht und wäscht und bügelt. Es gibt auch einen Abstinzversuch, der aber scheitert, so kommt er wieder zurück und liest der Frau aus Zeitungen vor. Das ist vielleicht ein bißchen unlogisch, birgt aber interessante Geschichten, zum Beispiel, die von der Frau, die stirbt und vorher drei Jahre mit ihrem toen Sohn gelebt hat.
Das Ganze ist, wie beschrieben in Dialogform geschrieben und wirkt dadurch sehr verständlich. Das große Thema des Älterwerdens, bestimmt ist auch sehr viel Autobiografie des Achtzigjährigen dabei, das Buch ist 2001 herausgekommen, in einer realistischen Sprache, fast humoristisch verpackt, obwohl es tragisch endet, der Mann ist mit seinem Leben unzufrieden, kann und will sich nicht umbringen, bedroht die Frau, die schließlich die Polizei holt, die ihn abführt. Der vorletzte Satz „Ich komme sehr bald zurück“, des Mannes, während Johanna ihm nachsieht und „Ich verstehs nicht, ich verstehs nicht!“, sagt.
Ein Buch zum Nachdenken, philosophieren und wahrscheinlich besser machen. Hermann Jandl hat sicher seine Beispiele gehabt, an denen er sich abgeschrieben hat.

2012-01-07

Schreibprozeße und Literaturdebatten

Filed under: Uncategorized — jancak @ 12:26

Der Schreibprozeß bei „Der Wiedergeborenen“ ist wirklich interessant, nach dem Jammerartikel in der letzten Woche und einigen sehr interessanten You Tube Filmen zum Thema „Wie schreibt man einen Roman“, wurde es diese Woche dann sehr intensiv und ich war auf einmal so mitten drin im Schreiben, daß ich aufs Baden, Lesen, Radfahren vergessen habe.
Zuerst habe ich am Montag aber, die damals vorhandenen vierzig Seiten korrigiert, die letzten Szenen, wo das „Das kann ich nicht!“ und das sich selbst Blockieren schon sehr groß war, mit Handlung angefüllt und plötzlich war der Weg frei und die Handlung konnte sich entwickeln. So sind am Montag, glaube ich, noch zwei neue Szenen entstanden und am Dienstag habe ich in mein grünes Buch, in dem die Konzepte von der „Absturzgefahr“ an, drinnen stehen und das jetzt ausgeschrieben ist, den Handlungsrahmen, a la Schneeflockenmethode gefüllt, bzw. die nächsten Szenen konzipiert und plötzlich wußte ich, wie es weitergehen könnte.
Da war ja einmal eine Idee eine griechische Studentin einzuführen, um in der Aktualität zu bleiben, die ist jetzt vom Tisch, aber im Dienstag hörte ich im Radio etwas von der Demonstration in Ungarn bezüglich der Reformideen der dortigen Regierung, da war ich ungefähr so weit, daß Esther Molnar, die Großmutter von Margit Mayerhofer ist und die erzählt etwas von ihrem Vater und der könnte eine uneheliche Tochter namens Ilona haben und die könnte bzw. ihr Freund Bela, Margit Mayerhofer an die Budapester Taschenoper engagieren und Marianne könnte, wenn sie wieder in Salzburg ist, im Literaturhaus Ari Eisenstein kennenlernen, der einen Roman über seine Mutter geschrieben hat…
Ja und beim mehrmaligen Korrigieren ist mir aufgefallen, wie sich die drei Frauengeschichten quasi von selbst ergeben. Also kein Rosa- Marianne- Theresa Buch, der Konflikt zwischen Mutter, Tochter und Großmutter war aber plötzlich da und Mariannes Eifersucht wird durch die beiden Frauen, Hanka Haugova und Sonja Pilatova, die ständig um Jan schwärmen ganz gut erklärt und der Titel „Die Wiedergeborene“ ergibt sich auch aus der Geschichte und dann sitzen Jan und Marianne in Prag im Cafe Savoy und er erklärt ihr die Spannung zu ihrer Mutter, daß sie genug von den vielen Flüchtlingsgeschichten in ihrem Leben hatte, die Theresa ist aber gerade dabei, sich in Albert zu verlieben, bzw. lädt sie ihn in der Währingerstraße in die Konditorei Aida ein, aber diese Szenen sind erst am Donnerstag entstanden.
Am Dienstag kam ich nicht sehr zum Weiterschreiben, am Mittwoch ebenfalls nicht, da sind nur zwei Literaturgeflüsterartikel entstanden, am Donnerstag in Harland dachte ich wieder, wenn du jetzt Baden und Radfahren gehst, kommst du aus dem Konzept heraus und schrieb fünf Szenen, die fast von selber entstanden. In Prag bei dem Besuch in dem Sterbehospiz, wo sich Hanka zurückgezogen hat, fing es an, dann ging es wieder nach Wien zurück, wo Theresa Albert im Supermarkt trifft, der seine Tante dorthin begleitet bzw. ihr beim Einkaufen hilft. Bei der fünften Szene, die ich geschrieben habe, hat es sich wieder verdünnt, ich war ausgeschrieben und werde korrigieren müßen, die letzten Szenen wahrscheinlich wieder etwas füllen und das weitere Konzept festlegen. Wo es ungefähr hingeht, weiß ich jetzt. Wenn ich mir die jetzt vorhandenen siebzig Seiten und dreiundzwanzig Szenen ausdrucke, habe ich das Ganze, was ich auch brauche, plastisch vorm Gesicht und kann die Handlung weiterfestlegen, bzw. mich vor Fallen hüten, in die ich noch kommen könnte. Es könnte aber „ganz kitschig“ in Margits oder Theresas Wohnzimmer enden. Margit singt, Albert spielt Geige, Johann Molnar und seine Tochter Ilona sind da und auch Jan, der inzwischen Marianne in Salzburg besuchte, die sich aber auch mit Ari anfreunden kann…
Beim Schreiben war es spannend zu erleben, was alles aus einer Idee entstehen kann und, daß es gut ist, in der Gegenwart zu bleiben, die Rosa und die Esther Hannah Geschichte dort entstehen lassen und wenn ich es jetzt in einem Satz beschreibe, lernt die Theresa den Albert kennen und am Schluß zieht er bei ihr ein.
Ein Aha-Erlebnis war sicher letzte Woche, daß ich mich von den Stimmen im Kopf „Das geht ja nicht!, das gibt es alles schon!, das ist nicht gut genug!“ etc lösen muß, dann wächst das Rohkonzept und natürlich ist es noch voll von Klischees, die nach und nach hinaus gehören und die Theresa ist vielleicht auch prüder, als die Figuren der Helene Hegemann oder der Charlotte Roche, soll so sein!
Jetzt muß ich wieder an den Anfang, die vorhandenen siebzig Seiten korrigieren und dann weiter machen, ob ich jetzt bei der Hälfte oder schon im letzten Drittel bin, weiß ich nicht.
Flüßiger ist es, glaube ich, geworden und da sehe ich auch einen Schreibfortschritt, der sicher durch das ständige Reflektieren wächst und reift. So halte ich das öffentliche Diskutieren für eine gute Idee, auch wenn wenig Feedback kommt, komme ich damit weiter.
Was noch ein wenig unklar ist, ist der Verlauf der Handlung. Das „Worum geht es überhaupt? und „Wo will ich hin?“, hat sich aber von der ersten Idee „Drei Frauen in einer Wohnung“, eigentlich ganz schön entwickelt und Autobiografie gibt es diesmal nicht sehr viel und auch keine realen Vorbilder.
Die Figuren der Rosa Marianne Theresa sind in meinen Kopf entstanden, stimmt nicht ganz, werden meine Leser einwerfen, hat die Rosa den Namen und auch das Geburtsdatum meiner Mutter, ja, aber eine ganz andere, nämlich eine Mittelschichtbiografie und die Wohnung in der Porzellangasse, wo einmal der Alfred in einer WG wohnte und ich ihn in den frühen Achtzigerjahren das erste Mal besuchte, hatte ich auch im Kopf, als ich die in der Währingerstraße, in der die drei Frauen leben oder lebten, konzipierte. Das ist wahrscheinlich das, was in einem drin ist und wo man das Rad nicht immer neu erfinden muß, die Handlung hat sich dann aber aktuell, durch den Tod von Vaclav Havel, zum Beispiel, weiterentwickelt. Da habe ich mir das Begräbnisvideo angeschaut und dann den Jan den Nachruf halten lassen, denn der war ein politischer Weggefährte des ehemaligen Präsidenten. Das Charta 77 Büchlein habe ich noch immer nicht gefunden, wohl aber Vaclav Havels „Briefe an Olga“, die ich einmal zu lesen abgebrochen habe und Autobiografie von mir, das was zwickt und drückt, etwa die depressive Frau, die im Rathauspark den Bürgermeister trifft, wie in der „Frau auf der Bank“ gibt es hier nicht, denn die Marianne, die altermäßig zu mir passt, hat nicht viel von mir und das mit der Eifersucht auf die Hankas, Katjas, Sonjas hat sich nach und nach entwickelt und war ganz lustig zu erleben.
Also wieder zurück zum Start und am Wochendende nochmals korrigieren, die nächsten Szenen festlegen, weiterschreiben, auf Klischees achten, versuchen, sich nicht von sich selbst zu hindern zu lassen und nicht ständig denken „Das kannst du nicht!“, sondern meine Ideen kommen lassen.
Ein bißchen könnte mich ja die E-Buch Debatte von den unrichtigen Autoren, die es jetzt im Internet gibt und die leidige Frage, ob wirklich alle schreiben dürfen?, die immer wieder kommt, behindern, sollte aber nicht!
Ich schreibe ja schon lang, hatte nicht viel Glück im Literaturbetrieb, 2000 aufgehört, mich um Stipendien zu bewerden, seit dieser Zeit mache ich auch meine Bücher selbst und schicke seit etwa 2004 meine Manuskripte nicht mehr herum. Den Wunsch damit reich zu werden hatte ich nie, eher den, wahrgenommen und anerkannt zu werden. In diesem Sinn benütze ich auch das Literaturgeflüster, das ich seit dreieinhalb Jahren sehr intensiv betreibe. Daß das auch die anderen wollen, für deren Schreiben ich mich sehr interessiere, ist klar und bedroht mich eigentlich nicht. Auch die anderen werden an ihre Grenzen stoßen und hart arbeiten müßen, wenn sie weiterkommen wollen. Ob man mit selbstgemachten E-Büchern, die jetzt so propagiert werden, so einfach reich und berühmt werden wird, glaube ich zwar nicht, weil die Leute immer weniger lesen und sich nur ein kleiner Teil für Literatur interessiert, die anderen sind Konkurrenten und lesen oft nicht viel.
Ich tue es aber und profitiere für mein Schreiben sehr davon. Wenn ich mal ein Buch von einem Autor erwische, der schlechter schreibt, als ich, finde ich das interessant und halte es aus, das gilt allerdings auch umgekehrt für die mehr oder minder gut lektorieren, für den Markt geschriebenen Texte, die man bei Surhkamp, Rowohlt, etc findet.
Jetzt habe ich, um die Flucht nach vorne anzutreten, auf Margot Kollers Aufforderung ihr für die Salzburg Lesung im April, für die ich eventuelle Salzburger Leser schon herzlich einlade, die Handlung der „Wiedergeborenen“ in ein paar Sätzen zusammengefaßt und neue Halbpreisbücher für die Harlander-Leseliste gibt es auch.

2012-01-06

Baba Rada

Filed under: Uncategorized — jancak @ 10:00

„Baba Rada – Das Leben ist vergänglich wie die Kopfhaare“, von Dana Grigorcea ist, wie man nach dem Lesen denkt und auch verschiedenen Rezensionen entnehmen kann, ein phantastisches Buch, obwohl der Klappentext ganz realischtisch ist „Das geheime US-amerikanische Gefängnis im rumänischen Donaudelta wurde überflutet. In einem Dorf legt ein Motorboot an, darin ein Terrorist und sein überforderter Wärter. Baba Rada nimmt den Terroristen auf und wittert das große Geschäft.“
Beginnt man das Buch zu Lesen, merkt man nichts oder nicht viel davon, denn wir sind auf einmal an der überfrorenen Donau oder einer solchen Insel, wahrscheinlich weit hinten in Rumänien, wo die Menschen Vogelähnlich zu sein scheinen, jedenfalls flattern sie, gehen im Federnschritt und haben Vogelknochen. Sie haben auch Boote und Fischernetze und da gibt es Baba Rada, eine alte Frau oder Ur-Hexe und die lebt in diesem Dorf in einer Hütte mit einem Hund namens Stalin, einer beschränkten Tochter, einem oder mehreren Söhnen und Enkelkindern, ja es ist nicht ganz einfach sich in dem Buch auszukennen, hat es doch eine sehr phantastische Sprache und sprudelt von Einfall zu Einfall, obwohl es in ganz konventionelle Kapitel gegliedert ist, die, wie es einstens E.T.A Hoffmann machte, den Inhalt vorab erzählen
„Kapitel 1 indem es damit anfängt, daß wir den Terroristen aufnehmen und ich mich auf das gute Geschäft freue“, aber aufgepasst nicht immer halten sich die Überschriften an das, was später folgt, manchmal gibt es auch keine Einleitungen, manchmal reimt sichs kindlich „Wo tuts weh? hol ein bißchen Schnee, hol ein bißchen kühlen Wind, dann vergeht es ganz geschwind“.
Trotzdem sind wir wahrscheinlich, um zum Klappentext zurückzukehren, in der Zeit nach dem Kapitalismus, weiter unten steht auch etwas von einem „gloablisierten Osteuropa“ auch das merkt man eigentlich nicht. Sind die Leute in dem Donaudelta ja so arm, daß sie, wenn sie, um ihre Toten zu begraben, auf andere Inseln kommen, halbleere Shamppoflaschen und Eisenstäbchen, die man als Nagelfeilen verwenden kann, aufklauben und es gibt den Popen und die Popenfrau Irinia, die mit ihren Stöckelschuhen durch den Schnee stapft und die Dorfbewohner besucht. Es gibt auch Feste, die es im Kommunismus kaum nicht gegeben hat, so werden Totentorten gebacken und Kreuze vom Popen in die Donau geworfen und der Gefangene, der es erwischt wird amnestiert. Welcher Gefangene, der von dem US-Amerikanischen Geheimgefängnis? Ob das die Amerikaner zulassen? Aber von denen hört man ohnehin nicht viel in dieser phantastischen Geschichte, die die Hexe Baba Rada erzählt, die einerseits mit dem Terroristen Geld machen will, andererseits ihn mit ihrer beschränkten Tochter verkuppeln möchte. Sie hat auch einen Geliebten und einen Ehemann, aber der ist verschwunden, irgendwo habe ich gelesen, daß sie ihn erschlagen hat, an anderer Stelle wird er mit einer Braut in einem Fischbauch eingenäht, das ist, als Baba Rada schon schwanger ist und noch die Kommunisten herrschten, da gibt es auch einen ehemaligen Milizionär, Rotbart genannt und der hat in den glorreichen Zeiten der Vergangenheit einen französischen Kommunsten in das Dorf gebracht und um ihm die heile Welt und Gebräuche des Kommunismus vorzuführen, wurde eine Hochzeit zwischen Pandele, das ist Babas Ehemann und der scheuen Agripina inszeniert, wo beide dann, um die Hochzeitsbräuche vorzuführen in den Fischkadaver eingenäht werden. Aber keine Sorge, am Schluß der Geschichte taucht Pandel wieder auf, beziehungsweise steigt er aus dem Schilf, während der Terrorist, der immer in einer unverständlichen Sprache stotterte und man nicht recht wußte, ob er jetzt mit der Hochzeit mit Ileana, der beschränkten Tochter, einverstanden ist und der das Kreuz aus der Donau holen soll, um ein freier Mann zu werden, davonsschwimmt und der ehemalige Milizionär, den die Nachbarin Agripina versteckte und der von Baba Rada im Plumpsklo eingesperrt wurde, um ihn zu bestrafen, kommt auch davon.
Eine sehr phantastische Geschichte und wem meine Zusammenfassung jetzt zu unverständlich scheint, ich habe die ersten fünfzig Seiten nicht viel verstanden, dann mir die Geschichte so zusammengereimt und gedacht, daß es offenbar eine Tendenz gibt, den Kommunismus sehr ironisch-distanziert zu erzählen, tut das Andrej Kurkow im „Wahrhaftigen Volkskontrolleur“ ja auch und Renata Serelytes „Blaubarts Kinder“ läßt sich ebenfalls so interpretieren. Daß noch andere Leser überfordert waren, läßt sich in einer Amazon-Rezension nachlesen, in der es heißt „Das Altweibermärchen mit dem Untertitel „Das Leben ist vergänglich wie die Kopfhaare, ist die größte literarische Frechheit seit Tristan Shandy(1759) Dann kommen mehrere Absätze Beschreibung, wo ich dachte, was hat denn der gelesen? und am Schluß der Satz „Jetzt haben Sie bisher gelesen und nichts weiter über die Geschichte erfahren. Mein Gott Ihre Lesegewohnheiten Bin ich Baba Rada? Bin icht nicht! Lesen Sie das Buch, nicht die Rezension!“, während Ruth Schweikert im Klappentext „Baba Rada entwirft wundersam aufregende Erzählflüße, die durch Zeiten, Menschen, Landschaften und Schicksale mäandrieren. Überleben und Sterben in einem globalisierten Osteuropa, getragen von einer Sprache, die uns die Geschehnisse ebenso hintersinnig, wie scharf, ebenso bildhaft, wie explizit vor Augen führt.“
Ich hab das Buch gelesen und es hat mir ebenso gefallen, wie Walter Famler, der die Autorin deshalb auf seine Donauschifffahrt von Bratislava nach Wien zum Literatur im Fluß-Festival lud und sie dort diskutieren lassen wollte. Leider hat Dana Gricorcea, die sich die Stadt anschauen wollte, die Abfahrt des Schiffes versäumtes und mußte mit dem Zug nach Wien fahren, um am Abend das Schiff zu erreichen und aus ihrem Buch, wie geplant, vorzulesen.
Dana Grigorcea wurde 1979 in Bukarest geboren und wuchs zweisprachig Rumänisch – Deutsch auf und lebt heute mit Mann und Kind in Zürich. „Baba Rada“ ist ihr erstes Buch.

2012-01-05

Deja vue und andere Arbeitsberichte

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:01

Diese Woche bin ich Dienstag und Mittwoch nach Wien gefahren, bekam ich ja schon vor einigen Wochen von Franz Josef Huainigg ein Mail, daß ich mir den Mittwochvormittag für ein Ohrenschmaus-Brainstorming freihalten soll. Dann kam noch eine Doodle-Umfrage und die offizielle Einladung in das Psychologische Institutes in der Liebiggasse 5 und das ist ja der Ort, wo ich zwischen 1973 und 1979 sehr oft hingegangen bin, um Psychologie zu studieren.
Zwar die linke Stiege hinauf in den ersten Stock in den Hörsaal und im dritten Stock gab es das Sekretariat, wo man sich die Zeugnisse abholte, sich für Prüfungen anmeldete oder auch das Dissertantengespräch und die Rigorosen machte. Das ist lange her und die Psychologie ist ein Fach, das nie aufgehört hat, überlaufen zu sein, so gibt es jetzt eine eigene Fakultät für Psychologie und mit Germain Weber, einen Dekan, der offensichtlich auch Präsident der Lebenshelfe ist, Zulassungsbeschränkungen und jede Menge neue Hörsäle und neue Professoren.
Damals in den Siebzigerjahren hat es den Prof. Guttmann, den Prof. Fischer und ganz am Anfang die Frau Professor Bayr-Klimpfinger gegeben und im ersten Semester lernte man über optische Täuschungen, Neuropsychologie, Statistik und ging am Samstag in die Vorlesung vons Professor Strotzka um etwas Praktischeres, nämlich die Tiefenpsychologie zu lernen, wo ich auch den Club der logischen Denker mit Josef Lembacher traf. Im dritten Semester gab es das gefürchtete Planungspraktikum, wo ich ein Referat halten mußte und fast daran gestorben wäre. Ich habe es aber überlebt und keine Redeangst mehr. Ich dissertierte über die Midlife-Krise und als ich mit meinem Studium fertig war, begann ich zuerst mit einer Gesprächsterapie, später mit einer Verhaltenstherapieausbildung und machte mein Akademikertraining im Schulpsychologischen Dienst in der Burggasse und in der Gymnasiumstraße. Später wechselte ich zu „Rettet das Kind“, wo ich mich mit Gastarbeiterkindern beschäftigte. Da hatte ich dann schon meinen ersten großen Erfolg, „Güler will kein Kopftuch mehr“ geschrieben und weil man danach Anspruch auf Arbeitslosenunterstützung hatte, ließ ich mich in der Akademikerabteilung des Arbeitsamtes beraten und traf auf eine ältere Dame, die mir riet, doch bei der Lebenshilfe Betreuerin zu werden. Vier Monate habe ich das gemacht, dann verließ meine liebe Kollegin Irmgard, die ich während meiner Ausbildungen kennengelernt habe, die HNO-Klinik, wo sie auf der Sprachambulanz tätig war und vermittelte mir ihre Stelle, wo ich vier Jahre halbtags Assistentin war, danach in die freie Praxis ging und von der Sprachambulanz, die Arbeit mit Stotterern mitnahm, beziehungsweise zwei Bücher darüber geschrieben habe.
„Laß dir Zeit – Stottern will verlernt sein“, gemeinsam mit Edith Thabet, die ich im Arbeitskreis schreibender Frauen kennenlernte, bei Fischer TB erschienen und das Orac-Fachbauch „Verhaltenstherapie mit erwachsenen Stotterern. Ich habe auch eine Zeitlang Psychotherapie für den Club Handicap gemacht und hin und wieder Klienten mit Behinderungen.
Einen Lehrauftrag über das Arbeiten mit Stotterern auf der Sonderpädagogik, habe ich auch einmal gehabt und wurde einmal in den Neunzigerjahren, in der Zeit als ich meinen Vater betreute, in ein Proseminar eingeladen über meine Praxis den Studenten etwas zu erzählen. Inzwischen habe ich einen Kassenvertrag für Psychodiagnostik und einen Psychotherapievereinsvertrag, wovon ich lebe und bin durch Otto Lambauer, der ja anfangs durch seine Kommentare das Literaturgeflüster sehr verstärkte, in die Ohrenschmaus-Jury gekommen.

Buchhandlung Anna Jeller

Buchhandlung Anna Jeller

So war ich jetzt wieder in der Liebiggasse, wo sentimentale Vergangenheitsgefühle aufkamen und ich mich auch recht intensiv mit Germain Weber, über meine Studentenzeit unterhielt. Das Ohrenschmaus-Brainstorming war aber auch sehr interessant. Zwar waren außer mir keine Juroren da, aber bei der letzten Jurysitzung gab es ja wieder ein paar Probleme, bezüglich der Einreichungsbestimmungen und so habe ich das deponiert, daß ich da klare Regeln haben möchte und von Organisatoren wurden eine größere Einbindung an den Literaturbetrieb gewünscht. Zwar wird das etwas schwierig sein, zum Bachmannpreislesen, zu einem Verlag oder in die Literaturzeitschriften zu kommen, denn der Literaturbetrieb ist ja sehr sehr hierarchisiert und wünscht sich keine Konkurrenz und ich kann mir schon vorstellen, daß da wieder die Anführungszeichen oder das „Das sind ja keine richtigen Autoren!„, kommen. Andererseits kann man es versuchen und, ich glaube, Otto Lambauer hat im ersten Jahr auch die Texte an das „Podium“ geschickt und sich 2008 eine Nacht lang in ein Zelt bei „Rund um die Burg“ gesetzt und ich denke, es ist auch spannend was passiert, wenn die Autoren bei der GAV einreichen werden. Ich lege schon ein Veto für einen Preisträger ein, wenn er abgelehnt werden sollte, aber die Organisatoren haben eher an den PEN gedacht und von der GAV noch nicht viel gehört. Es kam aber die Anregung sich an Gerhard Ruis und die IG Autoren zu wenden und auch die Idee einen Sonderpreis für Menschen ohne Behinderung über ihre Sicht auf das Leben mit Behinderung auszuschreiben. Was ich sehr spannend finde und auch das ist, was Christa Stippinger schon lange mit ihrem „Exil Preis – Schreiben zwischen den Kulturen“ macht und die Preisträger dort schaffen sehr oft den Einstieg in den Literaturbetrieb, bekommen ein Staatsstipendium wie Grzegorz Kielawsky und Seher Cakir oder schreiben Bücher, die sie in der Editon Exil herausgibt und eine Schreibwerkstatt, was auch gefordert wurde, hat sie auch. Dimitre Dinev ist so Erfolgsautor oder Julya Rabinowic, die inzwischen bei Deuticke verlegt und beim Bachmannpreis gelesen hat.
Am Nachhauseweg habe ich gesehen, daß Anna Jeller mit einer Groschenromankollektion im Schaufenstter und der passenden Unterschrift dazu, auch etwas beiträgt zur aktuellen Literaturdebatte und Emily Walton, die inzwichen Stadtschreiberin des neunten Bezirkes ist, berichtet jetzt über den Alsergrund, für den fünften tut das die Evi von Zwillingsleiden und die hat jetzt einige Wiener Blogger verlinkt, so daß etwas mitbekommen kann, vom Wiener Literaturgeschehen, es gibt allerdings noch in/ad/ae/qu/at, Thomas Wollinger, Sara Wipauer, Anni Bürkl und andere Blogger, wo man über das Wiener Literaturleben erfahren kann und ich mit dem Literaturgeflüster ja auch ein bißchen die Stadtschreiberei betreibe, ist mein zweites Standbein ja die Literatur, die ich sehr intensiv, wenn auch ziemlich solo vor mich hinbetreibe und für die, die es interessiert mit meinem Projekt bin ich auch weiter gekommen. Habe jetzt auch in etwa den Handlungsrahmen und weiß so ungefähr wohin ich will und zwar wird Esthers Sohn eine uneheliche Tochter namens Ilona haben, die in Budapest Psychologie studiert und auch an den Demonstrationen gegen die Regierung teilnimmt und Marianne könnte im Salzburger Literaturhaus dem Sohn von Hannah Eisenstein begegnen, der ein Buch über seine Mutter geschrieben hat. Jan könnte Marianne in Salzburg besuchen, weil Hanka Haugova gestorben ist, Theresa wird sich in eine Beziehung mit Albert Taher einlassen und am Ende bekommt noch Margit Mayerhofer ein Engagement und darf vielleicht an der Budapester Taschenoper vermittelt durch einen Freund Ilonas die Toska singen.
So in etwa habe ich auch einen Szenenplan und natürlich noch viele Unklarheiten und es kann schon sei, daß ich noch in einige Krisen schlittere, über die ich berichten werde, bis ich dann in vier, sechs oder noch mehr Wochen mit dem Rokonzept wieder fertig bin, achtzig, hundert oder hundertzwanzig Rohseiten habe und das ganze wieder ein Mittelding zwischen einem Roman und einer Novelle wird. Etwas, das ich früher sehr bedauerte, jetzt denke ich, es wird an den Endlos-Romanschreibern ohnehin immer bemängelt, daß sie herumschwafeln und nicht kürzen und verdichten.

2012-01-04

Der Platz des Hundes

Filed under: Uncategorized — jancak @ 16:37

Jetzt kommt das erste Buch auf der 2012er Leseliste, das schon lange in meinem Bücherregal steht, bzw. im Badezimmer lag, habe ich doch Anna Weidenholzers „Der Platz des Hundes“, schon 2010 von der Buch-Wien nach Hause gebracht. Der freundliche Verleger hat es mir gegeben und ich habe es nicht gelesen, denn da gab es ja so ein Vorurteil „Kurzgeschichten lese ich nicht!“ und tat dem Buch damit nicht nur Unrecht, es trifft auch nicht ganz zu. Denn eigentlich könnte man die die acht Erzählungen ähnlich, wie Daniel Kehlmanns „Ruhm“ als einen Episodenroman interpretieren. Zumindesten hantelt sich eine Geschichte an der nächsten weiter und dem Leopold der ersten Geschichte begegnen wir in der letzten wieder, dazwischen haben wir seine Kellnerin kennengelernt, einen alten Mann mit weißen Schnurrbart, zwei ältere Damen, einen jungen Mann, u.u.u.
Und die 1984 in Linz Geborene ist dem Literaturgeflüster auch keine Unbekannte, habe ich den Namen doch 2009, glaube ich, kennengelernt. Denn da las sie in einer von Angelika Reitzer moderierten Textvorstellungen, im Etcetera war ein Text von ihr und in der Wortlaut-Anthologie und wenn ich mich nicht irre, waren das auch Geschichten, die im „Platz des Hundes“ zu finden sind.
Das Buch, 2010 erschienen, wurde auch in Ö1 vorgestellt und die Titelgeschichte daraus gelesen, vor einem Jahr war sie bei den Lockstoffen und heuer wurde Anna Weidenholzer bei den Auftritten im Literaturhaus prominent präsentiert, ihr Postkartenportrait steht auf meinem Bücherregal, bei der GAV ist sie nun auf, obwohl das etwas schwierig war und das ist eigentlich nicht verständlich, denn die acht Kurzgeschichten zeigen einen eigenen Ton, haben eine schöne Sprache und beschäftigen sich vor allem, was mich ja sehr freut und was auch Bernhard Strobel ein bißchen so macht, mit den kleinen Leuten am Land, den einsamen alten Männern, etc und das auf eine durchaus literarische Art.
So geht der leise Reigen los mit der „Zwischenzeit oder der Platz des Hundes“, wo wir Leopold, einen vereinsamten Mann, treffen, der für seinen Hund, den es offenbar gar nicht mehr gibt, Palatschinken macht und dabei „das Mehl in den Motten“ nicht bemerkt.
Es sind die kleinen feinen Töne, die in Anna Weidenholzers Texte bestechen, das Ungesagte, Angedeutete. Ist Leopold jetzt Witwer oder nicht und wie ist das mit der Uhrenmaffia und der Zwischenzeit?
Ein paar Wendungen tauchen immer wieder auf, die mir ungewöhnlich scheinen, wie etwa, das Weltspartaggeschenk, die „Sumsi-Biene“ oder ein paar Allgemeinplätze, wie der Satz „Meine Lieben, alles hat ein Ende, nur die Wurst hat zwei, hat die Großtante geschrieben“, aus einer späteren Geschichte, wo ich mir Denken könnte, daß es Anna Weidenholzer, wenn sie das vielleicht in Klagenfurt liest, mit den Kritikergöttern Schwierigkeiten hat, weil die ähnlich, wie 2009 bei Caterina Satanik, das Österreichische an der deutschen Sprache nicht aushalten.
Mir aber gefällt die Mischung des Alltagslebens mit der schönen Sprache, der kleine feine Reigen, der der Geschichtensammlung vielleicht doch eine Handlung gibt, denn die agierenden Personen, scheinen in derselben Gegend irgendwo in der Provinz von Linz, vielleicht zu wohnen und Leopold geht, nachdem er Palatschinken aus Mehl mit Motten für einen offenbar nicht oder nicht mehr existierenden Hund macht, mit einer Leine ins Wirtshaus, bestellt sich dort ein oder zwei Nachmittagsbiere und schaut immer wieder nach dem Hund unter den Tisch, um es offenbar zu genießen, wenn ihn die Kellnerin „Suchen Sie was?“ fragt. Die erfahren wir eine Geschichte später heißt Siri , hat einen Freund namens Simon und fühlt sich etwas verloren in der Welt. Vor allem wenn sie in den Supermarkt geht, um Käse einzukaufen. Simon kommt dann nicht zu ihr, so trinkt sie die Flasche Whiskey aus, die sie von dem Mann mit dem Bart aus der dritten Geschichte geschenkt bekommen hat und der ist, wie Siri ein Meister der Todesarten (Merken wir etwas? Aber irgendie müßen die jungen Autoren ja anknüpfen und ich habe in der „Radiosonate“ ja auch damit gespielt.).
Siri hat eine Liste, wie sie ums Leben können kommte, am Eisschrank hängen und der Toni aus „Löwenzahn“, „kennt Namen und Daten aller in Österreich geschehenen Morde, bis ins Jahr neunzehnhundertachtundvierzig zurück“. Toni fährt Taxi und möchte irgendwann nach New York, zumindestens erzählt er das seinen Fahrgästen. Er sucht auch eine Frau, so antwortet er auf ein Inserat einer Witwe und verspricht ihr mit einer Rose in einem Kaffeehaus auf sie zu warten. Die kommt in „Kaffee mit Schnurrbart“ viel früher ins Cafe als er und beobachtet, wie er nach allen eintretenden Frau schaut und holt sich die Rose, als er gegangen ist. Vorher resumiert sie über den Bauchspeicheldrüsenkrebs ihres Karls, der sie zur Witwe machte. Und in „Kavkas Butterbrote“, lebt der Hund Kavka, mit „v“ nicht mit „f“, wie der Dichter mit Hermine im dritten Stock eines Mehrparteienwohnhauses und vergräbt jeden Morgen sein Butterbrot im Garten.
Es sind schon skurrile Geschichten, die Anna Weidenholzer da eingefallen sind. So fährt Hermine mit Kavka mit dem Bus in einen Gartenmarkt um Tomaten, „Strauchtomaten, Balkontomaten, Bauerntomataten, Stabtomaten“ zu kaufen und plfanzt sie am Friedhof am arab eines Hermann an, „der am 21. Mai 1990 während eines Arztbesuches starb“.
Auf dem Weg dorthin sitzt sie dem Helden von Geschichte sechsm Franz Xaver Aumüller gegenüber, der einen Stock Basilikum auf seinen Knien hat und sich wundert, daß er diese Pflanzen kauft, um sie am Abend aufzuessen, bzw. in die Pasta zu geben und Franz Xaverm der praktisch von seinem Großvater aufgezogen wurde, hat Schwierigkeiten mit den alten Fotos aus einer Schachtel (auch das erscheint mir momentan sehr bekannt), die ihm in einer Wehrmachtsuniform zeigen und dann gibt es noch, die mich sehr berührende Geschichte eines Schulwartes, der als Kind vom Land gekommen von den anderen Kindern ausgelacht wurde, weil er „Postauto statt Postbus“ sagte. So gab ihm die Lehrerin eine schlechte Note und als er wieder nach Hause fuhr, wurde er ausgelacht, wenn er „Postbus“ sagte.
Ja, das Leben ist schwer, vor allem wenn wir von sovielen Ausländern umzingelt werden, wie Ferdinand hören kann, wenn er fernschaut. Aber Ferdinand möchte viele Sprachen lernen und hat sich so neun Wörterhefte angelegt, damit er den Kindern auf neun Sprachen „Hallo, Guten Morgen, Wo sind deine Hausschuhe?“ sagen kann. Denn das verlangt der Direktor von ihm und die Eltern wundern sich, daß er Türkisch, Albanisch etc mit den Kindern spricht. Denn wo kommen wir da hin? So versteckt er sieben von den neun Heften und läßt nur die mit den englischen und französischen Wendungen auf dem Tisch liegen, da bekommt er Anerkennung, vom Paketboten, der zu ihm kommt.
Und in der letzten Geschichte, lernen wir Elsbeth, Leopolds Schwester kennen und der Kreis schließt sich, denn die schon erwähnte Tante, hat Leopold die Uhr der Elsbeth den Kristallaschenbecher vererbt, obwohl sie es doch umgekehrt wollten und als Elsbeth dann in einem Gasthaus einen Kakao trinken will, sieht sie Leopold dort, den sie schon lange nicht mehr gesehen hat, begleitet ihn ein Stückchen und schreibt am Abend, wie es ihr ihr Therapeut geraten hat, auf einen Zettel „Mein Bruder ist ein Sozialschmarotzer“ und steckt den Zettel in den Ofen.
Es sind wirklich sehr eindrucksvolle Geschichten, einer jungen Autorin, die vergleichende Literaturwissenschaften studierte, Absolventin der Leondinger Akademie für Literatur 2009 war und verschiedene Auszeichnungen, wie den Marianne von Willemer Anerkennungspreis, den Alfred Gesswein-Preis und ein Staatsstipendium des BMUKs bekommen hat. Stipendiatin in der Künstlerkolonie in Wiepersdorf war sie heuer mit Cornelia Travnicek auch und ich habe jetzt einen Kurzgeschichtenband gelesen, der mir sehr gut gefallen hat.

2012-01-03

Szenen füllen

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:21

Habe ich jetzt die vierzig Seiten, von denen ich am Freitag schrieb, weggeschmissen oder schreibe ich wieder fleißig und etwas besser motiviert weiter?
Erraten, es ging vorwärts, wenn auch nicht gleich. Denn aus den zwei Szenen, die ich nach den „Quälereien“, schreiben wollte, ist nichts geworden. Da habe ich mich an den Laptop gesetzt, ich schreibe jetzt nicht mehr mit der Hand und wieder nur gedacht „Das ist ja Mist, was ich da habe!“ und war auch nicht imstande, weiterzuschreiben, weil soetwas von blockiert. So habe ich die paar Ideen, die ich hatte, in einem schlechten Deutsch den letzten zwei Szenen angefügt, das heißt, die Theresa erfährt von Margit Mayerhofer, daß die Esther ihre Großmutter ist und die Marianne und der Jan, wollen von der Moldau in ein Wirtshaus gehen und treffen am Wenzelplatz Menschen mit Kerzen und mit Blumen, die ihnen sagen, daß Vaclav Havel gestorben ist. Dann habe ich meine Blockierung, mein nicht Schreiben wollen oder können, selbst bemerkt und gedacht, da stimmt doch etwas nicht, du kannst doch schreiben und schaffst es locker in einer Stunde einen tausend Wort Artikel über den Schreibprozeß zusammenzubringen und Buchbesprechungen hast du im letzten Jahr auch hundertvierzehn geschafft, die sogar gelobt wurden. Das soll mir die zwanzigjährige Autorin, die die sogenannten Indie- Autoren unter Anführungszeichen setzt, erst einmal nachmachen. Dann bin ich schlafen gegangen, beziehungsweise habe ich dem Stephan Eibl auf sein Neujahrsgedicht gemailt „Es wird nichts mit meinem Romanprojekt, ich gebe das Schreiben daran auf!“ und mich noch einmal gewundert, weil das ja schon lange her ist, daß ich sowas machte, die letzten zehn Jahre habe ich ja an die fünfundzwanzig Bücher, wie am Fließband geschrieben und, daß man da ein bißchen ausgeschrieben ist, ist klar, vor allem wenn ich bei den Rückmeldungen nur immer „Das geht nicht und du kannst es nicht, etc!“, höre. Am Samstag bin ich dann mit dem Rad nach St. Pölten gefahren, habe mit dem Alfred Kaffee getrunken und bin am Nachmittag mit ihm auf die Rudolfshöhe hinaufgewandert und am Abend, das habe ich ja schon geschrieben, mich zuerst vor meinen Text gesetzt, habe wieder nur gedacht „Hui, ist das schlecht!, dann wollte ich zuerst in der Badewanne das Bachmann-Buch auslesen und dann bis halb zwölf, die erste Szene nochmals korrigiert und sie mit ein bißchen Fleisch gefüllt. Dann sind schon die Ideen gekommen, was ich vielleicht noch verbessern könnte, damit die Handlung weitergeht oder erst zu einer wird.
Sonntag früh habe ich dann schon einen etwas positiver gestimmten Neujahrsbericht geschrieben und bin am Nachmittag über einige sehr interessante Schreibvidos gestoßen.
Toll, was es da im Internet so alles gibt! Wenn ich daran denke, daß ich vor dreißig Jahren ehrfurchtsvoll vor den fünfzehn goldenen Regeln des Schreibens gesessen bin und mir immer wieder die Briefe der Schule des Schreibens, dieser Hamburger Fernakademie, das einzige, was es damals gegeben hat, zuschicken haben lassen, die damals die einzigen waren, die sagten „Du darfst schreiben und wenn man das will, hat man schon Talent!“, aber natürlich viel Geld dafür verlangten. Jetzt haben die im September eine Konferenz in Berlin abgehalten, James N. Frey, das ist der „Mit dem verdammt guten Roman“, dem einzigen Schreiblehrbuch, das ich mir einmal kaufte und fast auswendig gelesen habe, ohne wirklich etwas damit anzufangen, dazu eingeflogen und zwei tolle Videos darüber in das Netz gestellt. Eines ist eine Stunde lang und zeigt eine Diskussion über das Thema „Zwischen Muse und Markt“, wo drei höchstwahrscheinliche Gebrauchsautorin und die Verlegerin Sandra Uschtrin vor einer Schars „Möchtegerns“ ein bißchen aus dem Nähkästchen der Verlagswelt plauderten und das war sehr interessant und das kann ich jenen nur empfehlen. Wurde da ja über Pseudonyme diskutiert und ich habe mich ohnehin schon gewundert, warum vielschreibende Autoren, wie etwa Julia Kröhn, soviele Pseudonyme haben? Ich würde das nicht wollen, weil mir das nicht als authentisch erscheint. Aber wenn sich ein Name nicht trägt, schlagen das die Verlage vor, wurde erklärt und, daß angeblich sehr viele Autoren sehr viele Pseudonyme haben. Die, die ich kenne und beispielsweise in der Alten Schmiede lesen oder auf der deutschen Buchpreisliste stehen, haben das nicht, aber offenbar ist der Literaturbetrieb wirklich total hierarchisiert. Oben sind die die sogenannten E-Autoren, also die Buchpreislistenträger oder die, die beim Bachmannpreis lesen und ihre Bücher bei Suhrkamp Fischer oder Rohwohlt haben, aber dann gibt es noch die vielen vielen Fantasy, Krimi, Chick Lit etc Schreiber, das sind wahrscheinlich auch die, mit den Pseudonymen, dann gibt es noch die Indies- mit den E-Books und ganz unten in der Rangreihe mich mit meinem Blog mit neunhundertdreißig Artikel in dreieinhalb Jahren, fünfundzwanzig selbgemachten Büchern etc.
Das war sehr toll, weil ich im Netz dann noch weitere Videos fand, darunter eine ZDF Diskussion in sechs Teilen „Wie schreibt man einen Roman?“ mit Julia Franck, Moritz Rinke, Hanns-Josef Ortheil und John von Düffel, also die die ganz oben in der Rangreihe stehen, aber von den Bücherbloggern vielleicht nicht unbedingt gelesen werden und das, was die erzählten, erschien mir zum Teil sehr bekannt und schon selbst erlebt. Was mich wieder ein bißchen ermutigte, vielleicht doch nicht so eine „Autorin“ zu sein. Ich lasse die Anführungszeichen jedenfalls weg.
Ja, die Gebrauchsautoren, bei der Schule des Schreibens-Diskussion, die schon mal historische Romane unter einem Frauennamen einreichten, sagten, daß man sich seine Stecknadel im Heuhaufen suchen soll und gegen den Strich der Genres bürsten soll und so weit bin ich inzwischen auch gekommen, bei meiner eigenen Diskussion der letzten Wochen. Soll ich jetzt einen Roman über drei Frauen schreiben, wenn es doch schon soviele über dieses Thema gibt und mir dann dachte, versuch so gut zu schreiben, wie du kannst, deine Fallen aufzulösen, um vielleicht zu dem Eigenen zu kommen, das, was wirklich nur ich kann, statt dem fünfhundertfünften Holocaustroman, den ich ja nicht selbst erlebte. Und das war auch, das was die Schreibprofis riefen, „Schreiben, schreiben, schreiben und dann noch dreimal lesen und so oft leiden!“
Nicht aufgeben, dann wirds vielleicht noch was und wenn es hundertmal abgelehnt wird, reich es noch ein hunderterstes Mal ein! Da denke ich inzwischen zwar auch und wenn ich das getan habe, bekomme ich einen Herzinfarkt und in meinem Mailkasten, steht wieder „Nein!“
Aber was soll es, wenn es mir wichtig ist und das Literaturgeflüster ist auch eine Veröffentlichungsmöglichkeit, auch wenn es außer mir niemand liest. Denn das, was die bei dieser Diskussion vergessen haben, ist, daß die Leser immer weniger lesen, auch, weil sie ja vermehrt selber schreiben wollen.
Da bin ich mit meinen hundertvierzehn 2011 Bücher auch eine Ausnahme, aber mir wurde ja auch schon gesagt, daß ich die „Buchimie“ betreibe, ja und in der Buchpreisklassediskussion wurde von den anerkannten Schreibeprofis dasselbe gesagt. „Talent, Ausdauer und eine verkorkste Kindheit!“ und einiges, was die Buchpreisträger dort erzählten, habe ich auch schon erlebt, obwohl ich ja am untersten Ende der Rangreihe stehe.
Es war also ein interessantes Schreiblernseminar und eines das mich wirklich weiterbrachte. Dann bin ich noch in die Badewanne gestiegen und habe das Bachmann-Buch, das auch sehr interessant war, ausgelesen. Vorher aber schon noch einmal zwanzig Seiten korrigiert und war mit meiner Rohseitenmaterialsammlung wieder ausgesöhnt. Denn da steckt viel drin. Die Profis setzen die Romanschreibzeit übrigens mit zweieinhalb Jahren an. Da bin ich weit darunter, aber ich habe ja keinen Lektor, der mich an der Stange hält und mein Schreibcoaching versuche ich mir selbst zu geben. Aber die Ideen kamen wieder, auch wenn ich dazu tendiere, der Rosa keine eigene Stimme zu geben und eher in der Gegenwart, also bei der Theresa und der Marianne zu bleiben und wenn ich da vielleicht ein bißchen abgehobene Handlung hineinbringen kann, habe ich vielleicht gewonnen. Ich habe also noch immer kein fertiges Romankonzept und weiß noch immer nicht so genau, wo ich hin will. Der Titel „Wiedergeborene“ könnte aber passen.
Und am Montag habe ich dann auf das Radfahren und das Baden verzichtet und fertig korrigiert und da mußte ich die letzten Szenen, die, bei denen ich vorige Woche stockte, gehörig auffüllen, aber das war kein Problem. Da wußte ich jetzt weiter, habe ein bißchen Mariannes Eifersucht erklärt, eine Sonja Pilankova und eine Hanka Haugova erfunden und nachgerechnet, daß die Esther eigentlich schon in der Währingerstraße schwanger gewesen sein muß, also habe ich noch ein Geheimnis. Und auf eine Falle muß ich vielleicht auch aufpassen, wenn ich weiterkommen will. Die man vielleicht „Die Angst vor dem Schreiben!“ nennen könnte. Denn da sitze ich vor meiner Materialsammlung, die sich langsam füllt, denn die Ideen kommen wieder und merke bei den Szenen, das muß ich noch ausführen, daran sollte ich noch arbeiten und dann bekomme ich Angst und gehe vielleich auf meine Statistikseite.
Also Hemmungen überwinden, daran bleiben, da haben ja auch die Profiautoren ein bißchen erzählt, wie sie moglen, um sich an der Stange zu halten. Ich müßte mir irgendwo aufschreiben „In sechs Wochen schreibt man keinen Roman, liebe Eva!“ und tue das ja auch im Literaturgeflüster. Und als ich damit durch war, wars zu finster, um doch noch Rad zu fahren und ich habe zwei neue Szenen angefügt, so daß ich jetzt bei achtundvierzig Seiten und 24.367 Wörtern halte. Die Szenen sind, daß der Jan und die Marianne am Wenzelsplatz Sonja Pilankova und Pavel Smetana treffen und dann die Nacht mit ihnen saufen und, daß die Margit Mayerhofer David und Sara zu Theresa bringt, damit sie singen kann und die wühlen sich durch die Esther Fotos.
Weiter weiß ich nicht und weiß noch immer nicht so wirklich, wie es lang geht, fühle mich aber nicht mehr blockiert. Denn ich kann schreiben, vielleicht ein bißchen anders und ein bißchen eigenwillig, aber ich habe es schon viel getan und wenn ich jetzt noch ein bißchen über meine Fallen kommen, bin ich wieder ein Stück weitergekommen und wenn meine Schreibberichte ein bißchen weiterhelfen, soll mich das freuen, mir bringen sie, glaube ich, sehr viel.

2012-01-02

Mythos Bachmann

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:41

„Mythos Bachmann“ mit dem Untertitel „Zwischen Inszenierung und Selbstinszenierung“, ist ein von Wilhelm Hemecker und Manfred Mittermayer herausgegebener Profilband, eins Magazin des Literaturarchivs der österreichischen Nationalbibliothek. Siebzehn Bände sind im Klappentext angeführt, die Hilde Spiel, Otto Basil, Ernst Jandl, Peter Handke, den kalten Krieg in Österreich u. u. u. zum Thema haben und jetzt eben Ingeborg Bachmann.
Deren Themen lauten in Etwa „Vamp, Hure, Heilige, Diva?“, das habe ich jetzt ein wenig verballhornt, es kommen aber in etwa alle Themenkreise vor, von der Dissertation über Martin Heidegger bis zu ihrem Tod 1973 in Rom und der Frage, ob das jetzt ein Mord, ein Selbstmord oder ein Unfall war und wurde von den verschiedensten Bachmannforschern von Hans Höllerer bis zu Manfred Mittermayer geschrieben. Ein paar literarische Kurztexte von Kerstin Hensel, Michaela Falkner, Marie Therese Kerschbaumer und Evelyn Grill gibt es auch und ich bin auf das Buch bei der Buch Wien aufmerksam geworden und habe es mir zu Weihnachten gewünscht, denn Ingeborg Bachmann ist für mich auch ein Mythos oder eine interessante österreichische Dichterin. Ich bin aber kein Fan von irgendeinem Dichter und neige auch nicht dazu jemanden zu verklären, aber als Ingeborg Bachmann am 17. Oktoer 1973 in Rom gestorben ist, habe ich im ersten Semester Psychologie studiert und mich, wie auch noch heute, sehr für Literatur interessiert und mich wahrscheinlic auch gerade gefragt, was aus meinem Schreiben werden wird und daß ich damals noch so vermessen war, mir zu denken, ich komme auch so weit wie sie, kann schon sein.
1977 habe ich, glaube ich auch, den Fernsehfilm „Drei Wege zum See“ gesehen und damals sicher noch geglaubt, daß ich einmal beim Bachmannpreis lesen werden kann und die vier bändige Werkausgabe habe ich auch einmal von meinen Eltern zu Weihnachten bekommen.
Ja und die GAV hat sich auch 1973 gegründet, aber das steht wahrscheinlich in keinen Zusammenhang zu der 1926 in Klagenfurt geborenen und 1973 in Rom verstorbenen Dichterin, deren Leben zwischen Mythos und Inszenierung jetzt vom österreichischen Literaturarchiv aufgearbeitet wurde. Wenn man bei Wikipedia nachschaut, kommt man auch auf die wichtigsten Lebensdaten, in den einzelnen Aufätzen ist es aber sicher viel genauer analysiert und vieles auch erst bekannt, war der Nachlaß ja gesperrt und wurde erst jetzt freigegeben, so daß man vieles erst jetzt erfährt. Ich habe ein bißchen schon 2006 erfahren, als ich beim Bachmann Symposium zum achtzigsten Geburtstag der Dichterin war und vor zwei Jahren habe ich mir von den zu meinem Geburtstag von Roman Gutsch bekommenen Gutschein den Briefwechsel Ingeobrg Bachmann Paul Celan gekauft und einiges von der Dichterin und ihren Traumatisierungen erfahren, ihr Kriegstagebuch ist auch erst jetzt herausgekommen und der Band mit den Hörspielen, die sie für die Radiofamilie geschrieben haben soll, als sie Redakteurin beim Sender rot weiß rot war. Mythos Bachmann, wo fange ich an, weil es ja wenig Sinn macht, die wissenschaftlichen Aufsätze der Reihe nach zu zitieren, aber wenn ich nur meine persönlichen Eindrücke wiedergebe, hätte ich das Buch nicht lesen brauchen, das aber, um nicht mißverstanden zu werden, sehr interessant war und ich jeden nur empfehlen kann, wenn ich mich auch über einige der Artikel, beispielsweise über den vom Rauchen etwas wunderte und dachte, die Wissenschaft ist auch nicht mehr das, von dem man glaubt, daß sie es einmal war. Es beginnt aber mit der Aufzählung der verschiedenen Biografien und sehr schön finde ich auch die vielen Bilder, die es darin zu sehen gibt, auch wenn in dem Artikel „Zur fotografischen Konstruktion einer Dichterin“ angeführt wird, wieviele Bachmann Bilder man findet, wenn man zu Google geht. Es gibt einige Biographische Portraits, darunter eines von einer Sigrid Weigl und da tat ich mir etwas schwer, die nicht mit dem Hans Weigl zu verwechseln, der ja auch seine Rolle als Bachmann Entdecker spielt und bei einem meiner Geburtstagsfeste habe ich von der Lisa Sedl eine Fotokopie geschenkt bekommen, wo Hans Weigl seine Enttäuschung über die Ingeborg äußert, weil sie sich politisch engagierte und ein Buch hat er auch über sie geschrieben, die „Unvollendete Symphonie“, das ich gerne einmal in einem der Bücherschränke finden würde und Max Frischs „Montaux“ habe ich schon gefunden und steht auf der Leseliste für dieses Jahr.
Fangen wir es aber biographisch an und verlassen ein wenig das Mythos-Buch. Denn da wurde 1926 in Kärtnen ein Mädchen geboren und hat bald den zweiten Weltkrieg erlebt. 2003, zum vierzigsten Todestag war ich im Radiokulturhaus bei einer Bachmannveranstaltung und da war ein älterer Stammbesucher, der sich bei Isolde Moser, der Bachmann Schwester beschwerte, warum sich Ingeborg Bachmann nicht gegen die Nazis engagierte, worauf sie erstaunt sagte, „Aber meine Schwester war da ja ein Kind?“
Auch ein Bachmann Mythos, die kleine Ingeborg wird in der Kärntner Provinz oder in der Ostmark, wie das damals hieß, als BDM Mädchen erzogen worden sein und war 1945 als der Spuk zu Ende war, wahrscheinlich höchst traumatisiert, wie in dem „Kriegtagebuch“, das jetzt erschienen ist und 2006 im Palais Palfy ausgestellt wurde, nachzulesen ist. Sie ging dann bald nach Wien um Philosophie zu studeren und war mit 24 mit der Dissertation über Martin Heidegger fertig, 1953 erschien ihr erster Gedichtband „Die gestundete Zeit“.
Hans Weigl, Hermann Hakel und die anderen damaligen literarischen Entdecker haben sie entdeckt und in dem Buch „Mythos Bachmann“ wird auch genau analysiert, ob die junge Inge jetzt an ihrer Selbstinzenierung gearbeitet hat. Ob sie wirklich so schüchtern war und so unbeholfen oder ob sie ihre Taschentüchlein, Kämme, etc nur fallen ließ, wenn drei Männer um sie herumstanden und ein vierter Männerkopf irgendwo auftauchte und die dann beim Aufheben prompt zusammenstießen, so steht es in dem Buch. Wenn die Ingeborg dann ihre Förderer verlassen hat, waren die tief enttäuscht und schrieben zum Teil Romane über sie, wie Hans Weigl und die möglicherweise Tramatisierte und vielleicht von ihrem Vater Mißbrauchte hat sich auch mit vielen Männern versucht. Mit Paul Celan, Max Frisch, Hans-Werner Henze etc. Die Verstörung ist in dem Briefwechsel Celan-Bachmann nachzulesen und wurde von mir schon besprochen. Max Frisch scheint sie sehr zerstört zu haben, so daß sie psychiatrische Behandlung brauchte und in einem Bildband, auf Wunsch der Familie seine Bilder nicht auftauchen durften und dann gibt es noch einen Adolf Opel, dessen Buch über die Ägyptenreise, mir einmal Trude Kloiber zum Geburtstag brachte und den ich vor kurzem im Amerlinghaus gesehen habe. Der ist auch irgendwie in den Bachmann Mythos verwickelt oder hat an ihm mitgewirkt. Sie ist aber 1953 nach Rom gegangen, vorher hat sie beim Sender-Rot-Weiß-Rot, wie schon erwähnt gearbeitet und bei der Gruppe 47 hat sie gelesen und bald einen Preis gewonnen. 1954 erschien ihr Titelbild im „Spiegel“ und da wird in dem Buch wieder analysiert, ob sie jetzt eine hilflose oder selbstbewußte Frau war, angeblich beweisen die Fotografien das zweitere. Sie war auch sehr mondän und wollte eine Diva, wie die Callas werden, ließ sich in Rom in ihrer Küche fotografieren und kann ja nicht, steht in dem Buch, so hilflos gewesen sein, sonst hätte sie es literarisch nicht so weit gebracht. Sie war aber medikamentenabhängig und in psychiatrischer Behandlung und ist im September 1973 wahrscheinlich deshalb mit der Zigarette eingeschlafen, weil sie bis hiundert Medikamente täglich genommen haben soll und weil das die Ärzte nicht wußten, als sie mit Verbrennungen in die Klinik eingeliefert wurde, wurde sie falsch behandelt. Und sie war sehr bald eine der bekanntesten Lyrikerinnen, als sie sich aber der Prosa zuwandte und beispielsweise, die „Todesarten“ geschrieben hat, haben sich die Herren wie Marcel Reich-Ranicky von ihr abgewandt und sie als eine „gefallene Dichterin“ bezeichnet. Aus der Traumszene in „Malina“ wird ein Inzest durch den Vater interpretiert und weil sie am „Todesartenzyklus“ schrieb wurde spekuliert, daß ihr Tod ein Selbstmord war etc.
Viel ist über die Dichterin zu sagen und natürlich, daß 1977 einer der inzwichen begehrtesten Literaturpreise oder der schönste Betriebsausflug am Wörthersee nach ihr benannt wird, der wahrscheinlich nicht viel mit ihr zu tun hat, den aber alle gewinnen wollen. Ich wollte das auch einmal und habe 2009 den „Wunderschönen Tintentraum“ geschrieben und mich sowohl auf den Preis als auch auf Ingeborg Bachmann dabei bezogen und in „Wilden Rosenwuchs“ geht es auch um eine weißhaarige alte Frau in einem Blumenmusterkleid, die beim Bachmannpreis auftaucht und sich in die erste Reihe setzt.
„Mythos Bachmann“ ist ein interessantes Buch, das zeigt, daß man in die großen Dichter vielleicht nicht so viel hineininterpretieren soll, denn, daß das Roman- oder Gedicht- Ich nicht unbedingt autobiografisch ist, lernt man schon in Schreibseminaren und, daß man junge Frauen und Männer sehr überfordert, wenn man sie in den Himmel hebt, ist klar und zeigt auch das Beispiel Helene Hegemann, von der man im Augenblick nichts mehr hört. Kein Dichter sollte sich, um Höchstleistungen zu erzeugen, so unter Druck setzen, daß er hundert Tabletten täglich braucht sind aber natürlich sehr sensibel, sonst wären sie ja keine, also ein bißchen mehr aufpassen, Leser, Kritiker, Verleger, Förderer damit das beim nächsten Fräuleinwunder nicht wieder so passiert!
Es las sich leichter, als ich eigentlich dachte und man erfährt viel über die Dichterin. Und wenn man schon ein bißchen über sie weiß, kann man sein Wissen ergänzen und natürlich auch die Werke wiederlesen.
Die Fotografien finde ich wie beschrieben sehr interessant, ein paar Gedichte sind auch darin zu finden. Michaela Falkner hat ein Manifest über sie geschrieben und Kerstin Hensel, die ich über die GAV kennenlernte und die 1989 in Klagenfurt gelesen hat, hat geschrieben, daß man sich in der DDR zusammensetzte und die Dichterin „Ingeborg“ nannte, deren Werke es zwar gab, die von der Regierung aber als bürgerlich bezeichnet worden war und Evelyn Grill, die sie, wie ich nie persönlich kennenlernte, fragt sich, ob sie eine Dame war?

2012-01-01

Jahresbeginn

Filed under: Uncategorized — jancak @ 07:38

Den Silvester, den wir in den letzten Jahren meist bei Hilde Schmölzer und etwas früher bei Alfreds guten Freund Martin in der Porzellangasse verbrachten, verlebte ich diesmal ganz bescheiden in Harland, zuerst im großen Wohnzimmer im ersten Stock und in der Badewanne, wo ich der Versuchung widerstand die „Bachmann-Mythen“, doch noch 2011 auszulesen und damit, wie versprochen, hundertfünfzehn Bücher in diesem Jahr gelesen zu haben. Dann hätte ich aber bei der Veröffentlichung mogeln müßen oder zwei Artikeln in einem Tag, was ich auch nicht wollte.
So daß ich um halb zehn doch angefangen habe, die erste Szene der „Wiedergeborenen“ abzuändern. Da bin ich am Abend des dreißigsten Dezember in eine wahre Krisenstimmung hineingekommen, beziehungsweise habe ich beim Schreiben bemerkt, wie mich der Jahresrückblickbericht des Kulturjournals über die besten Bücher blockierte und so kann man natürlich keinen Roman schreiben und es stimmt, es wurde wahrscheinlich schon über alles geschrieben, der Literaturbetrieb nimmt mich nicht wahr und dann scheint es auch noch einen Kampf der sogenannten Gebrauchsliteraten gegen die, die ihre Bücher als E-Books herausgeben und damit noch Geld verdienen oder nicht, zu geben, die nennen diese Schreiber „Autoren“ unter Anführungszeichen und ich kann natürlich auch ihren Unmut erregen, wenn ich so frischfröhlich über mein erfolgloses Schreiben flüstere. Aber ich tue es nun einmal gern und wenn es nicht anders geht, dann so, wie ich es eben kann.
Ich werde also, wenn ich über drei Frauen, die einmal in einer Wohnung lebten, die in der Porzellangasse, die mir schon sehr oft als Vorbild diente, schwebt wieder einmal im Kopf herum, schreibe, wahrscheinlich die Literaturkritik, die nach den neuen Talenten sucht, was ich wahrscheinlich nicht bin, vermutlich nicht vom Stockerl reißen. Ich sollte mich aber, wenn ich schreiben will, nicht von anderen oder auch mir selbst blockieren lassen, sondern dorthingehen, wo ich stehe und versuchen besser zu werden.
In diesem Sinn sind oder waren die vierzig Rohseiten, die ich in den letzten Wochen produziert habe, wirklich schlecht oder sagen wir, erste Entwürfe und unvollkommen. Der unerfahrene Autor läßt so etwas stehen, der erfahrenere arbeitet weiter und soweit bin ich jetzt, glaube ich, zumindest.
Also noch einmal zurück und versuchen die Fallen wirklich aufzulösen, obwohl ich noch keine Ahnung habe, ob mir das gelingt und wohin ich wirklich will? Aber wenn die Theresa, die ich übrigens von Blumental auf Brunner umbenannt habe, schon in einer alten Schachtel ein Tagebuch ihrer Großmutter findet, könnte ich versuchen der Rosa eine Stimme zu geben und wenn die Marianne ihre Tochter besucht, könnte sie mit ihr über Jan reden und da könnte man auch auf den Mutter-Tochter bzw. Großmutter-Tochter Konflikt kommen und der Albert mailt nach Hause und bekommt die Adresse von entfernten Verwandten, die in Margareten einen Hausbesorgerposten haben und wenn er die Theresa im Sigmund Freud Park trifft, könnte er sie ein wenig unverkrampfter dorthin zum Tee einladen…
Das ist dann wahrscheinlich auch nicht so originell, daß ich auf eine Buchpreisliste oder auch nur zu einen Verlag komme, könnte aber, wenn ich geduldig an meinen Schwächen arbeite und immer wieder neuanfange, wenn ich nicht weiter weiß oder an meine Grenzen stoße, zu etwas werden, was authentisch ist, mich bewegt und wird wahrscheinlich kein Groschenroman, denn die haben ja ganz eigene Regeln, die ich gar nicht so gut kenne, daß ich mich daran halten könnte.
Den Zensor also aus den Kopf, denn die Digitalbuchdruckereien bieten gute Veröffentlichungsmöglichkeiten und ich will gar nicht daran verdienen, sondern mich verwirklichen, mit dem Schreiben besser werden und weil ich irgendwie doch an die Öffentlichkeit möchte, blogge ich darüber, in der Hoffnung, vielleicht ein paar Leser zu haben, die das interessiert, weil sie auch gern schreiben wollen und wissen möchten, wie das geht?
Ob es so naive Schreiber, wie ich es vor dreißig Jahren war, heute noch gibt, weiß ich nicht, glaube aber schon, daß das Ringen, um den Ausdruck interessant sein könnte und ich habe ja auch eine Psychotherapeutenseele und bin sehr für die allgemeine Kreativität.
So weit bin ich gestern Abend also bis kurz vor Mitternacht gekommen und als ich bei der ersten Szene vielleicht wirklich ein paar Fallen aufgelöst hatte, die Mutter-Großmutter-Andeutungen sind drinnen geblieben, war es halb zwölf und ich bin zu meinen Schwiegereltern hinuntergegangen, habe mit ihnen den „Silvesterstadl“ angesehen, um Mitternacht Sekt getrunken und ein bißchen dem Harlander Feuerwerk zugesehen. Dann kam schon der WordPress-Jahresrückblick des Literaturgeflüsters und der ist auch sehr interessant. Habe ich 2011 doch 298 Artikel geschrieben, auch wenn die Gesamtartikelzahl, die dort steht, nicht mit der auf meiner Statistikseite übereinstimmt, da bin ich schon bei 928 Artikel. Aber die Rezension von „Scherbenpark“ und „Der Artitikel über die Plagiatsskanale sind immer noch die großen Renner, keine Ahnung, wieso die so prominent besucht werden, aber auf „Scherbenpark“ bekommen, ich immer wieder Kommentare mir wildfremder Menschen und es wurde bis jetzt auch 1.231 mal besucht, während die Besprechung vom „Kaiser von China“, die ich etwa zum gleichen Zeitpunkt machte, bis jetzt nur fünf Aufrufe hatte. Interessant, wie es das genauso ist, das ich Schweizer Leser habe, von denen ich bis jetzt wußte.
Das war also das letzte Jahr, das ich schon vor ein paar Tagen besprochen habe und für das neue, wünsche ich mir natürlich, meine Leser ahnen es wahrscheinlich, daß mir endlich der große Roman gelingt.
Ansonsten bin ich kein Silvesterfeiertyp und würde den, wenn mich niemand einlädt, am liebsten im Bett verbringen. Das hätte ich mir früher zumindestens so gewünscht, als mir noch um acht die Augen zufielen. Inzwischen hat sich da geändert und ich kann bis Mitternach ohnehin nicht schlafen. Also ist das Aufbleiben kein Problem und ein beschaulicher Silvester mit einem Glas Sekt vor dem Fernseher oder vor dem Laptop mit dem Korrigieren am eigenen Text ist auch ganz schön.
Trotzdem gibt es für Interessierte, den Silvesterrückblick die ich seit es das Literaturgeflüster gibt bei Hilde Schmölzer und Ruth Aspöck, zwei liebe literarische Kolleginnen verbracht habe.
Und um noch was vom neuen Jahr zu schreiben, ich werde heute wahrscheinlich Radfahren, sowie das Bachmann-Buch auslesen und besprechen.

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