In Deutschland gibt es das Konzept der offenen Bücherschränke „Nehmen, geben, keine Anmeldung, keine Kosten“, schon lang. Nach Wien hat sie vor zwei Jahren Frank Gassner gebracht und da ist die Eröffnung des ersten Bücherkasten in der Zieglergasse, Ecke Westbahnstraße am 5. Februar 2010 an mir vorbei gegangen. Erfahren habe ich erst durch leselustfrust davon, meinem Lieblingsblog, den es ja leider nicht mehr gibt und den ich sehr nachtrauere, weil manches dort wirklich einzigartig war und bin ein paar Wochen später das erste Mal, verbunden mit einer Literaturhausveranstaltung hingegangen. Ich hab darüber geschrieben und war, obwohl ich ja noch von den Büchertürmen der Literatur im März und der Verlassenschaft meiner Eltern einige ungelesene Bücher hatte, begeistert und habe wirklich sehr viele schöne Bücher dort gefunden, die mein Leseverhalten eindeutig gesteigert haben. Ich habe mir auch parallel oder schon ein bißchen früher angewöhnt, alle Bücher, die ich lese, zu besprechen und da ich auch sonst ziemlich regelmäßig darüber schreibe, was man in den Schränken so findet, habe ich auch eine gute Dokumentation darüber und komme, da ja das Literatur- und das Amerlinghaus, sowie das AKH in der Nähe liegen, ziemlich regelmäßig daran vorbei und finde es sehr faszinierend, was man da alles finden kann und es ist auch interessant, sich Geschichten von den Menschen auszudenken, die die Bücher einmal besessen haben, so habe ich auch in drei Büchern darüber geschrieben. In der „Mimi“ habe ich mir so eine Bücherbetreuerin erfunden, beziehungsweise, die Frau Tunichtgut dazu gemacht und dann gab es einmal eine Aufregung über einen alten Herrn, der sich zuviele Bücher genommen hat, da hat die Psychologin in mir einen Alzheimerpatienten aus ihm gemacht und für die „Absturzgefahr“, die Figur des Bernhard Listringer erfunden und in der „Frau auf der Bank“ kommen die Bücherschränke auch ein bißchen vor. Wurden sie ja sehr gut angenommen, so daß sie, wie die Schwammerln aus dem Boden gewachsen sind und viele Nachahmer gefunden haben. Frank Gassner meint ja immer, daß es ihm gar nicht so sehr, um die Förderung des Lesens, sondern eher, um die des öffentlichen Raumes geht und so gibt es inzwischen auch einen Schrank am Brunnenmarkt und einem am Zimmermannplatz. Dort war ich bei der Eröffnung, das „Rosa Winkel“- Buch habe ich zwar nicht gefunden, mich aber für die Arbeit der „Frau auf der Bank“ einen Tag dort hingesetzt, um ein bißchen die Stimmung zu beobachten.
In der Otto Bauergasse- Ecke Gumpendorfstraße sollte es auch einen solchen Schrank geben, dann war das aber, glaube ich, der Bezirksvorstehung zu teuer und die Förderungen, um die Frank Gassner angesucht hat, wurden auch immer mit Argumenten, wie „Wir brauchen keine Bücherschränke, haben wir ja die öffentlichen Büchereien!“, als ob das damit zu vergleichen wäre, abgelehnt. Dann kam aber die Gemeinde daher und eröffnete Bücherkabinen in Eigenregie und dafür war das Geld dann da, nun ja. Im achten Bezirk habe ich gehört, sollte es einen solchen Schrank geben, es gibt ihn auch noch nicht. Dafür gibt es seit November oder Dezember einen am Margaretenplatz, den die Margaretner Kaufleute gestiftet haben, ihn „Wortschatz“ nannten, der von der Evi von Zwillingsleiden regelmäßig fotografiert und beschrieben wird.
Dort habe ich mir, da er praktisch vor meiner Haustür liegt, auch schon sehr viele schöne Bücher herausgeholt, weil ja nicht nur im siebenten, sondern auch im fünften Bezirk, sehr viele bibliophile Menschen oder Bücherblogger leben und ich halte, die Belebung des öffentlichen Raumes durch einen offenen Bücherschrank für eine sehr gute Idee.
Es gab dann noch eine Aktion des Bezirksrat Jurjans im Sommer 2010 am Siebenbrunnenplatz, wo mir mich die KPÖ einlud, bzw. mir ein paar „Sophie Hungers“-Exemplare abkaufte, aber das war nur eine Tagesaktion und ein Lokal im fünften mit einem Bücherkastel gibt es, glaube ich, auch. Eine Idee, die also sehr um sich gegriffen hat und ich denke, daß es ein paar Bibliophile, wie mich gibt, die sich begeistert daran bedienen, lesen und darüber schreiben. Aber auch sehr viele Leute, die Bücher zum Entsorgen haben und ein paar Ausräumer gibt es wahrscheinlich auch und einmal einen Vandalakt mit einer Bücherkastenzerstörung, was ja besonders schade ist. Die Kästen werden also sehr frequentiert und müssen viel aushalten und so wurde jetzt der in der Zieglergasse durch einen neuen ersetzt und Frank Gassner, der ja ein bildender Künstler ist, hat Hermann Nitsch zu einer Ausgestaltung der Außenwände gewinnen können und heute um fünfzehn Uhr bei der Eiseskälte, die gerade herrscht, wurde feierlich eröffnet.
Das war schon lange auf der Facebook-Seite angekündigt und ich dachte, daß ich auf die Eröffnungsfeier verzichten muß, da wir am Wochenende wieder in Harland waren. Dann sind wir aber schon um Zehn zum Mittagessen auf die Rudolfshöhe gefahren, um Zwölf hinuntergegangen und es ging sich noch aus, daß zu Fuß zum Schrank gehen konnte. Da habe ich den doppelten „Hakan Nesser“ in den Wortschatz gelegt, bzw. gegen eine „Doris Dörrie“ ausgetauscht und fand den Platz, um den Bücherschrank in der Zieglergasse als ich dort eintraf, schon sehr bevölkert vor. Ich habe auch einige Bekannte getroffen, die ich regelmäßig im Literaturhaus sehe.
Der Schrank war noch verhüllt, es gab aber auf einem der Mauersimse, einen ganzen Stoß mit Bücherspenden, die die Leute offenbar zwischenzeitlich gebracht haben. Der Schrank wurde ja am Donnerstag ab- oder ummontiert und Frank Gassner erzählte bei seiner Eröffnungsrede, daß er beim Abmontieren von zwei Damen beschimpft worden wäre, die enttäuscht darüber waren, den Schrank nicht benützen zu können.
Hermann Nitsch war noch nicht da, es gab aber schon was zum Knabbern, Wein aus Prinzendorf und Lesezeichen, die auf den Bücherschrank, beziehungsweise auf Spendenmöglichkeiten aufmerksam machen. Frank Gassner bekommt ja keine Förderung und muß, glaube ich, auch eine Genehmigungsgebühr dafür zahlen und die Schrankkosten trägt er auch.
So gibt es jetzt einen Shop, wo man Tragetaschen bestellen kann, wenn man den Schrank unterstützen will. Es waren auch sehr viele Fotografen da, die sich auf Hermann Nitsch stürzten, der den Schrank eröffnete. Frank Gassner zog die Umhüllung weg und die Leute stürzten sich auf die Hermann Nitsch-Bände, die es heute und in den nächsten Tagen in dem Schrank geben wird und ich erwischte ein noch originalverpacktes Residenz-Bändchen zur „farbenlehre des o. m. theaters“, das ich mir dann signieren ließ. Die Bücherbetreuer Herr Otto und Frau Elisabeth wurden vorgestellt und ich bin und bleibe sehr fasziniert von der Idee der offenen Bücherschränke zur Belebung des öffentlichen Raumes ohne Geld, da bin ich ja auch eine ziemliche Expertin, sowie von der Förderung des Leseverhaltens, die es für mich in erster Linie hat. Wenn ich für mich auch inzwischen nachdenke, wie ich das am besten mache und, wie oft ich an den Schränken vorbei gehen soll? Denn wenn ich zwei Bücher in der Woche auf meine Leseliste stelle, habe ich genug für die nächste Zeit und vielleicht auch die Chance, das sonst noch nicht Gelesene aufzulesen, finde ich dann aber ein drittes tolles Buch, kann ich nicht immer nein sagen oder bereue es, wenn ich es tue und an den Buchabverkaufskisten, wie die, die es derzeit beispielsweise beim Morawa gibt, kann ich auch nicht vorrübergehen, obwohl ich mir das eigentlich vorgenommen habe. Andererseits freue ich mich, wenn ich beispielsweise zu der Urzidil-Buchpräsentation gehe und daraufkomme, daß ich mir vor Jahren drei Bücher von ihm gekauft habe, die inzwischen längst vergriffen sind und die „Verlorene Geliebte“ habe ich mir in Harland auch herausgesucht und werde sie auf meine Sommerleseliste setzen.
2012-02-05
Zwei Jahre offene Bücherschränke
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