„Der König von Amerika“, von Peter Stephan Jungk ist ein biographischer Roman über Walt Disney, 2003, bei Suhrkamp erschienen und er hat dafür eine interessante, wenn auch etwas verwirrende Erzählform gewählt. Das Buch hat neun Kapitel und beginnt am 10 September 1966, Walt Disney ist am 15. Dezember 1966 gestorben. Ziemlich spät für eine Biografie könnte man sagen und jedes Kapitel erzählt ein Detail aus dem Leben des Mickey-Mouse-Königs von September bis zu seinem Tod.
Im ersten Kapitel liegt er mit seinem Bruder, dem Verwaltungsdirektor des Imperiums und seiner Frau Lilian, mit der er sich nicht mehr versteht, in einem Gästehaus in Marceline, seinem Geburtsörtchen. Dort soll er ein Schwimmbad einweihen, geht am nächsten Morgen durch den Ort und wird von Autogrammjägern verfolgt, die alle aus dem Örtchen sind, mit Walt zur Schule gingen oder seine Nachbarn waren. Nur einer ist ein Fremder, Wilhelm Dantine, 1936 in Wien geboren, 1938 mit den Eltern in die USA emigriert, wenn man nachgooglet, kommt man nur auf den evangelischen Pfarrer, den ich einmal für meine Dissertation befragte, vier Jahre Zeichner in den Studios war, bis er von Walt entlassen wurde. Nun verfolgt er ihn auf Schritt und Tritt und tut, um zur Erzählstimme zu werden, unerhörte Sachen, wird der Geliebte von Walts Krankenschwester Hazel oder läßt einen technischen Assistenten Tonaufnahmen machen. Wie er zur Walts Träumen im Krankenhaus und seinen Ängsten aus der Anästhesie nicht mehr zu erwachen kommt, ist nicht ganz klar. Er erzählt uns aber nebenbei, auch ein bißchen aus dem Leben des großen Mannes, der angeblich selbst nie einen Bleistift in die Hand nahm, um zu seinen Comics zu kommen, der als Kind armer Leute und eines strengen Vaters in eben diesen Städtchen aufgewachsen ist.
Im zweiten Kapitel läßt Walt sich von erwähnter Krankenschwester, die auch noch seine Geliebte ist, massieren, er hat Schmerzen und sie nimmt ihm das Versprechen ab, sich untersuchen zu lassen, was er verschleppt, denn er hat große Pläne, will sich nach seinem Tod einfrieren und wieder auftauen lassen, wenn die Wissenschaft das ewige Leben erfunden hat. Er will auch einen utopischen Park mit Hilfe eines Architekten bauen, der auch in Wien geboren wurde und in den Dreißigerjahren emigrierte, Victor Gruen oder Grünwald hieß und vor seiner Emigration in einem Kabarett am Naschmarkt spielte, nicht zu verwechseln mit Fritz Grünbaum. Das Disneyland in Florida soll auch noch gebaut und viel größer, als das schon existierende in Kalifornien werden.
Im dritten Kapitel besucht Walt das Disneyland in Anaheim, wo es eine Lincolm Puppe gibt, die Probleme bereitet, die versucht er zu reparieren, befiehlt dem technischen Assistenten, der dabei die Tonbandaufnahme macht, abzunehmen und droht ihm ihn zu entlassen, wenn er „Sir“ zu ihm sagt und er äußert auch seine rechten politischen Ansichten, so ist er gegen Schwarze und schimpft mit der Puppe, weil die ihren Tonbandmonolog gegen Sklaverei hält.
Im vierten Kaptiel geht Bill Dantine mit seinem Sohn Jonathan in Walts Haus, der dort im Garten mit einer Eisenbahn spielt und hält ihm seine Entlassung vor, er schminkt sich auch als Mickey Mouse und tötet eine Maus, weil er weiß, daß der Ex-Chef kein Blut sehen kann, der holt die Polizei, Dantine wird aber nur wegen Rauschgiftbesitz verurteilt und der kleine Jonathan ist begeistert.
Im fünften Kapitel ist schon Halloween und Walt soll einen Orden bekommen, wieder wohnt er mit seiner Familie, der Krankenschwester und der Adoptivtochter, die er seiner richtigen Tochter Diane vorzieht, in einem Gästehaus und dort läutet eine Lucy, um ihr trick oder treat zu holen, die es gar nicht gibt oder viel später als mögliche Schwiegertochter des Erzählhelden auftauchen soll.
Im sechsten Kaptiel geht Walt endlich zur Untersuchung und Dr. Silverstone entdeckt einen Tumor in der Lunge, Walt ist ein starker Raucher, der wird entfernt und in der Intensivstation liegt der Magnat mit einem kleinen Jungen, den er zu Weihnachten ins Disneyland einlädt und auch hier sein kindliches Gemüt offenbart, aber zu diesen Zeitpunkt werden beide schon gestorben sein.
Vorerst wird Walt aber mit entfernter Lunge entlassen, bestellt Victor Gruen zu sich und läßt sich von Hazel und Dr. Silverstone versichern, daß er eingefroren wird, was seine Familie, als er am 15. Dezember stirbt, zu verhindern weiß. Er wird verbrannt, Dantine nimmt am Begräbnis teil und macht Jahre später noch eine Aktion, die Urne zu stehlen und beim Geburtshaus zu vergraben. Er wird dabei erwischt und bekommt vier Monate unbedingt, die er dazu benützt, den Roman über seinen Widersacher zu schreiben.
Wie schon erwähnt, eine interessante Art, eine Biografie zu schreiben, beim Nachgooglen bin ich noch auf eine Podiumsdiskussion mit Peter Stephan Jungk gestoßen, wo er es ein bißchen erklärt und meint, daß Wilhelm Dantine sein ehemaliger Lehrer war und Peter Stephan Jungk, den Sohn des berühmten Zukunftforschers, habe ich voriges Jahr in der Alten Schmiede kennengelernt, als er sein Buch über seine Herzgeschichten vorstellte.
2012-02-11
Der König von Amerika
2 Kommentare »
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So, jetzt reichts. Ich sag ja nie was, ich lese nur, denk mit meinen Teil und schweige. Aber jetzt hab ich genug. Ein „autobiographischer“ Roman über Walt Disney? Ja? Autobiographisch? Oder meinten Sie vielleicht „biographisch“? Oder denken Sie, das ist eh dasselbe? Sie wollen wirklich Schriftstellerin sein?
Kommentar von Kolja Ratgeb — 2012-02-11 @ 13:09 |
Vielen Dank für den Hinweis, habs schon korrigiert, als Erklärung für den Fehler führe ich an, daß es schon spät war und ich vielleicht auch ein bißerl legasthen oder auf Wienerisch gesagt ein wenig schlampert bin und so kann es schon passieren, daß ich mich verschreibe, was höchstwahrscheinlich nicht nur mir passiert!
In den Verlagen beseitigen wahrscheinlich Lektoren solche Schlampereien, wenn man bloggt, muß man selber dafür sorgen oder ist auf das Feedback seiner Leser angewiesen, das auch kommt.
Und natürlich weiß ich, daß eine Biografie und eine Autobiografie nicht das gleiche sind, bin mir aber trotzdem nicht so sicher, ob in den „König von Amerika“ nicht vielleicht doch auch autobiografische Elemente des Autors hineingesflossen, zumindestens beschäftige ich mich derzeit öfter mit dieser Frage, womit ich noch eine Erklärung für den Freudschen Verschreiber anbieten kann…
Was ich jetzt nicht ganz verstehe, ist, wieso es Ihnen bei einem vergleichsweise harmlosen Fehler gleich reicht?
Passieren Ihnen nie solche und haben Sie sich da oben nicht auch verschrieben?
Als Schriftstellerin bezeichne ich mich übrigens nicht, da ich davon nicht lebe, ich halte mich für eine Autorin oder schreibende Frau, der das wohl so spät am Abend passieren darf.
Ich wollte Ihnen das in einem persönlichen Mail mitteilen, das ich leider als unzustellbar zurückbekommen habe, wieso stimmt Ihre E-Mail Adresse eigentlich nicht?
Kommentar von Eva Jancak — 2012-02-11 @ 14:21 |