„223 oder Das Faustpfand“ – Ein Kriminalfall, bei Residenz erschienen, ist ein ungewöhnliches Buch von Manfred Wieninger, der sich ja schon lange mit den jüdischen Zwangsarbeitern in und um St. Pölten beschäftigt.
Beginnt es doch mit dem Tagebuch des dreizehnjährigen Gyorgy Stroch, das er am 28. August 1944 begann und geht dann zum sechzigjährigen Handelsvertreter Josef Bihari über, der seine Frau Roszi verloren hat und sich nach Wien zum freiwilligen Arbeitseinsatz meldet.
Vom zehnjährigen Tibor Yaakow Schwarz wird erzählt, der seine Füße wund und blutig gelaufen hat und dem Mediziner Henrik Weisz, der mit seiner Frau und seiner Schwester in Wien-floridsdorf zwangsverpflichtet war.
Sie alle werden im April 1945 in Richtung Mauthausen getrieben und landen in Persenbeug an der Donau in einem improvisiertes Lager, das dem Revierinspektor Franz Winkler unterstellt wird, der beschließt, es nicht bewachen zu lassen, so daß es Anfang Mai, als schon die Russen im Anmarsch sind, zu einem Massaker kommt und die Männer, die Frauen und die Kinder von der SS hinausgetrieben und bei Hofamt Priel erschossen werden. 223 Personen, neun, darunter Tibor Yaakow Schwarz und Dr. Weisz mit seinen Frauen überlebten und Manfred Wieninger, der den Toten Namen gibt und seinen Kriminalfall auch Eleonore Lappin- Eppel vom Institut für jüdische Geschichte in St. Pölten widmete, hat das alles sehr genau recherchiert und beschreibt penibel, wie die SS zu den Höfen ging, von einer militärischen Übung sprach und die, die vom Kartenspielen nach Hause gingen, gezielt wegsahen, um nichts zu sehen und zu hören.
Es gab aber auch einen Fotografen, der bei einem alten Ehepaar untergekommen war und am Morgen die Toten fotografierte und damit im Jahre 1948 zum Gericht ging und Anzeige machte. Vorher recherchierte der Revierinspektor, nahm von den Überlebenden Protokolle auf und ließ sich von den Zeugen genau beschreiben, was sie alles gesehen oder nicht gesehen haben.
Am Schluß des Buches wird beschrieben, was von den Akten verschwunden ist und die weiteren Lebensverläufe Tibor Schwarz, Dr. Weiß und des Revierinspektors angegeben und zuletzt werden noch die Quellen genannt, auf die sich Manfred Wieninger bezogen hat.
So hat Eleonore Lappin, die ich ja von einigen Sommerakademien kenne, über das Massaker von Hofamt Priel geforscht und Manfred Wieninger hat auch schon in der Zeitschrift Zwischenwelt, die ich zugeschickt bekomme und regelmäßig lese, 2010 über den „Revierinspektor Winkler und das absolute Böse“ geschrieben.
„Ein kleiner Gendarm vor einem Berg von Toten. Revierinspektor Franz Winkler ermittelt auf verlorenen Posten zwischen den Fronten. Er gibt nicht nur den Tätern Namen, sondern auch den 223 Opfern in einem einzigartigen Fall der Kriminalgeschichte“, steht am Buchrücken.
Und von dem 1963 in St. Pölten geborenen und dort lebenden Manfred Wieninger habe ich schon einiges gelesen und gehört. Hat er ja auch andere Kriminalromane geschrieben, wo Marek Miert in der Stadt Harland ermittelt und sich in letzter Zeit, wie erwähnt, sehr viel mit den jüdischen Zwangarbeitern und dem Lager bei Viehofen beschäftigt.
Ein interessantes Buch mit einem sehr beklemmendes Stück Zeitgeschichte, das da vor kurzem erschienen ist und das, glaube ich, nächste Woche in St. Pölten präsentiert werden wird.
2012-03-25
223 oder Das Faustpfand
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