Es geht gleich weiter mit Edith Kneifl, scheint die doch eine sehr eifrige Krimischreiberin zu sein und läßt jedes Jahr ein neues Buch erscheinen und weil es ein bißchen gedauert hat, bis „Stadt der Schmerzen“ zu mir gekommen ist, habe ich diesmal das eine Buch weggelegt und dann das andere herausgenommen, was bei diesen Büchern nicht so passt, als hätte ich „Stadt der Schmerzen“ nach oder vor „Schön tot“ gelesen, denn da hätte mich das gleiche Ermittlerteam begleitet.
Bei einem historischen Krimi, wie das „Der Tod fährt Riesenrad“, ist, ist das natürlich etwas anders, da kann keine Romni, die Katharina Kafka heißt und in einem Margaretner Cafe kellnert, ermitteln und so begegnen wir im Juli 1897, in den Tagen an denen das Wiener Riesenrad eingeweiht wurde, auch einem großen Frauenhelden, der Gustav von Karoly heißt und der sich im Cafe Schwarzenberg sein Detektivbüro aufgemacht hat, da es nichts wurde mit dem Jus Studium, weil er vorher mit dem Gesetz in Konflikt kam, dann ein paar Jahre unfreiwillig bei den Freiwilligen in Galizien war. Jetzt ist er nach Wien zurückgekommen, wird von seinem illegitimen adeligen Vater Graf Batheny ein bißchen protegiert und so schickt der ihm auch die Klientin für den dritten Fall. In den ersten Beiden mußte er nur den Frauen von betrogenen Ehemännern hinterherlatschen, wobei die zweite statt ins Buff in die Berggasse Nr 19 ging. Jetzt erscheint in Zeiten, wo Frauen, das noch nicht durften, eine schöne verschleierte Dame im Cafehaus, Margarete von Leiden und berichtet vom Verschwinden ihrer fünfzehnjährigen Tochter, der Baronesse Leonie.
Margarete von Leiden ist nach einem alten Lebemann verwitwet, der aber nicht der Vater ihrer Tochter ist, das ist ein bekannter Jokey und sie lebt mit ihrer Tochter bei ihrem Vater, Herrn von Schwabenau, einem autoritärer Fabriksbesitzer, der, als im Prater das Venedig von Wien erbaut wurde, ein wenig eingefahren ist und der seine Tochter und Enkeltochter auch gehörig unterdrückt.
So ist das Baronesserl schon einmal ausgbüchst und im Prater untergetaucht, hat sich dort bei den Zigeunern versteckt und möchte auch selber Jockey oder wenigstens Kunstreiterin werden.
Gustav Karoly beginnt also zu erimitteln, er lebt bei seiner Tante einer stadtbekannten Frauenrechtlerin und seinem ehemaligen Kindermädchen Josefa, die den Haushalt schupft, sonst werden Zimmer an einen Fiaker und an einen deutnationalen Herrn vermietet. Der Fiaker führt Gustav kostenlos in Wien herum, dafür zahlt er auch seine Miete nicht. Der Deutschnationale gibt Anlaß zu politischen Betrachtungen, so erfahren wir viel vom Bürgermeister Lueger, dem Frauenwahlrecht und der Zulassung der Frauen zum Medizinstudium, das endlich eingeführt werden soll.
Wie das so ist bei den historischen Krimis, die ein packendes Bild des Wiens zu Ende des des Neunzehntenjahrhunderts geben, aber wieder eine etwas schleppende Handlung hat.
Karoly fährt also in Wien spazieren und diskutiert mit seiner Tante, er schaut aber auch bei der Riesenraderöffnung zu und da wird nicht die tote Leonie, sondern ein toter Zwerg in einer der Gondeln gefunden und während man erfährt, daß das Baronesserl offenbar auch diesmal vor dem Großvater flüchtete und sich mit seinem Vater im Prater traf, werden noch zwei weitere Leute errmordet.
Die Kunstreiterin, die Leonie in ihrem Wohnwagen versteckte und ein anderer Praterstritzi, der Leonie schließlich unter der Grottenbahn versteckte. Der Jockey wird mehrmals von der Polizei verdächtigt der Mörder zu sein. Eine schöne Zigeunerin, die diesmal Sylvia heißt, taucht auf und diesmal gibt es auch einen Freund Gustavs, der bei der Polizei ist und ermittelt, am Schluß werden Mutter und Tochter abgeführt und Gustav darf sich auf auf den Weg zu einer Einladung in das Palais seines Vaters machen, denn das hat ihm die schöne Zigeunerin so prophezeit.
Ich, die ich eine große Liebhaberin von Schilderungen des historischen Wiens bin, habe dieses Fin de Sciecle sehr genoßen. Schnitzer und Freud werden natürlich auch erwähnt und Auguste Groner, die Mutter des Kriminalromans und habe die Schilderungen der Praterfreuden auch sehr authent und spannend gefunden. Daß der fünfte Bezirk in historischen Kriminalromanen eine so große Rolle spielt, der Silberwirt kommt vor, finde ich auch sehr schön, denn da habe ich vor einem Jahr einen anderen gelesen und, daß die Krimihandlung ein wenig hatschert ist, ist mir eigentlich egal, hatschen meine Krimihandlungen ja auch ziemlich, da ich keine Morde geschehen lassen will.
Daß das ganze vielleicht ein bißchen sehr sexbesessen dargestellt wird, war vielleicht Verlagsvorgabe, weil das die Leser vielleicht so wollen und das Titelbild ist auch sehr schön. Eine wahrscheinlich ebenfalls historische Ansicht des Riesenrads mit Bäumen und einem dieser Pratergasthäuser in der Hauptallee, das in dem Buch eine tragende Rolle spielt.
2012-03-09
Der Tod fährt Riesenrad
2012-03-08
Ernst-Krenek-Publikationen und Frauentag
Die Wien-Bibliothek hat eine Musiksammlung in einer schönen bürgerlichen in der Bartensteingasse und da fand am Mittwoch eine Veranstaltung statt „In der Zeiten Zwiespalt“ – Buch und Hörbuchpublikationen, wo die beiden Krenek-Bücher, die Autobiografie „Im Atem der Zeit – Erinnerungen an die Moderne“ und „In der Zeiten Zwiespalt – Schriften eines unbekannten Bekannten“ vom Braumüller Verlag neu herausgegeben wurden und weil die Wien Bibliothek außer Schubert, Strauß und Hugo Wolf auch die größte Ernst Krenek Sammlung hat, zur präsentation einlud und weil das mit Musik geschah, der Bariton Florian Boesch hat einige Krenek Lieder aus dem „Reisebuch aus den österreichischen Alpen“, gesungen, war es auch sehr voll.
Die Leute, vorwiegend Frauen, strömten in Scharen herbei und die Direktorin Sylvia Mattl-Wurm stöhnte, weil die Wohnung nur für hundert Besucher zugelassen war und freute sich wahrscheinlich über den großen Andrang und ich saß weit hinten und versuchte nach vorne zu schielen und einen Eindruck vom singenden Florian Boesch zu bekommen.
Aber zuerst stellte ein Wien-Bibliothek-Mitarbeiter ein Autograph vor, das die Wien Bibliothek vor kurzem erworben hat, dann hielt Florian Schönwiese, der Generalsekretär der Krenek-Stiftung eine Rede und in deren Verteiler bin ich ich ebenfalls enthalten, so daß wir im Jahr 2003 bei einem sehr schönen Eröffnungskonzert in Krems waren und einmal 2007 oder so war ich auch bei einer Veranstaltung im Radio Kultur Cafe und ich mag Krenek eigentlich sehr gerne.
Daß er auch sehr literarisch war, erklärte der Generalsekretär in seiner Einleitung und erzählte, daß er mit Dreizehn eine eigene Zeitschrift herausgegeben hat, später hat er dann Rezensionen über die Bücher von Thomas Mann und Joseph Roth geschrieben hat und fünfzig Jahre vor seinem Tod, als er nach Amerika ging, seine Autobiografie, ein über tausendseitiges Werk, in dem er seinen Lesern pointierte Anektoten über Musik, Kunst und Politik gibt, geschrieben, die allerdings erst nach seinem Tod erschienen ist und der Band „In der Zeiten Zwiespalt“, ist ebenfalls eine umfangreiche Textsammlung gesellschaftspolitischer Entwicklungen, Refelektionen über das Konzertleben, sowie Reiseberichte mit scharfen Blick für das Detail, wie im Programmfolder steht.
Cornelius Obonya, der auch die Hörbuchfassung, der Autobiografie aufgenommen hat, gab Textproben, gesehen habe ich ihn von meinem Platz nicht, die Proben waren aber interessant und Ernst Krenek muß ein sehr origineller Schreiber gewesen sein.
Begonnen hat es mit einer Betrachtung über seine erste Frau, Anna Mahler bzw. ihre Mutter Alma Mahler Werfel, die, so würde man sagen, ziemlich bissig und frauenfeindlich ausfiel und die er nicht leiden konnte.
Dann ging es nach Amerika und über das amerikanische Bahnfahren und die amerikanische Hotelausstattung und einen Bericht über die damalige Wirtschaftskrise in dem er einen reichen Mann schildert, in dessen Haus er sich angemietet hat, der im Keller eine eigene Schuhfabrik mit einer sehr lauten Maschine anlegte, gab es auch.
Nachher gab es den obligatorischen Wein mit den Brotstückchen, wegen der Überfüllung war aber sehr schwer daran zu kommen, umso mehr, da ich einen alten Chemiker, den ich, glaube ich, beim Fest für Andreas Okopenko im Literaturhaus kennenlernte und den ich zu meinen Lesungen einladen wollte, erklären mußte, daß ich nicht aus Graz sein muß, wenn ich eine Veranstaltung der Grazer Autorenversammlung organisiere. Als ich dann eine Runde machte, traf ich meine Hauptschulkollegin Christa U., die öfter zu Literaturveranstaltungen geht und mir erzählte, daß sie schon in Pension ist und beim Nachhausegehen noch eine der Stammbesucherinnen, die mir erzählte, daß sie jetzt eine neue Wohnung hat und an den Stadtrand von Wien ziehen wird.
Und am Donnerstag bin ich seit langem wieder einmal zum Klinischen Mittag gegangen. Da gab es etwas zur Akutversorgung affektiver Störungen und dann zwei Veranstaltungen zum Frauentag. So lud das Wiener Rathaus die Mädchen und die Frauen dorthin, man bekam ein Programm in die Hand gedrückt und konnte eine Runde drehen, bzw. sich in der Wien Bibliothek von Isabella Wasner-Peter und Monika Bargmann, die ich ja von ihrem Blog sehr gut kenne, herumführen, bzw. eine Einführung geben lassen, was es in der Wien-Bibliothek alles zu sehen und zu forschen gibt und dann gab es fünf Beispiele von fün ausgewählten Frauen. Marianne Hainisch, die glaube ich das erste Mädchengymnasium in der Rahlgasse mitbegründet hat, Rosa Mayreder, Elise Richter, die erste Frau die in Österreich matuierte, studierte, Uni-Professorin war und dann in Theresienstadt endete, Anna Boschek eine sozialistische Arbeiterin und dann noch Jeanne Ebner über die Monika Bargmann ja glaube ich ihre Diplomarbeit schreiben wollte. Dann bin ich noch ein bißchen in den Hallen herumgegangen, wo ich die die B. getroffen habe und es wieder verschiedene Stände und ein Programm gegeben hat und in Margareten gab es auch den 13. Margaretner Frauentag mit Programm und Ständen, leider habe ich das Buffet versäumt und mich nur so ein bißchen umgesehen und schöne Bücher bei den diversen Bücherschränken, an denen ich vorbei gekommen bin, gab es auch.
2012-03-07
Die Bezirksschreiberin in der Buchhandlung Kuppitsch
Emily Walton ist seit Jänner Bezirksschreiberin vom Alsergrund und berichtet sehr intensiv darüber auf ihrem Blog. Und das Bezirksschreiberamt im Neunten ist, glaube ich, eine Erfindung von Friedrich Hahn, der dort Bezirksrat ist und eine interessante Sache, Autoren ein bißchen Geld zu geben, die dann Bezirksgeschichen schreiben und Emily Walton nimmt das auch sehr ernst. Ich kenne Emily Walton, glaube ich, seit Jänner 2009. Da bin ich irgendwie auf ihren Blog gestoßen und auch daraufgekommen, daß sie in der Zeitschrift Ecetera Texte hat. Ihr Name ist auch immer wieder in Anthologien aufgetaucht, so besipielsweise in dieser berühmten Fm4 Anthologie. 2009 war sie, glaube ich, auch Journalistin im Kurier, hat Bücher für den Falter besprochen und auf ihren Blog immer wieder auf Leselisten verwiesen, so kann ich mich z.B. daran erinnern, daß sie als mich als Erste auf Christa Wolfs „Stadt der Engeln“ aufmerksam machte, sowie auf Helene Hegmanns „Axolotl Roadkill“.
Vor einem Jahr habe ich sie auch bei der Texthobellesung im Cafe Anno persönlich kennengelernt und als sie im Cafe Amadeus gelesen hat, soll es sehr voll gewesen sein, habe ich ich von den Veranstaltern gehört.
Beim letzten Exilpreis hat sie, glaube ich, auch gewonnen und schon lange gibt es auf ihrem Blog Hinweise auf die Präsentation ihres neuen, bzw. ersten eigenständigen Buchs „Mein Leben ist ein Senfglas“ am 6. 3. in der Buchhandlung Kuppitsch.
Ein etwas seltsamer Titel könnte man auf dem ersten Blick meinen. Auf den zweiten wird es ein bißchen verständlicher, wird da ja auch ein Stück Lebensgeschichte verarbeitet. Emily Walton wurde 1984 in Oxford von einer deutschen Mutter und einem englischen Vater geborden und ist als Kind mit ihrer Familie in ein österreichisches Dorf gekommen. In dem kurzweiligen Debutroman, wie er bezeichnet wird, tut das das Mädchen Poppy und Emily Walton las in der sehr vollen Buchhandlung drei unterschiedliche Kapitel daraus, die alle interessante Titel „Freitagskarpfen“ zum Beispiel oder Monatsnamen tragen.
Und da ist im ersten Kapitel das kleine Mädchen in die Schule gekommen, bzw. hat sie sich an eine Kakaoflasche angeklammert, die sie zurückgegeben will, aber sie wird niemehr an diese Autobahnraststätte kommen, ist die dort ja nur in ihre neue Heimat durchgefahren. Im zweiten Kapitel ist sie schon im Gymnasium und geniert sich ein bißchen für ihre Eltern, weil die scheinbar faul im Garten sitzen, die Sonne genießen und bei Lidl einkaufen um zu sparen. Es gibt aber auch eine Großmutter, die Konserven schickt und das Senfglas wurde sowieso aus England mitgenommen, um ein Stück Heimat in diesem Österreich zu haben. Der Vater ist dann auch ein ganz Netter und kocht für die mitgebrachte Freundin Martina, die mit kritischen Auge alles beäugt. Schinkenfleckerln wünscht sich Poppy, leider ist das Rezept auf derselben Seite wie das Beuschl, so daß der Vater das damit verwechselt und den jungen Damen Rindermagen serviert und im dritten Kapitel gibt es schon einen Freund und eine Wohnung in Wien, im zwanzigsten Bezirk wo die Ausländer wohnen und als Martina mit ihrem Freund anrauscht, ist er sehr verwundert, daß Poppy keine Türkin ist.
Margareta Kinstner vom „Radieschen“ hat eingeleitet und moderiert und Emily Walton scheint wirklich über einen sehr großen Freundeskreis zu verfügen. Friedrich Hahn war da, Christian Schreibmüller, Thomas Wollinger und sehr viele, die ich nicht kannte, aber auch ein paar der jungen Autorinnen, die ich schon in der Gesellschaft für Literatur bzw. im Literaturhaus gesehen habe. Viele haben sich das Buch gekauft und haben sich um ein Autogramm angestellt. Ich glaube, es gab auch ein Senfpäckchen dazu, wenn man es kaufte. Im hinteren Teil der Buchhandlung gab es einen Tisch mit Wein und Nuß oder Speckbrot, aber der war ziemlich verwaist, weil sich alle um den Büchertisch drängten und ich habe mir, weil ich so wenige Bücher habe, auch zwei gekauft, allerdings nicht von Emily Walton, sondern schon vorher aus der Abverkaufskiste, denn da gab es etwas um einen Euro und da kann ich ja nicht widerstehen und so habe ich jetzt einen wahrscheinlich spannenden Roman von Kathrin Schmidt, der überraschenden Buchpreisträgerin von 2009 „Seebachs schwarze Katze“ und dann noch einen Diogenes Krimi von Hansjörg Schneider „Hunkeler und die Augen des Ödipus“.
Ich bin, weil ich sehr früh gekommen bin, sehr weit vorn gesessen, habe mich intensiv mit Christian Schreibmüller und dann noch ein bißchen mit Friedrich Hahn unterhalten und einen interessanten Einblick in Emliy Waltons Schreiben bekommen, deren Blog ich sicher weiterverfolgen werde und ein paar Anthologiebeiträge habe ich auch noch von ihr zu lesen.
2012-03-06
Stadt der Schmerzen
„Stadt der Schmerzen“, ist der vorletzte, nämlich 2011, bei Haymon erschienene, Edith Kneifl-Krimi, der letzte „Der Tod fährt Riesenrad“, ist ja, glaube ich, erst vor einer Woche erschienen und wird morgen zu lesen begonnen. Er spielt in Florenz, hat aber dasselbe Erimittlerteam, wie „Schön tot“, 2010 erschienen und das ist, glaube ich, der Margaretner Krimi, der gleichzeitig auch eine Werbung für den Bezirk Margareten darstellt.
Das Ermittlerteam besteht jedenfalls aus der Romni Katharina Kafka, die Geschichte studierte, aber in einem Margaretner Kaffeehaus als Kellnerin arbeitet und ihrem schwulen Freund Orlando, der am liebsten stark geschminkt und im Kaiserin Elisabeth Look spazieren geht. Dieser nostalgische Charme, der mir kitschig erscheinen würde, scheint, in der österreichischen Literatur sehr beliebt zu sein, haben Linda Stift in „Stierhunger“ und Lilian Fasching in „Wiener Passion“ sich auch damit beschäftigt und ein Transvestit in einem Seidenkleid der Kaiserin Sisi, erscheint den Verlagen wahrscheinlich eine gute Wien-Werbung, obwohl ich noch nie einen Transvestiten gesehen habe, der in einem Kostüm der Kaiserin Sisi herumgelaufen ist.
In „Schön tot“, haben sie also eine Margaretner Mordserie aufgeklärt, in „Stadt der Schmerzen“ fahren sie nach Florenz, weil dort Orlandos Vater begraben wird und die Beiden haben überhaupt eine sehr seltsame Beziehung zueinander. Sie streiten ständig, Orlando kommt zu spät, läßt Katharina warten, bzw. will er sie vom Rauchen abbringen, was sie sich aber nicht läßt.
Der schöne Transvestit ist aber aus guten Haus, stammt er doch aus einer adeligen Familie und als sie in der Aufbahrungshalle stehen und den Toten verabschieden wollen, dringt plötzlich ein Schrei durch den Raum, ein Ricardo, ist im Fleischerladen seines Onkels Livios ermordet aufgefunden wurden. Das läßt den Sarg einen Abgrund hinunterrasseln, Bruder Francesco stolpert gleich hintendrein und bringt auch sonst einige Aufregungen.
Katharina und Orlando werden aber im Landhaus der Familie einquartiert und treffen dort im Schuppen verschreckte rumänische Romakinder, die Parfums abfüllen.
Ja, richtig die Familie Pazzini sind Parfumhersteller, allerdings hochverschuldet und da Katharina Romanes versteht, kann sie sich mit der Anführerin Maria auch unterhalten. Am nächsten Morgen sind die Kinder verschwunden. Katharina trifft sie aber in der Stadt wieder, die sie mit Orlando in den nächsten Tagen besichtigen wird. Man kann das Buch auch als einen Art Fremdenführer lesen und viel über Dante und das historische Florenz erfahren.
Jetzt werden die Kinder von der rumänischen Mafia aber zum Brieftaschenstehlen und Betteln eingesetzt und die schöne Cecile verschwindet und soll als Prostituierte zur Verfügung gestellt werden. Maria, die irgendjemanden erpressen will, wird ermordet und ihre kleinere Schwester Sofia kommt auch fast um und während Katharina ins Theater geht, um sich Rigoletto oder sonst eine Oper anzuhören, wird sie von einem Verkleideten attackiert, der ihr sagt, daß sie sich in die Angelegenheit nicht einmischen soll.
Das tut sie aber weiter, sondern bekommt heraus, daß die Familie auch noch Parfumindegrenzen von anderen Parfumherstellern gestohlen hat.
Orlando findet einen schönen Liebhaber, der ihm erzählt, wer aller seiner Familie in die Schweinereien verwickelt ist, Katharina wird in eine Kirche bestellt und am Schluß finden sie die kleine Sofa und Cecile in einem Motel, die Morde werden aufgeklärt, die Polizei endlich eingeschaltet und Katharina kann wieder nach Hause fahren. Ein paar Mal war sie noch fein essen. Am besten haben ihr aber die Kutteln geschmeckt, das berühmte florentinische Fastfood und in den Metzger Livio verliebt sie sich auch ein bißchen und man hat vielleicht etwas über die berühmte Stadt in der Toskana erfahren, Lust bekommen hinzufahren und auch ein bißchen über das Elend der verschleppte Romakinder mitbekommen, ansonsten scheint die Krimihandlung aber ein wenig seicht zu sein, obwohl Edith Kneifl schon viele Krimis geschrieben hat und auch als erste Frau, den Glauser Krimipreis bekommen hat.
Ich kenne die am 1.1. 1954 geborene schon lange, hat sie ja auch von 1973 bis 1980 an der Universität Wien Psychologie studiert. Das heißt, daß ich ihr wahrscheinlich da schon über den Weg gelaufen sein muß, daran kann ich mich aber nicht mehr erinnern, wohl prägte sich ihr Name mir über den Wiener Frauenverlag ein, wo ihr erster Krimi erschienen ist.
„Ende der Vorstellung“, habe ich gelesen, bzw. auch als Film gesehen und einmal war ich mit der Anna bei einer Präsentation in der damaligen Krimibuchhandlung am Ring und kann mich erinnern, daß Edith Kneifl meinte, daß das Stück das sie lesen würde, nicht jungendfrei sei und ihre Mutter mit ihr spazierenschickte und in Leipzig habe ich sie auch einmal einen ihrer Griechenland Krimis vorstellen gehört.
Ansonsten ist Edith Kneifl nicht nur als Krimiautorin, sondern auch als Psychoanalytikerin tätig und ich bin jetzt sehr gespannt auf den Riesenrad fahrenden Tod, der ja, da es ein historischer Krimi ist, ein anderes Ermittlerteam haben wird.
Wenn ich bei Wikipedia nachschaue ist interessant, daß Edith Kneifl öfter Auftragskrimis zu schreiben scheint, so gibt es z.B. „Pastete mit Houtgout“ einen Krimi übers Essen, den es bei Buchlandung einmal um einen Euro gab, aber auch „Geheimes Salzburg“, „Geheimes Venedig“, „Geheimes Florenz“.
2012-03-05
Vorbereitungstreffen
Während ich immer noch darüber nachgrüble, ob ich nächstes Jahr wieder eine Frauenlesung machen soll und Ruth Aspöck mich anrief, um nachzufragen, ob man noch etwas daran ändern kann, daß die Mittleren VI am selben Tag wie die Lyrik im März stattfinden, aber zwei Wochen vor der Veranstaltung ist es zu spät, das Datum abzuändern und als mich Ilse Kilic im November darauf aufmerksam machte, hatte ich auch schon alles organisiert und war sowieso in Panik, daß es das Amerlinghaus im März vielleicht nicht mehr gibt, hat heute das Vorbereitungstreffen stattgefunden.
Ich treffe mich ja immer vorher mit den Frauen, zeige das Einleitungsreferat und bespreche die Lesungsfragen, zum Beispiel, wie lange wir lesen sollen. Zehn bis fünfzehn oder fünfzehn bis zwanzig Minuten?
Wir waren zu viert. Hatte Dine Petrik, die ja immer noch an reaktiver Arthritis leidet, sich entschuldigt und Sara Wipauer erschien, wie angesagt mit Gips und brachte auch den Text für „Die Frau auf der Bank“ mit, was passt, da mir der Alfred gestern den veränderten Text zur Korriektur übergegeben hat. Ich bin aber noch nicht dazu gekommen ihn durchzuschauen.
Das Einleitungsreferat hatte ich schon vorbereitet und kann jetzt, nachdem alles fertig ist, nur noch den Tageszeitungen werde ich die Lesung noch ankündigen, am nächsten Mittwoch noch Leipzig fahren und da auch ein paar Lesungszettel mitnehmen und am Österreichstand und bei den IG Autoren verteilen.
Das habe ich früher auch so getan und die Ruth hat mir gesagt, daß sie weder zur Frauenlesung noch zur Lyrik kommen, sondern schifahren wird.
Ansonsten wirds sicher eine schöne Lesung, hat Elisabeth Chovanec doch ein neues Lyrik Buch, Patricia Brooksm mit der ich vor Jahren einmal ein gemeinsames Interview in der Zeitschrift Buchkultur hatte und die im Amerlinghaus die „Radio Rosa-Reihe“ macht, wird eine Textperformance bringen und ich den Beginn der „Wiedergeborenen“ lesen, das habe ich auch schon vorbereitet. Wer sich bis dahin ein wenig auf die Mittleren einstimmen will, kann ein wenig im Archiv blättern und sich auch die Vorbereitungen anschauen.
Ansonsten habe ich am Wochenende in Harland ja schon prompt mit dem neuen Roman begonnen, der höchstwahrscheinlich still und einfach „Paula Nebel“ heißen wird und die Krisenstimmung aus der Sicht einer nunzigjährigen Frau schildert. Das denke ich könnte auch das Potiental des Neuen haben, die absurden Dinge unseres modernen Lebens, den Zwangskindergarten, die Strafen beim Schuleschwänzen und was der ÖVP sonst noch an Low and order Praktiken einfällt, aus der Sicht einer alten Frau, die sich vom Leben schon zurückgezogen hat, zu schildern.
Das erste Kapitel ist jedenfalls geschrieben und ich habe auch die Idee, dazu ein paar Fingerübungen zu machen und die sozusagen als „goodies“ in den Blog zu stellen.
„Der lange Brief an den Herrn Kurz,“ ist schon geschrieben. Die fünf Seiten, die danach folgten, wurden aber etwas poetischer. So daß demnächst noch ein Artikel folgen könnte, der „Nebelschwaden“ heißt und sich ein bißchen abgehobener mit dem Namen der Protagonistin beschäftigt.
Ansonsten werde ich die „Frau auf der Bank“ fertig korrigieren und mich diese Woche auch ein bißchen mit den Neuerscheinungen beschäftigen.
Stellt Emily Walton doch morgen in der Buchhandlung Kuppitsch ihr neues Buch „Mein Leben ist ein Senfglas“ vor und Conelia Travnices „Chucks“ ist heute, glaube ich, auch erschienen und wird am Donnerstag in der Hauptbücherei präsentiert, aber da habe ich einen Klienten, sonst würde ich wahrscheinlich in die Alte Schmiede gehen, wo die Frau Mayröcker aus einem neuen Buch liest und morgen, habe ich von der GAV erfahren, findet auch das Hütterer Begräbnis statt, der allerdings in Gloggnitz begraben wird, was ein bißchen weit ist, teilzunehmen, obwohl ich mich gerne von ihm verabschiedet hätte, der, wie ich gerade gesehen habe, auch bei der Lyrik im März lesen hätte sollen.
2012-03-04
Langer Brief an den Herrn Kurz
Nein, ich zahle nicht die Strafe für das Schuleschwänzen, hundert, tausend, eine Million Euro oder was Sie dafür haben wollen und meine Mutter und mein Vater, tun das ebenfalls nicht. Der Letztere nicht, weil es ihn nicht gibt, beziehungsweise sich der solche, noch vor meiner Geburt empfohlen hat, so daß das Einzige, was ihm zu mir eingefallen ist, war, mir den unseligen Namen „Kevin“ zu geben, mit dem ich schon von vorherein verloren habe, die Herren Schriftsteller ihre ironischen Abhandlungen darüber machen und die Lehrer einen grinsend mustern „Na, Kevin, bist du wiedermal allein zu Haus!“ und sich „Unterschicht bleibt Unterschicht!“, denken. Aber die gibt es inzwischen nicht mehr, das weiß ich schon, bin ich ja nicht blöd und meinen Freund Mustafa und meiner Freundin Slavica geht es auch nicht besser. Aber die haben Migrationshintergrund, während ich die alleinerziehnde Mutter habe, die sich vor drei Jahren von einem anderen Macker, ein zweites Kind andrehen ließ und seither nicht nur arbeitslos zu Hause sitzt, das war sie schon früher, denn eine Friseurin mit einem kleinen Kind, will kein Unternehmer, sondern auch das Jugendamt am Halse hat, das ihr droht, die Kleine wegzunehmen, weil sie noch nicht so viel spricht, wie sie angeblich schon sollte und mich wollen sie auch in ein Heim stecken, weil ich fünf Stunden nicht zur Schule ging, in das Poly, denn in ein Gymnasium lassen sie einen Kevin, eine Slavica und einen Mustafa ohnehin nicht.
Und so sitzen wir auf der Schulbank, hören den Problemlehrern zu und wenn uns das zu fad wird und wir uns in ein Kino empfehlen, was, wie ich von meiner Mutter und meiner Großmutter hörte, auch bei ihnen üblich war, soll meine Mutter fast soviel Strafe zahlen, wie sie vom AMS bekommt und wenn ich im Juni die Schule beendet habe und keinen Lehrplatz finde, was bei einem Kevin leicht möglich ist, weil den, die Lehrherren, genausowenig wollen, wie eine Alleinerzieherin mit zwei Kindern, werde ich auch zwangsverpflichtet und meine Mutter muß zahlen, obwohl ich dann gar nicht mehr schulpflichtig bin.
„Erklären Sie mir das einmal, Sie junger Mann mit der trendigen Frisur, aber das können Sie nicht, denn Sie haben keine Ahnung, wie es aussieht in der Großfeldsiedlung, wo ich mit meiner Mutter und der Schwester lebe und mit Mustafa und Slavica manchmal ins Kino oder in den Park abhaue, statt mich vom Deutschlehrer nerven zu lassen.
„Na, Kevin, bist du wiedermal allein zu Hause?“
Was kann ich für den blöden Film und war ich nicht, nicht zu Haus und nicht in der Schule und wenn ich ab Juli nicht mehr schulpflichtig bin und keine Lehrstelle finde, weil mich die Chefs nicht wollen, lasse ich mich in kein Projekt von „Jugend am Werk“ stecken, denn ich bin nicht behindert!
„Frau Sladky, da hat sich die Kindergartenpädagogin wieder einmal über Sie beschwert, daß Sie die Yasmina zu spät in die Gruppe gebracht haben. Wenn Sie sich verschlafen haben, weil Sie Tabletten nehmen, sind Sie nicht geeignet, die Kinder aufzuziehen und wir müssen uns eine andere Lösung überlegen!“, droht die Jugendamtsziege, Helena Meistermann. Die Mama heult dann los, ich muß sie beruhigen und versprechen, es bis Juli auszuhalten und möglichst erst nach der Schule ins Kino abzuhauen, obwohl, das, was man dort sieht, tausendmal interessanter ist, als, was die Lehrer zu vermelden haben.
Klar ist das so, obwohl die Macker mir das nicht glauben und wenn wir schon dabei sind, ich will nicht Automechaniker werden, nicht Kellner und will auch kein Jugendcoaching, weil ich noch keine Lehrstelle habe, weil ich schon weiß, was der Macker dort für Augen machen wird, wenn ich ihm sage, daß ich Sozialarbeiter werden will und im Herbst aufs Gymnasium gehe.
„Nein, Kevin, bist du vielleicht allein zu Haus, das geht doch nicht, das schaffst du nicht mit deinem Namen!“
„Warum nicht, Herr Obermacker, da würden mich die anderen Kevins und Yasminas doch vielleicht verstehen?“
„Das schon, aber das Gymnasium ist zu schwer für dich. Du hast doch einen Dreier in Deutsch, da müßtest du dich schon mehr anstrengen und außerdem sehe ich da eine Eintragung wegen fünf Fehlstunden und eine Mahnung, die an deine Mutter gegangen ist. Schlag dir das aus dem Kopf, da wirst du nur frustriert und später bei der Aufnahmsprüfung sicher nicht genommen, wenn sich da Akademikerkinder, um einen Ausbildungsplatz bewerben. Ja, wenn du Türke wärst, hättest du wegen deiner Sprachkenntnisse vielleicht eine Chance, aber einen Kevin können sie auf der Hochschule für Sozialarbeit bestimmt nicht brauchen!“
Wenn ich dann noch sage, daß ich auch Medizin studieren könnte, gibt es einen Urknall, der Macker ist Mundtot und meine Freundin Slavica streichelt mir übers Haar und sagt „Komm runter von der Wolke sieben, Kev, ich hab dir ja erzählt, was meine Coacherin gemeint hat, als ich ihr erklärte, daß ich Jus studieren will, um Asylanwältin zu werden!“
Also bin ich mit ihr ins nächste Kino abgezischt, hab mich köstlich unterhalten und nur jetzt ein schlechtes Gewissen, weil schon wieder zwei Fehlstunden, als mir die Mama die Forderung vom Staatschulrat zeigte.
„Du weißt ja, daß ich das nicht zahlen kann, Kev!“, hat sie weinend gesagt.
„Und wenn die Frau Meistermann das erfährt, steckt sie auch dich ins Heim, mußt du mir das antun?“
Nein, muß ich nicht oder schon? Und weil ich das nicht weiß, will ich vorsichtshalber bei bei Ihnen kurz anfragen, ob Sie mir das Geld für das Strafmandat vielleicht vorstrecken können, denn wenn Sie uns der Mama wegnehmen und ins Heim stecken, lernt die Yasmina auch nicht schneller sprechen, die Mama wird nur depressiv, kommt in die Klinik und ich, das sage ich gleich ganz freundlich, lasse mir das nicht gefallen, sondern rücke aus, fahre nach Amerika als schwarzer Passagier auf einem Schiff über den Atlantik und damit Sie mich jetzt nicht für kindisch halten, melde ich mich im Herbst auf einer Oberstufe an und später auf der Hochschule für Sozialarbeit, auch wenn ich Kevin heiße und einen Dreier in Deutsch habe und inzwischen sieben Fehlstunden, werde ich das schaffen, Herr Kurz! Wetten, daß, ich das zusammenbringe? Das Geld für das Strafmandat zahle ich mit Zinsenzinsen an Sie zurück, wenn ich Sozialarbeiter bin, Ehrenwort!
2012-03-03
Auf Romansuche
Am Donnerstag habe ich es trotz einiger Stunden und einer Diagnostik geschafft, meine Abrechnung zu machen, bei der, die elektronisch passiert, war das nicht ganz einfach, denn als ich so weit war, daß ich nur mehr die Unterschrift eincoden mußte, war ich plötzlich offline und mußte auf den Alfred warten. Das tat ich dann in der Badewanne beim Hans Fallada und schrieb am Freitag nach meiner einzigen Stunde die Rezension und dachte, was mache ich jetzt? Wollte ich den Freitag ja zur Spurensuche verwenden, um meinen neuen Roman zu finden und mich dafür einen Tag in die Straßen- und U-Bahn setzen oder durch die Stadt marschieren.
Wenn man ein bißchen krank ist, ist das vielleicht nicht anzuraten und außerdem weiß ich schon wieder, über was ich schreiben will.
Ja, Kritiker, das passiert sehr schnell bei mir. Da war zuerst der Name Paula Nebel, der mich faszinierte, denn ich liebe klingende Namen, wenn die, in der Literatur angeblich nicht mehr erlaubt sind, ist mir das egal und die Idee, etwas über die Krise zu schreiben. Denn wenn man mehrmals täglich in den Nachrichten von den Sparpaketen hört, die den Länder, wie Griechenland, Spanien, Portugal, etc immer größere Pensionsreduktionen, Gehaltsverluste, Erhöhung der Mehrwertssteuer, u.s.w.u.s.f., aufzwingen bzw. von der EU dazu gezwungen werden, die das von den Ratingagenturen werden, die mit ihren Triple A und B Verlusten drohen und dann noch hört, daß der Herr Ex-Finanzminister angeblich oder wirklich neunhundert Euro Steuer im Jahr zahlt, muß man darüber schreiben, nur wie tut man das am besten?
Ach ja, das ist die Protagonistin mit dem so schönen Namen und die ist beispielsweise neunzig Jahre alt, angeblich oder tatsächlich dement und lebt so vor sich hin, wie das neunzigjährige Frauen, die alleine leben, vielleicht so tuen. Sie macht ihren Haushalt, wie sie es kann, geht zum Penny einkaufen, hört Radio und liest ihre Bücher, die sich im Laufe ihres Lebens so angesammelt haben. Ich weiß, das hatte ich schon einmal, da war die Protagonistin aber jünger und um die Krise ist es dabei auch nicht so gegangen. Sie lebt auch ihr Leben noch einmal oder wird, weil sie vielleicht schon schlecht hört oder sieht und keine Bezugspersonen mehr hat, auf sich zurückgeworfen.
Beim U-Bahnfahren, zu dem ich mich dann doch entschloßen habe, ist mir noch eingefallen, daß die Heldin Psychotherapeutin gewesen sein könnte. Auch nicht sehr originell, ich weiß. Sie muß aber nicht unbedingt VT betrieben haben, gibt es ja noch genügend andere Schulen und so könnte es sein, daß sie, das, was sie erlebte auch ein bißchen durcheinanderbringt und nicht mehr so genau weiß, ob sie das jetzt selbst erlebte oder es die Erlebnisse ihrer Klienten sind. Jedenfalls hat sie als dreizehnjähriges Mädchen einige Tage allein bei ihrer toten Großmutter zugebracht, bis endlich jemand kam und ihr die Verantwortung abnahm, was zu einer Schulphobie führte. Dann gab es ein Kind mit zwanzig und Drohungen vom Jugendamt, es ihr wegzunehmen, weil die Fingernägel nicht geschnitten waren und der Wortschatz nicht altersentsprechend kam und die Mutter, die ihr dabei helfen hätte können, nicht da oder wegen Schnellfahrens vorbestraft. Den Kampf darum und vierzehn Jahre keinen Kontakt zum Kind, daß sich dann nicht mehr an die Mutter gewöhnte. Jetzt gibt es einen Enkelsohn, der auf seine Facharztausbildung wartet und keine Zeit für seine Großmutter hat. So hilft ihr der Herr Hans beim Einkaufen, trägt ihr die Flaschen in ihre Wohnung und erzählt ihr dabei von dem Mobbing, das er auf seinem Arbeitsplatz erlebt, gegen das er sich nicht wehren kann und die Schwester vom sozialen Stützpunkt, die zum neunzigsten Geburtsstag erscheint und ihr einen Platz im Pensionistenheim oder die Inanspruchsnahme einer Heimhilfe schmackhaft machen will, muß sie davon überzeugen, daß ihre Wohnung sauber ist und kein Schimmel im Eiskasten etc.
Dazwischen hört sie im Radio von der Schuldenkrise, vom Zwangskindergarten ab eineinhalb, den die Grünen fordern und dem Leistungsdruck, den die Zehnjährigen haben, damit sie aufs Gymnasium können, von den Studiengebühren und den Strafzahlungen, die man beim Schulschwänzen bezahlen muß.
Das hatte ich, vielleicht nicht so ausdifferenziert, schon vor ein paar Tagen, dachte wieder „Wozu tue ich mir das an? Das wird doch wieder nicht wahrgenommen?“ und hatte prompt den kleinen bösen Zensor im Kopf „Du schreibst Kitsch, das kannst du und darfst du nicht!“
Kein sehr gutes Gefühl, wie ich schon erfahren habe. Dann habe ich mir gestern Mittag beim Mc Donald doch einen Cheeseburger und eine kleine Portion Pommes frites gekauft und bin vier Stunden mit Bus und U-Bahn herumgefahren. Zuerst wollte ich in die Macondo-Siedlung, hatte aber Schwierigkeiten hinzukommen, weil ich offenbar nicht den Bus mit der richtigen Route erwischte. Dann bin ich mit einer U-Bahn zur anderen gefahren, das Konzept skizziert und so hinbekommen, daß das Unbehagen verschwunden ist.
Ein paar interessante Impressionen habe ich beim Fahren auch gehabt, so eine Frau gesehen, die zwar noch nicht neunzig war, aber in zwanzig jahren, wie die Paula Nebel aussehen könnte, grauer Pagenkopf, lila Jacke, lila Blumenleid, schwarze Strümpfe und ein Gespräch von zwei jungen Frauen gehört, die wirklich erzählten, daß sie einmal einen Tag lang U-Bahn gefahren sind. Dann haben sie ein paar Konzerte aufgezählt, auf denen sie gewesen sind und etwas von einer Freundin hinzugefügt, die eine faszinierende, aber anstrengende Beziehung zu ihren Eltern hat, was die Frage aufwirft, was darunter zu verstehen ist?
Und die kleinen Buben, die mit ihrer Lehrerin irgendwo waren, waren auch sehr interessant.
„Ich bin zehn, ich zehneinhalb, ich hundert, ich tausend Jahre!“, übertrumpfen sie sich, bis der offensichtlich älteste lapidar einwarf „Dann bin ich der jüngste, denn ihr seid schon alle tot!“
Interessant, was man beim U-Bahn fahren erleben kann, auch wenn man ein bißchen schlapp ist und die Nase rinnt.
Eigentlich wollte ich wieder einen meiner Jammerartikel schreiben, daß ich mir mehr Aufmerksamkeit wünsche und es mich ärgert, daß mir Wikipedia, meine bei Digitaldruck.at, erschienenen Bücher hinausgestrichen hat, was Gerhard Ruiss von den IG Autoren, dem ich das erzählte, unverständlich fand und meinte, daß ich das Recht habe, mich so darzustellen, wie ich will, beziehungsweise überlegen, was ich tun kann, um auf mich und meine Bücher aufmerksam zu machen?
Aber das tue ich seit dreieinhalb Jahren sehr fleißig und konsequent im Literaturgeflüster und habe da jetzt auch zwei Artikel, wo man sich meine Bücher ein bißchen anschauen kann. Auf meiner Homepage kann man das noch genauer und berichten, wie meine Bücher entstehen, tue ich auch sehr genau.
Mehr als mir vielleicht doch eine ISBN Nummer kaufen, wie es Rudi Lasselsberger tut, Eva Jancak-Verlag draufschreiben und Wikipedia austricksen, es vielleicht doch bei Arovell, der mir das angeboten hat, versuchen oder ein Exposeseminar besuchen und mit einem Pseudonym wieder an die Verlage und Agenturen schicken, fällt mir nicht ein und das will ich ja nicht wirklich.
Übersehen werden will ich aber auch nicht und so ganz verstehe ich ja nicht, warum es ausgerechnet mir nicht gelingt, literarisch aufzufallen und sich das nie ändert, auch wenn ich es noch so oft versuche, denn so schlecht schreibe ich, glaube ich, nicht.
Aber das habe ich schon öfter geschrieben und das ärgert auch meine Kritikerinnen, die mich offenbar still und bescheiden wünschen und das gestrige U-Bahnfahren war auch sehr anregend, so daß ich beim Nachhausekommen dachte „Gut, fange ich wieder an und wurscht, ob ich sechs, acht oder vielleicht neun Wochen für den Rohentwurf brauche!“
Ich kann aber auch mit ein paar Textproben beginnen und da habe ich schon eine Idee, die sich sich vielleicht morgen ansehen läßt.
2012-03-02
Wer einmal aus dem Blechnapf frißt
„Wer einmal aus dem Blechnapf frißt“, von Hans Fallada ist ein Buch aus dem offenen Bücherschrank und Band 54-55 aus der berühmten rororo Taschenbuchreihe mit der Pfandleihenwerbung in der Buchmitte. Es hat zwar kein Leinenband am Umschlag, wie zum Beispiel, der erste Band der Reihe, Faladas „Kleiner Mann, was nun?“, aber ein ebenso schönes Titelbild und ist auch, glaube ich, der Fortsetzungsband und der zweite sozialkritische Roman, des 1883 in Greifswald geborenen, Rudolf Dietzen, der wieder ein bißchen was gemeinsam mit seinem Helden Willi Kufalt hat. Denn auch Dietzen, der sich als Autor nach dem Grimmschen Pferd Fallada nannte, ist vom Gymnasium geflogen, weil er an ein Mädchen Liebesbriefe schrieb. Willi Kufalt tut das auch, das erfährt man aber erst im letzten Kapitel des Buches, während er im ersten „Reif zur Entlassung“ ist und der zweite sozialkritische Roman Hans Fallas, 1934 erschienen und von den Nazis, die damals schon in Deutschland herrschten, zugelassen, weil sich der Roman mit der Behandlung von Gefangenen in der Weimarer Reuplik beschäftigt, ist eine Parabel auf den Strafvollzug und zeigt, daß man, wenn man einmal dort gelandet ist, immer wieder scheitern wird und sich zuletzt nach dem Gefängnis, als vertrautes Zuhause, sehnt.
Da ist also Willi, nicht Wilhelm, Kufalt, der auch öfter junger Mann genannt wird, der mit Fünfzehn aus dem Gymnasium flog und ihn sein Vater dann, die Schule nicht mehr fortsetzen, sondern zum Buchhalter ausbilden ließ. Dann kam es zu einer nicht näher beschriebenen Unterschlagung, wofür er zu fünf Jahren verurteilt wurde und am Beginn des Buches entlassen wird.
Er geht nach Berlin in eine Schreibstube, die aber ziemlich reglementiert ist und auch vom Gefängnis überwacht oder empfohlen wurde und kommt so mit seinen Kollegen auf die Idee, es selbst zu versuchen. Sie unterbieten den Stundenlohn, kaufen ein paar gebrauchte Schreibmaschinen und arbeiten ein paar Tage, bis sich die „Friedensheim“ genannte Schreibstube dagegen wehrt und das Ganze zur Anzeige bringt.
Offenbar wurden ein paar arbeitswrechtliche Bestimmungen nicht eingehalten. Kufalt, geht wieder an den Ort, wo das Gefängnis ist zurück und verdingt sich als Zeitungsabonnent, verlobt sich auch mit einer Handwerkerstochter, die einen kleinen Buben hat, der zufälligerweise auch Willi heißt und die, als gefallenes Mädchen nicht wählerisch sein darf. Einen vorbestraften Bräutigam will sie aber auch nicht haben und als Kufalt ein paar Anzeigen wegen Diebstahls bekommt, ist der Traum zu Ende und er geht wieder nach Hamburg zurück, gibt sich als Schauspieler aus und quartiert sich bei einer siebzigjährigen Pastorenwitwe ein und hat die Idee, ein Juweliersgeschäft auszurauben. Das ist aber einige Nummern zu groß für ihn, so begnügt er sich mit Handtaschenraub, bzw. versucht er den Partner, der das dann alleine macht, bei der Polizei anzuzeigen, um die Belohnung zu bekommen, was natürlich mißlingt, so daß ein Justizbeamter, der das als Hobby hat, genau und penibel das Strafmaß ausrechnet, wieviel Zeit seines Lebens Willi Kufalt im Gefängnis verbringt. Im letzten Kaptitel wird der dann wieder eingeliefert, jetzt hat er sieben Jahre bekommen, schmuggelt auch ein paar Zigaretten hinein und ist glücklich und zufrieden und Deutschland hatte, wie wir inzwischen wissen, nicht mehr viel Zeit, aus der Sozialkritik etwas zu lernen und Hans Fallada durfte dann nur mehr Unterhaltungsromane schreiben und als das dritte Reich zu Ende war, nahm sich Johannes R. Becher seiner an und veranlaßte ihn weitere Romane darunter „Jeder stirbt für sich allein“ nach einem authentischen Fall zu schreiben, das posthum erschienen ist, Fallada ist 1947 in Berlin gestorben und voriges Jahr wieder aufgelegt wurde.
Vor ein paar Wochen gab es in den Tonspuren ein Portrait von ihm und sein Lebenslauf ist sehr interessant, nämlich Sohn einer gutbürgerlichen Familie, der Vater war Reichsgerichtsrat, Rudolf Dietzen sollte auch Jurist werden, begann aber aber früh mit einer Alkohol und Kokainsucht, wo er auch mehrmals im Gefängnis war und er beschreibt in „Wer einmal aus dem Blechnapf frißt“ auch seine Erfahrungen vom Gefängnis in Neumünster. Später wurde er als Unterhaltungsschriftsteller bezeichnet und eher vergessen und scheint erst jetzt wieder eine Renaissance zu erleben und da ich auch den schönen Band 1, der rororo Taschenbuchreihe gefunden habe, habe ich heuer noch einen Hans Fallada auf meiner Leseliste und ich denke wieder, daß es sehr interessant ist, die Krisenstimmung, der Neunzehnhundertzwanzigerjahre mit denen von 2012 zu vergleichen. Zu lesen war das Buch nicht ganz leicht. Denn Fallada springt in die Geschichte, gibt keine Erklärungen, hat stellenweise nur Dialoge und das Buch in zehn Kapitel geteilt, die dann bis fünfundzwanzig Unterkapitel haben, was wieder interessant ist, zu erleben, wie sich der Schreibstil in achtzig Jahren ändert, obwohl das, was das erzählt wird, höchst aktuell ist und wahrscheinlich mit einigen Adaptionen auch heute geschrieben werden könnte.