„Zen in der Kunst des Schreibens“ von Ray Bradbury ist kein eigentlicher Schreibratgeber oder höchstens eine sehr subjektive Form, wird doch hier die Autobiografie, das eigene Leben und Schreiben und die damit gemachten Erfahrungen auf eine höchst amusante Weise durcheinandergemischt und noch ein Lichtblick, der Zeigefinger fehlt „Sie müßen, sollten, sonst..!“, sondern da ist einer, ein höchstwahrscheinlich sehr extrovertierter, fantasievoller älterer Herr, ein Erfolgsautor und erzählt, wie er es gemacht hat. Ein paar Kapitel, die einem Schreibratgeber etwas mehr ähneln sind auch dabei und das Ganze ist offenbar nicht in einem Wurf entstanden und offenbar auch nicht das Lebenswerk eines, der auf sein Schaffen zurückschaut, sondern es gibt Kapitel aus dem Jahr 1961, 1965, 1973, 1974, 1980, 1982, 1990 und auch einige ohne Jahreszahl, offenbar wurde das Buch erst später zusammengewürfelt, es sind auch schon vorher veröffentlichte Ausätze darin und die Kapitel sind in nichtchronologischer Reihenfolge zusammengefügt.
Von dem Buch habe ich ungefähr seit der Zeit gehört, seit der ich mich mit literarischen Internetseiten und Schreibratgebern beschäftige. Es ist vom Autorenhausverlag herausgegeben und den habe ich ja eine Zeitlang sehr intensiv besucht, wurde da doch Louise Doughtys „Ein Roman in einem Jahr“ einmal jede Woche veröffentlicht.
Der Titel macht neugierig, kenne ich den Namen des Autors ja durch „Fahrenheit 451“, von dem Film, den ich mit Oskar Werner, wahrscheinlich in den früen Siebzigerjahren, in der Zeit meiner philosophischen Krise, im Gartenhäuschen meiner Eltern sah, gerührt bis zu den Tränen und begeistert war und keine Ahnung von der Geschichte, amerikanischen Drehbuchautoren etc, hatte.
Dann habe ich vor etwas mehr als einem Jahr den „Friedhof für Verrückte“ im Bücherschrank gefunden und am Ostermontag in einem anderen das „Zen“, war natürlich neugierig bezüglich des Titels und dachte mir ungefähr „Zen, das brauche ich nicht zum schreiben!“ und auch „Ein wenig zur Ruhe kommen wär, so hektisch, wie ich derzeit bin, ganz gut!“, habe losgelesen und es war spannend und sehr Interessant und für alle die es wissen wollen, mein Unbebwußtes arbeitet auch schon wieder.
Es sind zwölf Kapitel einschließlich eines Vorwortes, die uns der 1920, in Illnois USA geborene, steht leider nicht im Buch, muß man ergooglen, geschenkt hat und die Kapitel tragen Titel, die manchmal sehr lange sind, das kennt man auch von E.T.Hoffmann, aber auch von anderen Schreibratgebern, z. B. „Von dem Nähkästchen“, der Cornelia von Goethe Akademie, das ich einmal in Frankfurt oder Leipzig fand.
Das Vorwort trägt den Titel „Wie man den Baum des Lebens erklimmt, sich selbst mit Steinen bewirft und wieder herabsteigt, ohne sich den Hals zu brechen und den Verstand zu verlieren“
Man merkt Ray Bradbury erzählt, im Vorwort davon, daß er als Kind Comic Heftchen liebte, sie zeriß, weil ihm gesagt wurde, daß sie Schund seien und sie später wieder mühsam zusammensammelte, daß er auf Rummelplätzen und Weltausstellungen zu schreiben begann. Später wird er noch erzählen, daß ihm dort einmal einer versprach unsterblich zu sein und schon einmal gelebt zu haben, daß Schreiben Überleben heißt und man jeden Tag neu zu den Waffen greifen muß.
Vor allem aber „Bleiben Sie berauscht davon!“, denn es ist alles schon in uns, denn wer hat keinen Freund an Krebs verloren oder einen bzw. mehrere Autounfälle erlebt? Das alles wird dann in den Essays, die innerhalb dreißig Jahre entstanden sind, genauer ausgeführt und es beginnt gleich mit der „Freude am Schreiben“.
Das ist es und Ray Bradbury führt auch plastisch aus, daß man sie braucht, daß also jeder Zensor im Kopf, jedes „Das ist nicht gut genug!“ behindert. Losschreiben, achtung, fertig, los, das ist ja, hört man immer, was die Amerikaner von uns unterscheidet, die wir immer auf den Kuß der Muse warten, aber Ray Bradbury hat die natürlich auch und er beschreibt auch, wie man sie hätscheln und ernähren muß, damit sie einen nicht verläßt, vor allem aber darf man ihr nicht nachrennen, sondern höchstens ein Stück vor ihr hergehen, damit man sie nicht erschreckt.
Leidenschaft und Gusto ist also das ABC des großen Schreibens und da denke ich, kann ich bei mir ansetzen, denn ich habe die Begeisterung ja auch, aber dann traue ich mich oft nicht sie auszuleben und denke bei jeden Satz „Was werden die Kritiker sagen?“ und schon bleibe ich stecken. Unbekümmert nicht daran denken, sondern losrennen, ist wahrscheinlich das Zauberwort, das ein selbstbewußterer junger Mann in Amerika vor fast hundert Jahren betrieben hat und er scheint wirklich sehr selbstbewußt zu sein, behauptet er doch, sich an seine Geburt, seine Hebamme, etc erinnern zu können und falls er das doch nicht tut, hat er es sich ausgedacht und seine Geschichten dazu geschrieben und das ist dann der Kuß der Muse oder auch das Unbewußte, was für Bradbury dasselbe ist. Fantasie und Kreativität kann man wahrscheinlich auch sagen und das braucht man zum Schreiben, hat es aber ohnehin in sich, man muß nur hinschauen, hinhören und sich trauen und da ist es natürlich ganz falsch, wenn einer kommt und sagt „Du darfst nicht schreiben, weil du damit den großen Goethe beleidigst“, wie ich mir einbilde, das einmal von Andre Heller gehört zu haben, aber der tut das ja auch.
Dann kommen die Geschichten, zum Beispiel in „Losrennen, Erstarren oder Das Ding oben an der Treppe oder Neue Geister aus den Erinnerungen“
Da war einmal ein kleiner Bub, der lebte in einem Haus, wo man zum Klo über eine Treppe gehen mußte und es gab nur in der Häfte des Weges einen Lichtschalter und es war zu teuer das Licht die ganze Nacht lang brennen zu lassen, so daß sich der Kleine jedesmal in der Nacht, wenn er mußte, entsetztlich fürchtete, denn da oben auf der Treppe, wartete das „Ding“ auf ihn, das später zu einer seiner berühmten Kurzgeschichte wurde.
Das war es, Ray Bradbury hat sich hingesetzt, geschrieben und geschrieben, wie „Betrunken am Steuer eines Fahrrads“, jeden Tag tausend Worte oder pro Woche eine Kurzgeschichte und damit das geht, benutzte er eine Assoziationenkette, um zu seinem Unbewußten zu kommen. Das heißt, er schrieb sich eine Reihe Wörter auf und über die hat er dann geschrieben. An das habe ich auch schon einmal gedacht. Und er ist natürlich um fünf Uhr früh auf die Jahrmärkte gegangen, um sich alles anzuschauen und sich alle Löwen zu merken, die er im Laufe seines Lebens gesehen hat, um Jahre später darüber zuschreiben. Den ersten hat er 1924 gesehen.
„Ist das nicht ein wenig zu früh, werden Sie jetzt fragen?“, schreibt er selbst in dem Artikel und dann hat er die daraus entstandenen Kurzgeschichten gut verkauft, denn er hat auch Glück gehabt in seinem Leben. Allerdings hat er zehn Jahre gebraucht, bis er gut geschrieben hat, hatte aber Freunde, Agenten, Verleger, die ihm halfen, bzw. ihm zur richtigen Zeit, den richtigen Anstoß gaben. Das ist ja, was mir sehr fehlt. Aber da war einer, der sagte „Wollen Sie nicht nach Irland ziehen und ein Drehbuch über Moby Dick verfassen?“
Es gab auch eine Mutter, die mit dem kleinen Kind viel ins Kino ging und „Fahrenheit 451“ hat er in einer Bibliothek geschrieben, wo es im Keller Schreibmaschinen gab, in die man alle halbe Stunden zehn Cent Stücke einwerfen, so saß er sich beeilen mußte und in den Pausen ist er in die Bibliothek hinaufgegangen, um sich die Bücher anzusehen und das tat er, weil er in seinem Haus eine Frau und zwei kleine Kinder hatten, die lieber mit ihm spielen wollten und er sich noch kein Schreibbüro leisten konnte.
Der Verleger in New York gab ihm dann den Tip aus seinen Kurzgeschichten einen Roman zu machen und ein Theaterstück hat er aus „Fahrenheit 451“ später auch geschrieben, wo er das Ganze dann noch ein Stückchen weiterdachte und wenn es dann um Schreibanleitungen geht, wird aus der Muse bzw. dem Unbewußten, eine Liebeserklärung an die Science Fiction, weil das die Leser wollen, die spannenden Geschichten und nicht das fade absurde Theater etc.
In „Haufenweise Haiku“ geht es ans Überarbeiten bzw. Kürzen und vor allem tröstlich für mich, daß Bradbury einer ist, der meint, daß die Qualität aus der Quantiät entsteht und das denke ich mir auch immer, schreibe ich meine Romane also zehn oder hundertmal, statt einen genauso häufig zu überarbeiten. Wenn man nicht aufgibt findet man am Schluß auch zu sich und seinem Weg und das meint er auch in der Titelgeschichte, denn da stehen auf der Assoziationsliste die Worte „Arbeit, nicht Denken und Enstpannung“ und Bradbury meint, daß man auf jede Art und Weise schreiben kann, um zu sich selbst und zu dem, was schon in einem drin ist zu finden, nur nicht, wenn man sich an den Markt orientiert und das ist es. Ein sehr tröstliches und weises Buch, das steht, glaube ich, auch irgendwo geschrieben, wo nur ganz selten erklärt wird, wie man es machen soll und einer stattdessen erzählt, wie er es machte.
Er hat viel Glück gehabt, denke ich, das hatte ich bisher weniger, bis gar nicht, was nehme ich also für mich mit?
Die Assoziationsketten und noch einmal den Versuch den Zensor aus meinen Kopf herauszubekommen und einfach vor mich hinzuschreiben. Da bin ich ja vor ein paar Wochen, an meine Grenzen gestoßen und dachte, daß ich das nicht kann, weil ich zu schnell fertig bin.
Meine Phantasie ist von meinen Zensoren wahrscheinlich sehr blokiert und muß wahrscheinlich sehr freigeschaufelt werden. Daß die Geschichten aber da sind, glaube ich schon und Bradbury ist auch einer, der meint, daß jeder seine Geschichten hat, er muß sich nur trauen, sie loszuschreiben, wenn also der nächste zu mir sagt „Das ist aber märchenhaft!“, nicht beleidigt sein, sondern es als Lob verstehen.
Die Kritik, die ich aus dem Buch entnehme, offenbar kann ich nicht anders, ist, daß er mit der Realität nicht sehr gut umgeht und ich schreibe einmal realistisch. Er meint aber auch, daß man die Wirklichkeit mit der Phantasie besser erklären kann und da geht es dann schon weiter und um am Schluß wieder zu mir zu kommen und zu schreiben, wie es mit meinen Romanfragmentchen weitergehen wird?
Zuerst einmal, die „Frau auf der Bank“ kann an den Digitaldruck gehen und meine fünfzig Seiten nehme ich mir nochmals her, mein Unbewußtes hat ja ohnehin schon gearbeitet und mir zwei intensive Träume geschenkt. Die Krimihandlung habe ich zwar vergessen, aber die Idee, daß ich einfach weitere Geschichten mit meinen Hauptfiguren schreiben kann, hatte ich schon einmal. Also die Sofia, die tote Paula finden lassen und die kann dann ja mit Herrn Hans, Rainer oder Kevin, den „Fall“ aufklären oder ihre eigene Geschichte erzählen, was und wie war das mit dem Radu? Dann kommt der Rainer und erzählt, wie er sein Aufwachsen bei der Großmutter erlebte, erzählt auch von der Regina und wie schwierig es ist, heute Arzt zu werden und den Herrn Hans gibt es ja auch.
Wenn ich dann vier Geschichten habe, kann ich entscheiden, ob ich sie zusammenfüge oder hintereinander in den Roman stelle. Beim „Haus“ oder bei den „Zwillingswelten“ machte ich es auch so ähnlich und schon geht es weiter, denn ich weiß ja, das Leben einer neunzigjährigen Frau und die Wirtschaftskrise interessant ist und das kann man sicher auch realistisch erzählen, ich muß mich nur trauen.
Selbstbewußt werden, habe ich das genannt und glaube, daß ich das bezüglich Schreiben auch bin. Dazu hilft mir auch das Literaturgeflüster. Irritierend nur, daß das sehr monogam passiert und auch schwierig beispielsweise mit meinen selbstgemachten Büchern ins Literaturhaus zu gehen, sie den „Erfolgreicheren“, die lesen dürfen und Verlagsbücher haben, zu zeigen. Das ist manchmal recht peinlich, wenn die dann nicht wissen, was sie damit anfangen sollen und gequält „Schön!“ sagen.
Trotzdem habe ich sehr viel geschrieben, ist mir die Literatur sehr wichtig und ich bin so wie ich bin, wenn man hinsieht, wird man es vielleicht merken und was die konstruktive Kritik betrifft. Da hätte ich mir leichter getan, wenn meine Kritiker früher gesagt hätten „Toll, daß dir das so wichtig ist und du das tust! Wenn du noch da und da hinschaust, kommst du vielleicht weiter, probier es doch einmal so!“ und nicht „Das wird nichts, kann nie etwas werden, ich weiß aber auch nicht wieso!“
Ich bin sicher, Ray Bradbury hatte auch die Leute, die das bei ihm taten. Deshalb es ist ein gutes Buch, das ich wirklich sehr empfehlen kann, auch wenn keine konkreten Schreibübungen drinstehen.
2012-04-15
Zen in der Kunst des Schreibens
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