Eigentlich wollte ich heute Marcel Reich-Ranickys „Über Hilde Spiel“ zu Ende lesen und besprechen, dann wollte der Alfred erst morgen nach Wien fahren. Aber ich habe ohnehin was zu flüstern, hat sich seit dem letzten Blogeintrag ja einiges ergeben, denn da habe ich geschrieben, daß ich ein „Literaturgeflüster-Texte – Buch“ machen könnte und das eigentlich nicht wirklich vorgehabt. Als wir dann nach Harland fuhren, habe ich gedacht, daß das die Idee sein könnte, aus dem Ausgeschriebensein herauszukommen und Abstand zu gewinnen. Da muß ich mich wahrscheinlich ein wenig austricksen, weil es sonst mit den kurzen Texten und den Fingerübungen vielleicht nicht klappt, bis der Kopf wieder frei ist für etwas Längeres. Aber so könnte es gehen habe ich gedacht. Erst die „Wiedergeborene“ fertig machen, was noch dauern wird, da der Alfred im Mai mit dem Karli nach Australien fährt und den Text, glaube ich, noch nicht sehr durchgesehen hat. Dazwischen korrigiere ich die „Paula Nebel“ und die wird, das ist mir jetzt ziemlich klar, ein kürzerer Text. Vorläufig habe ich, ich habe es jetzt noch einmal durchgesehen, zweiundfünfzig Seiten und 23.569 Worte, ein halber Nanowrimo, aber ich finde ihn inzwischen eigentlich doch nicht so schlecht. Es sitzen vielleicht noch nicht alle Szenen, bei einer bin ich mir nicht sicher, ob ich sie drinnen lassen soll und es ist vielleicht auch nicht die neue fetzige Erkenntnis über das Leben einer neunzigjährigen Frau. Ich werde es aber nicht wegschmeißen, sondern fertigmachen und höchstwahrscheinlich als eigenständigen Text herausgeben. Das wird dann halt ein kurzes Buch und dann wird es das „Literaturgeflüster – Texte- Buch“ geben und da werde ich die Texte, wie den „Wunderschönen Tintentraum“, die Reisetexte, die beiden „Paula Nebel“–Goodies und was ich sonst noch habe, zusammensammeln. Ein paar Impressionen, die das Literaturgeflüster erklären können auch dazu kommen und dann werde ich noch einen eigenen Text bzw. Vorwort dazu schreiben und wenn ich nicht genügend Texte habe, schreibe ich sie. Eine gute Arbeit zum Kopf auslüften denke ich und weil dann ja auch der Sommer kommt, wo wir wahrscheinlich in die baltischen Staaten fahren, komme ich, bis ich damit fertig bin, wahrscheinlich in den nächsten „Nanowrimo“ hinein und den könnte ich, habe ich gedacht, einmal ganz wörtlich und im Sinne des Erfinders nehme. Denn der hat damit ja die Schreibblockaden lösen wollen, in dem er vom Plotten abrät, rät, nicht zu korrigieren, sondern daraufloszuschreiben, bis man 50. 000 Worte hat. Daran habe ich mich 2009 nicht ganz gehalten. Jetzt könnte ich das tun, einfach Material sammeln, bis der November, der wahrscheinlich durch die Buch-Wien, das Geburtstagsfest und andere Veranstaltungen ohnehin wieder hektisch werden wird, um ist und dann schauen, ob der Kopf auf diese Art und Weise frei geworden ist. Denn es stimmt schon, was ich jetzt öfter geschrieben habe. Ich habe in den letzten Jahren sehr viel geschrieben, habe natürlich meine Grenzen und schummelte mich sicher auch ein bißchen darum herum. So, daß vieles vielleicht nur angeschrieben ist, mich aber vielleicht gehindert hat, die Geschichte der alten Frau lang zu schreiben. Denn, daß sie ihre Bücher ausliest, wollte ich schon nicht wieder schreiben und auch nicht, daß sie wegen ihrer Depression das Haus nicht verläßt. Das habe ich schon alles geschrieben, von achtzigjährigen und hundertjährigen Frauen, ihren Töchtern und Enkelkindern. So ist ein fünfzig Seiten Text herausgekommen, der die letzten Tage einer alten Frau schildert, die in diesen eine hektische Betriebsamkeit entwickelt, in ihr Leben eher kurz zurückschaut, die Regina, den Herrn Hans und den Enkel Rainer habe ich nicht wirklich einbezogen, die Sofia nur angedeutet.
Judith Gruber-Rizy, die mir ja ein aufmunterndes Mail geschrieben hat, hat gemeint, die Person einer alten Frau ist vielleicht zu wenig für einen ganzen Roman und sich erinnert, daß ich im Wiener Stadtroman viele Figuren und viele Handlungsstränge hätte. Stimmt, das ist mir beim Wiederlesen vor einem Jahr auch aufgefallen, daß das sehr stimmig geworden ist. Ging aber jetzt nicht mehr wieder. Ich vermute, daß ich zu ausgeschrieben bin. Aber es stimmt schon, wer sagt, daß es unbedingt immer der lange Roman sein muß? In der Kürze liegt die Würze, heißt es doch, das lesen die Leser wahrscheinlich auch lieber und da ich meine Bücher ohnehin selber mache, ist die Länge auch egal und ich bin auf keine Verlagsvorgaben angewiesen. So weit so what und ich glaube, ich habe die Krise umschifft, meinen Weg wieder gefunden und denke, eine Standortbestimmung war auch sehr gut.
Das muß man wohl hin und wieder tun und mein Problem ist ja, daß ich mich mit meinen dreißig selbstgemachten Büchern ein wenig komisch fühlte, weil ich immer dachte, du hast keinen richtigen Verlag. Den suche ich inzwischen zwar nicht mehr wirklich, konnte aber immer hören, den brauchst du, denn nur so bist du gut, bekommst Lesungen, Preise, Stipendien etc.
Das habe ich zwar nie wirklich so ganz verstanden, hat mich aber sehr geprägt und ich bin auch angestanden. Während sich da jetzt vielleicht ein bißchen was zu ändern scheint. Gibt es ja inzwischen schon andere Autoren, die das „Selfpublishing“ recht selbstbewußt betreiben. Die beziehen sich zwar hauptsächlich auf E-Bücher, was ich, weil ich ja nicht so wirklich technisch bin und durch meinen Brotberuf und meinem Lebensstil auch nicht so aufs Verdienen erpicht bin, eigentlich nicht will. Ich will nur weiter schreiben und mich dabei nicht mehr so daneben fühlen. Um nicht falsch verstanden zu werden, wenn sich Rowohlt, Fischer, etc bei mir melden, würde ich natürlich….
Geht aber bei mir nicht, irgendwie scheint mir das nicht zu gelingen und es geht ja auch mit dem Selbermachen, habe ich da auch schon sehr viel.
So what, kein Glücksgefühl und keine Euphorie, aber mehr annehmen, daß es so ist, wie es ist und ich es offensichtlich nicht verändern kann.
Seit ich das Literaturgeflüster habe, habe ich auch einen Weg in die Öffentlichkeit. Ich habe da schon ein riesiges Archiv von Artikeln und Geschichten und das Reflektieren meines Schreibens hilft mir eigentlich auch sehr. Und so gehe ich meinen Weg, schreibe wie ich es kann und das, was ich sicher gelernt habe, ist mit Kritik umzugehen. Da hat mich früher das allzu Harsche oft umgehaut und ich habe nicht gewußt, was ich antworten soll?
Jetzt sage ich, ich schreibe, wie ich es kann, bemühe mich weiterzukommen, akzeptiere aber auch, daß es ist, wie es ist!
Da bin ich schon beim zweiten Teil des heutigen Artikels, ist ja morgen wieder Welttag des Buches und das ist jetzt schon zu merken, habe ich mir ja gestern, die Geschenkantoholgie des österreichichen Buchhandels beim Schubert, die von Mercedes Escherer und Gerald Schantin herausgegeben wurde „Erlesenes Europa“ mit fünfzehn Texte, die teilweise Buchkapiteln sind, geholt und bin dann, weil ich beim Korrigieren etwas herumsurfte, daraufgekommen, in Deutschland gibt es eine tolle Aktion. „Lesefreunde“ nennt sich die und da konnten sich 33.333 Personen bewerben und unter fünfundzwanzig Büchern, worunter auch ganz Tolle und ganz Neue sind, eines auswählen, sich in ihrer Lieblingsbuchhandlung, eine Kiste mit dreißig Stück abholen und die ab sechzehnten April verteilen. Eine Million Bücher werden da in Deutschland freigesetzt und das Literaturcafe berichtete darüber und beklagte, daß sie die Bücher nicht an den Mann brachten, weil die Leute wegschauten oder dachten, da würde jetzt der Koran verteilt oder man würde sonst was von ihnen wollen. Was mich ein wenig wunderte, denn wenn mir am Welttag des Buches, jemand ein Buch entgegenstreckt, nehme ich es. Andererseits denke ich, ist diese Aktion ja neu und auf der Mariahilferstraße laufen auch manchmal Leute mit einem Korb herum, geben dir was und wollen dann Geld dafür.
Die Bücherschenker waren mit ihren dreißig Büchern wahrscheinlich nicht so als solche zu erkennen, auch wenn es auf dem Buch draufsteht, was das für eine Aktion ist und, daß nicht alle Leute gerne und viel lesen ist auch ganz klar und nicht alle wollen alles. Sechzehnjährige vielleicht nicht den Peter Stamm, die Stephenie Meyer hätten sie aber ihren Freundinnen mitbringen können und man kann das Ganze sicher auch kritisch sehen. Denn wer soll die Bücher dann noch kaufen, wenn man sie umsonst bekommt? Ich glaube ja ohnehin, daß Bücher unverkäuflich sind. Die Initioren behaupten aber nein und meinen die Länder, wo es schon so was gibt, hätten die Erfahrung gemacht, daß sich das Buch dann mehr verkauft, was vielleicht bei fünfundzwanzig verschiedenen Büchern zutrifft. Ich bekomme eines und kaufe mir dann auch was von den vierundzwanzig anderen, während ich mir denke, daß die Bücher die für die „Eine Stadt – ein Buch- Aktion“ ausgewählt werden, in Wien unverkäuflich sind und die liegen auch in den Bücherschränken immer wieder auf.
Eine spannende Idee, trotzdem, die ein bißchen neidisch machen könnte. Aber vielleicht kommt das auch einmal nach Österreich. Mich würde es freuen, obwohl ich ja an keinen Büchermangel leide und jetzt habe ich vielleicht meinen Weg und neues Selbstvertrauen gefunden, werde weiter an der Paula Nebel korrigieren und sie vielleicht zu einem spannenden sozialkritischen Text über das Sterben einer alten Frau zu machen, der interessant und schnell zu lesen ist.
2012-04-22
Neue Wege oder Standortklärung
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