Über Hilde Spiel, die im letzten Oktober ihren hundertsten Geburtstag gefeiert hätte, habe ich schon geschrieben und gelesen, habe ich mir ja bei der Buch-Wien von Gerlinde Tamerl, das von Ingrid Schramm und Michael Hansel herausgegebene Buch „Hilde Spiel und der literarische Salon“ geben lassen und bin, im Jänner oder Februar, wird es wahrscheinlich gewesen sein in Harland in der Badewanne gelegen und habe mir den ersten 1989 erschienenen Memoiren Band „Die hellen und die dunklen Zeiten“, den ich, was ich offenbar vergessen hatte, von meiner lieben alten Freundin Hansi Berger geschenkt bekommen habe (zum Glück gibts die Geburtstagswidmungen) geblättert, hatte keine Ahnung, ob ich das Buch gelesen oder nach dem Bekommen auch nur durchgeblättert, wird wohl so gewesen sein, und habe es, was auch sehr interessant ist, nicht so dicht, wie das Schramm und Hansel Buch gefunden, aber wahrscheinlich war das durch die Flüchtigkeit meines Lesens begründet und als im vorigen Mai oder Juni, die „Buchlandung“ eine Totalräumung ihrer wahrscheinlich unverkäuflichen Bestände machte und die Ein-Euro-Kisten besonders füllte, bzw. ganze Regalreihen damit bestellte, habe ich Marcel Reich-Ranickis „Über Hilde Spiel“ gefunden und den 1920 in Wloclawek geborenen kenne ich auch.
Wer kennt den nicht?, werden jetzt meine Kritiker schreien, natürlich jeder kennt den Wortgewaltigen, Energischen, der mit lauter Stimme und erhobenen Zeigefinger über die Bücher und die Autoren fährt, schon mal was wörtlich oder auch nur übertragen zerreißt und dann noch offenbar soviel Humor besitzt, daß er für das Telefonbuch Werbung macht und wenn er ins Fernsehen eingeladen wird, um einen Preis zu bekommen, beschimpft er es genauso lautstark öffentlich, was zur Folge hatte, daß Elke Heidenreich ihre Büchersendung „Lesen“ ins Internet verlegte und jetzt nicht mehr macht.
Nun ja, das weiß ich nicht so genau, bin ich ja keine deutsche und auch keine österreichische Ferseheherin und gebe nur das Mitbekommene mit. Daß Marcel Reich-Ranicki von Ernst Willner und Humbert Fink für den Ingeborg Bachmann Preis gewonnen wurde und dort in den ersten Jahren Juror war, Hans Weigel war, glaube ich, auch dabei, weiß ich auch und als Brigitte Guttenbrunner dort gelesen hat, erzählte sie, daß er „Ist das eine Emanze?“ über sie gesagt haben soll.
Seine Biografie „Mein Leben“ habe ich mir vom Alfred zum Geburtstag schenken lassen und war hoch beeindruckt, anderen hat das Buch, soviel ich weiß, nicht so gut gefallen und haben zum Lesen aufgehört, ich kann sein autoritäres Gehabe dadurch aber besser verstehen und habe mir schon viel früher, als ich das noch tat, Bücher von ihm gekauft, bzw. den „Der doppelten Boden“, denn der Band „Unser Grass“ war in einem der Büchertürme, als es die Literatur im März noch gab und dieser, der Nobelpreisträger, ist ja auch ein sehr wortgewaltiger energischer Herr und hat gerade erst die Literaturwelt und den Staat Israel so erregt, daß man ihm den Nobelpreis aberkennen wollte.
Ich bin, glaube ich, nicht so wortgewaltig, aber sehr an Literatur interessiert und so habe ich mir das dtv-Bändchen in die Badewanne mitgenommen, daß sieben, wahrscheinlich schon früher publizierte Aufsätze und dann eine sehr ausführliche Biografie und Publikationslisten beider Autoren enthält.
„Wer hat Angst vor Hilde Spie?“, heißt so wortgwaltig der erste Text und schildert, daß Hilde Spiel Reich-Ranicky zusammenputze, als er mit ihr 1962 in Berlin auftrat und Arthur Schnitzler einen unterhaltsamen Autor nannte, was Hilde Spiel als Skandal empfand.
Nun bin ich ja, wie meine Leser wissen, eigentlich eine Psychologin und keine Literaturwissenschaftlerlin. Das Theater unterhaltsam ist, weiß ich auch, von „Professor Bernhardi“ würde ich das nicht unbedingt behaupten und beim „Reigen“ und bei „Liebelei“ kann einer auch das Gruseln kommen, ob der Hintergründigkeit oder der Art und Weise, wie die „lieben Mädeln“ da behandelt werden. Aber Österreich ist Österreich und hat seine literarischen Unterhalter. Heimito von Doderer ist auch einer, mit dessen „Dämonen“ und einer meiner ersten Lieben, ich 1977, einen höchst beeindruckenden Sommer im Wiener Stadtpark verbrachte. Daß da auch ein bißchen Nazivergangenheit verpackt ist, habe ich erst später begriffen und steht auch in dem Buch, aber in einem anderen Kapitel.
„Wem sagen Sie das?“ heißt der zweite Text und da geht es um „Lisas Zimmer“, ursprünglich in Englisch geschrieben und 1961 in London erschienen, ein Buch über „Emigranten, zumal Intellektuelle, über symptomatische Schicksale im zweiten Viertel unseres Jahtrhunderts?“
Hilde Spiel wird von Reich Ranicki in dem Buch sowohl gelobt als getadelt, der alte Grandseigneur, der wahrscheinlich gar nicht anders kann, breitet genüßlich seine Theorien über sie aus, nennt sie eine begnadete Essayist und schwache Romanschreiberin, weiß wieder alles sehr genau und wahrscheinlich sehr viel besser als die alte, 1990 verstorbene, Dame selbst.
Vor allem aber gibt es in dem Buch sehr viele Bilder. Einige davon kenne ich schon, sind sie ja auch in dem Schramm-Buch enthalten, ob in den „Hellen und finsteren Zeiten“ Fotos sind, weiß ich jetzt nicht, habe ich das Buch ja in Harland, denke aber schon und Ingrid Schramm, die ja in der österreichischen Nationalbibliothek tätig ist, wird auf der letzten Seite auch besonders für die Bildrecherche gedankt.
Im September 1990 wurde „Welche Welt ist meine Welt“, der zweite Memoirenband, im Palais Pallavicini vorgestellt. Marcel Reich Ranicki war dabei und hat wahrscheinlich die Laudatio gehalten, Andre Heller hat gelesen, davon gibt es viele Fotos, die die alte Dame mit Würdenträgern aber auch ihr Buch in der Hand haltend, zeigen.
Ich war nicht dabei, habe ich mich damals, trotz Hansis Geburtstagsgeschenk, wahrscheinlich doch nicht so viel für Hilde Spiel interessiert, sondern an den „Hierarchien“ und auch meinen „Stotterer-Buch“ gearbeitet, finde es aber sehr interessant und würde mir, meine Leser wissen es wahrscheinlich, sehr wünschen, die frühen Romane, die Hilde Spiel sehr jung geschrieben und dafür auch Preise bekommen hat, „Kati auf der Brücke“, „Verwirrung am Wolfgangssee“, aber auch „Lisas Zimmer“ und alles andere, im offenen Bücherschrank zu finden und schaue auch immer sehr genau, um nichts zu übersehen.
Bei den biographischen Notizen habe ich übrigens etwas interessantes entdeckt, nämlich daß Hilde Spiel, die mit Milo Do, Begründerin und auch erste Präsidentin der IG Autoren war und dem PEN angehörte, 1980 zum Mitglied der Grazer Autorenversammlung gewählt wurde.
Was die Pendantin in mir natürlich wachrüttelt, wie kann das sein? Gibt es da doch diesen Aufnahmeparagraphen, aber vielleicht war das eine Ausnahme und, daß schon Leute aus dem PEN ausgetreten sind, die eigentlich nicht drinnen sein hätten dürfen, habe ich auch schon in der Zeitung gelesen und einmal, wenn ich mich recht erinner, dem Herrn Menasse einen diesbezüglichen Brief geschrieben.
2012-04-24
Über Hilde Spiel
Kommentar verfassen »
Du hast noch keine Kommentare.
Kommentar verfassen