Nach dem ich Pfingstsonntag in der Badewanne bei meinem Lesemarathon in Chile und in Rumänien war, bin ich am Pfingstmontag wieder ausgegangen und da hatte ich ja eine Bücherkastenlesetour geplant. So etwas habe ich ja schon vor einem Jahr gemacht, als ich Material für die „Frau auf der Bank“ gesammelt habe, da bin ich von der Zieglergasse in den Hegerpark gegangen und habe ein bißchen beobachtet, was da so passiert. Aber diesmal wollte ich ja lesen und habe das auch schon am Samstag so getan. Mit drei Büchern in der Handtasche mit der Straßenbahn von Schönbrunn in den Prater und dann noch ein bißchen herumgefahren, ganz zufällig waren auch die passenden Bücher dabei, die die nostalgische Wien-Stimmung, auf die man in Schönbrunn ja trifft, noch verstärkten. Aber diesmal hatte ich keine Bücher und keinen Fahrschein. Meine Pfingstlesetour sollte ja abwechslungsreich werden und da es inzwischen auch den „Wortschatz“ am Margaretenplatz gibt, habe ich damit begonnen.
Und ich war, ich gestehe es, sehr neugierig, was werde ich heute lesen? Bei den anderen Büchern stand es ja dank meiner Leseliste schon lange fest und war daher keine Überraschung. Aber am Pfingstmontag war alles offen und der „Wortschatz“ birgt ja manchmal wahre Schätze und manchmal wieder nicht so viel Besonderes und meine Wünsche und meine Vorstellungen, was ich gerne finden würde, habe ich ja auch.
Da wäre ja einmal Hilde Spiels „Kathi auf der Brücke“ oder Hans Weigels „Unvollendete Symphonie“, Vicki Baums „Hotel Berlin“ oder die Anni Bürkl Krimis, Cornelia Travniceks „Chucks“ wäre natürlich besonders fein, ist aber wahrscheinlich noch viel zu aktuell.
Aber ich habe ja schon Ohrhan Pamuks „Schnee“, Paula Köhmeiers „Maramba“ und einige sehr schöne Streeruwitz Bücher dort gefunden und manchmal gibt es wieder nicht so viel und so schien es auch jetzt zu sein. Vor dem Schrank stand ein Mann mit einem Hund und es war nicht viel Aktuelles da, nur eine Vicki Baum, aber nicht das Erhoffte. Trotzdem habe ich danach gegriffen, dann lese ich halt das, als mir ein Cover mit einem blauen Himmel und einer seltsamen weißen Windmühle ins Auge stach.
Was ist denn das? Ein Reiseführer? Ich schlug es auf und las „Wäre am Pfingstsamstag mein Zug nicht mit dreizehn Minuten Verspätung in Karlsruhe angekommen, hätte ich Tamara vielleicht nie kennengelernt“ und disponierte um.
Es war ein Jugendbuch über eine Griechenlandreise, eines fünfzehnjährigen deutschen Mädchens, 1986 geschrieben, also nicht gerade das, was ich sonst lese, aber vielleicht ganz passend für einen Pfingstlesemarathon. Also habe ich mich auf eine Bank beim Schrank gesetzt, bei den meisten Schränken gibt es die ja. Aber um neun Uhr früh noch nicht wirklich viel zu beobachten. So bin ich nach fünfzig Seiten, mit ein paar Schuldgefühlen, was ich da für einen „Schmonsens“ lese und was meine Leser dazu sagen werden, in Richtung Zieglergasse gegangen und bin Leuten, die Tüten mit Frühstückgebäck oder Kaffeebecher trugen, begegnet, was mich auf die Idee brachte, daß man beim Mc Donald, um zwei Euro frühstücken kann und das ich das auch schon immer wollte. Ich hatte zwar schon mein Müsli gegessen und meinen Kaffee getrunken. Aber ein zweites Frühstück kann nicht schaden, dann werde ich meinen Mc Double und meine kleinen Pommes Frites halt später essen. Der Mc Toast entpuppte sich zwar als etwas seltsam aussehende mit Käse und mit Schinken gefüllte Flade, schmeckte aber gut und ich verzehrte sie bei dem kleinen Park, wo die Bezirkrätin Zouboulaki-Rottenberg vor zwei Jahren ihr Fest für Fanny Elsner veranstaltete, weil es bei der U-Bahnstation Pilgramgasse und dem sich dort befindenden Mc Donald keine Sitzplätze gibt und hatte auch noch eine Zeitung gefunden und in der Gratiszeitung-Österreich gab es gleich Günter Grass neues Wutgedicht über Griechenland und das brachte den aktuellen Bezug zu der heiteren Geschichte über das tolle Leben im Land des König Minos, wo man alles auf die leichte Schulter nimmt und immer „Dhem berasi“, „Macht ja nichts!“, sagt. Jetzt macht das alles schon etwas und die Griechen müßen sparen und es geht ihnen nicht sehr gut und ich wanderte weiter in die Zieglergasse. Dort war, wie meistens reger Verkehr. Es gab sehr vielen Taschenbücher, die ich eigentlich auch nicht lese und zwei Männer die sich darüber unterhielten, wo man am besten „Karl May“ bekommt. Denn da gibt es ja offenbar richtige und falsche Ausgaben, der eine wußte Rat und die Frau auf der anderen Seite, die noch ein paar Schachteln Taschenbücher auspackte, fragte „Welchen Karl May wollen sie denn?“
„Verschiede für das Enkerl“, erklärte der Mann und erkundigte sich bei der Frau, ob sie nur Willdwestromane und eine Verlassenschaft zu versorgen habe und ich fand eigentlich auch nicht das richtige, denn Wildwestromane lese ich ja nicht. Dann aber doch etwas, was ich fast übersehen hätte, eine schöne alte Ausgabe aus dem Jahr 1946 von Victor Hugos „1793 Frankreichs Schicksalsjahr“ und ich wußte, was ich als nächstes lesen würde, wanderte aber zunächst weiter, mit Unterbrechungen in dem kleinen Park bei der Hauptbücherei und dann noch bei den Bänken vor einer Moccador-Filiale, wo ich als ich am letzten Feiertag zur Iris hinausmarschiert bin, gesehen habe, daß man dort am Sonntag um neun Euro brunchen kann. Es war aber Montag, und von der Stadthalle kamen mir zwei junge Kellnerinnen und zwei junge Kellner in langen weißen Schürzen entgegen und überquerten den Gürtel.
Die nächste Station war die Grundsteingasse, da schien es auch nichts zu geben, zumindestens nicht für mich. Das junge Migrantenpaar mit den zwei kleinen Kindern delegierte sich aber an den Schulbüchern und ein paar Photografiemonatszeitschiften lagen auch herum, so soll es ja sein und auch sonst war es interessant durch den Brunnenmarkt zu gehen und das leichte Sommerbuch hatte ich bald ausgelesen. Mit dem Victor Hugo und der französischen Revolution tat ich mir dann etwas schwerer und bevor ich mich zu dem vierten Schrank setzte, wo ich ja schon einmal eine Büchertour machte, ging es wieder zum Mc Donald, den Mc Double und die Fritten habe ich dann dort verzehrt. Ein Sackerl mit Mini-Messinos hatte ich mir in dem Billigschokoladen auf der Mariahilferstraße auch noch gekauft und wurde ich wieder fündig. Zwar gab es nicht wirklich etwas für mich zu lesen. Er war aber gut gefüllt, während er das letzte Mal, als ich dort gewesen bin, wirklich fast leer gewesen ist. Diesmal gab es aber die „Duineser Elegien“ von Rilke, ein Materialbuch zu „Siddharta“ und eine „Debatte um Hanns Eisler“ und ich beobachtete, während ich mich mit den Adeligen auf hoher See, die gleich moralische Schießbefehle geben, ein wenig schwer tat und meinen Lunch verzehrte, eine junge Frau mit großen Rucksack, die viel gefunden hat.
Dann war die Runde eigentlich schon zu Ende, ich mit der Revolution aber noch nicht sehr weit gekommen und das Wetter hatte sich etwas verzogen, war aber immer noch sehr gut und, daß es am Rathausplatz Wiens größten Kirtag gab, hatte ich ja schon am Samstag gesehen, als ich mit der Straßenbahn daran vorbeigefahren bin, also bin ich dorthin und habe mich in den Rathauspark gesetzt. Aber da war es ziemlich laut, weil ja eine große Bühne und sehr viel Ringelspiel und so recht kannte ich mich in der französischen Revolution ja nicht aus. Also bin ich weiter ins Museumsquartier, erwischte dort einen dieser Liegesessel und blieb solange, bis der Regen tropfte, da war ich mit dem Buch aber schon fast fertig, ich habs noch rasch unter Dach beim Leopoldsmuseum zu Ende gelesen und bin um fünf nach Haus, um das alles aufzuschreiben und meinen p.t. Lesern zu verkünden, der Pfingstlesemarathon war ein voller Erfolg!
Zwar ist er noch nicht ganz zu Ende, gibt es ja noch den Pfingstdienstag, aber normalerweise fülle ich mir den Dienstag nach Ostern und Pfingsten immer sehr mit Psychologieterminen an. Diesmal war ich unsicher, wie soll ichs machen und dachte, nehme ich den Dienstag noch zum Marathon dazu und lese zwischen meinen Stunden. Dann hat es zuerst ausgesehen, als hätte ich keine. Jetzt wirds aber zweimal Diagnostik und eine Stunde geben und wenn ich zwei Befunde schreibe, werde ich nicht viel zum Lesen kommen. Ein bißchen aber schon vielleicht und dafür wartet ja schon der Fallada im Badezimmer und da ich ja sehr fleißig bin und schon über den Marathon gebloggt habe, kann ich, wenn ich mit der Praxis fertig bin, gleich mit dem „Kleinen Mann“ in die Badewanne steigen und das Buch besprechen, wenn ich damit fertig bin.
Sechs Bücher habe ich inzwischen gelesen. Zwei an jeden Tag und wenn man will, habe ich ja auch schon am Freitagnachmittag mit dem Lesen und dem Besprechen von Aitmatovs „Weißen Dampfer“ und den Beginn der Marlene Streeruwitz damit begonnen und als ich schon bedauerte, daß ich so für mich allein lese und es keinen anderen Pfingstlesemarathon gibt, bin ich gestern Abend darauf gekommen, daß das nicht stimmt und eine Bloggerin zu einem Sonntagnacht-Lesen aufgerufen hat, dem sich viele Blogger angeschlossen haben.
2012-05-29
Pfingsten II – Bücherkastenlesetour
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