Weiter geht es mit Tschingis Aitmatow und zwar laut Beschreibung dem wichtigsten und bekanntesten Werk nach „Dsamilja“, der 1970 nach einem Märchen entstandenen Erzählung „Der weisse Dampfer“, die mit den Worten „Er hatte zwei Märchen. ein eigenes, von dem niemand wußte. Und ein zweites, das der Großvater erzählte. Am Ende blieb keins übrig. Davon handelt diese Erzählung“, beginnt.
Erzählt wird wieder, diesmal von einem namenlosen, siebenjährigen Jungen, der mit seinem Großvater, dessen zweiter Frau, dem Onkel und der Tante in einer Försterei in der San-tasch-Schlucht lebt, die offenbar so einsam ist, das dorthin nur manchmal das Verkaufsauto kommt und mit diesem beginnt auch die Geschichte. Der Junge sieht es zuerst, ruft die Frauen heran, die dann kommen und schauen, aber kein Geld haben, um wirklich was zu kaufen, nur Tante Bekej, die kinderlose kauft zwei Flaschen Wodka und später kommt der Großvater und kauft dem Jungen eine Schultasche, weil er bald zur Schule kommt. Zu dem Großvater hat der Junge eine besondere Beziehung, die Großmutter, seine zweite Frau, ist oft böse zu dem Jungen und schimpft auch mit dem Großvater, weil er schwach ist und in seinen Fantasien lebt und die Försterei wird von Oroskul, dem Mann der Tante beherrscht, der ihr ihre Kinderlosigkeit zum Vorwurf macht und auch sonst eine sehr unsympathische Figur ist.
Der schwache Großvater ist aber das Idol des Jungen, der keine Eltern hat, die Mutter ist in die Stadt gegangen und hat dort wieder Kinder und der Vater soll als Matrose in einem weißen Dampfer fahren und das ist das Märchen des Jungen. Mit dem Fernglas des Großvaters sucht er am See den Dampfer und stellt sich vor, wie er zu einem Fisch wird und zu seinem Vater schwimmt, während auf dem Hof mit ihm alle, außer dem Großvater schimpfen und das Märchen des Großvaters ist die Geschichte von der gehörnten Hirschkuh, die einmal als gewalttätige Stämme, die Kirgisen ausrotteten, zwei Kinder rettete, zu deren Nachkommen sich der Großvater und der Junge zählt und so freut sich der auch schon auf die Schule, die im nächsten Dorf liegt. Der Großvater bringt ihm in der Früh auf dem Pferd dorthin und holt ihn zu Mittag wieder ab. Weil sich aber Oroskul durch Geschenke bestechen läßt und deshalb verbotener Weise Holzstämme, die für den privaten Hausbau etc gebraucht werden, verspricht, muß er mit dem Großvater, die Fichten im Wald fällen und er hört auch nicht auf den Großvater, als dieser sagt, er muß jetzt zur Schule, den Kleinen holen. Der Großvater setzt sich aber durch und reitet auf dem Pferd des Schwiegersohns hin, kommt aber trotzdem zwei Stunden zu spät, so daß ihn die Lehrerin vorwurfsvoll ansieht. Oroksul schlägt seine Frau und die Großmutter ist bös auf den Großvater aus Angst, daß Oroksul sie aus dem Haus jagen könnte. Indessen wird der Junge krank, hat aber im Wald die gehörte Hirschkuh gesehen und nicht nur er, auch die Männer, die den Baumstamm holten, bemerken die drei Maralen, die aus dem benachbarten Naturschuztgebiet kamen und wollen sie abschießen.
„Das darf man nicht!“, sagt zwar der Großvater, aber Orkosul hört natürlich nicht auf ihn und zwingt den Alten auf sie zu schießen, was dieser aus Angst, um die Zukunft dann auch tut. Nur dann betrinkt er sich und so findet am Abend der Junge ihn auch. Alle sind nach dem Festmahl betrunken und Orkosul hat vorher auch noch den Kopf der gehörnten Hirschkuh gespalten, so daß dem Jungen nichts anderes über bleibt, als sich in einen Fisch zu verwandeln und zu seinem Vater zum weißen Dampfer hinüberzuschwimmen.
„Während ich von dir Abschied nehme, mein Junge, wiederhole ich deine Worte „Sei gegrüßt weißer Dampfer, ich bins“, so endet die tragische Geschichte, die sich natürlich als Parabel auf den realen Sozialismus der UDSSR verstehen läßt und wohl auch als solche geschrieben wurde.
Die Neuübersetzung des Unionsverlag hat ein Nachwort vom Mai 1992 von Tschingis Aitmatov, wo er schreibt, daß das Buch nur erscheinen durfte, weil es die Unterzeile „nach einem Märchen hat“ und das er zur Parabel natürlich das tragische Ende, den Tod des Jungen brauchte. Das wollten aber seine Leser nicht, nicht die realsozialistischen, die natürlich eine Aufnahme in ein staatlichen Kinderheim forderten, aber auch nicht die kirgisischen Studenten, mit denen sich Aitmatov 1989 im Peking traf, als er dorthin Michail Gorbatschow auf einen Staatsbesuch begleiteten.
„In ihrer Belesenheit gauben bewanderte Kritiker, zu wissen, wie ein Schriftsteller das Leben zu sehen hat, einfache Leser wünschen sich aber schlicht die ersehnte Wahrheit“, schreibt Aitmatov.
„Die Menschen von heute leben im Genre der Tragödie, die ganze Menschheit erfährt sie, und dem ist nicht zu entrinnen. Ich glaube, die zeitgenössische Literatur entwickelt sich unter ihrem Zeichen.“
2012-05-25
Der weisse Dampfer
2012-05-24
Der Junge und das Meer
Von Tschingis Aitmatow, den kirgisischen Dichter, 1928 dort geboren, 2008 in Nürnberg verstorben, der am Maxim Gorki Literaturinstitut in Moskau studierte und auch Berater von Michail Gorbatschows war, findet man viel in den offenen Bücherschränken.
„Der Junge und das Meer“, habe ich, glaube ich, zeitgleich mit der Iris Hanika gefunden oder war das „Der weiße Dampfer“, der als nächstes auf meiner Leseliste steht? Als ich mich mit der Anna vor ein paar Monaten zum Essen traf, habe ich ein altes DDR- Bändchen mit zwei Aitmatow Geschichten „Scheckiger Hund, der am Meer entlangläuft“ und „Frühe Kraniche“ gefunden und dann noch einmal „Dshamilja“, die Liebesgeschichte, die wie ich jetzt weiß, Loius Aragon „für die schönste der Welt hält“ und als ich am Montag in die Alte Schmiede ging, lag in der Abverkaufskiste, des nun mehr einzigen Buchgeschäftes, an dem ich vorüberkomme, auch ein Aitmatow-Bändchen, um einen, zwei oder drei Euro. Welches weiß ich nicht mehr, denn ich hab ja ohnehin genug zu lesen und als ich mich gestern ein bißchen per Wikipedia auf die Aitmatow-Lektüre einstimmte und ich halte, obwohl ich immer wieder Kritiken höre, die Wikipedia Einträge für sehr gut und beziehe mich auch oft auf sie, nur meiner ist nicht ganz vollständig, hören meine Bücher ja bei „Und Trotzdem“ auf, aber das ist eine andere Geschichte und gehört nicht hierher, fand ich, daß Aitmatows Liebesgeschichte in der DDR zur Pflichtlektüre in den Schulen gehörten und das die Geschichte „Der Junge und das Meer“ in den DDR Ausgaben „Scheckiger Hund, der am Meer entlangläuft“, heißt.
Also habe ich nächstes Jahr, wenn das Bändchen an die Reihe kommt, weniger zu lesen und bei der rororo-Ausgabe von 1988, die ich gelesen haben, steht auf der Rückseite natürlich der Vergleich mit „Der alte Mann und das Meer“ und davon, daß die Geschichte, die man wahrscheinlich Novelle nennen kann „ein großes bewegendes Gleichnis ist, das in die Botschaft von der moralischen Unbesiegbarkeit des Menschen, an Hemingway einnert.“
Man kann es natürlich auch viel weniger prosaisch deuten. Da fährt irgendwo in Kirgisien wahrscheinlich, ein Boot aufs Meer hinaus, weil drei Fischer, der Dorfälteste und zwei andere Männer, Vater und Onkel, den Jungen, der später ebenfalls Fischer werden soll, auf seine erste Ausfahrt mitnehmen. Das gehört offenbar zu den kirgisischen Bräuchen und ist wahrscheinlich, wie die Jugendweihe zu verstehen, ein Ritual des Erwachsenwerdens und natürlich auch eine Lehre, die man durchmachen muß und so ist Kirisk sehr stolz darauf und natürlich gibt es für diese erste Ausfahrt auch eigene Regeln, so hat ihn die Mutter ans Ufer begleitet und zum Abschied „Na, geh in den Wald und nimm trockenes Holz mit!“, gesagt, denn die bösen Geister oder Götter, die einem ans Leben wollen, muß man täuschen.
Und so ist Kirisk nun im Boot, Organ der Älteste sitzt am Steuer und raucht an seiner Pfeife, Vater und Onkel rudern und als sie ihn fragen, ob er Angst hat, schüttelt er stolz den Kopf. Er doch nicht, er denkt ans Dorf, an die Mutter, die Schwester und auch an das Mädchen, in das er vielleicht ein bißchen verliebt ist und sieht den „Scheckigen Hund“, das ist ein Hügel, den man immer sieht, wenn man vom Meer wieder ans Land zurückkommt.
In dieser Geschichte wird überhaupt sehr viel symbolhaft ausgedrückt, so gibt es die Ente Luwr und wenn man krank ist und nicht trinken darf, beschwört man die „Blaue Maus“, die einen Wasser geben soll und die Fischer denken heimlich an die große Fischfrau und haben mit ihr auch schon ihre Erlebnisse gehabt.
Jetzt geht es aber ins Meer hinaus und Kirisk soll lernen Robben zu fangen, zuerst muß er sie aber von den großen Steinen, die vor der Insel liegen, unterscheiden. Sie fangen dann auch eine Robbe und machen ihre Rast und als sie wieder ins Boot steigen, steigt der große Nebel auf, sie verlieren die Orientierung und die Katastrophe, bzw. das Gleichnis beginnt.
Sie müssen alles über Bord werfen, nur ein Fäßchen Wasser und einen Sack mit Dörrfisch behalten sie und der Älteste hat jetzt die große Aufgabe, das Wasser sorgfältig in kleinen Rationen zu verteilen. Er selbst trinkt nichts und geht, als seine Kräfte schwinden, auch als Erster freiwillig ins Meer. Mylgun, der Onkel, ein bißchen jünger, als der Vater und noch nicht so ganz gefestigt, der noch manchmal seine Späße macht und auch ein bißchen durchdreht, das heißt die Naturgewalten nicht so demütig, wie die anderen annimmt, folgt als zweiter und als letzter opfert sich der Vater für den Jungen und sein Überleben, aber der bleibt dann ganz allein im Boot ohne Wasser und Nahrung zurück und ist sowieso viel zu schwach, um die Ruder zu bewegen. Es gibt aber ein Zeichen, wenn man die Eulen fliegen sieht, dann weiß man, man ist auf den richtigen Weg und der Nebel verschwindet auch einmal und so treibt das Boot mit dem Jungen an das Ufer zurück. Er sieht den „Scheckigen Hund“ und weiß er ist gerettet, weiß, daß er ein Fischer werden und vielleicht auch sein Mädchen heiraten wird. Daß er dann vielleicht selber einmal, viel später an der Reihe ist, als erster auszusteigen, weiß er vielleicht nicht oder doch? Jedenfalls hat er das Lied auf den Lippen „Scheckiger Hund, der du auf dem Meer entlangläufst, allein kehr ich zu dir zurück- ohne Atkytschch Organ, ohne Vater Emraijin, ohne Aki-Mylgun, Frag mich wo sie sind, aber erst gib mir zu trinken“, eine Parabel also von der Welt, von längst verschütteten Kräften im Menschen“, wie die Frankfurter Allgemeine Zeitung schreibt und sich natürlich an dem Vergleich mit der anderen berühmten Parabel erfreut.
Der in Ostdeutschland gewählte Titel, beschreibt die Symbolhaftigkeit wahrscheinlich besser, obwohl ich mich erinnern kann, mit dem ungewöhnlichen Titel am Anfang nichts angefangen zu haben und da ich ja ein wenig schlampert bin, habe ich auch nicht genau genug geschaut und „Schrecklicher Hund“ in meine Leseliste geschrieben. Keiner meiner Leser hat es gemerkt, obwohl die ja immer sehr gut darin sind und als ich aus Clemens Meyers Erzählungen „Die Nacht der Lichter“, gemacht habe, hat sich der sehr empört bei mir gemeldet. Tschingis Aitmatow kann das nicht mehr tun und ich weiß auch nicht, wie die Erzählung im Original, in Russisch, denn Aitmatow hat, habe ich Wikipedia entnommen, in dieser Sprache geschrieben hat, heißt. Beeindruckend ist sie allemal, ob man sie sich nun als Parabael und symbolhaft oder ganz realistisch nach dem Spruch „Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um“ und das Leben ist nun einmal sehr gefährlich und wir alle müssen sterben, deutet.
Interessant habe ich gefunden, daß sie zum Robbenfangen ausfahren, eine erlegen und sie dann, um selbst zu überleben ins Meer werfen. Ja, das Leben ist grausam und naturgewaltig und nicht so leicht zu verstehen. Man glaubt, man muß soviel machen und dirigieren und ist am Ende ganz hilflos den Naturgewalten ausgeliefert und so sind mir auch, ich gestehe es, bei den dramatischsten Stellen, auch ein paar Tränen hinuntergeronnen, wie das bei sentimentalen Frauen so sein kann.
Vom Wandel der Arbeitswelt
Da ich mich ja für Literatur in jeder Form interessiere, bin ich irgenwann in den Verteiler der Dokumentationsstelle lebensgeschichtlichlicher Aufzeichnungen hineingekommen, 2004 war das vielleicht, jedenfalls habe ich „M.M. oder die Liebe zur Germanistik“ meine Margaretner Literaturgeschichte, die gerade entstanden ist, hingeschickt, wurde zu einer Präsentation und einmal zu einer Führung in das Wien-Museum eingeladen und jetzt zur Präsentation der in der Böhlau Reihe „Damit es nichtr verloren geht“ erschienen Anthologie „Arbeit ist das halbe Leben – Erzählung vom Wandel der Arbeitswelten seit 1945“, in die Bibliothek der Arbeiterkammer.
Renate Lehner, die Vizepräsidentin der AK begrüßte und meinte, daß es nicht sehr viele Anthologien zur Arbeitswelt geben würde und nicht sehr viele Bücher, die sich mit der Situation der Arbeitsnehmer und Nehmerinnen beschäftigen. Das stimmt aber nicht, meine zweite Publikation in den frühen Achtzigerjahren erfolgte in der Anthologie des damaligen Wiener Frauenverlags, heute Milena „Arbeite Frau, die Freude kommt von selbst“ ist aber durch Zufall passiert. Denn bei der ersten Anthologie „Aufschreiben“ hat Elfriede Haslehner meinen Text nicht genommen, weil er ihr nicht genug authentisch war, ich hatte aber damals die Ausschreibung zu einem geschlechtsneutralen Kinderbuch „Mädchen dürfen pfeifen, Buben dürfen weinen“, mit meiner Erzählung „Güler will kein Kopftuch mehr gewonnen“ und der Verlag „Jugend und Volk“ in dem das Buch mit meinem Text erschien, machte damals eine Anthologie zur Arbeitswelt. Ich schickte meine Erzählung „Die freundlichen Stimmen oder auf einen Anruf warten hin“, ich war damals seit kurzem Psychologin, hatte aber noch keine Anstellung, sondern machte das Akademikertraining und da hatte ich mich bei der damaligen Semmelweisklinik bei der heutigen Frau Prof Wimmer-Puchicher für ein Praktikum beworben und die wollte mich anrufen, was sie nicht tat und beim Staubsaugen in der Otto Bauergasse, kam der gehemmte jungen Frau die Idee zu der Geschichte und weil ich mir einbildete, der Wiener Frauenverlag nimmt nichts von mir, habe ich den Text an „Jugend und Volk“ geschickt. Die wollten ihn auch nicht, weil ich aber gewonnen habe, haben sie ihn nicht einfach ignoriert, sondern an den Frauenverlag geschickt und die haben ihn dann genommen. So hatte ich meine zweite Veröffentlichung in der zweiten Anthologie des Wiener Frauenbverlags, die erste war 1980 in der Zeitschrift „Stimme der Frau“, die den Arbeitskreis schreibender Frauen der Reihe nach vorstellte und die Arbeitsweltantholigie von „Jugend und Volk“ habe ich inzwischen auch im offenen Bücherschrank gefunden.
Das Thema Literatur zur Arbeitswelt fristet in den neoliberalen Zeiten sicher ein Außenseiterleben, ich habe mich aber, solange es ihn noch gab, beim Luitpold Stern Preis der Gewerkschaft regelmäßig beworben und auch gelegentlich was gewonnen, ein paar Buchgutscheine und zuletzt den dritten Preis, ich glaube 450 Euro, dann hätte ich mich fünf Jahre nicht mehr bewerben dürfen, die sind jetzt vorbei, den Preis gibt es aber nicht mehr. Herr Elsner hat ihn mit seinem BAWAG-Skandal, glaube ich, zum Verschwinden gebracht, den Werkkreis zur Literatur der Arbeitswelt gibt es aber weiter und auch die Bibliothek der Arbeiterkammer und da war ich schon ein paar Mal.
Einmal zur Präsentation der Bibliothek der ungelesenen Bücher und dann vor einem Jahr, als die Anthologie des duftenden Doppelpunkts erschienen ist und jetzt zur Präsentation der Antohologie der Dokumentationsstelle lebebensgeschichtlicher Aufzeichnungen und weil ich ja einen Brotberuf habe und daher um vier Uhr eine Diagnostik und die Buchpräsentation schon um sechs stattgefunden hat, war ich knapp daran und es war auch gar nicht leicht zu finden, denn im Foyer war schon das Buffet gedeckt und Cateringpersonal und sonstige Personen wuselten herum und wiesen mir den Weg in die Bibliothek, wo die Vizepräsidentin der AK bereits eröffnete, der Saal sehr voll war, ich in der zweiten Reihe einen Platz fand und nach und nach Werner J. Grüner und Traude Veran im Publikum entdeckte.
„Ich hätte mir gar nicht gedacht, daß so viele Personen an der Buchpräsentation Interesse haben!“, sagte die Vizepräseidentin. Ich schon, denn ich weiß ja, daß sehr viele Leute schreiben und die schreibenden Arbeiter und Angestellten, die einen Text in der Anthologie haben, nehmen zur Präsentation ihre Freunde und Verwandte mit, während das allgemeine literarische Interesse an der Mainstreamliteratur immer schwächer wird.
Achtzig Arbeiter und Angestellte aus allen Berufen sind dem Schreibaufruf einen Text aus ihrer Arbeitswelt zu verfassen gefolgt. zwanzig wurden ausgewählt, Jahrgang 1930 bis 1951, die etwas von der Arbeitswelt der Fünfziger, Sechziger und Siebzigerjahre zu berichten wissen wußten.
ünter Müller vom Institut für wirtschafts- und Sozialgeschichte, erzählte nach welchen Kriterien entschieden wurde und stellte kurz die zwanzig Ausgewählten vor. Vier durften ihre Geschichten lesen. Eine Frau, die inzwischen Gedichte schreibt und ihre Bücher im sogenannten Eigenverlag herausgibt, Getrud Jagob berichtete, wie das nach dem Krieg war, wenn die Lehrerin einen eigentlich in die Lehrerbildungsanstalt schicken wollte, die Mutter aber dagegen war und der Vater, als Wrack aus dem World War II zurückgekommen, die Tochter nicht Schneiderin werden lassen wollen. Interessanterweise haben viele Betriebsräte ihre Texte eingesandt oder sind auserwählt worden und so las ein solcher als nächster vor, wie es in den Sechzigerjahren in der sogenannten Lebensschule war und in der hat sich, glaube ich, auch meine, 1978 bei einem Autounfall ums Leben gekommene, kleinwüchsige Schwester Uschi, weitergebildet. Dann kam noch eine Frau und ein Mann, der Automechaniker war und von seinen Lebenserinnerungen in der Autoproduktion berichtete.
Dann gabs ein Buffet, Wein und Brötchen und draußen im Foyer gingen die kleinen Snacks schon aus, Desserts wurden herangetragen und eine Ausstellung „Berlin nach 1945“ war gerade eröffnet worden, wo ich auch einige bekannte Gesichter sah.
Ich fragte aber, die andere Herausgeberin, Sabine Lichtenberger nach dem AK-Flohmarkt, denn da hat mir ja der Karli, der jetzt gerade mit dem Alfred durch Australien tourt, erzählt, daß die ausrangierten Bücher dort einen Euro kosten, ich habe aber außer „Schmidt“ den ich gerade gelesen habe, nicht wirklich was gefunden, bzw. ja eine endlos lange Bücherliste, so daß ich ohne Neuzuwachs nach Haus gegangen bin und mich schon auf meinen PfingstLesemarathon freue und die dafür bestimmten Bücher im Badezimmer hergerichtet habe.
Und wer es wissen will, heute vor neununddreißig Jahren, am 24. Mai 1973 habe ich an der Hbla in der Strassergasse maturiert, bin in meine philosophische Krise abgedriftet und habe meine erste, nie veröffentlichte Erzählung geschrieben.
2012-05-23
Schmidt
„Schmidt“ ist der berühmte Roman von Louis Begley, 1997 geschrieben und 2002 mit Jack Nicholoson verfilmt „About Schmidt“, den ich mit Alfred gesehen habe. Ein böses Buch über das Älterwerden und die „Midlifekrise“ eines New Yorker Anwalts und von Louis Begley habe ich auf diesen Blog auch schon geschrieben, voriges Jahr sein Erstlingswerk „Lügen in Zeiten des Krieges“ gelesen und ihn auch schon einmal in der Hauptbücherei persönlich gesehen. Ein netter charmanter älterer Herr, der glaube ich, Deutsch spricht und der mit einer Schriftstellerin verheiratet ist und so wird auch einiges Autobiografisches in dem Roman über das Leiden des älteren Mannes enthalten sein, hat ja auch Louis Begley Jus studiert und als Rechtsanwalt gearbeitet, bevor seine literarische Karriere begann und Albert Schmidt, die Hauptperson, der amerikanischen Oberschicht angehörend, hat zu Beginn des Buches seine Frau Mary gerade an Krebs verloren. Er hat sich auch frühpensionieren lassen und mit seiner Rechtsanwaltskanzlei einen guten Vertrag ausgehandelt, als ihn seine Tochter Charlotte, mit der er gemeinsam ein großes Haus besitzt, das seine Frau von einer Tante erbte und für das eine ganze Kolonne polnischer Putzfrauen und auch ein eigener Gärtner nötig ist, eröffnet, sie will einen der Juniorpartner seiner früheren Kanzlei, einen Juden, heiraten, was Schmidt in die Krise stürzt. Denn er ist mit dem jungen Mann, obwohl er ihn gefördert hat, nicht einverstanden, hegt Pläne, das Haus der Tochter zu überlassen und auszuziehen und wird von seinem künftigen Schwiegersohn übers Ohr gehaut, weil der ihm um seinen günstigen Vertrag bringt. Schmidt will auch mit seiner Tochter reden und sich mit ihr zum Essen treffen, sie weigert sich aber, wirft Schmidt Antisemitismus vor und zwingt ihn zu Thankgiving, dem großen Amerikanischen Fest, an dem alle teilnehmen müssen, ob sie wollen oder nicht, zu den Schwiegereltern, einem Psychoanalytikerpaar zu kommen. Dort nimmt sich die Schwiegermutter seiner, während die anderen spazierengehen an, und beginnt ihn niederzureden oder zu therapieren und Schmidt, der ehemalige Erfolgreiche, ist seltsam hilflos und kann sich gegen das Älterwerden und dem Familienclan nicht wehren.
In seiner Not geht er in ein Restaurant und lernt dort Carrie, eine zwanzigjährige Puertoricanische Kellnerin kennen und fängt mit ihr ein Verhältnis an. Aber auch das ist schwierig, denn die lebt mit einem Mann zusammen, wurde von ihrem ehemaligen Mathematiklehrer vergewaltigt und der verfolgt nun, zum Landstreicher geworden, Schmidt und am Ende fährt der ihn noch tot. Das läßt sich herrlich psychoanalytisch deuten. Die Tochter zieht den Vater auch noch über den Tisch, denn sie will nicht in das Haus einziehen, sie will auch nicht dort heiraten. Schmidt muß die Hochzeit aber trotzdem zahlen, und seine Tochter auszahlen und dann das Haus verkaufen, wenn er es allein nicht halten kann und die Möbel und das Tafelsilber will die schöne Charlotte auch haben und die Schwiegermutter nimmt noch ein Telefongespräch auf, um Schmidt damit zu erpressen.
Wirklich bösartig, das Leiden des reichen Mannes am Älterwerden, aber auch ein bißchen langatmig zu lesen, aber wahrscheinlich typisch amerikanisch, ist ja auch Philip Roth ein Meister dieses Genres, für ganz so literarisch würde ich Louis Begley nicht halten, er hat aber an seiner Schmidt Serie weitergeschrieben, so gibt es noch „Schmidts Bewährung“ 2000 geschrieben und „Schmidts Einsicht“, auf der letzten Buch-Wien vorgestellt, wo die gute Carrie den guten Schmidt wieder zu verlassen scheint und ich habe inzwischen auch noch „Den Mann der zu spät kam“ in einem der Bücherschränke gefunden und auf meine Leseliste gesetzt und auf Louis Begley bin ich, glaube ich, durch Marcel Reich-Ranicky und „Mistlers Abschied“ aufmerksam geworden.
2012-05-22
Existenzen an der Kippe und Romanbeginn
Der vollständige Titel der heutigen aktuellen gesellschaftlichen Befunde in der Alten Schmiede lautete „Short cuts von Menschen und Existenzen an der Kippe“
Gemeint ist damit die Präsentation von Monika Helfers bei Deuticke erschienen neuem Erzählband „Die Bar im Freien“, der am Freitag in Ö1 vorgestellt wurde, so daß ich in zwei der kurzen Erzählungen schon hineinhören konnte.
Hundertzwanzig Kürzestgeschichten in mehreren Abteilungen von mit einer Ausnahme jeweils einer Länge von ein bis drei Seiten, wie Kurt Neumann in seiner Einleitung erklärte, dann dem Verlag und Martina Schmidt für den Mut dankte, einen solchen Erzählband in Zeiten, wo die Literarturkritik, das nicht haben will, herauszubringen und da muß ich mich an der Nase nehmen, habe oder hatte ich ja auch ein Vorurteil gegen Kurzgeschichten. Ich habe mich aber gebessert und in diesem Jahr schon einige aufgelesen und übe mich auch selber derzeit in dieser Kunst. Allerdings mehr in der realistischen Art und Weise, die man auch Glosse nennen könnte, während Monika Helfer, die 1944 im Bregenzerwald geborene Frau von Michael Köhlmeier und Mutter, der früh verstorbenen Paula Köhlmeier, sich zwischen Leichtigkeit und Abgrund bewegt, wie Kurt Neumann weiter ausführte und an diesem Abgrundgleiten, bin ich, wie ich gestehen muß, auch fast gescheitert, weil ich mit der Mischung zwischen Märchen, Traum, menschlicher Verzweiflung und Absurdität nicht ganz klar gekommen bin, bin ich ja eine, die immer gern nach der Logik sucht und da machen es einem Monika Helfers Kurzgeschichten nicht leicht.
Die eine beispielsweise, wo eine Fev genannte Frau, ich hoffe, ich schreibe es jetzt richtig, in die Stadt zieht, vom Geld ihrer Eltern lebt, dann als dieses ausgeht ins Elternhaus zurückkehrt, dort einen Zettel findet, sie solle sich in eine Bergschule begeben, sie werde dort gebraucht. Sie tut es, kost die Kinder, während der Professor abreist. Wovon sie leben wird nicht ganz klar, wer ihnen kocht und wo die Eltern sind auch nicht? Wohl aber, daß die Kinder ihre Lehrerin lieben, obwohl sie ihnen keine Kulturtechniken lehrt. Der Schulbehörde passt das nicht, sie läßt die Kinder abtransportieren. Fev bleibt zurück, beschließt ihre Demut zu beenden, zieht in die abgesperrten Räume des Professors, trägt seine Kleider und raucht seine Zigarren.
Ein abgrundtiefes Märchen keine Frage und sehr symbolisch, über das sich herrlich philosophieren läßt, trotzdem habe ich erst einmal nach dem Sinn gesucht. Jetzt denke ich, es gibt auch eine nicht realistische Literatur und sie gilt in der Literaturwelt auch viel mehr und so hat Kurt Neumann, die Geschichten, dem Leser auch für alle Lebenslagen empfohlen. Wenn man traurig oder fröhlich ist, soll man sie lesen.
Für die Fröhlichkeit sind sie aber wahrscheinlich zu depressiv, denn viele behandeln menschliche Verrücktheiten. Die von dem „Erfinder“ beispielsweise, der nur erfinden will, wenn seine Frau bei ihm ist, so fesselt er sie an den Stuhl wenn er einkaufen geht. Er hat aber kein Geld und weiß auch seinen Namen nicht mehr und erfinden will er auch die Abschaffung der Elektrizität.
Wieder eine Geschichte, die es in sich hat.
Kurt Neumann hat in der Einleitung auch davon gesprochen, daß sie sämtliche bürgerliche Konventionen brechen oder drüber stehen. Es gab aber auch banaleres, zum Beispiel, die von den beiden Mädchen, die zusammen spielen, vom Küssen und von Besuchen reden, die am Sonntag mit oder ohne Männer kommen und welche Geschenke man dabei mitbringen muß oder die, wo eine Studentin, die Schriftstellerin in einem Schreibseminar fragt, wie man schreiben soll und dann gibt der Short Cut eine Zusammenfassung von sämtlichen Schreibratgebern auf ein bis drei Seiten. Wahrhaft grandios!
Die, wo das Schriftstellerpaar von einem berühmten Ärztepaar eingeladen wird, um deren Kindern vorzulesen und darob verrückt wird, hatte es ebenfalls in sich und war ein Meisterwerk an Beklemmung, das ich auch nicht so schnell verkraftet habe.
Ein gutes Buch, denn Literatur ist ja Verdichtung und die wird in diesen Short Cuts, wie Kurt Neumann ebenfalls betonte, meisterhaft betrieben. Er fragte im Anschluß, ob die Geschichten in einem Zug geschrieben wurden, wie lange Monika Helfer dazu gebraucht hat und wollte Fortsetzungen in ihnen sehen, mit denen Monika Helfer, wie ich glaube, nicht sehr glücklich war.
Sie hat in einem Zug geschrieben, zwei Jahre dazu gebraucht und zwischendurch auch etwas anderes, beispielsweise an einen Roman geschrieben und ich bin, wie erwähnt etwas verwirrt nach Hause gegangen. Diese Verwirrung hat sich inzwischen gelegt, denn Literatur darf durchaus surrealistisch sein, aber auch real und sozialkritisch und so würde ich die meine verstehen und da kann ich gleich zum zweiten Teil des heutigen Eintrags hinüberschwenken, denn ich habe wieder zu schreiben angefangen.
Schneller, als geplant, so daß es wahrscheinlich nichts mit dem geplanten Nanowrimo zur Materialsuche wird, denn zwei Ideen sind mir inzwischen gekommen. Die erste, als ich noch den Rolf Lappert gelesen habe, da dachte ich, ich will den Alltag einer Frau an Hand ihrer Beobachtungen beschreiben, die zweite, daß ich den Entzug einer Alkoholikerin schildern will, die dritte ist beides zu verbinden und die vierte, eh schon wissen, Zeit lassen, mir aber auch eine Struktur geben, damit es wieder etwas länger werden kann. Eine Idee wäre dazu, mir einen Tag im Viertelstundentakt vorzunehmen, wie beim Wiener Stadtroman oder ein Jahr zu beschreiben, wie bei der „Radiosonate“.
Montag, Dienstag, Mittwoch usw. als Kapitelüberschriften, ist mir auch noch eingefallen. Jetzt denke ich, weil ich nicht so begonnen habe, daß ich mir ein reales Ziel von hundert bis hundertfünfzig Rohseiten vornehmen und mich daran vorwärts hanteln könnte. Das das Thema etwas Neues ist, ist die Gefahr zu schnell in die alten Fahrwasser zu geraten, wie es vielleicht bei meinen letzten Texten war, nicht so groß.
Ich habe jetzt den Anfang und das Ende und dazwischen den festen Vorsatz mich spielerisch voranzuhanteln und die Handlung kommen lassen. Realistisch wird sie wohl werden und auch in meinem Stil, denn ich habe wahrscheinlich meinen eigenen Literaturbegriff. Mit den zwei Szenen, die ich am Sonntag und heute geschrieben habe, bin ich aber zufrieden und da das Zeit lassen, ein Ziel bleiben soll, werde ich auch meinen Pfingstlesemarathon, wie geplant zelebrieren und mich nicht, wie vor einem Jahr, durch die „Zwillingswelten“ davon abbringen lassen.
Ansonsten schreibe ich, wie ich es kann und wohl auch will. Wenn ich trotzdem wieder in sechs Wochen fertig werden sollte, geht es sich noch für den Nanowriomo aus, nur der Alfred wird dann in Streß geraten, weil noch drei Bücher auf das Fertigmachen warten.
Geplant ist aber schon mir meine Schwächen vorzunehmen, an meiner Hemmung und an meiner Sprache zu arbeiten und das, was in mir drinnen verborgen ist, herauskommen lassen. Mal sehen, wie es gelingt?
Ich werde sicher darüber berichten, obwohl ich mir auch da vorgenommen habe, das ein bißchen zurückhaltender zu tun, aber auch das muß mir nicht gelingen.
2012-05-21
Literarische Erleuchtung und holländischer Bestseller
In der Alten Schmiede hielt Alexander Nitzberg wieder einmal seinen poetischen Trichter ab, den russischen Dichter, Übersetzer, Rezitator ich ja kenne, seit ihn mir Christel Fallenberg vorigen Jänner beim Fest für Ernst Jandl im Wien Museum vorgestellt hat, dann war ich bei einer seiner Veranstaltungen über Daniil Chrarms, habe ihn bei Felix Philipp Ingolds Dicht-Performance im März im Publikum gesehen. Heute ging es über die Majakowskischen Poeme, einem russischer Dichter und Futoristen, 1893-1930, den man vom Namen kennt und ich habe mir vor vielen Jahren, wenn ich mich nicht irre, wars an dem Tag, an dem Elias Canetti den Nobelpreis bekommen hat, bei Libro, ein Buch bzw. Broschüre von ihm gekauft und jetzt gabs eine literarische Erleuchtung und ich war früh dran in der Alten Schmiede, habe Julian Schutting gegrüßt, als der das letzte Mal vor mir in eine Veranstaltung gegangen ist, bin ich in die nicht hineingekommen. Jetzt ist er neben mir gesessen, auf der anderen Seite Pfarrer Balasz Nemeth, den ich ja von den ökumenischen Workcamps kenne, die ich in meiner Studentenzeit machte. Der Stammbesucher mit dem wir nach der Oksana Sabuschko Veranstaltung im Dachcafe gesessen sind, hinter mir und eine Dame begrüßte erst Julian Schutting, dann wandte sie sich an mich und sagte, sie kenne mich auch.
So entspannten sich schöne Gespräche. Lisa Fritsch war auch da und zuletzt ist noch Christiane Zintzen, leicht zu erkennen in ihrem in/ad/ae/qu/at-T-Shirt, hereingehuscht die ich selten bei Veranstaltungen sehen, obwohl sie ja viel über die ihrer Freunde berichtet. Sie setzte sich vor Julian Schutting und unterhielt sich mit ihm und der Stammbesucher entdeckte inzwischen eine kleine Büste auf dem Vortragspult und ging nach vorn um sie zu fotografieren.
Dann trat schon Alexander Nitzberg auf, bzw. wurde er von Kurt Neumann eingeleitet und das von ihm übersetzte Poem „Wölkchen in Hosen“, hatte ich mir schon am Büchertisch angeschaut und erklärte, daß diese Majakowski-Büste mehr dem realen Sozialismus, der den Dichter offenbar vereinbart hat, als dem Futoristen, den er vorstellen wolle, entspreche und begann mit ein paar auswendig und stehend vorgetragenen Gedichten in Deutsch und Russisch. Danach folgte die Aufführung, den von ihm übersetzten vierteiligen Poem mit einem Vorwort, da war nur das Vorwort auch auf Russisch, alles andere einsprachig. Kurt Neumann lobte am Ende die fulminante Vorführung als Höhepunkt der Trichter Performances und es gab wieder eine Stunde Pause, die ich mit einem Stadtrundgang verbrachte.
Danach standen eine Menge junger Leute vor der Alten Schmiede und es ging in den Keller, wo ein mir bisher unbekannter holländischer Autor, Peter Buwalda, derzeit Writer in Residence der Uni Wien Abteilung Niederlandistik, aus seinem noch nicht auf Deutsch erschienenen Bestseller „Bonita Avenue“ las.
Prof. van Uffelen leitete ein und erklärte, daß die jungen Leute, die Studenten der Niederlandistik seien, die mit dem 1971 geborenen Autor, der vorher Journalist und Lektor war, bevor er vier Jahre an dem Roman geschrieben hat, der 2010 in Holland erschien, schon viel diskutiert hätten und der Roman erklärte Kurt Neumann noch, würde den Niedergang einer Gesellschaft schildern. Der Professor zog Vergleiche von Kafka zu Thomas Manns „Buddenbrooks“, weil dessen Meisterwerk ja auch den Niedergang einer Familie schildert. Hier geht es um eine reale Explosion einer Feuerwerksfabrik, die 2000 in Holland passierte und es wird der Niedergang eines Rektors, Mathematikers und Judomeisters geschildert, dessen Sohn einen Mord begeht, während die Tochter in der Pornoindustrie arbeitet.
Peter Budwalda las drei Stellen vor, die dann noch auf Deutsch gelesen wurden. Da das Holländische ja eine Mischung zwischen Deutsch und Englisch ist, war aber ohnehin viel zu verstehen und ich habe durch meine Freundschaft mit Frans Postma, den ich auch durch die ökumenischen Workcamps kennenlernte, ja eine besondere Beziehung zu Holland und bin in meiner Studentenzeit sehr oft hingefahren.
Die Diskussion erfolgte dann auf Holländisch, weil die Studenten in dieser Sprache fragten, der Professor übersetzte, Peter Budwalda konnte aber ohnehin gut Deutsch und erzählte, daß er gleich mit einem Roman debutieren wollte, weil er erst mit dreißig oder so zu schreiben anfing. Er hat aber viel gelesen und als Lektor wahrscheinlich auch die entsprechenden Vorerfahrungen gehabt. Ehrgeizig ist er offenbar auch, weil es gleich ein Meisterwerk werden sollte. Jetzt schreibt er an dem zweiten Roman, in dem es um einen Pianisten und um Robert Schumann gehen soll. Bei dem ersten geht es, um Gewalt und Pornos und Peter Buwalda stellte den Vergleich an, was schlimmer ist?
Sein erster Roman ist jedenfalls ein Bestseller geworden und wurde in viele Sprachen übersetzt.Auf Deutsch erscheint er im Herbst bei Rowohlt, da ist die Alte Schmiede wieder einmal voraus, wie Kurt Neumann in der Einleitung erklärte und wenn er im Oktober in Frankfurt auf dem blauen Sofa vorgestellt wird, habe ich schon was zu verlinken. Ich habe mir heute allerdings auch das „Blaue Sofa“ angeschaut, das der ZDF am Freitag sendete und da stellte Wolfgang Herles einen Roman eines Amerikaners vor, der ebenfalls erst im Herbst erscheinen wird.
2012-05-20
Wir fliegen
Peter Stamms Erzählband „Wir fliegen“, habe ich vorigen Juni bei Morawa um einen Euro gekauft, weil ich den Namen, des 1963 geborenen Schweizer Autors, von verschiedenen Buchpreislisten kannte, auf denen er gestanden ist.
2009 zum Beispiel auf der Longlist für den dBP mit seinem Roman „Sieben Jahre“.
20011 war er mit dem Erzählband „Seerücken“ für den Leipziger Buchpreis nominiert und sein Roman „Agnes“ war unter den Büchern, die der deutsche Börseverein zum Welttag des Buches verschenkte, literaturcafe.de berichtete davon.
Jetzt habe ich den Erzählband gelesen, über den Martin Krumbholz von der bayrischen Rundschau schreibt „Peter Stamm zeigt, daß die alltäglichsten Geschichten, die aufregensten sind, weil wir uns in uns wiedererkennen“
Und das stimmt oder stimmt nicht, weil nicht immer ganz klar ist, ob in den zwölf Erzählungen wirklich nur Alltägliches passiert, in manchen von von ihnen passiert sehr viel Ungewöhnliches, dann bleibt aber wieder viel offen, wird ausgespart und es sind die Banalitäten, mit denen die Geschichten enden. Um Beziehungen geht es aber in allen von ihnen. Der Klappentext schreibt noch etwas „von Momenten, die alles verändern und die Welt in einem anderen Licht erscheinen läßt“.
Ein wenig geheimnisvoll und ungewöhnlich sind sie schon die Erzählungen.
In „Die Erwartung“ hat eine holländische Kindergärtnerin ihre Kolleginnen zum Essen eingeladen, sie hat keinen Freund und fühlt sich ihnen, die in Paarbeziehungen leben, unterlegen, da hört sie plötzlich Schritte aus der Wohnung oben, in der eine alte Frau lebt, die sie nie gesehen hat. Jetzt hat sie schon länger nichts von ihr gehört. Also geht sie nach oben und läutet an. Es öffnet ein sehr viel jüngerer Mann und es bahnt sich eine Beziehung zwischen ihnen an, die sehr geheimnisvoll bleibt und undifferenziert endet. Oder die Geschichte „Fremdkörper“ Da hält ein Höhlenforscher einen Vortrag und wird von einem Paar angesprochen und in ihre Wohnung mitgenommen, er soll er dort auch schlafen und mit ihnen später eine „Nirvana“ genannte Höhle besuchen. Der Mann geht schlafen, der Höhlenforscher bleibt bei seiner viel jüngeren Freundin zurück, um Todesangst geht es dabei auch.
„Drei Schwestern“ heißen die Berge, die Heidi vor ihrem Fenster sieht und die wollte einmal Malerin werden, ihre Eltern waren dagegen, die Zeichenlehrerin animierte sie aber dazu, sich in Wien an der Akademie anzumelden, sie suchte auch mit ihr die Bilder aus, es passierten offenbar homoerotische Momente, so daß die, denen Heidi ihre Zeichnungen zeigt, sie als Mösen bezeichnen. So traut sie sich nicht mehr nach Wien zu fahren, steigt in Innsbruck aus dem Zug, gerät in das Zimmer eines Mannes, von dem sie dann ein Kind bekommt, ihn heiratet und später wieder zu zeichnen beginnt.
Der Wahnsinn wird in der Geschichte „Die Verletzung“ thematisiert, da geht es um einen Dorflehrer, der in der Schule keine Anerkennung findet und von seiner Jugendliebe, deren Mutter wahnsinnig wurde, verschmäht wird. So beginnt er seine ganze Wohnung zu verheitzen und sein Auto im Schnee stehen zu lassen. Ganz schön beklemmend und unheimlich, vor allem in der Art, wie erzählt wird.
„Das Pflaster“ ist auch so eine Geschichte, wo man am Ende nicht weiß, wie aufregend sie wirklich war. Bruno ist Nachtportier und wohl in seiner Ehe sehr gelangweilt, er ließ sich ein Melanom entfernen und wartet nun auf den Befund. Das tut er in seinem Hotel und während er seine Frau beruhigt, daß alles harmlos ist, durchlebt er Stunden der Todesangst.
Die Titelgeschichte ist ähnlich kryptisch, symbolhaft angedeutet. Da wird ein Kind im Kindergarten nicht abgeholt. Die Kindergärtnerin nimmt es mit nach Hause. Dort ist ihr Freund und will Sex von ihr, sie geniert sich aber vor den Kind, so daß er Freund mit ihm Flugzeug spielt. Später ruft die Mutter an und alles ist in Ordnung und das Paar wieder allein.
„Videocity“ schildert auch eine sehr unalltäglich Welt eines Verfolgten und der „Brief“ hat mich sehr berührt. Da wird in schlichten Andeutungen viel erzählt. Eine Frau wird Witwe, entsorgt die Sachen ihres Mannes und findet dreißig Jahre alte Liebesbriefe, die sie verletzen, da die Geliebte, dem Mann Sachen schrieb, die sie ihm, da sie nur „Postkarten schrieb, die auch der Postbote lesen konnte“, nie sagte und während die Enkeltochter fragt, ob der Großvater im Himmel ist und eine Exfreundin ihres Sohnes erzählt, daß sie auch die Geliebte eines verheirateten Mannes ist, will sie ihr erst raten, die Beziehung aufzugeben, dann zerreißt sie den Brief und schreibt einen ihren Manfred „mit Sätzen die sie vorher nie geschrieben hat.“
So geht es weiter in den zwölf Geschichten, eine ist ein bißchen übersinnlich, wo der Pfarrer vom Land, in seiner Gemeinde, die nicht in die Kirche geht und die er für Kommunisten hält, plötzlich eine Jungfrau hat, deren Kind vom lieben Gott gezeugt wurde, wie sie behauptet, sie wird seine Köchin, er hält ihren Bauch, die Gemeinde will von ihr gesegnet werden und die Kirche ist plötzlich voll und da das Kind ein Mädchen wurde, kann es auch nicht „Jesus“ heißen.
Sprachlich sehr anspruchsvoll, die zwölf Beziehungsgeschichten vom Großen und vom Kleinen, der Erotik und dem Alltäglichen und so ist das Leben wohl auch, sowohl banal als auch kompliziert, man wird betrogen und betrügt, vergißt seine Kinder manchmal auch im Kingergarten und dann werden sie doch abgeholt.
Post-Frühstück
„Samstag ist Banktag!“, steht in dem Bezirkszeitungsinserat, eine meiner wöchentlichen Postwurfsendungen. Ich denke „Aha!“ und glaube es nicht. Hat meine Bank, die Bank Austria, vormals Zentralsparkassa, ja nicht an diesem Tag geöffnet und seit einiger Zeit auch am Nachmittag nicht. Die BAWAG, die ja auch vor kurzem in eine Krise schlitterte, verspricht es aber und hat sich mit der P.S.K verbunden. Zumindestens befindet sich „meine Post“ seit kurzem in einer BAWAG-Filiale und die Jahngasse 37-39 ist ja auch ein Postamt.
Jetzt aber auch Bank und lädt daher zum Frühstück ein, diesen Samstag von neun bis zwölf zu Kaffee und Kipferln und da muß ich natürlich hin. Umso mehr, da das ja mein Postamt war, als ich die Praxis in der Reinprechtsdorferstraße hatte und ich vor kurzem dort war, als ich in der Schönbrunnerstraße einen Brief aufgeben und Marken kaufen wollte, die Dame am Schalter aber bedauerte „Leider, leider, die Kasse ist heute geschlossen!“
„Klingt ein bißchen absurd!“, habe ich gedacht. Von der Post ist man in der letzten Zeit aber einiges gewöhnt.
Einsparungen, Rationalisierungen, Pensionierungen und Versetzen der unkündbaren Beamten in den sogenanten Pool, wo sie sitzen und sich langweilen, während ich auf meine Post schon mal bis fünf Uhr Nachmittag wartete oder ein Herr aus der Nachbarstraße bei mir klingelte und mir meine Briefe brachte.
Aber „Wenns wirklich wichtig ist, dann mit der Post!“, steht neuerdings auf den Briefkästen. Ich habe zwei meiner Geburtstagseinladungen im vorigen November aber zweimal zurückgeschickt bekommen, obwohl sie richtig addressiert waren und sehnsuchtsvoll an früher gedacht, wo ich wußte, daß meine Urlaubskarten ankommen, auch wenn ich die genaue Hausnummer nicht mit hatte. Heute funktioniert das schon lange nicht, aber, das Postkartenschreiben kommt ohnehin ab und wird zum anachronistischen Vergnügen.
„Wenns wirklich wichtig ist, dann mit der Post!“, wird also geworben, während die Postämter zusammengelegt werden. Aber wenn sie das tun, dann wird offenbar mit Kaffee und Kipferln eröffnet und, daß Samstag Banktag ist, ist eigentlich sehr schön, obwohls mich ja nicht betrifft. Aber gut zu wissen, daß ich noch am Samstag Briefmarken kaufen kann, das habe ich schon nicht geglaubt, denke ich und betrete die neue BAWAG-Filiale, wo eine freundliche Dame im blauen Rock, weißer Bluse und gestreifter BWAG-Krawatte vor einigen Kisten mit Sackerln steht, die den Aufdruck einer bekannten Bäckerei tragen und mir ein solches entgegenstreckt.
„Kaffee gibts nebenan!“, sagt sie dazu.
Da stehen auch freundlichen Damen vor den Maschinen und machen mir meinen Cafe latte oder Cappucino mit viel Milch, wie ich ihn gern trinke, ich mische mir ein Glas Wasser mit Orangensaft und stelle mich an einen Tisch, um mein Kipferl zu verzehren, neben mir zwei Damen, die das ebenso tun.
„Wir sind nicht so schlank, wie das Fräulein!“, sagt die Ältere zu mir und meint die junge Frau mit dem Kopftuch, die offensichtlich schwanger ist, die lächelt und läßt ihr Kipferl später stehen, der übergebliebene Kaffee, den eine andere Frau bemängelt, war aber nicht von ihr.
„Die Leute haben keine Manieren!“, schimpft die Frau.
„Zuerst nehmen und dann stehen lassen!“ und eine andere bezirzt die Dame vor den Kipferlkisten, ihr doch eines oder zwei für den Herrn aus dem Ein-Euro-Shop zu geben, den der Arme kann sein Geschäft nicht verlassen. Sie tuts, die Frau wird dann vom Securitytyp im schwarzen Anzug und der Glatze angesprochen, ob sie schon genug gefrühstückt hat?
„Beehren Sie uns bald wieder, nächste Woche, auch ohne Kaffee und Kuchen, denn Sie wissen ja, wenns wirklich wichtig ist, dann mit der Post!“, denkt es in mir und daran, daß sich der kommunistische Bezirksrat sehr darum bemühte, die Postschließung in der Schönbrunnerstraße zu verhindern und, daß der Weg zur Pilgramgasse für mich viel weiter ist.
Aber gut zu wissen, daß die gute neue Post auch am Samstag geöffnet ist. Hatte ich ja schon befürchtet, auch nur mehr Vormittagsöffnungszeiten vorzufinden und die Kipferln, die es heute gab, waren wirklich gut.
„Sind Sie frisch?“, hat die schon erwähnte Frau, skeptisch gefragt?“
Sie waren es und auch mit Zucker bestreut.
2012-05-19
Arbeitsbericht
Neben dem vielen Lesen der letzten Woche und der psychologischen Praxis hat es natürlich auch Literatur gegeben. Zwar nur eine literarische Veranstaltung am Montag, aber nach dem ich am Sonntag die Nebelschwaden fertig korrigiert hatte, habe ich den Beschreibungstext am Montag dafür geschrieben und am Mittwoch habe ich mich dann hingesetzt, bin das Literaturgeflüster durchgegangen und sehr schnell und spontan, wie ich einmal bin, die Artikel für das Literaturgeflüster-Texte-Buch, das es ja demnächst geben wird, herausgesucht. Donnerstag war ein Feiertag und da hat mich die liebe Iris, die ich kenne, weil unsere Kinder in dieselbe Kindergruppe gegangen sind, zu ihrem Geburtstagsfest eingeladen. Also bin ich, als ich den „Reigen des Todes“ besprochen und gegessen hatte, in die Gallizingasse hinausmarschiert. Wienkenner werden wissen, daß man dabei an drei Bücherschränken vorüberkommt. Am Wortschatz in der Margaretenstraße, den in der Zieglergasse meinen Lieblingsschrank und dann noch an den in der Grundsteingasse, mit einem kleinen Umweg, weil ich die Thaliastraße ja nicht verlassen hätte müssen, hab ich aber zum Glück, denn er war gut gefüllt und so habe ich einen Drago Jancar und ein unkorrigiertes Leseexemplar von einer Frau, die den Brigitte-Romanpreis gewonnen hat, gefunden und im Wortschatz gab es „Dracula“ von Bram Stoker, den hab ich oben in die zweite Reihe Reihe gestellt, damit ich ihn am Rückweg noch finden kann und nicht mitschleppen muß. So war die Büchertasche nicht so voll, als ich vor vier in der Gallizinstraße eingetroffen bin, wo wir ja meistens im Mai bei einem Grillfest waren, aber diesmal wars ein bißchen kalt und regnerisch und alles zu, keine Glocke und ich kein Handy und da ich wußte, daß die Iris ein bißchen chaotisch ist, war ich mir nicht ganz sicher, ob das Fest stattfindet und bin umgekehrt, das heißt, ich habe mich auf die nächste Bank gesetzt, die Büchertasche ausgeräumt und dann noch gesehen, daß ich in der Eile meine Noitzbüchlein am Schreibtisch liegen habe lassen. Aber trotzdem „Ich mache ich mir jetzt den literarischen Tag bzw. Rückweg!“, gedacht, denn das wollte ich am Wochenende ohnehin tun. Um vier war es aber ein bißchen spät einen Tagesfahrschein zu entwerten und hungrig war ich auch, also habe ich mich wieder auf eine Bank in einem der Beserlparks der Thalistraße, gesetzt, wo auf den anderen junge Türkinnen ihren Platz fanden und einem ihrer Kinder, einem kleinen Mädchen, das ein großes Kopftuch um den Kopf geschlungen hatte und versonnen vor sich hintanzte, zugeschaut.
Sonst gab es auf der Thaliastraße nicht sehr viel zu sehen, was sich für literarische Skizzen verwenden läßt, so bin ich zurückgegangen, habe zu Hause gegessen, der Iris ein Mail geschickt und sie zu meiner Lesung am 16. 6. eingeladen und in der Badewanne den Pierre Emme ausgelesen.
Am Freitag hatte ich zwei Stunden, die letzte um eins, dann hätte ich eigentlich den Fahrschein zwicken können, hab ich aber nicht, sondern bin nach dem Mittagschlaf mit den ausgedruckten Texten auf die Terrasse und mir die Texte durchgesehen.
„Passt!“, habe ich gedacht, noch zwei hinzugefügt und sie den Alfred auf dem Schreibtisch gelegt, denn es muß natürlich viel korrigiert werden, um aus den Alltagstexten, die Blogeinträge einmal sind, ein Buch zu machen. In die Blogartikel will ich aber nicht korrigieren, aufs Papier ist es auch nicht sehr sinnvoll, also warten bis mirs der Alfred in den Computer tut, so daß ich die Artikel buchfertig machen kann. Dann habe ich ein kurzes Vorwort geschrieben und das Inhaltsverzeichnis gemacht. Ist natürlich nicht vollständig, weil ja vorher noch die „Wiedergeborene“ und „Nebelschwaden“ erscheinen werden, das heißt wenn das „Literaturgeflüsterbuch“ in einem dreiviertel oder Jahr erscheint, wird es noch einige Artikel geben, die ins Buch kommen, zum Beispiel die Reiseberichte des nächsten Urlaubs oder die Berichte meines Pfingstlesemarathons, den ich plane, also spannennd, was sich noch entwickeln wird.
Dann war noch die Lesung am 16. 6. vorbereiten, zwanzig Minuten aus der „Mimi“ dem Buch, wo ich das Schreiben einer Frau mit Down Syndrom beschreibe, dem vor zwei Jahre stattgefundenen Plagiatsskandal um Helene Hegemann umgeschrieben habe und auch noch den ersten Bücherschrank erwähne, das ich sehr mag, von JuSophie sehr kritisiert wurde, sonst aber, wie die meisten meiner Bücher eher unbemerkt blieb. Franz Joseph Huainigg habe ich es gegeben. Der Otto hat die Beschreibung geschrieben, Sarah Wipauer hats auch gelesen und ich habe die Szene, wo sich alle beim Mittagessentreffen ein paar Mal gelesen. Ich glaube auf meinem Geburtstagsfest und dann noch beim Literaturslam der anderen Buchmesse. Jetzt habe ich drei Szenen ausgesucht, die sich auf den Bücherschrank beziehen. Bin gespannt, freue mich auf die Lesung und lade wieder alle herzlich dazu ein, zum offenen Bücherschrank in die Grundmanngasse/Ecke Brunnengasse zu kommen.
Am Samstag habe ich mich dann wieder auf einen sogenannten Materialsuchtag begeben. Mit zwei Zielen, erstens, um vielleicht ein paar Szenen für den Blog, bzw. das „Literaturgeflüster-Texte-Buch“ zu bekommen, zweitens vielleicht schon für mein nächstes Projekt, ja ich bin sehr schnell, für das „Glas zuviel“ wo es um eine Alkoholikerin gehen wird.
Also bin ich in der Früh aufgebrochen, aber zuerst in den Pennymarkt, um verbilligte Erdbeeren und Kiwis einzukaufen und dann in die Post in die Jahngasse, denn die hat sich mit der Bawag verbunden, macht am Samstag auf und hat zu einem Frühstück eingeladen. Dazu wirds demnächst eine Glosse geben. Dann habe ich einen Tagesfahrscheinstreifen entwertet und bin von einer Endstation zur anderen gefahren. Ich mache das manchmal, wenn ich Material für was Neues suche, dann fahre ich gern auf den Kahlenberg. Das letzte Mal ist mir das nicht gelungen, diesmal hats geklappt. Es war auch wunderschönes Wetter und der 38A, der auf den Kahlenberg und den Leopoldberg hinauffährt, ist auch ein besonderes Highlight, da kann man sowohl, die Touristen, als auch die schöne Aussicht bewundern.
Diesmal war der Leopoldsberg allerdings eine Baustelle und das Betreten verboten, man konnte nur herumgehen und ein bißchen auf die Stadt hinunterschauen. Dann hab ich mir, was ich auch schon lange wollte, bei einem ehemaligen Würstlstandl, das jetzt Asia-Snacks verkauft, die derzeit in Mode sind, eine Nudelbox mit Huhn gekauft und bin mit dem 11 A zum Stadion gefahren, dann zur Donauinsel und dort von der U1 bis zur U6 marschiert und immer alles, was ich dabei beobachtete und das war schon einiges, aufgeschrieben.
Dann wurde ich ein bißchen durstig, das Mitgebrachte war aber schon getrunken und einen Hydranten habe ich nicht gefunden. Ich war aber ohnehin schon ein bißchen müde und in „Diagonal“ gab es zwei Stunden mit Josef Winkler, also setzte ich mit dem Radio auf die Terrasse und wertete die Notzen aus.
Dazu werde ich ich auch noch den Sonntag brauchen und dann habe ich noch eine Arbeitswoche, bevor ich mich auf einen sehr intensiven Lese-Pfingst-Marathon begeben will und dann ist die Bühne frei für das neue Buch mit all meinen Hemmungen, die ich natürlich in mir spüre.
„Kann ich das, darf ich das?“, etc.
Da bin ich ja das letzte Mal durch eine ziemliche Krise gegangen und, wie, ich glaube, wieder hinaus. Ein bißchen Resignation habe ich zwar mitgenommen, weil mir mit dem Literaturgeflüster der literarische Durchbruch, wie ich vielleicht hoffte, auch nicht gelingt und sich die Literaturwelt für Blogs von vielschreibenden erfolglosen Autoren nicht sehr interessiert.
Trotzdem viel gelernt, vor allem mit Kritik umzugehen und meine Kritiker haben sich jetzt ohnehin zurückgezogen. Was ich schade finde, ist, daß ich über den Blog nicht soviel, wie ich vielleicht will, über Literatur diskutieren kann. Aber ich bin ohnehin ein bißchen monolistisch veranlagt und blogge für mich selbst vor mich hin und so geht es mir mit dem Literaturgeflüster und meinen selbstgemachten Büchern ganz gut und, ob es mir gelingt, demnächst wieder etwas Längeres und vielleicht auch etwas, womit ich ein bißchen auffalle und Anerkennung finde, zu produzieren, weiß ich nicht. Will es aber versuchen und habe an den drei Büchern, die noch fertig werden müßen, auch einiges zu tun.
Pastetenlust
Weiter geht es mit den Krimis, die ich mir vor einem Jahr bei dem Flohmarkt im Museumsquartier kaufte und zufälliger ist es auch ein solcher auf den ich durch leselustfrut aufmerksam wurde, nämlich Pierre Emmes „Pastenlust“. Vorher hatte ich von den Wienerischen Krimis, des eigentlich Peter Millwisch heißenden, 1943 geborenen und 2008 verstorbenen Autors, der Journalist, Unternehmensberater und Marktforscher war und offenbar erst mit seiner Pensionierung mit dem Krimi schreiben begann, noch nichts gehört-
„Pastetenlust“ war der erste, der offenbar ein so großer Erfolg geworden ist, das gleich weitere folgten, die letzten sind allerdings posthum entstanden und wurden vom Verlag unter Verwendung von Ideen, Notizen und Vorarbeiten des Autors herausgegeben.
So geht es also zu Mario Palinskis ersten Fall und der scheint mit seinem Autor einiges gemein zu haben, jedenfalls hat er in Döbling oder Währing gewohnt, in einem schönen alten Haus mit einem kleinen Gärtchen bzw. einer Bank vor dem Fenster, das mich ein wenig an das Writers Studio erinnert. Auf dieser wird dann gleich die Leiche gefunden und von Mario Palinski erfahren wir auch einiges, gibt er kursiv geschrieben ja immer seine Gedanken kund und stellt sich vor.
Er hat Jus studiert, war aber so aufgeregt, daß er die Prüfungen nicht schaffte, obwohl er alles wußte und mit der Medizin hat er es genauso gemacht, so wurde er kein Doktor, sondern Freiberufler. Das heißt er coachte einige Juristen, die dann seine besten Freunde wurden, durch das Studium und ernährte sich vom Schreiben von Kriminalschundhefterln. Sein Plan war aber der große Krimi, so legte er sich eine Kriminaldatenbank an, auf die man in Fachkreisen bereits aufmerksam wurde. Deshalb arbeitete er auch so viel, daß ihm das küssende Paar auf der Bank in der Nacht auffiel. Am Morgen saß der Mann noch dort und als ihn Palinski mit einem Kaffee wecken wollte, fand er seine erste Leiche.
Im Privatleben geht es nicht ganz so gut voran, hat er zwar eine Lebensgefährtin und zwei Kinder, weil die, eine Lehrerin aus guter Familie, aber mit seinem nicht geschafften Studium und seiner Persönlichkeit nicht ganz zurecht kommt, kam es oft zu Streit und zu getrennten Wohnungen im selben Haus.
Inspektor Wallner, ein Freund Palinskis rückt also an und dann gibt es noch den Ministerialrat Schneckenberger, auch ein Gecoachter, aber der hat einen anderen Fall zu bearbeiten. Wird da nämlich ein Lebensmittelkonzern erpresst und es gibt auch schon einige Tote, die sich an dort gekauften Speisen vergiftet haben.
Der Tote auf der Bank ist aber ein berühmter Schauspieler, der zufällig erst vergangene Nacht, den goldenen Viktor bekommen hat und Palinski hat die Sendung im Fernsehen gesehen, nicht nur das, es ist ihm auch aufgefallen, daß Jürgen Lettenberg schon am Abend in der Pizzeria gegenüber gesessen hat und auf das Haus schaute.
Es wird dann bald festgestellt, daß Lettenberg in einer der Wohnungen, bei einem Sexualakt erstickt und vorher rasiert worden ist und seine Managerin, die kein Alibi hat, wird verhaftet, was nicht ganz so einfach ist, da sich der Kriminalinspektor in die schöne Frau verliebt, aber Mario Palinski beginnt schon aufzuklären.
Inzwischen bekommen wir Informationen von dem anderen Fall. Da werden bei Salzburg eine Springreiterin und eine Pensionistin durch gekaufte Waren vergiftet und zufällig ist die Reiterin die beste Freundin von Lettenbergs Witwe, die dort einen Reiterhof betreibt, aber gerade ihre Nerven in einem Sanatorium behandelt läßt. Sie kommt zu einer Presskonferenz nach Wien und da meiner Meinung nach zu einigen holprigen Stellen des Romans, denn der Wunderwuzzi Palainski muß sie natürlich provozieren, in dem er Finderlohn für den Fund der Leiche verlangt und später, als sie gemeinsam in die Oper gehen, will sie an seinen Besten, so daß er sich nur durch einen fingierten Anruf bzw. dem Riß der Hose entziehen kann.
„Aber aber meine Herren, schon einmal von Trennung des Beruflichen mit dem Privaten gehört?“
Die guten Coaches tun das sicher und Mario Palinski ist ja ein solcher und so kann er auch nach Frankfurt fliegen, weil ihn dort eine glänzende Zukunft bzw. ein Verlagsvertrag erwartet. Er tut das nicht allein, sondern mit dem ebenfalls zur Pressekonferenz erschienenen Vaters Lettenbergs und der erzählt ihm, daß dieser nur ein Adoptivkind war und eigentlich aus Rumänien kommt. Da mußte er mit seiner Oma flüchten und die lebt in einem Altersheim, wird von den beiden besucht und fängt zu weinen an, als sie Palinski fragt wer die Frau auf dem Foto mit dem Baby ist? Das gärt in Palinski zu einem Verdacht, außerdem bekommt er heraus, daß Lettenberg, obwohl er gut verdiente verschuldet war, weil ein obsessiver Spieler und mit dem Reiterhof der Gattin steht es auch nicht zum Besten.
Außerdem fährt in Wien ein Lettenberg ähnlich sehender Mann herum, entkommt aber immer, wenn die Polizisten ihn erwischen wollen und eine Salzburger Polizistin bekommt heraus, daß die Springreiterin soviel Benzin verfahren hat, daß sie kurz vor ihrem Tod eigentlich in Wien gewesen sein könnte.
Palinski recherchiert also lustig weiter, fragt auch noch den amerikanischen Spezialisten, bzw. findet einen alten Kriminalroman, der die Vorlage zu allem war und so wird schließlich aufgeklärt. Die lustige Witwe gefangen und durch einen kleinen Irrtum bzw. eine Nachläßigkeit kommt am Schluß auch noch ein unschuldiger Polizeibeamter ums Leben und die, die sich den Plan mit dem Lebensmittelkonzern ausdachten, werden auch noch verhaftet, obwohl sie ohnehin nicht viel Freude daran hatten, weil sich zuviele Trittbrettfahrer aufsetzten und ihre eigene Rechnung machen wollten. Aber wenn man so dumm ist und nicht weiß, daß man durch sein Handy geortet werden, bzw. in einem Computerkurs durch zuviel fragen auffallen kann…
Palinskis Plan seine Wilma doch zu heiraten, wird durch sie verhindert und am Schluß gibt es einen Anhang, wo man in Briefen, Protokollen, etc, das erfährt was man noch nicht wußte, beziehungsweise alles noch einmal zusammengefasst wird.