Literaturgefluester

2012-06-06

Vom Johanna Dohnal Platz zur langen Nacht für WSD

Filed under: Uncategorized — jancak @ 01:21

Aufmerksame Leser werden bemerkt haben, daß ich in der letzten Zeit bei relativ wenigen Veranstaltungen war, aber wenn, kommen sie im Doppelpack und so bin ich Dienstag nach meinen Stunden auf die Gumpendorferstraße Ecke Rahlgasse marschiert, denn dort wurde der Johanna Dohnal Platz eröffnet und ich habe sowohl zur Rahlgasse, als auch zu Johanna Dohnal meine besondere Beziehung. In die Rahlgasse ist die Anna acht Jahre zur Schule gegangen und unter der Regierung Kreisky mit der Staatssekretärin Johanna Dohnal habe ich studiert, bzw. meinen ersten und leider auch wichtigesten Preis gewonnen, nämlich den für die Geschichte „Güler will kein Kopftuch mehr“, der in der Anthologie „Mädchen dürfen pfeifen, Buben dürfen weinen“, für ein nicht rollenspezifisches Kinderbuch, erschienen ist, das 1982 gemeinsam mit Christine Nöstlinger, den Kinder und Jugendbuchpreis bekommen hat.
2010 ist Johanna Dohnal gestorben, bei einer Gedenkfeier auf dem Ballhausplatz war ich und da hatte ich gerade die ersten Szenen der „Mimi“ geschrieben, aus der ich nächsten Samstag vor dem offenen Bücherschrank in der Grundsteingasse lesen werde, als ich aber die Rahlgasse errreichte, habe ich kein Fest gesehen.
Vor dem Gymnasium standen ein paar Leute, darunter die ehemalige Frau Direktor und wurden fotografiert. Ich habe die Verbindung nicht so schnell hergestellt, da an der Schule aber ein Plakat befestigt war, habe ich realisisiert, daß ich in dem Raum, in dem das Fest dann stattfand, 1997 oder 98 eingeladen von Frau Millner, die die Praktikantin von Annas Deutschlehrerin war, aus dem „Tod eines Jurymitglieds“, glaube ich, gelesen habe und ein anderes Mal im Interkulttheater für eine Benefizveranstaltung, damit Streithelfer ausgebildet werden konnten. Da bin ich auch für Robert Menasse eingesprungen, der letztendlich absagte und habe außer Szenen aus der „Viertagebuchfrau“, auch noch einen Essay „Wer sind wir in Europa“, 2000 oder 2001 war das, glaube ich, gelesen und von der Frau Direktor eine Flasche Weißwein und eine Blume bekommen. 2002 war ich das letzte Mal in der Schule, da war Annas Matura, ungefähr auch zu dieser Zeit. Jetzt standen eine Menge Frauen in der Aula und es gab ein dichtes Programm.
Eine Petra Unger moderierte, dann führten Schülerinnen Texte zu Johanna Dohnal auf, die sie nicht persönlich kannten, da sie zu der Zeit, das sie die österreichische Frauenbewegung bewegte, noch nicht geboren waren. Es gab auch eine Runde mit Politikerinnen, dann ging es auf den Platz, die Tafel wurde enthülllt. Ursprünglich hätte der Karl-Luegerring nach ihr benannt werden sollen, aber das geht doch nicht. So wird der jetzt Universitätsring heißen, Vizebürgermeisterin Breuer freute sich und eine Initiative, den in Berta von Suttnerring umzubenennen, gibt es noch, dafür habe ich unterschrieben. Die Schauspielerin Andrea Eckert las zwei Dohnal-Reden. Dann gabs Musik und am Schluß im Top Kino einen alten Club zwei, den habe ich aber nur angehört, weil schon die nächste Veranstaltung lockte oder waren es Veranstaltungen? Denn am Dienstag war ein dichtes Programm und da habe ich die Stadtflanerie mit Richard Weihs schon ausgelassen. Walter Kappacher in der Alten Schmiede, die jährliche Joseph Roth Veranstaltung im Literaturhaus und in der Nationalbibliothek einen Abend für Wendelin Schmidt-Dengler, der jetzt siebzig geworden wäre, eine Fußball-EM gibts auch demnächst und der Literaturprofessor war ja ein bekennender Fußballfan und so ist jetzt auch ein Buch darüber erschienen, sein Nachlaß wird im österreichischen Literarturarchiv dessen Leiter und wahrscheinlich Gründer er war, auch aufgearbeitet. Vor einigen Wochen war im Standard ein Bericht, Christiane Zintzen hat auch darüber geschrieben, so bin ich mit meinem Blumensträußchen, das ich beim Verlassen der Rahlgasse bekommen habe, in die NB marschiert und einen Platz neben Norbert Leser gefunden, der oft zu Literaturveranstaltungen geht und der Prominenz beim Begrüßen zugeschaut, das Programm studiert, das war sehr dicht, so daß aus dem Abend für Wendelin Schmidt-Dengler beinahe eine lange Nacht wurde, auf jeden Fall ein zweiteiliger Programmteil mit je sieben Punkten. Zuerst hat Johanna Rachinger eröffnet, dann Bernhard Fetz, der jetzige Direktor des Literaturarchivs. Bodo Hell las einen Text, den ich schon kannte und der wahrscheinlich im Standard veröffentlicht war.
„Meine erste Stadt“, da geht es um Graz und einen Onkel, der dort ein Buchgeschäft hatte und dem Literaturgewaltigen vielleicht die Liebe zu Büchern beibrachte. Daß ich einmal als Studentin in einer Wendelin Schmidt-Dengler Vorlesung war und danach überlegte, ob ich nicht Germanistik studieren soll, hab ich sicher schon geschrieben. Ich bin bei der Psychologie geblieben, mit Wendelin Schmidt-Dengler, dem Workalkoholic, Schnellredner und Literaurbesessenen, hätte ich gern einmal über Literatur diskutiert und als ich in der Rahlgasse gelesen habe, bin ich anschließend in den Uni Campus, wo er, ich glaube im Rahmen der Wiener Vorlesungen, einen Vortrag über die neue österreichische Literatur hielt. Frau Millner war auch in der NB, hat mich aber nicht gesehen.
Weiter ging es mit Elfriede Czurda, die berichtete, daß sie einmal im Bus von einer Studentin angesprochen wurde, die ihr ihr Buch zeigte, das der Literaturprofessor gerade in seinem Seminar besprach. Gelesen hat sie einen Artikel über Herzmanovsky-Orlando. Elisabeth Reichert, die nachher, die einzige war, die mich grüßte, las einen Aufsatz über Gerhard Fritsch, der in den Sechzigerjahren Vorlesungen über Literatur hielt, an denen sich der Student Schmidt-Dengler offenbar an Literatur erprobte. Gedichte hat er damals auch geschrieben, aber die wurden erst später gelesen. Erst folgten Klaus Nüchtern und Peter Zimmermann, denn Schmidt-Dengler hat sowohl im Falter rezensiert als auch in Ex Libris seine Buchbesprechungen selbst gelesen. Die Rezension, die Klaus Nüchtern las, ging über Andre Heller, der dem Literaturgewaltigen nicht gefallen hat. Es gab dann noch ein im Profil erschienenes Gespräch mit dem Industriellen Helmut Login über Orchiedeenfächer. Dann las ein Rapidler die Fußballkolumne „Ein Platz auf der Ost“.
Danach wäre eine normale Veranstaltung wahrscheinlich beendet gewesen. Bei einer langen Nacht oder einem Literaturmarathon ist das aber anders und das steht dem Wortgewaltigen wohl zu. So gabs eine kurze Pause, dann begann Volker Kaukoreit, den ich eigentlich bei der Roth Veranstaltung vermutet hättet, er arbeitet aber auch im Literaturarchiv, mit Widmungen aus der Bibliothek des WSD und dort gab es Bücher, die Doderer dem Germanisten gewidmet hat, aber auch welche von Jandl und Mayröcker und eine von einem ungenannten Autor, der dem Professor sein Buch schickte, damit der nicht nur Jandl, Mayröcker, Doderer, etc besprechen muß. Robert Menasse folgte und der, dessen Tochter, glaube ich, auch in die Rahlgasse gegangen ist, hatte interessante Texte, nämlich ein Protokolle einer Studentenversammlung aus dem Jahr 1969, keiner wußte, wieso Schmidt-Dengler ein solches machte und einen über eine Marathonlesung bezüglich Doderer. Hat WSD ja fünfhundert Seiten der „Dämonen“ an einem Nachmittag gelesen und ich flüstere dazu, ich habe mir „Die Dämonen“ im Sommer 1977 gekauft und im Stadtpark gelesen, die Strudelhofstiege kenne ich aber im Gegensatz zu WSD noch immer nicht.
Dann kam Harald Klauhs, der Pressekritiker mit Textbeispielen und von dem kann ich berichten, daß er 2005 einen meiner Meinung nach sehr flapsigen Bericht über den Bachmannpreis geschrieben hat, den ich kritisierte, er hat mir auch geantwortet und ich habe ihm jahrelang die Aussendungen zu meinen Veranstaltungen geschickt.
Dann wurde es besonders interessant, denn Ferdinand Schmatz, der experimentelle Lyriker las frühe Schmidt-Dengler Gedichte, die er mit Neunzehn, offenbar von Stefan George beeinflußt, geschrieben hat, und irgendwo einreichte. Herbert Zand hat ihm einen Absagebrief geschrieben.
Josef Winkler, der inzwischen auch sehr politisch ist, las einen Ausschnitt aus dem Thomas Bernhard Buch „Der Übertreibungskünstler“, das ich, glaube ich, besitze und die Beantwortung des Fragebogen der Studentenaktion Jes, der zeigte, wie radikal und politisch der Literaturprofessor sein konnte. Seine Rezensionen waren sehr persönlich und Ich-bezogen, wie die meinen übrigens auch.
Als nächste Kritikerin las Brigitte Schwens-Harrant von der Furche einen Text über Schiller, der in Weimar begann und in Wien mit Nestroy endete, der wieder zeigte, wie vielseitig der Literaturprofessor war. Am Schluß folgte noch die Verlesung der Ansichtskarten, die der Professor an das Literaturarchiv und seine Mitarbeiter schickte. Das war nicht ganz der Schluß, denn nachher gabs noch Wein und Gebäck.
Es war ein interessanter Abend, bei dem ich viel lernte, obwohl ich über den Literaturprofessor schon einiges wußte und kurz nach seinem Tod, im Jahr 2008 auch schon bei einer Veranstaltung in der Nationalbibliothek war.
Zum Schluß kann ich noch anfügen, daß ich am 29. Oktober bei den textvorstellungen mit Andrea Stift und Anita C. Schaub lesen werde, die ja beide alte Bekannte von mir sind.

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