Literaturgefluester

2012-07-31

Vorschau auf „Die Wiedergeborene“

Filed under: Uncategorized — nagl @ 00:40

Drei Frauen leben oder lebten in einer bürgerlichen Altbauwohnung in der Wiener Währingerstraße.
Die Großmutter Rosa, 1915 geboren, hat 1938 ihre jüdische Freundin Hannah im Dienstbotenkammerl neben der Küche vor den Nazis versteckt und 1956 eine andere Freundin bei sich aufgenommen, als die 1956, von Budapest nach Wien flüchten mußte, während sich ihre Tochter Marianne, 1968 in den Dissdenten Jan verliebte, der der Vater von Theresa ist, die während Marianne in Prag von Vaclav Havels Tod erfährt, auf einer Demonstration, den koptischen Christen Albert Taher kennenlernt und sich entscheiden muß, ob sie die Tradition ihrer Familie aufnehmen und sich in in ihn verlieben will.

Hier die Entstehungsberichte 1 2 3 in zusammengefasster Form.
Eine Leseprobe wird es auf meiner Website hoffentlich auch bald geben.
Und hier das Video von der Lesung im El Speta und die Artikeln zu den drei Lesungen, auf denen ich jeweils einen großen Teil der ersten Szene gelesen habe.
Das Buch an dem noch ein bißchen gearbeitet werden muß, wird hoffentlich bald erscheinen.
Bis dahin wünsche ich viel Spaß beim Schmökern durch die Entstehungsweise und Hören des Lesungsvideos, das mir der liebe Rudi dankenswerter Weise zur Verfügung stellte.
Vorbestellungen nehme ich gern entgegen, wenn es jemand, vielleicht für das Literaturhaus, seinen Blog oder anderswo rezensieren will, würde mich das freuen.

2012-07-30

Kehrtwende

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:28

Da habe ich jetzt dreißig Jahre lang gehört, daß man um jeden Preis einen Verlag haben muß und seine Bücher auf gar keinen Fall selber machen und gar nicht die Nähe des Anscheins kommen darf, daß man vielleicht doch etwas selbst dazu bezahlt, denn dann ist es aus mit einem, kein Mensch nimmt mehr etwas, kein Verlag druckt ein Buch, man bekommt keine Lesungen und darf, was ich auch schon hörte, nicht Mitglied bei den IG-Autoren sein, was mit Sicherheit nicht stimmt. Der PEN nimmt einem nicht als Mitglied etc und auf einmal ist alles anders, gilt das Gesagte nicht mehr. Seit Amazon das Kindle direkt puplishing, KDP, genannt anbietet, wachsen die Autoren, die das machen, wie die Schwammerln aus dem Boden, haben keine Scheu ihre Erfolgsgeschichten zu posten und man hört und staunt, sie haben früher auch ihre Schwierigkeiten mit den Verlagen gehabt. Jetzt machen sie es selbst und sind scheinbar sehr damit zufrieden und die Geschichten derer, die es schaffen auf Platz eins in in das Amazon Ranking zu kommen, nimmt zu. So lese ich seit einiger Zeit Petra van Cronenburgs Blog mit Vergnügen, die immer wieder solche Artikel schreibt und auch immer wieder ihre Bücher tageweise gratis, was man offenbar kann, für den Kindle zur Verfügung stellt. Und der Biografienschreiber Matthias Brömmelhaus hat das unter dem Namen Bela Bolten jetzt auch gemacht, einen Krimi mit dem Titel „Codewort Rothenburg“, der in den letzten Kriegsjahren spielt, herausgegeben und einen eigenen Blog erstellt, wo man Geschichten darüber lesen und Leseproben dazu finden kann. Er erzählt auch, die Verlage hätten ihn nicht genommen, weil der Markt ausgereizt ist oder sie schon ihre Autoren hatten und ich habe gestern vom Thalia zwei Krimi-Zeitungen nach Hause gebracht, wo man zu Hauf solche historischen Krimis finden kann.
Das dritte Erfolgsbeispiel der letzten Tage findet sich auf dem Literaturcafe, da hat Wolfgang Tischler Martina Gercke interviewt, die mit „Holonderküsschen“ auf Platz eins gekommen ist, dann hat sich gleich ein Verlag gefunden, der das Werk in schönen Rosa druckte und die Autorin erzählt freimütig, daß es leichtes Chick Lit ist, das sie geschrieben hat. Die Verlage wollten es nicht, weil ein unbekannter Name, dann hat sie Wolfgang Tischlers Erfolgsbuch zum Direkt Pupslishing gelesen, einen Blog gemacht, die anderen Blog angeschrieben und ihr Buch als Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt, dann kam noch ein Gewinnspiel und dazwischen auch noch das Korrekt- und das Lektorat und voila dreißigtausend verkaufte Exemplare, weil die E-Books bietet man ja billig an.
Das ist alles natürlich sehr erfreulich, weil es zeigt, daß das, was ich noch vor ein paar Jahren bei Andreas Eschbach lesen konnte, aber auch von anderen hörte, nicht stimmt, andererseits macht mich der Erfolgsdruck dieser Erfolgsgeschichten wieder bedenklich und es stellt sich für mich die Frage, was habe ich davon und wieso klappt das bei mir nicht, beziehungsweise, was muß ich machen, daß es bei mir ebenfalls klappt und da bin ich ein wenig ratlos, denn ich habe ja meinen Blog, wo ich dachte, daß ich damit die literarische Öffentlichkeit erreiche, über vier Jahre. Zuerst hat es sich ganz gut angefühlt. Otto Lambauer hat mich ermuntert, Anni Bürkl hat kommentiert und verlinkt, ich habe Andrea Stift, Cornelia Travnicek, Sarah Wipauer etc darüber kennengelernt und natürlich auch meine kritischen Stimmen Frau Haidegger und JuSophie, die mir sagten, daß ich schlecht schreibe und einige Leser, die mich darauf aufmerksam machten, wenn ich mich mal, wo verschrieben habe, Susanne statt Sabine Scholl z.B. oder Autobiografie, wenns die Biografie gewesen wäre. Da ich ja fast alleine das Literaturgeflüster mache, der Alfred sollte darüber sehen, kann das jetzt aber nicht, weil er mit der Betreuung seines Vaters ausgelastet ist, kann es einmal vorkommen, daß man sich verschreibt und ich habe mich ganz ehrlich gewundert, daß meine Leser bei Kleinigkeiten so pitzelig sind, macht aber nichts, soll so sein. Ich habe kein Lektorat, der Alfred schaut meine Manuskripte auf S, Beistrich- und Fallfehler durch, beim Blog schafft er es, glaube ich, nicht mehr und ansonsten, bin ich ebenfalls darauf gekommen, mache ich mir das Lektorat eigentlich selber und das gar nicht so ungenau. Da habe ich jetzt auf einen Blog Anleitungen dazu gefunden und mir gedacht, da bin ich darüber, das passt bei mir ohnehin. Trotzdem klappt es bei der Resonanz nicht so richtig und wenn ich, was ich früher versucht habe, ein Gewinnspiel angeboten habe, hat sich nur ein einziges Mal eine Frau gemeldet, die das Buch haben wollte und die Anzahl der Leute die auf meine Ankündigungen zu Lesungen kommen, ist auch nicht gestiegen, ganz im Gegenteil. Ich kann monantelang vor mich hinjammern, ohne daß sich einer meldet und sagt „Passt schon, ist gut, wie du es machst!“ und das ist es, glaube ich, was ich hören will, denn meine Bücher bei Amazon einzustellen habe ich eigentlich nicht vor. Erstensmal will ich gar nicht so viel daran verdienen, zweitens denke ich, daß ich es nicht schaffe, in die obersten Ränge hinauf zu kommen und dann denke ich auch, es ist gar nicht der Sinn der Sache jetzt dreißigtausend Stück zu verkaufen, für mich jedenfalls nicht. Für mich wäre es ein Erfolg, wenn mir mehr Leute sagen, das ist gut, was du machst und sich für meine Bücher interessieren und da würden mir schon die fünfzig Stück, die ich mir regelmäßig drucken lasse, reichen. Hin und wieder eine Lesung, ein paar Rezensionen, das wäre es schon, ich muß nicht auf Platz eins oben sein, der letzte Platz oder ein fortwährendes „Das ist nicht gut genug!“, ist es allerdings auch nicht und schade, daß es bei dieser Diskussion offenbar kein Dazwischen gibt.
So habe ich jetzt monatelang über meine Erfolglosigkeit gejammert und die erste Reaktion nach Wochen war ein Hinweis auf einen sogenannten Selbstzahlerverlag, mit dem man wahrscheinlich vom Regen in die Traufe kommt oder dort bleibt, wo man schon ist, nur nachher ein paar tausend Euro weniger hat. Denn meine Bücher kann ich mir ja selber machen, wenn mich ein paar Leute mehr lesen und sich durch mich vielleicht ermutigen lassen, wär das schon fein. Geht aber nicht und das finde ich ein bißchen schade, obwohl ich auf der anderen Seite ohnehin ein autonomer Typ bin, dem es schon reicht seine Sachen selber zu machen. Daß Wikipedia meine Digitaldruck.at Bücher mit dem Hinweis nur Verlagsadressen zuzulassen, hinausgeschmissen, zu dem Zeitpunkt, als das Selfpublishing aufgekommen ist, hat mich geärgert, ist aber nicht wirklich wichtig, denn auf meiner Homepage stehen alle meine Bücher und ich schreibe ja auch immer mehr darüber. Ich habs ja mal geschrieben, vor ca dreißig Jahren hat mir ein Freund geraten, ich soll mich nicht um den Erfolg kümmern, sondern für mich schreiben und Freude haben. Das ist nur nicht so leicht, wenn man das Gefühl hat, über zu bleiben und eigentlich nicht wirklich weiß, wieso und die Frage, warum schaffen es die anderen, die auch nicht besser sind und ich nicht, ist in einer solchen Erfolgswelt ja auch nicht ganz unberechtigt.
Selbstbewußter werden, nehme ich mir nach den Jammereien immer wieder vor und ein ganz kleines bißchen, gelingt mir das auch. Das so gar kein Feedback kommt ist zwar irritierend, ich kann aber trotzdem schreiben, tue es auch und finde die Möglichkeiten, die man durch Blogs und Internet jetzt hat, auch sehr faszinierend. Obwohl ich da sicher auch ein wenig eigen bin. Denn ich verwende ja kein facebook, twittere nicht, schreibe auf meinen Blog meine endlosen Jammerartikeln und bewege mich höchstwahrscheinlich auch ein bißchen zwischen den Genres, was bedeuten mag, daß ich für die experimentelle Szene z.B. zu einfach über Jandl, Arno Schmidt etc schreibe und für die anderen habe ich Themen, die vielleicht nicht interessieren. Denn ich schreibe das, was mich interessiert. Über die Bücher die ich lese, die Veranstaltungen, die ich besuche, was ich schreibe und wie es mir damit geht, das alles sehr offen und sehr ehrlich und staune jetzt darüber, daß man auch im world wide Netz verloren gehen kann.
Trotzdem ist es fein, daß es das gibt und ich werde ich so weitermachen. Meine Hektik, die noch anhält, kommt wahrscheinlich auch davon, daß ich den anderen beweisen will, daß ich es kann! Was ich lassen soll, stimmt, denn der Hase hat sich letztlich zu Tod gelaufen, während der Igel triumphierte. Trotzdem bin ich immer noch sehr schnell unterwegs und habe im Moment schon wieder vier Artikel im Voraus, was bis zum Urlaub auch so bleiben wird, denn da gibt es ja noch vier E-Books, für mich eine Premiere, zu lesen und die dürfen erst erscheinen, wenn ich schon auf Urlaub bin. Die letzten Tage bin ich also über lauter Artikel schreiben zu nichts anderes gekommen. Ich beklage mich auch nicht, das habe ich mir selbst so ausgesucht und es hat mir großen Spaß gemacht und jetzt habe ich auch, hurra, die „Wiedergeborene“ zu korrigieren, die mir der Alfred brachte und da gibt es auch schon die Umschlagseite mit Bild und Text, so daß es sich ausgehen sollte, die Vorschau auf das neue Buch, vor dem Urlaub in den Blog zu stellen. So daß sich meine Leser, wenn sie wollen, darauf freuen können. Ich habe auch gar nicht so viel dagegen, daß die Leute nicht so viel lesen und es bedroht mich nicht, wenn sie schreiben, im Gegenteil. Ich interessiere mich dafür, lese ihre Bücher, gehe zu ihren Veranstaltungen etc. Ein ganz kleines Bißchen, ganz ehrlich, hätte ich es auch umgekehrt und finde es sehr schade, daß der Literaturbetrieb und ich offenbar nicht zusammenpassen und es kein Plätzchen für mich darin zu finden gibt.

2012-07-29

Die Toten schämen sich nicht

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:02

Wieder ein Fund aus der Bibliothekskiste der Gumpendorferstraße, ausgeschieden von den städtischen Büchereien und von mir wahrscheinlich zeitgleich mit den Becher Büchern entnommen. Grigorij Bakalanow „Die Toten schämen sich nicht“.
Nie etwas davon gehört, aber diesmal, das Buch ist 1962 bei Goldmann erschienen, gibt es ein Vorwort von Valerian P. Lebedew, der erklärt, daß es sich bei dem 1923 in Woronesch geborenen, um einen der Schriftsteller handelt, die als junge Menschen den zweiten Weltkrieg mitmachten und der, der von 1945- 51 am Maxim Gorki Literaturinstitut studierte, sich von den anderen Schriftstellern durch seine Offenheit, wie er die Ängste und Gefühle der Soldaten beschreibt und nicht nur das pure sowetische Heldentum schildert, unterscheidet.
„Die Toten schämen sich nicht“ ist sein dritter Roman und stellt laut Lebedew „selbst die vorausgegangenen Romane weit in den Schatten. Mit solchen Augen hat noch kein Schriftsteller der Sowetunion bisher den Krieg gesehen und geschildert.“
Er ist dafür natürlich auch kritisiert worden, man sprach von einem „Sowetischen Remarquismus“, es gab aber Zeitungen, die für ihn eintraten und er wurde auf den Schriftstellerversammlungen auch verteidigt, liest man im Vorwort weiter.
Interessant ist auch, daß das Buch im Gegensatz zu den Becher Büchern von 1962 bis 1992 sehr oft ausgeborgt wurde. Der damals übliche Stempelzettel auf der ersten Seite ist fast voll markiert. Es gibt auch deutliche Lesepuren, wie Kaffeeflecken und am Schluß des Buches hat ein offenbar empörter Leser mit Bleistift „Blödsinn“, hingeschrieben, warum ist mir nicht ganz klar, denn ich denke, es wird schon so gewesen sein, auch wenn die deutschen und die österreicheischen Kämpfer, wie der Leser vielleicht einer war, natürlich auf der anderen Seite stand. Angst um das Leben und Schuldgefühle wegen der Sinnlosigkeit des Krieges werden aber auch die deutschen Soldaten empfunden haben.
Die Geschichte ist sehr schnell erzählt, das Vorwort, das fast ein wenig zu ausführlich ist und ganze Dialoge wiedergibt, die man später selber lesen kann, schreibt „Der Roman „Die Toten schämen sich nicht“, der den Leidensweg eines kleinen, todgeweihten Soldatenhaufens zum Thema hat, beeindruckt durch die Kraft eines Schicksalgeschehens voll menschlicher Größe und menschlicher Schwäche.“
Und Bakalanow beginnt das Buch so „Um Mitternacht wurde ein deutscher Funkspruch abgefangen. – Aber bis dieser Befehl weitergegeben und ausgeführt wurde, verlegten die vorrückenden Deutschen die Spitze des Vorstoßes noch weiter nach Süden. Doch davon wußte keiner mehr etwas.“
Dann beginnt es in der ukrainischen Hütte, wo die Soldaten in ihren Klamotten schlafen und der Abteilungskommandant Uschakow, der Hauptmann Wasitsch, der Hauptmann Ischenko und die Staatsärztin eines anderen Regiments um den Tisch sitzen. Der kleine Bub der Bäuerin sitzt auch dabei und die erzählt von deutschen Soldaten, die ihn zum Stottern brachten, weil sie ihm erwischten, daß er ihr Brot essen wollte und nicht verstand, daß er dafür „Danke“ sagen sollte. Es gibt auch schöne Erinnerungen an die Liebesnächte mit der Stabsärztin, die einen zusammenflickte und jetzt einen Sohn zur Welt brachte, in Wahrheit sitzt man aber weit draußen in der Kälte und im Schnee und kann nur über die Gefühle der Deutschen räsonieren und darüber nachdenken, ob man sie gefangennehmen soll, wenn sie einem entgegenkommen.
„Nun, der Deutsche hat dich laufenlassen. Vielleicht wollte er seine Hände nicht mit Blut besudeln, denn dieser Krieg geht dem Ende zu. Vielleicht ist er auch wirklich ein anständiger Mensch, aber ein anständiger, ein wirklich anständiger, deutscher Soldat, der Hitler haßt, der uns den Sieg wünscht, wird der trotzdem gegen uns kämpfen, auf uns für Hitlers Sieg schießen?“
Es kommt, wie es kommen muß, die Deutschen haben aus taktischen Gründen ihren Plan geändert und das kleine Grüppchen eingekreist, Kommandant Uschkow fällt, siebenundzwanzig sind am Leben geblieben. „Irgendeiner, den sie alle kannten und doch nicht gleich erkannten, lag ohne Mütze auf den Knien unter einem Baum, schöpfte mit der hohlen Hand Schnee und hielt ihn an die Schläfe. Er warf den Schnee sogleich weg, denn im Nu war dieser mit Blut durchtränkt..“
Und Kriwoschejn, dessen Blut die Bauchhöhle füllte, lächelte mit blutlleren Lippen „Ich lag da und dachte darüber nach, wie die Kleinigkeiten in den Augen der Menschen anwachsen, wenn es kein wirkliches Unglück gibt.“
Am Schluß muß Ischenko den Regimentskommanteur Auskunft geben und erzählen, wie es war und ob Major Uschakow „wie ein Held gestorben ist“. Er hat Angst vor ein Militärgericht gestellt zu werden, geht dann aber, als das Verhör vorbei ist, zu seinen Kameraden, die um das Feuer sitzen und gerösteten Speck essen,“dessen Fett vom Finger tropfte, denn der Hunger war zu groß.“
„Wie stehts um uns, Genosse Hauptmann?“, stellte einer eine schüchterne Frage.
„Mit vollem Mund brummte er eine unverständliche Antwort!“.
Dann ist das Buch zu Ende und darunter steht, wie erwähnt mit Bleistift und zwei Rufzeichen „Blödsinn“ geschrieben. Wenn man jetzt den Namen Blakanow nachgooglet, kommt man nur auf die Seiten, wo man die Bücher antiquarisch kaufen kann, sonst ist im Internet über den russischen Schriftsteller nur eine biographische Notiz bei „Munziger, Wissen das zählt“, zu finden und muß sich auch noch einloggen, wenn man sie zu Ende lesen will.

2012-07-28

Sommer am Wasser

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:50

„Ja!“, dachte sie und hatte sich aufs Rad gesetzt. Sommer und Wasser das kann schön sein. Liebe, Waschtrog, Sommerfrische und das Mädchen im knappen Bikini, das dabei ist, in den See zu springen, kennen wir aus dem Werbeprospekt. Im Fremdenverkehrsmuseum gibt es eine Ausstellung der alten Plakate.
„Ich hab das Fräulein Helen, baden sehen, das war schön, da kann man Waden sehen, beim Badegehen, knapp und schön!“, haben damals doch die alten Herren im gestreiften Tricot gesungen. Theo Lingen und Konsorten. Mit verdrehten Augen auf die Waden und den Busen starren. Das ist vorbei, das Freibad längst in Mode, die Herren dürfen mit den Damen baden und brauchen nicht mit dem Feldstecher durch das Loch im Zaun hindurchblinzeln und sie ist mit dem Rad zum See unterwegs. Im Korb liegen Badetuch, Buch und Wasserflasche. Ein Vöslauer Mineralwasser ist es nicht, stattdessen ein Soda Zitrone, der Haustrunk der früheren Zeiten und das Wetter ist auch nicht so besonders schön. Zum Glück hat es aber zu regnen aufgehört, so kann sie ihre tägliche Radfahrt machen. Aber sie ist sowieso nicht so empfindlich und hat als Kind in der Schule gelernt, daß man bei jeden Wind und Wetter hinausgehen soll. Also das Rad genommen, so wie sie das täglich in ihrer Sommerfrische, auch so ein altmodisches Wort von vorgestern, praktiziert und ein Stück die Traisen entlangfahren. Wenn man von Harland kommend nach St. Pölten fährt, hat man gar keine andere Chance als an den Seen vorbeizukommen. Freizeitpark hat es eine Freundlin einmal genannt. Das Erholungsgebiet zwischem den Ratzersdorfer und den Viehofner Seen, die seit einigen Jahren durch eine Brücke verbunden sind, die überdacht und im dunklen Braun gehalten, ein bißchen an die japanische Gartenwelt erinnert. An den Ratzersdorfer See ist sie schon früher gern gefahren, damals als sie noch täglich von St. Pölten nach Wien pendelte, um ihren Vater zu betreuen. Da hat sie sich manchmal in der Bäckerei ein Baguette gekauft und ist mit ihrer Wasserflasche direkt an den See gefahren. Ein Buch und einen Block zum Schreiben hatte sie auch in der Handtasche. Selber nur die Zehen in den See gesteckt, ist sie doch bißchen wasserscheu, den anderen aber beim Schwimmen zugeschaut, den Gesprächen der Badenden gelauscht, sich inspirieren lassen. Manchmal war die kleine Tochter dabei und als einmal der Frans aus Holland auf Besuch gekommen ist, sind sie an den Erlaufsee gefahren und er ist durch den ganzen See geschwommen. An der Traisen kann man auch das Wasser genießen und manchmal sogar ein Paddelboot bewundern. Ansonsten baden dort die Hunde und sie fährt am See entlang, wo gerade die Bühne für das große Event am Abend aufgebaut wird. Leider ist das Wetter doch nicht ganz so schön geworden, daß sie ihr Badetuch am Wasser ausbreiten kann. Also am FKK Gelände vorbei über die Brücke an die andere Seite gefahren, wo inzwischen zwei schöne Seen die Bevölkerung zur Erholung lockt. Früher gabs dort ein NS-Zwangslager, wie der Historiker Manfred Wieninger zu enthüllen wußte und man jetzt auf Tafeln nachlesen kann. Auf der einen Seite gibts die „Seedose“, die die Zeitschrift „News“ schon einmal zum besten Restaurant der Gegend kürte. Kann man da ja auf der Terrasse sitzen und bei einem Gläschen Prosecco aufs Wasser schauen. Ein kleines Küßchen darf zur Steigerung der Gefühle auch dabei sein oder eine Tasse Schokolade mit oder ohne Schlagobers trinken, wie sie es gerne mag. Sie ist aber weitergefahren. Am Parkplatz, wo man in Richtung Traisenpark, dem Einkaufscenter, wo sie sich manchmal in der Schokothek Katzenzungen kauft, abbiegen kann, vorbei, das Weglein neben der Bahn eingeschlagen und bis zur Abzweigung entlanggestrampelt, wo man an den anderen See gelangt. Dort gibt es eine Aussichtswarte. Hundert oder so Stufen hinaufgelaufen, das Fahrrad an den großen Abfallskübel gelehnt und von oben die Wasserwelt betrachten. Ein älterer Herr hat das schon vor ihr getan und läuft mit seiner kleinen Enkeltochter um die Wette am Plateau herum. Die Kleine quietscht vor Vergnügen. Die Oma liegt unten im Bikini auf dem Badetuch und schaut ehrfurchtsvoll hinauf. Ein wenig schwankt die Aussichtswarte von den schnellen Schritten, auf die beiden Seen, Dom und Klangturm, die Sehenswürdigkeiten von St. Pölten läßt es sich trotzdem schauen und zu regnen hat es auch angefangen. Also Badetuch, Buch und Wasser ganz umsonst eingepackt. Die Regenpelerine wäre passender gewesen.
„Husch, husch!“, kreischt die Oma unten und kommt mit der langen Hose und der Regenjacke hinaufgestürmt. Der Opa hat die Kleine aber schon auf die Schulter genommen, um hinabzusteigen.
„Sommer im Regen, Sommer am Wasser ist schön!“, denkt sie noch einmal, als sie langsamer die hundert oder so Stufen hinuntergestiegen ist und sich auf ihr Rad setzt, um die Rückfahrt nach Harland an der Traisen anzutreten.

2012-07-27

Kuriose Suchanfragen

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:49

Wer ist wann, warum auf meinen Blog gekommen? Die Antwort darauf geben die kuriosen Suchanfragen, ein beliebter Pausenfüller der Blogaktivisten und da ich mich ja literarische betätigen will, übernehme ich die Idee und surfe ich ein bißchen in der Statistik des 25. 7. herum. Gabriele Petricek und Dine Petrik kann ich da an oberster Stelle finden. Ja, natürlich das sind zwei österreichische Schriftstellerinnen, die beide ähnliche Namen haben und beide bei der GAV Mitglied sind. Natürlich kann man sie verwechseln und beide haben auch bei den Mittleren gelesen. – Zwykowo ist ein kleiner Ort in Ostpreußen, heute Polen, wo es noch die Störche gibt und sonst nicht viel, zumindestens kein Restaurant, nur ein freundlicher Bauer kommt herangelaufen, zeigt sein Museum her und hat auch Kaffee. – Ayoub „Marie ein Fall“ kann ich als nächstes lesen und nicht wirklich weiterhelfen. Susanne Ayoub ist eine GAV-Kollegin, deren Lesungen ich regelmäßig besuche und über die ich auch schon öfter geschrieben habe. Über dieses Stück aber glaube ich nicht, es gibt aber einen Text von ihr im der neuen Volksstimme-Anthologie.- Sergej Nossow wieder keine Ahnung, wer ist das und man ihm bei mir findet. Nach der verstorbenen Tochter Erika Pluhars wird, glaube ich, öfter gefragt und von der schreibenden Schauspielerin habe ich zwei Bücher gelesen und besprochen, eines habe ich bei einem Gewinnspiel gewonnen und war ganz erstaunt, als ich es im Postkasten fand, weil ich schon vergessen hatte, daß ich da einmal teilgenommen habe. Ulrich Bechers „Nachtigall will zum Vater fliegen“ habe ich erst vorige Woche besprochen und einen Dr. Klopstock gibt es darin auch. Das Programmheft des Arbeitskreises der Südtiroler Lehrer von 2012 ist sicherlich sehr interessant und Romy Schneider, natürlich kommt sie sofort in meinen Blog, wenn ich ihren Namen anläßlich der „Radetzkymarsch“-Besprechung“ erwähne. Als ich vor zwei Jahren bei einer Placido Domingo Aufführung vor der Oper war, fragte mich auch ein paar Tage der Fan-Club an. htp:literaturgefluester.wordpress.com/2010/08/14.wir müssen uns irgendwie ähnlich sein. Ja richtig dieses Buch habe ich an diesem Tag besprochen. Herwig Bitschke hat es mir geschenkt, als ich ihm im Residenz Verlag besuchte, den er damals leitete. – jandl gedichte texte. Da gibt es sehr viel und einiges ist davon wohl auch im Literaturgeflüster zu finden. Kommt man um den Großen der österreichischen Literatur ja nicht herum und Präsident der GAV oder Generalsekretär war er ja, glaube ich, einmal auch. Mit dem Bus an den Neusiedlersee bzw. nach Sopron bin ich vor einem Jahr gefahren. Ob es das Reisebüro Leitner war, habe ich keine Ahnung.
Persönliche Fragen an eine Frau? Ob da die Antwort „sexy nackte Männer mittleren Alters“ ist? Texthobel Empfehlung steht als nächstes. Da müßten wir Thomas Wollinger fragen. Aber leider ist sein Blog gerade auf Sommerfrische. Aber macht ja nichts, vielleicht hilft auch die Texthobel-Lesung im Cafe Anno im Februar 2011 ein wenig weiter.„223 oder das Faustpfand“ ist ein kürzlich erschienener Roman von Manfred Wieninger. Wie man den Bachmannpreis gewinnt? Wenn ich das wüßte. Das würde ich ja sehr gern. Wie wahrscheinlich viele andere. Angela Leinen hat ein Buch darüber geschrieben. Die Antwort ist darin aber auch nicht enthalten. Rezension „Fetzer oder die Ordnung der Dinge“, die findet man nicht bei mir. Ottwald John ist ein sehr rühriger Schauspieler, den ich oftmals im Literaturhaus, beim Lesetheater oder auch bei Ruth Aspöck treffe, soviel ich weiß, hat er auch bei der Lesetheateraufführung über Joe Berger am Montag im Gastaus Sittl mitgemacht. Ich war aber nicht dort sondern am Rathausplatz, da ich ja sehr sparsam bin und nicht sehr viel in Wirtshäuser gehe, aus diesem Grund war ich auch nicht bei der Sommerlesereihe im Cafe Prückl. Das „Antwerpener Testament“ ist ein Roman von Evelyn Grill, ebenfalls im Residenz Verlag erschienen. Ich bedanke mich für die Rezensionsexemplare. Jaqueline vellguth Amazon – wieso kommt man da zu mir, betreibe ich ja das Literaturgeflüster, aber über Jaqueline Vellguth die ja den Schriftsteller werden Blog betreibt oder betrieb, habe ich schon viel geschrieben und sie nur leider 2010, als ich sie in Leipzig treffen wollte, verpasst. Bei ihren Gewinnspielen habe ich einmal ein schönes Paper Blank und einmal einen zehn Euro Amazon Gutschein gewonnen, vielleicht ist das die Antwort auf die Suchanfrage. „Bewohnte Frau“ Kommentare. Ich habe nur das Buch gelesen. Literaturdebatte um 2000. Kann man die im Literaturgeflüster finden. In Linz wird es wahrscheinlich mehrere Buchhandlungen geben. Den Thalia auf der Landstraße könnte ich jetzt spontan empfehlen und langer Text zum Abschreiben ist die häufigste Suchanfrage, wie man zu meinem Blog kommt. Schreibe ich ja sehr lange Texte. Andreas Tiefenbacher ist ein Autor, ich war glaube ich, einmal bei seinen Textvorstellen und Ruth Aspöck ist Autorin, Feministin und wahrscheinlich eine sehr liebe alte Freundin von mir, die sehr oft auf meinen Blog kommt und mir dann sehr liebe Kommentare schreibt, ein neues Buch über Franz Grillparzer hat sie, glaube ich, auch geschrieben. Ob es schon erschienen ist weiß ich nicht, da müßte ich selbst eine Suchanfrage stellen. Dafür aber einige Buchbesprechungen. Die „Emma“ steht noch auf meiner Leseliste und kommt demnächst dran. – Italienische Liebesromane gibt es sicher sehr viele, amore. amore, amore, bei einem war ich im März nachdem ich aus Leipzig zurückgekommen bin, in der Hauptbücherei. „Scheckiger Hund der am Meer entlangläuft“ ist eine Erzählung von Tsinigis Aitmatow, in den DDR Ausgaben heißt es so. Wenn man das Buch bei Rowohlt liest, muß man unter „Der Junge und das Meer“ suchen. Ein sehr eindrucksvolles Stück Literatur, ich kann es sehr empfehlen. In den offenen Bücherschränken kann man manchmal Tschingis Atimatow Bücher finden. Also hingehen und suchen, ich werde mir der Kuriosität halber, aber beide Ausgaben behalten und in der einen gibt es ja auch eine andere Geschichte, die ich noch lesen muß.- Peter Vogel Selbstmord. Da sind wir wieder bei Erika Pluhar gelandet und das war, glaube ich, ein sehr guter Schauspieler an dessen Filme ich mich noch erinnern kann. In „Am Ende des Gartens“ kann man, wenn ich mich nicht irre, ein bißchen was darüber finden.- Ich dachte es wäre ein Buch? Ach ja, was sollte es sonst sein, eine Banane vielleicht oder ein Apfel? Aber richtig, heutzutage muß man zwischen E-Book und Printausgaben sehr genau unterscheiden. Sagen wir also es war eines und lesen, denn das kann ich wirklich sehr empfehlen. – Hugo Salzmann? Da bin ich im Moment selbst ein wenig ratlos und müßte raten oder googlen. – Das wars und für alle, die sich jetzt nicht auskennen und was ist denn das für ein Kuddelmuddel kommentieren wollen. Es war ein Rundgang durch die Suchanfragen des Tages und der Versuch eines literarischen Textes für das Literaturgeflüstertexhtebuch. Interessant, was meine Leser alles wissen wollen. Anna Weidenholzer Buchpreis war übrigens bei den Suchanfragen vor ein paar Tagen zu lesen. Da bin ich gleich auf die deutsche Buchpreisseite gegangen, die man jetzt auch per facebook verfolgen kann. Die Longlist wird aber erst im August bekanntgegeben. Wär schön wenn sie mit ihrem neuen Buch, das glaube ich auch im August bei Residenz erscheinen wird, darauf zu finden ist. Ja, bei mir gibts viel Literarischen zu finden und als vor fast zwei Jahren der Name Valerie Fritsch sehr oft angefragt wurde, hatte das mit dem Fm4 Preis zu tun.

2012-07-26

St. Pölten im Regen

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:44

Sich wieder einmal durch St. Pölten treiben lassen und ein bißchen Hauptstadtluft schnuppern und nicht nur schnell, wie meist, das Rad bei der Traisenbrücke abstellen, die Wienerstraße bis zur Kremsergasse hinunter gehen oder vorher (am Samstag) beim Markt abzweigen oder in den Thalia hinein, das ist es dann, wenn ich überhaupt so weit komme. Denn meistens fahre ich gar nicht in die Stadt hinein, sondern zum Lidl einkaufen oder eine Runde um den See, wenn ich in Richtung St. Pölten fahre. Es gibt natürlich Ausnahmen, so habe ich einmal einen Hauptstadttag gemacht und bin mit einem Heftchen durch die Stadt gegangen, habe die Hotels gesucht und auch ein bißchen das literarische Leben recherchiert. Das Heftchen, wo alles drinnen steht, war das ja noch vor den Literaturgeflüsterzeiten, muß noch irgendwo liegen, aber meistens ist St. Pölten nur am Samstag interessant für mich, wenn ich den Alfred auf den Markt begleite oder wenn ich die Thalia Abverkaufskiste plündern will.
Das erste Mal in meinem Leben, daran kann ich mich genau erinnern, bin ich 1977 nach St. Pölten gekommen. Da hatte ich vorher mein Dissertantengespräch und bin dann mit dem Herrn Lembacher vom Klub der logischen Denker zum Pfingsttreffen nach St. Gallen gefahren. Nur leider hatten wir bei St. Pölten eine Panne, mußten in eine Werkstatt und sind, glaube ich, auch ein bißchen im Sparkassenpark spazierengegangen. Das zweite Mal war es dann schon mit dem Alfred, den ich ja 1982 kennenlernte.
1986 ist die Stadt dann Hauptstadt geworden, ein Land ohne Hauptstadt ist wie ein Gulasch ohne Saft, etc, hat es damals geheißen, vom Fisch ohne Fahrrad ist bei den Slogans, glaube ich, nichts gestanden. Vorher war die Hauptstadt Wien und ganz vorher war Wien, glaube ich, in Niederösterreich. Am 10. Juli 1986 gab es in St. Pölten aber ein großes Hauptstadtfest, da bin ich mit der kleinen Anna hingegangen und die Litges hat in der Konditorei auf der Kremsergasse, die es, glaube ich, nicht mehr gibt, gelesen. Ja mit der LitGes bin ich irgendwann durch eine Sitzung der IG Autoren auch in Kontakt gekommen, da habe ich die Doris Kloimstein kennengelernt und sollte einmal mit dem Manfred Wieninger in der LitGes lesen. Ein bißchen über das literarische St. Pölten habe ich auch in „Nebenwohnsitz Harland-Stadt“ recherchiert, als der Alois Eder Texte über Harland haben wollte, da habe ich ausgehend von Manfreds Wieningers Krimis, die ja in einer Stadt namens Harland spielen, die eigentlich St. Pölten ist, eine Geschichte geschrieben, die dann im Best of 2 Eva Jancak Lesebuch enthalten ist und mein literarisches Bild Doris Kloimstein, Zdenka Becker etc, das dort enthalten ist stimmt ja immer noch. Zu Ostern gehe ich seit einigen Jahren bei den Spaziergängen der LitGes mit, war da auch bei einigen Veranstaltungen und Robert Eglhofer, der Freund Ruth Aspöcks, die ihn während der Radkarawane kennenlernte, hat 2010 ein Interview von mir bei Etcetera herausgebracht. Das war es dann schon, der Hauptstadttag den ich einmal machte und wirklich einen Tag lang in der Stadt herumgegangen bin, war ja, glaube ich, schon 2000 oder so. Denn sehr viel gibt es in St. Pölten noch immer nicht zu sehen. Ein paar Mal bin ich auch auf den Klangturm hinaufgefahren und St. Pölten ist mit seinen elf Stadtteilen von denen einer Harland ist, auch viel größer, als das Grätzl um die Kremsergasse mit dem Rathaus- und dem Domplatz, wo es den Markt am Donnertag und am Sonntag gibt. Im Sommer gibts am Rathausplatz das Filmfestival, das Cinema Paradiso gibt es auch. Und Robert Eglhofer hat uns einmal zu Silvester eine Stadtführung gemacht. Vor zwei Jahren ist sich einmal das Höfefest ausgegangen, wo es auch ein paar Lesungen gegeben hat und gelegentlich gehe ich, wie erwähnt zu Thalia, durchschnüffle die Abverkaufskisten oder schaue mich bei den Neuerscheinungen um, 2009 habe ich die Verkäuferin nach den deutschen Buchpreisproben genervt, die ich mir inzwischen immer von der Presseabteilung schicken lasse, weil das Buch zumindestens in Österreich nicht zu bekommen. Im Internet habe ich gesehen, wird die 2009 Ausgabe inzwischen um neun Euro zum Verkauf angeboten. Ja in die Buchhandlung Schubert, die inzwischen einen Nachfolger hat, gehe ich auch gelegentlich, um mir das Buch zum Welttag des Buches zu holen und Doris Kloimstein habe ich zweimal getroffen und es wenn es im August die Frequency gibt ärgere ich mich, daß ich mit dem Rad nicht nach St. Pölten fahren kann. Seit ein paar Jahren habe ich auch immer versucht St. Pölten für das Literaturgeflüster ein bißchen literarisch aufzumotzen und so dachte ich, nachdem ich vorige Woche fast ein bißchen in das Sommerloch gefallen bin, mache ich wieder mal einen Hauptstadttag. Ein paar kleinere Versionen davon habe ich zwischendurch hin und wieder auch einmal gemacht, wo ich ein bißchen mehr und länger in St. Pölten spazierengegangen bin und im vorigen Jahr hatte ich, bevor der erste Bachmann Lesetag in Klagenfurt angefangen hat, einen Gutschein vom Leiner für ein T- Short, das ich mir schnell abholte und habe dabei Alfred Komerek, glaube, ich in der Nähe des scharfen Ecks getroffen. Also ein Remake des St. Pölten Hauptstadttags mit einem Block in der Hand durch die Stadt laufen, aufschreiben, recherchieren und dann ein Literaturgeflüster-Goody daraus machen. Aber erst am Donnerstag. Da ich ja immer gern und zwanghaft einmal links und einmal rechts an der Traisen abbiege und da wäre am Mittwoch ja eigentlich die Richtung Ochsenburg fällig gewesen. Die Brille von Alfred Vater war aber zerbrochen und brauchte eine neue Fassung. Der Alfred hat sie letzten Donnerstag zum Hartlauer, am scharfen Eck, da sind früher, als es noch keine Autobahn gab die Autos gefahren, die entweder nach Linz oder Wien wollten, gebracht und wollte sie am Samstag holen. War aber noch nicht fertig. Jetzt war es soweit und ich sollte sie holen und am Morgen regnete es auch noch.
„Du kannst doch nicht jetzt in die Stadt fahren?“, sagte meine Schwiegermutter. Aber ich gehe eigentlich bei jeden Wind und Wetter spazieren oder Radfahren und lasse mich auch nicht von den schärfsten Regengüßen abhalten. So habe ich die Regenpelerine übergezogen, den Schirm genommen und bin losgezogen. Einen kleinen Block und einen Kugelschreiber habe ich auch noch in das Umhängetäschchen gestopft. St. Pölten bei Regen ist ziemlich leer. Diese Erfahrung habe ich schon am vorvorigen Freitag gemacht, als ich eigentlich das Hauptstadtfest suchen wollte und nach der Bachmannlesung in die Stadt gefahren bin. Kurz vor sechs bin ich da eingetroffen, es schaute ein bißchen nach Gewitter aus und bei Thalia haben sie gerade die Abverkaufskisten eingeräumt. Um zehn Uhr Vormittag waren die Geschäfte offen und die Baustellen in Betrieb und so bin ich, nachdem ich die Brille hatte und auch noch Brot und Pudding für die Schwiegermutter einkaufte, durch die Stadt spaziert. Ein bißchen mehr und länger als nur durch die Kremser und die Wienergasse. In der Linzergasse wo es einmal die LitGes gab und sich auch die Bühne im Hof befindet, gibt es ein Cafe Gerstl, mit der Dichterin hat es wahrscheinlich nichts zu tun, und sonst sehr viele leerstehende Geschäfte, wie es sie auch in Wilhelms- und in Herzogenburg gibt. Vor zehn Jahren habe ich ja die Hotels gesucht, jetzt habe ich einige gefunden und durch den neugestalteten Bahnhof bin ich auch spaziert, bzw. mir beim neuen Mc Donald dort, einen Cheeseburger mit Tomate zu einen Cafe Latte vergönnt und in den beiden Krimi Zeitungen gelesen, die ich mir vorher vom Thalia holte. Dort habe ich wegen der nassen Regenpelerine und dem nassen Schirm nicht so viel geschmökert, wie vor zwei Jahren, als ich nach dem Putzen mit dem Rad hingefahren bin. Ein bißchen aber schon und es gibt dort ja auch einen Stoß der 3.99 Abverkaufsbücher, den ich gern umschichte. Ein paar Fundstücke hätte ich schon gefunden, zum Beispiel Trojanows/Zeh „Angriff auf die Freiheit“, aber ein Buch um 3.99 ist mir schon zu teuer, ich bin da ein bißchen pizzelig, ich weiß. Es gab aber schon ein interessantes Fundstück, nämlich „Kafka für Eilige“ aus dem Aufbau-Verlag. Wenn ich nicht so naß gewesen wäre, hätte ich mich damit in die Sitzecke gesetzt und mir noch Cornelia Travniceks „Chucks“ und das Hans Fallada Bilderbuch mitgenommen. Denn Kafka für Eilige ist ja ein Widerspruch, eilig kann man Kafka bestimmt nicht kennenlernen. Bin ich ja mit meinem „Handke für Eilige“-Versuch vor einem Jahr eingefahren. Das Buch also nicht durchgeblättert. Wenn ich mir einmal Kafka vornehme, werde ich mir Zeit dafür lassen, so weit bin ich aber noch nicht und bei den Neuerscheinungen gab es Emily Waltons „Senfglas“ neben Flasars „Ich nannte ihn Krawatte“.
„Chucks gab es einen Tisch weiter und dazwischen immer wieder sehr viel Chick Lits. Danach auf einen Imbiß zu MC Donald, wenn man dort aufs Klo will, muß auch schon wie auf der Autobahn in Richtung Leipzig, fünfzig Cent einwerfen und durch ein Drehkreuz gehen. Man bekommt dann einen Gutschein, was macht man aber, wenn der Cheeseburger schon gegessen ist? Ich bin durch den Bahnhof und in Evis Naturkostladen gegangen und habe dann noch einmal eine Runde um die Stadt gemacht, bevor es zum Rad zurückging. Dann hatte es, wie das meistens so ist, zu regnen aufgehört und ich bin im Trockenen nach Hause gefahren. Ich bin aber ein ungeduldiger Mensch, der nicht warten kann und will und es ist auch schön im warmen Sommerregen Rad zu fahren oder durch die Stadt zu gehen. Im Regen bin ich auch schon öfter an der Traisen Radgefahren, beispielsweise damals beim Höfefest, als ich Robert Eglhofer im Rathaus traf und mit dem Alfred ausmachte, ihn in Harland zu treffen und mit ihm zur Frischmuth Lesung zu fahren. Ich habs gemacht und bin mit der Regenpelerine zurückgefahren, der Alfred hat aber geglaubt, ich wäre in der Stadt geblieben und war schon fort, so daß wir dann zu spät gekommen sind.

2012-07-25

Radetzkymarsch

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:59

Jetzt habe ich also auch den „Radetzkymarsch“ gelesen, jenen 1932 erschienenen Roman, Joseph Roth mit dem er berühmt geworden ist. Ich habe es ja schon öfter geflüstert, meine Geschichte zu dem Buch, das es im Bücherkasten meiner Eltern, eine Büchergilde-Gutenbergausgabe mit den Initialen meiner Mutter R. J., Rudolf Prack auf der Umschlageseite auf der Rückseide ist Romy Schneider als Sissy mit dem jungen Karl Heinz Böhm zu sehen, gegeben hat, ist ein sehr ambivalentes.
Ich habe es, als ich meinen Vater betreute, sehr oft in der Hand gehabt, aber nicht gelesen, denn für Joseph Roth habe ich mich sehr interessiert, aber nicht für einen Roman, in dem es über die Monarichie und Männer geht und die Frauen nur als Liebhaberinnen, Haushälterinnen oder in Bordellen aufscheinen. In den frühen Siebzigerjahren im Gartenhäuschen meiner Eltern, in dem ich damals meine Sommerfrischen machten, gab es den Film von Michael Kehlmann, dem Vater des Daniel, mit Helmut Lohner in der Hauptrolle, an Guido Wieland kann ich mich noch erinnern und Gertraud Jesserer spielte, glaube ich, eine Hure, eine der wenigen Frauenrollen, an denen ich mich erinnern kann und war enttäuscht, lauter Uniformen und ein endlos Geschwafel über die zerfallene Monarchie, was geht die mich an? Dann gab es ein Jubläumsjahr, da habe ich mir noch Bücher gekauft, bzw habe ich mit mir gerungen und bin dann zum Libro auf die Mariahilferstraße marschiert und „Rechts und Links“, „Hotel Savoy“, „Das Spinnennetz“ erworben und die „Kapuzinergruft“ glaube ich, bewußt ausgelassen. Dann habe ich mir noch 1994 die Lunzer Biographie und „Unterm Bülowbogen“ mit Texten des Journalisten gekauft und den Film „Tafelspitz“ habe ich auch einige Male gesehen und war hingerissen von seiner Sentimentalität und da zitiert Otto Schenk ja die Stelle mit dem „Tafelspitz“.
Otto Lembauer ist auch ein Joseph Roth Fan und hat den Vorsatz alle seine Werken zu lesen und im Literaturhaus gibt es die Joseph Roth Gesellschaft und eine Reise nach Lemberg auf Roths Spuren, die ich dann noch nicht machte, dafür die große Ausstellung 2007, die irgendwie in die „Radiosonate“ eingeflossen ist und noch ein paar Roth Veranstaltungen im Literaturhaus und da haben mich die alten Männer sehr beeindruckt, die mit Tränen in den Augen von den schönen Stellen schwärmen, die, wo der Kadettenschüler zum Wachmeister Slama geht und die Briefe von seiner verstorbenen Frau abholt.
Ja und der Name „Trotta“ hat die nicht Germanistin auch etwas verwirrt, denn in den „Drei Wegen zum See“ kommt ja auch ein „Trotta“ vor und die gab es 1977 oder so im Fernsehen. Inzwischen habe ich sehr viel gelesen, sammle alte Bücher, wo ich sie bekommen und Thomas Wollinger hat plötzlich auch angefangen den „Radetzkymarsch“ zu zitieren und immer wieder schöne Stellen gezeigt, an denen man das Schreiben lernen kann und ich will ja die Bücher meiner Eltern auflesen, die in Harland stehen, also ist der „Radetzkymarsch“ zu mir gekommen und ich war begeistert, denn „Flucht ohne Ende“ habe ich vor kurzem gelesen und war über den „modernen Ton“, des 1939 elendig in Paris Verstorbenen besgeistert.
Zufall, daß ich in Wien gerade Ernst Lothars „Engel mit der Posaune“ ein Fund aus dem Bücherschrank lese, den ich einmal in der Paula Wessely Verfilmung gesehen habe, aber an diesem Ton kommt der Roman, der wahrscheinlich auch vom Zerfall der Monarchie handelt nicht heran.
Der Untergang der Monarchie, mir als 1953 geborene ganz egal, Joseph Roth ist aber höchstwahrscheinlich daran zerbrochen und hat sich wahrscheinlich auch über die Offiziere ein wenig lustig gemacht, so würde ich es zumindestens interpretieren und, um die Frauenfeindlichkeit, die Frauen kommen ja wirklich nur als Haushälterinnen, Ehebrecherinnen, Prostituerte oder als die edlen Wesen vor, die die Kadettenschüler in die Welt der Liebe einführen, kommt man natürlich nicht herum, es ist aber eine eigene Welt, die da geschildert wird und sie beginnt mit dem Helden von Solferino, dem Großvater, der den Kaiser das Leben rettet und dieser Franz Joseph ist ein Superheld und der Vater seiner Untertanen, wenn man Sorgen hat, geht man zu ihm zur Audienz und Franz Joseph richtet und als der Kaiser stirbt ist die ganze Epoche zugrunde gegangen und mit ihr auch das Geschlecht der Trotta, was jetzt, glaube ich, gar nicht so stimmt, denn es gibt ja einen Fortsetzungsroman, die „Kapuzinergruft“ und die hätte es auf dem Stattersdorfer Flohmarkt gegeben, da habe ich das Buch aber liegen lassen, weil ich dachte, ich hätte es schon. Jetzt muß ich warten bis ichs im Bücherschrank finde und ich schreibe es gleich dazu, der „Radetzkymarsch“ ist eines der besten Bücher, die ich in den letzten Jahren gelesen habe und das meine ich, wie meine Stammleser wahrscheinlich wissen, nicht sehr oft. Bei „Im Westen nichts Neues“ würde ich etwas Ähnliches sagen, aber sonst eigentlich kaum und weil es so ein tolles Buch ist und natürlich auch sehr bekannt, weiche ich auch von meinem gewöhlichen Hineinlesen und den Inhalt wiedergeben ab und beschränke mich aufs Bonmonts. Leutnant Joseph Trotta rettet also dem Kaiser das Leben und bekommt allle Auszeichnungen, den Maria Theresia Orden, wird Hauptmann und geadelt. Er heiratet dann auch bald und entdeckt eines Tages im Schulbuch seines Sohnes eine ganz falsche Darstellung der Szene, die ihn sehr erzürnt, denn so war es ja nicht.
„Es ist ein Buch für Kinder!“, sagt seine Frau, die auch eine untergeordnete Rolle spielt und bald stirbt, das sagen auch seine Vorgesetzte und der Kaiser zu dem er sich deshalb in Audienz begibt, trotzdem quittiert er den Dienst, das Gedicht wird auch aus dem Schulbuch entfernt und der Sohn des Helden von Solferino wird Berzirkshauptmann und führt, bald Witwer geworden auch ein autoritäres Regime, obwohl er zu seiner Haushälterin „Gnädigste“ sagt, die kocht den sonntäglichen Tafelspitz oder läßt ihn kochen und alle am Tisch essen sehr schnell, wie der Bezirkshauptmann, die Gnädige läßt sich vom Diener Jaques, der eigentlich Franz Xafer Joseph heißt, in ihrem Zimmer nachservieren und der Kadettenschüler Carl Joseph Trotta, der immer am Sonntag in den Ferien nach Hause kommt, muß sich beeilen nachzukommen, dann darf er zwei Kirschknödel essen und geht zuerst mit dem Vater, dann allein spazieren, das heißt in die Wohnung des Wachmeister Slamas, wo ihn die schöne Gattin sanft entjungfert. Als er mit der Ausbildung fertig ist, ist sie gestorben, der Vater schickt ihm zum Kondoloeren hin und der Wachmeister gibt ihm die Briefe seiner Frau, worauf er dann ins Cafehaus geht sich einen Kognac bestellt und den Vater trifft.
Das sind, glaube ich, sehr beeindruckende Stellen und auch die, wo der alte Diener Jaques stirbt, mit ihm stirbt die Monarchie oder kündigt ihren Verfall an. Er bekommt auch ein Begräbnis erster Klasse, der alte Vater fährt darauf zum Sohn, der sich nach einem Duell an die russische Grenze versetzen ließ und dort bekommt man vom Verfall der Monarchie noch viel mehr mit. Es gibt nämlich Aufstände und Streks der unzufriedenen Arbeiter und als der Bezirkshauptmann einen neuen Diener einstellen will, scheitert er daran, denn die wollen sich nicht mehr Jaques nennen lassen und sind auch, ach Schande, bei der sozialdemokratischen Partei.
Carl Joseph beginnt aber zu spielen, gerät in die Fänge einer Frau Taussig, verschuldet sich und der Vater muß ihn auslösen, in dem er sich wieder zum alten Kaiser in Audienz begibt, der weiß nicht recht, ist das jetzt der Enkel, der Sohn oder der Vater, hilft aber, wie es von seinen Untertanen erwartet wird und während man in der Garnison ein Fest feiert, wird der Thronfolger in Sarajewo erschossen. Carl Joseph verläßt zuerst die Armee, fällt aber, nachdem der Krieg ausbricht und der Vater stirbt, nachdem der Kaiser gestorben ist, denn das Geschlecht der Trottas kann ihn nicht überleben.
Eines der beeindruckensten Bücher, die ich seit langem gelesen habe und der Otto und die alten Mämmer im Literaturhaus haben recht, Joseph Roth ist ein großer Dichter und man erfährt viel über die ersten Jahrzehnte des zwanzigsten Jahrhundert und, um die Monarchie in dem Sinn, wie man sie in den Fünfzigerjahren in den Sissy Filmen gesehen hat, geht es, glaube ich, dabei überhaupt nicht, aber da war Joseph Roth schon lange tot, ist er an seinem Alkoholkonsum um Schreiben zu können und wahrscheinlich an der damaligen politischen Situation 1939 ja elendiglich in Paris zugrunde gegangen.

2012-07-24

Lebenslügen und nicht Warten können

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:51

Im Album des Wochenendstandards ist ein Artikel des 1925 geborenen „Sprachpapstes“ Wolf Schneider über die „Liebe zur Lüge“ erschienen, der ein Buch darüber geschrieben hat, das im Juli bei Rowohlt erscheint. Er beginnt bei Nietzsche, der gesagt haben soll „Die gewöhnlichste Lüge ist die, mit der man sich selbst belügt!“ und geht zu Ibsen weiter, der in seiner „Wildente“, im vorvorigen Jahrhundert, den Ausdruck „Lebenslüge“ prägte, da es dort den „lebensuntüchtigen“ Hljamar Ekdahl gibt, der immer eine Erfindung machen will, sie aber nicht macht und auch gar nicht beschreiben kann, was er erfinden will. Dann kommt ein Arzt daher und warnt den Sohn, den Vater aus den schönen Träumen zu reißen, denn „Nehmen Sie dem Durchschnittsmenschen seine Lebenslüge, und Sie nehmen ihm sein Glück!“
Da habe ich mich, als ich das Samstag gelesen habe, sofort betroffen gefühlt und überlegt, ob mein erfolgloses Schreiben, mit dieser Art von Lebenslüge vergleichbar ist?
„Ja!“, habe ich vorauseilend gedacht, denn wenn man keinen Verlag findet, seine Bücher selber macht, sieht man ja was passiert, wenn man sie im Literaturhaus oder anderswo jemanden zeigt oder sie im Wikipedia bekanntmachen will und mich unbehaglich gefühlt.
„Nein!“, habe ich gedacht und den Artikel eines sehr alten Mannes, der möglicherweise so denkt, genauer gelesen.
„Nein!“, denn ich sage ja nicht, daß ich dreißig Bücher schreiben will, sondern habe sie geschrieben und weil ich sie nicht im stillen Kämmerlein liegen lassen will, gebe ich sie seit 2000 selbst heraus und habe mich bisher gedreht und gewunden, wenn mich jemand fragte „Welcher Verlag?“ oder „Ist das im Eigenverlag!“, wenn ich es ihm zeigte.
Seit ca einem Jahr, wo das Selfpublishing modern wird und immer mehr Leute ihre Bücher als E-Books bei Amazon erscheinen lassen und angeblich sehr erfolgreich dabei sind, gilt das zwar nicht mehr so ganz, allerdings ist das, glaube ich, zu den Krtiker, Rezensenten, Literatur- und Sprachpäpsten noch nicht so durchgedrungen. Die halten eine, die schreibt und keinen Verlag findet, vielleicht immer noch für eine „lebensuntüchtige“ Person und ich bin, als ich 2000 mit meinem ersten selbstgemachten Buch, den „Wiener Verhältnissen“ dagestanden bin, über die Reaktionen erstaunt gewesen, die ich bekommen habe.
„Das können wir nicht rezensieren, da kannst du nicht bei uns lesen, denn Eigenverlag wollen wir nicht!“
Es gibt Ausnahmen und hat sie schon damals gegeben, aber mit einem selbstgemachten Buch ist oder war man weg vom Fenster und keine Chance bemerkt zu werden. Etwas an dem ich nage und was mich ärgert, daß ich ein Jahr oder so an einem Buch arbeite, bis es erschienen ist, dann habe ich die fünfzig schönen Exemplare, zeige sie her, schicke mein Belegexemplar an die NB, die das auch einfordert und das war es dann.
Also habe ich eine Weile gebraucht bis ich die Argumente gefunden haben, warum das nicht so ist.
Denn ich würde zwar gerne einen kleineren oder größeren Preis gewinnen, behaupte aber nicht, daß ich ihn bekommen habe und ich komme, abgesehen, daß ich an meiner Erfolglosigkeit leide, auch ganz gut mit dem Schreiben und dem Leben zurecht.
Verstehe nur nicht recht, warum nur die schreiben dürfen, die einen Verlag finden und auch nicht, warum dann alle auf den Gipfel streben, der eng und sehr beschränkt ist, wo nicht alle Platz finden, die schreiben wollen, sondern möglicherweise nur die, die die schärfesten Ellbogen haben.
Es ist also keine Lebenslüge zu schreiben, wenn man keinen Verlag hat, natürlich nicht, lustig ist es trotzdem nicht, wie meine Leser wissen, die an meinen Jammereien teilhaben.
Durch die Möglichkeiten des Internets und des Selfpublishing aber viel besser geworden und deshalb schreibe ich auch so viel darüber. Ich bin ja eine, die mit dem Konsumverzicht an sich gut zurechtkommt. Also eigentlich gar nicht so reich mit meinen Büchern werden will und auch nicht erpicht darauf, daß sie soviele Leute lesen. Nur die, die es wollen und sich dafür interessieren, sollen es tun.
Ich will mich aber präsentieren, denn ein Buch ist ein Buch und mit fünfzig Exemplaren, die auf meiner Website und auf meiner Publikationsliste stehen, habe ich das getan.
Die Schreibberichte finde ich auch sehr gut, die kompensieren vielleicht, das was mir an literarischer Öffentlichkeit fehlt.
Der Lebenslüge könnte man nun wieder ein bißchen näher kommen, wenn man glaubt, daß das Netz wirklich eine Öffentlichkeit ist. Ist sie nicht, jedenfalls nicht bei mir. Ich habe derzeit, auch Sommerloch bedingt, knapp hundert tägliche Leser und eine Handvoll Abonnenten wahrscheinlich, die mich regelmäßig konsumieren. Soll so sein. Ein bißchen Anerkennung will aber ich für mein Schreiben, da wurde ich ja vor fast vierzig Jahren von meinen zwei Freunden geschockt, die mir so unverblümt ins Gesicht sagten „Du schreibst nicht gut!“
Ich habe mich aber schon damals gefragt, ob ich das jemanden so sagen könnte, ohne, daß er beleidigt ist. Kann ich nicht, bin ich daraufgekommen. Also muß es auch bei mir nicht sein. Denn wer sagt denn, daß nur der schreiben darf, der den Nobelpreis bekommt und alle anderen geraten in die Ecke der Lebenslüge, wenn sie es trotzdem tun? Wenn man das denkt, lügt man sich schon was vor, denn die Leute lesen zwar weniger, schreiben aber immer mehr und ich finde gut, daß sie es tun und habe, glaube ich, schon immer, jeden von dort abgeholt, wo er steht und ermutigt weiterzumachen.
Das wird jetzt durch das Internet und die Möglichkeit des Selfpublishing ein wenig besser, es ist aber trotzdem zu befürchten, daß wir dann das Zwei-Klassenschreiben haben, die einen, die die Preise bekommen und die anderen, die die Schreibseminare besuchen, sozusagen. Aber das kann ich nicht verändern, kann nur versuchen mich so selbstbewußtwie möglich zu fühlen und mir die Anerkennung, die ich brauche, selbst zu geben, dann werde ich auch weniger jammern!
Allerdings habe ich auch schon traumatisierende Dinge erlebt, so glaube ich mich zu erinnern, Andre Heller einmal sagen gehört zu haben, daß man nicht schreiben soll, weil man den großen Goethe damit beleidigt und für die B. war es ein Problem mit mir in der „Autorensolidarität“ abgebildet zu sein, als dort mein Portrait in der „Eigenverlag“ – Serie erschienen ist. Dabei ist sie, als ich ihr die „Wiener Verhältnisse“ zeigte, sofort zu Digi/Melzer gegangen und hat es auch so gemacht.
Vor zehn fünfzehn Jahren habe ich mich noch sehr gewundert, daß alle so erpicht auf einen Verlagsnamen waren. Klar, damit kommt man wenigstens auf die Liste für die Buchprämie, auch wenn man sie dann nicht bekommt. Eigentlich ist das dumm, habe ich mir damals gedacht. Es scheint sich aber jetzt erst in dieser Richtung etwas zu verändern und ich war meiner Zeit offenbar voraus.
Da sind wir schon beim zweiten Tagesthema der Ungeduld und dem nicht Warten können und das ist etwas, was mich sehr betrifft, weil ich es nicht kann und trotzdem ununderbrochen muß. Paul Jaeg hat mir ja angeboten ihm meine Manuskripte zu schicken, er tut sie in die Mappe für das übernächste Jahr. Das habe ich bei der „Sophie Hungers“ nicht zusammenbgebracht, bzw. das Manuskript sowohl an ihn, als auch den Digitaldruck geschickt und der hat den Vorteil, daß es sehr sehr schnell geht. Nach ein paar Tagen hat man das Buch und wenn ich nicht so ehrlich und so sparsam wäre, würde ich mir auch eine Nummer kaufen und Eva-Verlag daraufschreiben, wie das die etwas geschickten Kollegen tun.
So habe ich mich selber in die Nesseln gesetzt und wundere mich, daß sie stechen und jetzt jammere ich ein bißchen darüber, daß ich vier Projekte habe, die aufs Fertigwerden warten und im Moment nicht viel weiter geht. Obwohl es ja egal ist, denn sobald ich das Buch habe, schicke ich es an die NB, an die Alte Schmiede, an das Literaturhaus und noch an ein paar andere Orte, stecke zwei in die Tasche und bin frustriert, wenn der Erste dem ichs zeige, sagt „Schön!“ und nicht hineinschaut.
Aber es ist, wie es ist, viele Leute schreiben und der Digitalsdruck und das Internet ermöglichen viel, man kann sich gut präsentieren und zu meinem „Glück“, um wieder zum Themea zurückzukommen, fehlt mir ein bißchen die Anerkennung, gerade jetzt im Sommerloch ist sie auch auf Sommerfrische, aber vielleicht kommt das noch, habe ich schon 2002 für Ruth Aspöcks Veranstaltung „Poesie und Brotberuf“, bei der Poldi geschrieben.
Meine Belegexemplare der Volksstime-Anthologie „Frauen texten Frauen lesen“ sind inzwischen übrigens gekommen.

2012-07-23

Nachrichten aus dem Sommerloch

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:36

Ganz so einfach ist es mit dem Abbau des Vorausschreibens offenbar nicht, obwohl rings um mich herum die Blogs auf Urlaub gehen, aber die Evi ist zu ihrem wieder zurückgekehrt und berichtet sehr ausführlich über das neue Sommerbuch bzw. gibt sie Ratschläge, wie man mit Kaffee in die Dusche gehen kann und das finde ich sehr schön, denn ihr Blog war immer sehr erfrischend und auch sonst war bei mir in Harland einiges los, ist doch der Schwiegervater aus seiner Reha zurückgekommen und die slowakische Pflegerin und das war zumindestens am Freitag nicht ganz einfach und hat ein bißchen Aufregung in den sonst so öden Sommerfrischenschreib- und Korrigieralltag gebracht.
„Kerstin Achterln“ habe ich inzwischen zweimal durchkorrigiert und, wie ich denke einmal alle Unklarheiten beseitigt, 106 und eine halbe Seiten sind es jetzt, beziehungsweise 52.826 Worte und gehört jetzt wieder einmal ausgedruckt.
Zufrieden bin ich damit noch immer, obwohl ich schon ein ein bißchen das Muster erkenne, daß es auch bei meinen anderen Büchern gibt. Eine Frau in einer Krise, diesmal schmeißt die Kerstin ihren Franz hinaus und hat ein bißchen zu viel getrunken, vorher war es schon die Arbeitslosigkeit, die meine Heldinnen trifft, etc, dann gehen sie herum, lernen neue Freunde kennen und das Problem scheint gelöst, bzw. das Leben geht weiter.
Die Paula Nebel lernt den Herrn Hans kennen und die kleine Sofia. Die Theresa Brunner aus der „Wiedergeborenen“ entscheidet sich für ihren Albert, während ihre Mutter zuerst nach Prag und dann zurück nach Salzburg fährt. Richtig, da ist es ein bißchen anders und bei der „Frau auf der Bank“ beginnt alles mit dem fünfunddreißigsten Geburtstag der drei Heldinnen.
„Kerstins Achterl“ zu Korrigieren wird mich also durch dieses Sommerloch begleiten, habe ich mir ja diesmal außer dem Radfahren einmal nach links und einmal rechts an der Traisen kein besonderes Sommerprogramm verordnet und bin auch noch nicht am Klangturm gewesen. Allerdings am Samstag in Wilhelmsburg, aber da hatte das Papiergeschäft mit dem Bücherflohmarkt für die Feuerwehr oder so noch Sommerurlaub. Also habe ich keinen Peter Handke oder eine Judith Hermann mitgebracht und lese aus dem Bücherregel im Wohnzimmer sehr altes bzw. dann ab nächstes Woche sehr neues aus dem Laptop und ein Bücherpackerl hat mir der Alfred auch aus Wien mitgebracht.
Eigentlich an ihn adressiert co Eva Jancak, fünf Belegexemplare der Linken Wort am Volksstimmefest Anthologie 2011 „Frauen texten Frauen lesen“, weil er da ja seine Fotos beigesteuert hat. Jetzt hoffe ich, daß meine fünf Belegexemplare, da ich ja die „Verbindlichen Vorschläge für den höchsten Wertkanon“ beigesteuert habe, auch noch kommen. Ich habe in das Buch auf jeden Fall schon einmal hineingeschaut, erschienen im Globus Verlag, gedruckt von digitaldruck.at, eine ISBN Nummer gibt es natürlich auch. Sonst ist im Outfit nicht viel Unterschied zu meinen Büchern zu erkennen oder doch natürlich, versammelt es ja das who is who der österreichischen Autorinnenschaft von Ruth Aspöck, Susanne Ayoub, Neda Bei, Petra Ganglbauer, Judith Gruber-Rizy, Elfriede Haslehner, Nadine Kegele, Gertraud Klemm, Hilde Langthaler Doris Nußbaumer, Angelika Reitzer, Lale Rodgarkia-Dara, Nadja Bucher, Hilde Schmölzer bis zu Traude Veran, die mir nicht so bekannten Autorinnen, habe ich jetzt ausgelassen. Man muß sich die fehlenden Namen also selber heraussuchen und kann das Buch auf der linken Wort Homepage bestellen oder beim Volksstimmefest kaufen und es sehr schön in einer so illustren Gesellschaft vertreten zu sein.
Was gibt es sonst zu vermelden? Ulrichs Bechers „Nachtigall will zum Vater fliegen“ habe ich jetzt ausgelesen und endlich den „Radetzkymarsch“ begonnen, der ja von allen Seiten gelobt bzw. immer wieder zitiert wird. Und dann noch aus dem Regal im Wohnzimmer die, B.Travens, Fritz Habecks, Pearl S. Buck etc herausgenommen, die ich in diesen und in den nächsten Sommern lesen will und auf das Bett gelegt.
Und Matthias Brömmelhaus, der Biographienschreiber hat jetzt mit großen Aufwand, einer eigenen Homepage und dem Pseudonym Bela Bolten, einen historischen Krimi als E-Book und auch in Papierform herausgegeben. Woran man sehen kann, daß es auch ohne Verlag geht, wenn man genügend Werbung dafür macht. Und ich will ja eigentlich nicht groß verkaufen, sondern nur auf mich und mein Schreiben aufmerksam machen und das sollte mit meinen täglichen hundert bis hundertfünfzig Leser im Literaturgeflüster ja funktionieren.
Wenn es mir mit den „Kerstins Achterl“ Korrekturen zu fad wird, kann ich mich auch über das Literaturgeflüster-Texte-Buch machen, die Texte habe ich jetzt im Computer und Alfred ist, glaube ich, mit den Einarbeiten der Korrekturen der „Wiedergeborenen“ auch bald fertig, so daß es hier vielleicht bald eine Vorschau gibt. Am Schreibtisch liegen zwei Meridian bzw. Geo-Hefte über die Baltischen Staaten, denn da wollen wir ja Anfang August hin, wenn seine Mutter bzw. die Pflegerin es alleine mit seinem Vater schafft und am Sonntag ging es mit dem Rad in den Donaugasthof nach Traismauer und dann noch zu einem Heurigen, da der Wirt der Ochsenburger Hütte unser gewöhliches Sonntags Ausflugsziel auf Urlaub ist und bezüglich Traismauer gibt es zu erwähnen, daß man die Ö Töne Lesungen, da war ja am Donnerstag Cornelia Travnicek an der Reihe und vor ihr Frau Mayröcker im Netz zumindenstens ansatzweise nachhören kann, wenn es zu fad sein sollte in der Sommerfrische.

2012-07-22

Nachtigall will zum Vater fliegen

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:57

„Nachtigall will zum Vater fliegen“, Ulrich Bechers 1950 erschienener New Yorker Novellenzyklus in vier Nächten, ist das zweite Becher Buch, das ich Anfang der Neunzigerjahre in einer Kiste von ausgeschiedenen Büchern der städtischen Bücherei gefunden habe. Damals war mir der Name Johannes R. Becher bekannt, aber von einem Ulrich Becher keine Ahnung, Internet hat es noch nicht gegeben und mit Literaturlexika war ich auch nicht gesegnet. So habe ich ein bißchen orientierungslos in das Buch hineingelesen und weil ich nichts von dem Autor wußte, den Hintergrund nicht verstanden und daher bvald wieder weggelegt. Dann habe ich 2005 wahrscheinlich in Leipzig bei Hugendubel in einer Abverkaufskiste, Aufbau-Verlagsbriefe aus dem Fünfzigerjahren gefunden, in denen es auch welche mit ein bißchen Lebenslauf von Ulrich Becher gab. So daß ich schon mehr Informationen über den Autor hatte, als ich 2010 das andere Buch „Kurz nach 4“ gelesen habe, da war schon die „Murmeljagd“ neuauferlegt und Ulrich Becher wurde von Eva Menasse, die das Buch besprochen hat, als „fast vergessener Teufelskerl“ bezeichnet. Daß er den“Bockerer“ geschrieben hat, hatte ich inzwischen auch herausgefunden und das Theaterstück, habe ich noch vor dem berühmten Film, im Volkstheater gesehen.
Als der Arco Verlag voriges Jahr „Kurz nach 4“ neu auflegte, ist er auf meinen Blog und meinen Besprechung gestoßen und das Buch hat, was mich, für die Biografien sehr wichtig sind, sehr begeistert, ein fünfzig Seiten langes Nachwort mit Bildern und biographischen Angaben von Christoph Haacker, das sich allerdings natürlich auf den 1957 im Rohwohlt Verlag erschienen Roman über die Italienreise des Wiener Künstlers Franz Zborowsky bezieht und nur wenig Informationen über den Novellenzyklus bietet, es gibt allerdings den Satz, daß die Novelle „Die Frau und der Tod“ aus dem Zyklus vorwiegend am 7. August 1945 in Manhattan spielt, das war der Tag nachdem die Atombombe über Hiroshima abgeworfen wurde.
Wenn man nachgooglet findet man über Ulrich Becher viel, über den Novellenzyklus wenig und eigentlich außer Angaben, wo man das Buch antiquarisch kaufen kann, auch nur ein paar Sätze in den Amerikabildern der deutschsprachigen Exilliteratur „Aber hier war alles anderes“ von Valerie Popp, die sich auf den Zyklus beziehen.In dem Buch selbst gibts leider keine Beschreibungen, wie das früher so üblich war, wenn man aber auf die Becher-Homepage geht, die es gibt, findet man immerhin die Abbildung des Schutzumschlages, das mein ausgeschiedenes Exemplar, aus der Stumpergasse, das von 1979 bis 1983 zehn Personen ausgeborgt hatten, nicht mehr hat.
Also war das Leseerlebnis der vier Novellen, obwohl ich über Ulrich Becher inzwischen einiges weiß, wieder ein unbeflecktes Land, daß sie aber in New Foundland N. Y. begonnen, fortgesetzt in New York City und in Blonay, Kanton Waadt abgeschloßen wurden, steht immerhin auf der zweiten Seite. Ulrich Becher hat von 1944 bis 1948 in New York gelebt und das Buch steht weiter dort ist Georges Grosz gewidmet. Das Ulrich Becher auch Graphiker und bildender Künstler war, war mir bisher entgangen, in der „Kurz nach 4“ Neuauflage, gibt es aber Proben davon und eine Ausstellung scheint es vor kurzem auch gegeben zu haben.
Also wieder ziemlich unbedarft in die Lektüre eingestiegen und ein bißchen ratlos gewesen, so daß ich mich jetzt schon auf die Neuauflagen der Novellen freue, weil ich dann vielleicht nachlesen kann, was ich mir jetzt mühsam zusammenkratze.
Der in New York spielende Novellenzyklus besteht aus vier Nächten genannten Texten, die erste „Die Frau und der Tod“, spielt, wie erwähnt in der Nacht nachdem in Hiroshima die Atombombe fiel. Sie spielt vorwiegend in einer Bar und schildert die Erlebnisse, des aus dem Krieg entlassenen Fliegerkäptn Happy Slocum. Die Psychologin würde sagen, sie schildert seine, bzw. Ulrich Bechers Traumatisierungen in einem typisch amerikanischen Stil, wie ich sie auch in dem Buch Manhattan Transfer gefunden habe und schließt auch an das Dialogpingpong, des von mir zuletzt gelesenen Buches „Stellt mir eine Frage“, an. Es gibt aber auch eine Menge französischer Zitate, was für einen New Yorker Novellenzyklus sehr ungewöhnlich ist, so wird die Marseillaise zitiert, die groß geschriebenen Zitate und Überschriften, gibt es, glaube ich, auch im „Manhattan Transfer“ „UNSERN AUS EUROPA HEIMGEKEHRTEN VETERANEN EIN HERZLICHES WILLKOMMEN“ beispielsweise oder UNBEKANNTE SCHÖNHEIT ERSUCHT UM INHAFTIERUNG WEGEN GEISTESKRANKHEIT“.
Die zweite Nacht „Der schwarze Hut“ ist ein wenig leichter zu lesen, das gemeinsame ist auch das Datum der 3. oder 5. Mai 1945. Mit dem zweiteren wird das Ende des zweiten Weltkrieges angegeben, zwei Tage vorher ist die geschlechtskranke zum Skelett abgemagerte Frau des reichen aus Deutschland ausgewanderten Alois Altkammer, le Baron genannt, gestorben, der über ein sehr ausschweifendes Sexualleben verfügte, mit seiner Frau im Fiaker in Bordelle fuhr und sie dann während er dort war, durch den Central Park kutschieren wird, der emigrierte jüdische Arzt, hat ihren Tod schon viel früher vorausgesagt, sie stirbt am 3. Mai. Am 5. findet das Begräbnis statt und zu dem ist auch der taube Dr. Klopstock eingeladen, der sein Gehör in Dachau verloren hat und nun den reichen „Baron“ um sechs Dollar anbettelt, damit er sich Batterien für sein Hörgerät kaufen kann, der Reiche gibt ihm nicht mehr, obwohl das Begräbnis ein Vermögen kostete und schenkt ihm dazu den Wagenrad großen schwarzen Hut seiner Frau, mit dem marschiert der ehemalige Gymnasiallehrer nach Hause und wird dabei für einen Transvestiten gehalten und angepöbelt. Auch hier ist in der makabren Form die Traumatisierung des Krieges stark zu spüren und der Stil ist wohl so, wie Georges Grosz seine Bilder malte.
Mit der dritten kürzesten Nacht „Beim Apfelwein“, im Stil der ersten ähnlich, ein konkretes Datum habe ich nicht gefunden, habe ich nicht viel anfangen können.
Die Vierte „Nachtigall will zum Vater fliegen“ ist wieder verständlicher oder auch nicht. Es geht jedenfalls um John Henry Nightingale, der als Hans Heinz Nachtigall in Gelsenkichen als Sohn eines wohlhabenden Kaufmanns geboren wurde, er studiert Medizin, wird Schiffsarzt, versucht sich aber auch als Dichter der „Zippzipp-Bewegung“ und als die Nazis kommen verfaßt er ein Theaterstück, nach dessen Uraufführung er nach Amerika emigiriert. Dort hat er es zuerst schwer, muß neu studieren, seine Dichtung will niemand haben und seinen Namen sprechen die Amis alle falsch aus, dann hat er aber Glück, bekommt einen reichen Schwiegervater und wird zum Nobelpsychiater und da denkt er an seinen Vater, der Achtzigjährig in Deutschland zurückgeblieben ist. Er will zu ihm fliegen, hat aber Schwierigkeiten mit seinen Patienten, schließlich tut er es doch und kommt enttäuscht zurück.
Wieder würde ich sehr viel Autobiographie und sehr viel Trauma in der sehr tiefgründigen Novelle, die zum Schluß in einen Dialog Nightingale gegen Nachtigall ausartet, vermuten und schließe mich Christoph Haackers Meinung an, daß „Ulrich Becher einer der großen Erzähler unseres Jahrhunderts ist, der mit Hemingway, Faulkner, Günter Grass, Joyce, Döblin, John Dos Passos, Joseph Roth, Rabelais, Nestroy, Thomas Wolfe, Albert Vigoleis, Thelen und Marcel Proust“ verglichen wurde. Einige dieser Vorbilder sind wahrscheinlich in dem Novellen Zyklus zu finden, den ich sowohl sehr interessant gefunden, aber auch nicht ganz verstanden habe, so daß ich auf die kommentierte Neuauflage warte, es aber trotzdem spannend finde, was man aus ausgeschiedenen städtischen Büchereiausgaben alles lernen kann.

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