Nun kommt mein Versuch mit dem E-Book lesen, auf dem Laptop, denn Kindle habe ich ja keinen und kaufe ihn auch nicht, der Haymon Verlag stellt mir aber freundlicherweise ab nun seine Bücher als E-Buchexemplare vorab zur Verfügung und ich bin ja eigentlich, auch wenn man das vielleicht nicht gleich merkt, ein experimentierfreudiger Mensch. Wie das Lesen war? Gewöhnungsbedürftig, aber ich glaube, ich kann mich daran gewöhnen, wie ich nach dem Nanowrimo auch angefangen habe, alles gleich in den Computer zu schreiben, obwohl ich vorher dachte, ich muß zuerst mit der Hand. Und beim Lesen dachte ich, ich muß die Bücher haben, in sie hineinschreiben, besitzen und bin deshalb kaum in eine Bücherei gegangen. Bei der Bücherfülle, die es gibt, kam aber schon die Erkenntnis, man muß nicht, auch wenn ich „Wolkenherz“ zweimal gelesen habe, weil ich zumindestens auf meinen Computer nicht zurückblättern und anstreichen kann, am Kindle kann ich das, glaube ich, schon, aber den habe ich ja nicht und mir am Anfang auch unsicher war, ob ich jetzt das ganze Buch gelesen habe, denn die Seitenzahl variiert, das gebundene Buch hat hundertvierundvierzig Seiten, ich habe dreiundsiebzig in meiner Leseform, weiß das aber auch von meinem Schreiben, das Buch hat doppelt so viele Seiten, wie das Manuskript. Und es ist natürlich kein Buch, das ich gelesen habe, denn wenn mein Computer, was in einigen Jahren passieren wird, eingeht, ist es weg. Ich kann mich, glaube ich, mit dieser Leseform trotzdem anfreuden, prarallel dazu die Bücherschrankbücher lesen und mich schon darauf freuen, „Wolkenherz“ vielleicht einmal zu finden, um nachzuschauen, ob ich jetzt alles gelesen habe oder nicht.
„Wolkenherz“ von Jochen Jung, dem 1942 in Frankfurt am Main geborenen, dem Lektor oder Residenzverleger, dem ich in den Siebziger- und Achtzigerjahren meine Manuskripte geschickt habe und dachte, jetzt muß es doch einmal klappen, bei Peter Henisch geht es doch auch, hat aber nicht und ich bin auch nicht so sprachgewaltig, wie einer der Handke, Bernhard, Jonke etc verlegte und möglicherweise auch in den Manuskripten herumgestrichen hat.
2000 gab es dann Schwierigkeiten mit dem Verlag und inzwischen auch Jung und Jung und irgendwann oder vielleicht auch vorher schon, hat Jochen Jung zu schreiben angefangen, bei Haymon gibt es inzwischen schon fünf Bücher, einmal war ich bei einer Präsentation bei „Buch und Wein“, das es schon lange nicht mehr gibt, einmal habe ich ihn in der „Alten Schmiede“ gehört und einmal, glaube ich, bei „Rund um die Burg“
„Wolkenherz“ also, eine Geschichte, die, wie in der Beschreibung steht, wie ein Märchen klingt und vieleicht auch eines ist.
„Eine märchenhafte Sommergeschichte und zugleich eine Liebeserklärung an das Leben im Norden“, steht da. Ich hätte eher die Beschäftigung des älteren Mannes mit dem Leben und dem Sterben und vielleicht auch eine Rückkehr in die Kindheit darin gesehen, aber Jochen Jung wurde ja nicht an der Nord- oder Ostsee geboren und es geht auch um einen sehr jungen Mann. Um Jonathan, fünfundzwanzig ist er, glaube ich und Reiseleiter oder Begleiter, wie es in dem Text heißt, dem ist seine Mutter gestorben. Und weil er, wie es in der Beschreibung heißt, Beerdungen nicht mag, ist er von der Abschiedung, nachdem der Pfarrer seine Mutter, die Johanna Jensen hieß, Johanna Peters nannte, abgehauen und ans Meer an die Nord- oder Ostsee, so genau ist mir das nicht klargeworden, gefahren und da sitzt er nun, „liebt die Wolken und die Möwen“ und wird von einer grauhaarigen Fünfzigjährigen, die auch Johanna heißt, angesprochen und eingeladen in ihrer Villa zu übernachten. Er will das aber nicht, sondern geht ins Hotel, da müßte er aber, obwohl die Saison schon zu Ende ist, den Doppelzimmerpreis für das Einzelzimmer zahlen. So geht er doch dorthin, aber erst, als er von der blonden jungen Hannah, er ist ebenfalls blond, die auch Jensen, heißt, der örtlichen Kkioskbesitzerin angesprochen und dazu aufgefordert wird.
Daß man keine sprechenden Namen verwenden soll, darüber habe ich vor drei Jahren mit Frau Heidegger diskutiert, hier ist es aber eine Metaphernvielfalt, die für das Märchen wichtig ist und so geht er in die Villa, geht zu Frau Hansen aus Schwansen, die im Rollstuhl sitzt und mit ihrer Tochter Johanna dort lebt und Hannah lebt zur Untermiete dort oder eigentlich als Betreuerin der alten Dame und einen Hund namens Plato, der eigentlich auch schon im Rollstuhl sitzen sollte, gibt es auch. Schöne Metaphern und schöne Bilder. Hannah bringt Sprotten, Makrelen, Bücklinge zum Abendessen und Jonathan hat von seiner Firma drei Tage Zeit für das Begräbnis bekommen. Die Geschichte beginnt am zweiten Tag, wo er in die Heimat seiner Mutter, die Lehrerin war, gekommen ist, in Hannah Jensen seine Base findet und mit ihr nach dem Abendessen auch gleich ans Meer spazieren geht, bzw. den Hund zu suchen, der verschwunden ist. Sie gehen auch in den Hotelgarten und werden von drei Blechmännern, bzw. tätowierten Rucksacktouristen attackiert und überfallen, verbringen einige Zeit am Kiosk und am nächsten Morgen beim Frühstück ist Plato tot.
Jonathan will ihm im Garten vergraben, der Tierarzt verbietet das und will den Stammbaum des Hundes haben und Frau Schwansen hansen empfiehlt Jonathan nicht sofort nach Altona zurückzufahren, sondern sie noch eine Weile im Rollstuhl am Meer entlang zu schieben. Sie gehen dann noch in den Hotelgarten, essen Zitronenkuchen und Frau Hansen Schwansen vertraut ihm an, daß sie Angst vor dem Sterben bzw. davor hat, ihren Tod zu versäumen. Das letzte Kapitel und das könnte man vielleicht ein bißchen schwülstig nennen, ist ein Epilog aus dem Himmel, Plato meldet sich noch einmal wieder, um Frau Hansen zu sagen, wie das so ist, wenn man auf einmal drüben ist und, daß es Gott gibt.
Diese Erfahrung muß ich erst machen, ich glaube aber schon, daß man sein Sterben nicht bemerkt und man sich daher davor nicht fürchten muß.
Mein Resume der Geschichte, Jochen Jung kocht auch nur mit Wasser, das habe ich schon einmal geschrieben und das ist tröstlich für eine, die so abseits steht und immer noch damit zu kämpfen hat, ob sie nun schreiben darf oder nicht?
Jochen Jung, der sich, nehme ich einmal an, bei Residenz nicht selbst verlegt hätte und das auch bei Jung und Jung nicht tut, nimmt sich dieses Recht heraus und er hat nun einmal, da er ja wahrscheinlich in den Werken Handkes, Bernhards, Jonkes etc, herumgestrichen hat, eine große Wortgewalt, eine barocke Sprache und einen Metaphernreichtum, der mir, die ich das Einfache liebe, manchmal fast zu schwülstig ist.
Es ist aber tröstlich zu sehen, daß er sich trauen darf zu schreiben und Erfolg damit hat. Das nehme ich mir davon mit und gebe den Hinweis in eigener Sache, daß ich zu den Vorarbeiten der Dora Faust, 2001, auch eine Geschichte geschrieben habe, die an der Nord- oder Ostsee spielt „Möwenflug oder Johannes Sedelmayers Begegnungen“, die im „Best of 2“ enthalten ist.
Zum Schluß kann ich mir nicht verkneifen darauf hinzuweisen, daß über die Hundemetaphern und wo, die nun begraben liegen, bei Cornelia Travnicek, glaube ich, unterm Kirschenbaum, beim heurigen Bachmannpreis diskutiert wurde.
Und bezüglich der Namensdebatte fällt mir noch ein, daß der Cheflektor im „Verrückten Traum der Thea Leitner“, die ja nach Salzburg fährt und dort eine Nacht im sogenannten „Star-Verlag“ verbringt, Günther Grass heißt, was von Elfriede Haslehner sehr getadelt wurde.
2012-08-03
Wolkenherz
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