Auf den Namen Ernst Wiechert bin ich im Vorjahr während unserer Masurenreise gestoßen, gilt doch der 1897 in Sensburg Geborene und 1950 am Zürichsee Verstorbene, als einer der bedeutensten Dichter Ostpreußens.
Dann habe ich die „Kleine Passion“ im Bücherschrank gefunden, auf meine Leseliste gesetzt und in diesen Urlaub mitgenommen, ging es ja noch einmal durch Polen und auf der Hin- und Rückfahrt habe ich das 1929 erschienene Buch, das den Untertitel, „Die Geschichte eines Kindes“ trägt, der in meiner Ausgabe fehlt, auch gelesen.
Daß die Geschichte in Ostpreußen spielt, wird auf keiner Seite erwähnt, eigentlich werden überhaupt keine Ortangaben gemacht, die biographischen Bezüge zu Wiechert, der der Sohn eines Försters war, lassen sich aber denken.
Was einer Leserin, die noch nie etwas von Wiechert glesen hat, auffiel ist der tragische, fast pathetische Ton, in dem die Geschichte, ich nehme einmal an, daß sie mit Wiechert zu tun hat, erzählt wird. Es geht um die Kindheit des Knaben Johannes und, wie im Klappentext steht, um den Kampf seiner Mutter gegen das Böse.
Das wird sehr bedächtig geschildert. Die Mutter Gina ist eine Bauerntochter und die Karstentöchter meint Wiechert, haben es nicht leicht im Leben, das wird im ersten Kapitel ausgeführt. Gina, die eine Zeitlang mit einem jungen Lehrer spazierenging, bis er sich mit einer anderen Bauerntochter verlobte, bekommt einen Heiratsantrag eines Witwers, der eine Mutter für seinen Sohn braucht, einem Beamten, wahrscheinlich älter als sie, er lädt sich bei Dietrich Karsten zum Kaffee ein und macht ihr einen Antrag, die ihn annimmt, weil sie ihn als ihr Schicksal ansieht und ihr Martryrium bzw. ihr Kampf beginnt.
Im zweiten Kapitel wird dann das Martyrium geschildert, als sie schwanger ist, schlägt Albert Zerrgiebel sie, weil sie nicht in den Keller gehen und für ihn Wein heraufholen will und vorher fällt er bei der Hochzeit unangenehm auf, weil er dem Musiker ein falsches Geldstück gibt.
Gina zieht sich mit ihrem Sohn Johannes in ihre Kammer zurück, mit dem ersten Sohn Theodor kommt sie nicht zurecht, hat aber Unterstützung in ihrem Vater und der kleine Johannes im Förster des Waldes, der ihn bald als Dichter erkennt. Die Volksschulzeit wird sehr beeindruckend geschildert. Der Lehrer ist streng und schlägt die Kinder, die Frau des Lehrers weiß aber Geschichten zu erzählen, einen Hilfslehrer gibt es auch der Geige spielt und zu Gina ein besonderes Verhältnis hat.
Später kommt Johannes ins Gymnasium und wohnt in der Stadt zur Untermiete, weil er nicht mit seinem Bruder, der Postgehilfe ist, im Zug fahren will. Als er sich bei den dortigen Lehrern weigert, die Buchstaben anderns zu schreiben, macht ihn der Direktor lächerlich, die Frau bei der er zur Untermiete wohnt, geht aber in seine Sprechstunde und weist ihn in seine Schranken, denn sie kennt seine Geheimnisse.
Von nun an, hat Johannes Ruhe oder auch nicht, er hat jedenfalls einige Freunde und Feinde und später entdeckt er, daß sein Vater und sein Bruder ungesetzliche Handlungen trieben, kommt in Verruf dabei, da kann ihm ein junger Lehrer und sein Großvater helfen, die Mutter geht mit ihm zu ihrem Vater zurück und Albert Zerrgiebel schreibt Briefe auf dem Gefängnis an die ganze Stadt, um sie mit irgendwelchen Geeimnissen zu erpressen. Schließlich wird Johannes in die Liebe eingeweiht, von der Frau des Arztes, die von Zerrgiebel auch erpresst wird, macht sein Abitur und beginnt Jura zu studieren, um der Welt zu ihrem Recht zu verhelfen.
Eine wahrscheinlich nicht ungewöhnliche Geschichte, wie man im vorigen Jahrhundert so sozialisiert wurde. Ernst Wiechert, habe ich gelesen, ist mit diesen Buch berühmt geworden. Es gibt bei Wikipedia ein ganz langes Werkverzeichnis und im Internet eine Fanseite, wo man sich ein bißchen in die Werke, die zum großen Teil vergriffen scheinen, einlesen kann.
Mir erschien der Ton, wie schon beschrieben ein wenig zu pathetisch und zu getragen. Man muß das Buch aber wahrscheinlich in Zusammenhang mit dem Leben und den anderen Werken des Dichters setzen und die der politische Situation einbeziehen. In der Künstlerkolonie Bode, die ich in Nieda besuchte, ist auch ein Foto Wiecherts ausgestellt. Mal sehen ob ich ein anderes seiner Werke im Bücherschrank finde. Dieses hat ein Dr. Anton…. ausgeschieden, der den Rest seines Namens, seiner Adresse und seine Telefonnummer aus seinem Stempel herausgestrichen hat und es ist im „Welt im buch“, dem Buchabonenment für Anspruchsvolle erschienen.
2012-08-16
Die kleine Passion
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