Literaturgefluester

2012-08-24

Semmering

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:13

Mit Alfred Komarek kann man jetzt den Semmering entdecken, gibt doch der 1945 in Bad Aussee geborene Autor, bei Haymon, eine neue Reihe „Österreich von innen“, heraus. Der erste Band ist dieser bekannten Gegend gewidmet und das passt sehr gut zu meiner Sommerfrische, die ich zwar in keinem Grandhotel, sondern im ersten Stockwerk eines Hauses mit großen Garten in Harland bei St. Pölten verbringe und mit dem Semmering habe ich auch meine Erfahrungen.
Habe ich doch in dem kleinen Örtchen Küb, von dem dich durch Alfred Komarek jetzt weiß, daß es ein Post Museum behergt, 1969, drei Wochen ein Ferialpraktikum in der Pension Weiß gemacht, war ich ja nach der Hauptschule in der höheren Lehranstalt für wirtschaftliche Frauenberufe und da haben die Lehrer einer das vermittelt. Ich war damals noch sehr jung und unsicher und bin sozusagen vom Ferienheim der Wiener Kinderfreunde in mein erstes Arbeitsverhältnis aufgebrochen und weil mir aufgetragen wurde, dort eine der Lehrerinnen zu besuchen, bin ich in einer meiner Freistunden nach Payerbach-Reichenau gewandert und das ist auch ein sehr berühmter Ort, aber das habe ich damals nicht gewußt.
Später bin ich ein paar Mal mit der Bahn über den Semmering gefahren, wenn ich zum Beispiel zu den von der GAV organisierten Festen für Ernst Jandl, Friederike Mayröcker oder Gerhard Rühm nach Mürzzuschlag wollte und einmal vor ca fünfzehn Jahren habe ich auch so eine Werbefahrt auf den Semmerring gemacht. es war glaube ich in Maria Schutz und es war Winter, so bin ich durch den Schnee gewandert, habe in dem Gasthaus, in dem die Veranstaltung stattfand, einen Krapfen gegessen und eine Blumenvase mit einer Kunstblume geschenkt bekommen.
Aber zurück zum Buch bzw. zum Semmering, denn der ist ein wahrhaft literischer Oret und birgt auch den ganzen Duft der vergangenen Monarchie immer noch in sich und da lese ich parallel ja zufällig auch ein paar passende Bücher und der viel später geborene Autor scheint auch seine persönlichen Erfahrungen mit dem Semmering zu haben und sein persönliches Fotoalbum.
Denn in dem Buch sind immer wieder Fotografien enthalten. Beginnen tut es aber mit einem Zündholzschachtelhalter mit der Aufschrift „Erzherzog Johann, Semmering“ und das ist eines der Grandhotels, die es dort gibt bzw. gegeben hat, vielleicht nicht ganz so berühmt, wie das Panhans oder das Südbahnhotel, es wurde aber 1899 eröffnet und ist 1945 abgebrannt.
Vielleicht habe ich deshalb nie etwas von ihm gehört. Während das Panhans ja einmal sehnsüchtige Gelüste dort ein Wochenende zu verbringen, in mir erweckte und ich vom Südbahnhotel immer wieder im Radio höre, weil es dort ja Schnitzler Aufführungen gibt.
Alfred Komarek beginnt also in seiner ein wenig nostalgischen Sprache von diesem Hotel zu erzählen und schwenkt dann zu den anderen über, um zu der 1899 stattgefundenen Wettfahrt des österreichischen Automobil-Clubs zu kommen.
Ja, das hat es dort gegeben, genauso, wie den Wintersport und darauf verweist gleich das zweite Foto. Das erste ist dem legendären Rennen gewidmeten, im zweiten sitzen drei altmodisch gekleidete Herren und eine Dame auf einem Bob.
„Resa Hansy, die Frau des vielgepriesenen Kurdirektors gibt Unterricht im Bobfahren“, lautet der dazugehörende Kommentar.
„Ihr Schüler ist Erzherzog Karl Franz Josef, der spätere Kaiser“
Der Semmering war ein sehr elitärer Ort, das ist kein Geheimnis. Adolf Loos war dort und hat auch einiges gebaut, was es heute noch oder nicht mehr gibt, Gustav Klimt, „aber auch die österreichische Literatur des ersten Jahrzehnts des zwanzigsten Jahrhunderts, setzte ihre Akzente“, schreibt Alfred Komarek weiter. Anton Kuh, Peter Altenbertg, Alfred Polgar etc, waren da und da kommen wir gleich zu einem weiteren wichtigen Ort der Literatur, der noch heute seine Bedeutung hat, nämlich der „Villa Wartholz“, wo ja heute ein Literaturpreis vergeben wird, den zum Beispiel Andrea Winkler, Christan Steinbacher etc. gewonnen haben. Aber damals hat Erzherzog Karl dort seine Sommerfrische gemacht, während der Kaiser in Bad Ischl war und beide haben da von den Schüßen in Sarajevo erfahren.
Neben dem Erzherzog Johann Zündholzschachtelhalter, gibt es auch die Panhans-Anstecknadel, derer sich Alfred Komarek in seinen Beschreibungen bedient. Dann kam der erste Weltkrieg und der Zerfall der Monarchie. In den zwanziger Jahren wurde es etwas stiller am Semmering. Die noblen Gäste blieben aus und kamen erst in den dreißiger Jahren wieder und 1945 ist das nobele Hotel Erzherzog Johann abgebrannt.
Dann kam Helmut Qualtinger und schrieb den bedeutungsschweren Satz „Wer nicht mit der Fritzi Kircheck an einem Sonntagnachmittag im Oktober mit einem Austro Daimler durch die Neunkirchner Allee gefahren ist, der weiß nicht was Österreich einmal war!“
Nun dann weiß ich es nicht, kann es mir aber dank Alfred Komarek ein bißchen vorstellen, denn es geht gleich weiter mit den Abbildungen von ein paar Kaiser-Denkmälern und den Ratschlägen, wo man sie am besten sehen kann.
Theodor Herzl war am Semmering und ist, glaube ich, auch dort begraben und dann widmet sich Komarek natürlich ausführlich dem Semmeringbahnbau. Der junge Kaiser hat da ja mit seiner Sissi eine Probefahrt gemacht und wurde rußgeschwärzt.
Komarek führt dann alle wichtigen Orten an, die zum Semmering dazugehören, bevor er wieder zu den berühmten Sommerfrischlern kommt und ein Bild zeigt, wo Loos neben dem Ehepaar Schwarzwald steht, während Peter Altenberg vorne sitzt. Loos sollte der Frau Doktor ja eine berühmte Erziehungsanstalt am Semmering bauen, der Kriegs hat verhindert. Ein Loos-Haus gibts dort aber, glaube ich, schon. Komarek macht noch Werbung für das beste Gasthaus der Umgebung „Wers nicht glaubt, solls ausprobieren!“, kommt dann zu den Sehnsuchtsorten und interwievt den alten Herrn Stix, der seit 1913 in Schottwien eine Gemischtwarenhandlung hat, bzw. 1915 geboren wurde, aber eigentlich Künstler werden wollte. Dann gibt es noch das Kurhaus, 1909 wurde es erbaut, seit 1988 steht es leer und da gibt es eine alte Dame, die Tochter des Gründers, selbst Ärztin und schon lang in Pension, die Alfred Komarek, die Dankesschreiben der Patienten zeigt und erzählte, wie es war, als Gerhard Hauptmann Gast war. ein Gedicht hatte sie auch einmal aufzusagen, das mit den Worten „Grüßgott am Berg!“, endete.
Thomas Mann soll sich in diesem Sanatorium aufgehalten und an seinen „Zauberberg“ geschrieben haben und dann es noch die Geschichten um die Familie Waißnix, die ja auch ihre berühmte Rolle spielt. Von der Mutter der Mary Vetsera wird erzählt und am Schluß dankt Alfred Komarek allen, die ihm bei der Entstehung des Buches geholfen haben und man kommt in das heutige Österreich mit seiner heutigen Sommerfrischetradition zurück und hat wieder etwas gelernt.
Ein interessantes Buch über einen bekannten Ort, das ich wirklich nur empfehlen kann, obwohl es natürlich nicht das einzige Semmering-Buch ist, das geschrieben wurde. Hat doch bei der ersten offenen Bücherschrank Lesung am 20. Juni Gregor Ulrich im Kostüm von Peter Altenberg aus seinem Semmering Buch gelesen und wenn ich mich nicht irre, behandelt es die gleichen Themen, ist der Semmering mit seinen Mythen, ja ein Ort, der viele inspirieren kann.

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