Was ist ein ultimativer Trash-Roman? Der Holzbaum-Verlag, der sich in seiner Verlagsproduktion so irgendwo zwischen Klamauk und Karikatur zu bewegen scheint, hat mir einen solchen zugeschickt und bei Google bin ich bei Trash-Literatur auf einen interessanten Artikel von Heiner Link gestoßen.
Trash-Literatur könnte man meinen, liegt mir nicht so sehr, nehme ich ja alles ernst und suche nach dem Sinn der Realistik. Trotzdem habe ich „Klingt interessant!“, zurückgeschrieben, denn der 1987 geborene Stefan Sonntagbauer, zählt nicht nur zu den „unter Dreißigjährigen“ und für die interessiere ich mich ja ganz besonders, er ist auch in der Wortlaut 09 Fm4 Wettbewerbsanthologie „Gold“ enthalten und jetzt wie einige andere Autoren in dieser Anthologie, seine Debutroman herausgebracht. Bei Holzbaum hat er schon den Erzählband „Neulich im Mittelalter“ herausgebracht um im „Vegetarischen Lokalführer“ mitgeschrieben und wenn man sich die zehn Finalisten von 2009 so durchsieht, ist das auch sehr interessant, trifft man da ja auf einige Frühjahrs-oder Herbstneuerscheinungen in mehr oder weniger großen Rahmen. So hat ja Cornelia Travnicek „Chucks“ herausgebracht und posiert derzeit im Presse-Schaufenster in der Jung-Autorinnen-Galerie. In der ist auch Anna Weidenholzer und die hat auch einen neuen Roman bei Residenz. Anna-Elisabeth Mayer hat den letzten Alpha-Literaturpreis bekommen und Isabella Straub war inzwischen Fm4 Gewinnerin. Jemanden vergessen?
Ich weiß es nicht und kehre zu Stefan Sonntagbauers „Conaineräffchen“, dem ultimativen Trash-TV-Roman zurück. Die Sprache ist, wie zu erwarten schrill jugendlich und für eine fast Sechzigjährige vielleicht etwas gewöhnungsbedürftig, der Inhalt scheint vertraut realistisch, wenn er natürlich jugendlich trashig abgehoben ist.
Das gibt es Fränki oder besser Frank Spreiler, einen abgehalterten Schauspieler. Er war einmal in einer großen Serie, dann ist er irgendwie unangenehm aufgefallen, hat sich gehen lassen, ins Bett gelegt, Schulden gemacht und jetzt gibt ihm der große TV-Gott, die letzte Chance, die er nur noch nützen muß.
„We give it, you must take ist!“, das trashig Jugendliche an dem Roman ist wohl auch, daß ganze Passagen in Englisch hingeschrieben sind. Er darf in einer „demütigenden Fernsehsendung, einer Mischung zwischen Big Brother und Dschunglcamp“ mitmachen. Der Moderator Percy stellt ihn vor, zum Einstieg gibt es ein paar Filmausschnitte und ein Interwiew in seiner Wohnung mit den billigen Ludwig-Möbeln, wenn er gewinnt, darf er demnächst mit Percy moderieren. Das wurde aber offenbar allen Teilnehmern so versprochen und das scheinen ebenfalls abgehalterte Stars und Mediengrößen zu sein. Da gibt es Magda, „die professionelle Promi-Schlampe“, in die er sich später verlieben wird. Heino, der Loosertyp, der einmal vor zehn oder mehr Jahren irgendwo mit einem Hit landete, Kevin, der ehemalige Sportler, Olivia, die „Drag-Queen“, keine Ahnung, was das ist, die sich zu viel schminkt und zuviel quasselt, Bay mit der Sonnenbrille, Barbara, die einen Bestseller über „fette häßliche Weiber“ schrieb und einen riesigen Busen hat.
Sie alle leben jetzt in einem Container, bekommen von einem Roboter-Gott ihre Anweisungen, werden von der Security überwacht, mit blöden englischen Sprüchen, wie „We can make ist. We can change the world“ bequasselt und sollen gegeneinander kämpfen und das Publikum entscheidet, wer fliegt und wer bleiben darf.
Es gibt noch eine Gegenfigur, einen Barpianisten namens Jürgen Kamp, der in der realen Welt ein echter Looser ist. Hat er doch seine Lena verloren und spielt jetzt bei einem besoffenen Nazi Klavier, der immer nur „Blue Moon“ hören will und ebenso dämliche Sprüche auf Lager hat „So jetzt aber flott, dalli, dalli Blue Moon spielst ma!“
Der hat einen leeren Eiskasten zu Hause, bestellt sich Pizza vom Pizza-Dienst und dreht das Fernsehen an bzw. nicht mehr aus, um seiner Einsamkeit zu entkommen. So kommt er mit Fränki in Kontakt.
Und der hat vom Roboter-Gott die erste Aufgabe bekommen. Es herrscht Dürre im Conatainer, sie müssen mit einer einzigen Mineralwasserflasche auskommen, die hat Bay, Fränki entreißt sie ihm, um sich die Zähne zu putzen. Olivia hält ihm eine Standpauke. Er muß sich dafür durch echte Scheiße graben und am Abend auch noch in den Boxring steigen, um mit Olivia gegen Heino und Kevin zu kämpfen. Gegen den Sportler scheinen die zwei keine Chance zu haben, so gibt ihm Olivia den Rat, Kevin gegen die Eier zu treten. Der tut das dann auch und zerquetscht sie ihm. Diese Stelle hat mir natürlich nicht gefallen. Das Team gewinnt aber und bevor es an die endgültige Entscheidung geht, wer aus dem Camp fliegen wird, packt sich Fränki ein Auto und zischt ab, das sieht Jürgen, der auch seinem Heinz gekündigt hat, im Fernsehen, die beiden treffen sich in einer Bar und singen gemeinsam mit zwei Japanern „I will survive“.
Die wollten das von Jürgen schon in der Hotelbar hören und fahren mit 120 Stundenkolometern und zwei Promille im Blut ab in die Freiheit, die natürlich im Krankenhaus und mit einigen guten, wie auch schlechten Nachrichten vom behandelten Arzt enden.
Ein Jahr nicht Joggen und nicht Fußballspielen, weil der Fuß zersplittert, vielleicht wird sich auch die Polizei für die zwei Promille interessieren, aber erst einmal kommen Percy und der Kameramann mit dem großen Scheck, denn Fränki hat gewonnen und darf, wenn er wieder gesund ist, die Show mitmoderieren. Der Kameramann flüstert ihm zwar ins Ohr, das war ein bißchen gemoggelt, eigentlich hätte ja Olivia gewonnen, aber wer will schon eine solche Quasseltante? Das Geht doch wirklich nicht!
Der Holzbaum-Verlag hat auf seiner Facebook Seite, das brandneue eben aus der Drucker gekommenen Buch zur Wochenendlektüre empfohlen, dem kann ich mich nur anschließen, obwohl ich es ja schon Donnerstag und Freitag gelesen habe.
2012-09-08
Containeräffchen
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