Sigrid Undsets, 1938 in Zürich erschienener, 1961 unter dem Titel „Die Liebenden“ wieder aufgelegter, Roman „Das getreue Eheweib“ beginnt langsam und bedächtig.
Im ersten Kapitel des ersten Teils wartet Nathalie auf ihren Mann. Sie ist eine moderne Ehefrau, die in Oslo lebt, berufstätig, seit sechzehn Jahren verheiratet, kinderlos.
Die moderne Wohnung wird beschrieben und der Vorteil, die sie gegenüber den alten, im Jugendstil erichteten Häusern hat.
„Wer weiß, ob nicht in ein paar Jahren dieser moderne Baustil auf einen so wirken würde, wie heute der Jugendstil?“
Nathalie taucht Morcheln in kochendes Wasser, um ein Omlett für ihren Mann Sigurd zu bereiten und überlegt, daß sie schon lange kein Wochenende mehr gemeisam verbrachten. Der kommt auch, um ihr zu sagen, daß er gleich wieder ausgehen wird, um seine Freunde zu treffen und am Morgen wird er mit ihnen einen Ausflug machen, da wird Thali sicher nicht mitfahren wollen. Sie bleibt also allein, liest in einem Buch, bekommt Besuch von ihrer Schwägerin Sonja, die als etwas leichtfertig beschrieben wird und die erzählt, von der jungen Adinda Gaarder, mit der sich Sigurd treffen will und einem Sverre, Nathalis Jugendfreund, der ihr den Hof machen soll.
Im zweiten Kapitel wollen Sigurd und Nathalie einen Wochenendausflug machen, was aber durch den plötzlichen Tod von Nathalies Vater verhindert wird. Sie muß nach Hause, Sigurd wird erst zum Begräbnis nachkommen. Nathalie wird von ihrer Schwester Ragna, die mit dem dritten Kind schwanger ist, abgeholt, es gibt noch einen Bruder und die Schwester Gerda. Der Vater war Redakteur und die Mutter soetwas, wie eine Frauenrechtlerin, die durch die Gegend reiste und Vorträge über Scheidung hielt.
Die aufgeladene Spannung, die sich im ersten Kapitel breitmacht, was ist mit der Beziehung der zwei, wird nun durch theoretische Diskussionen bzw. über Gespräche der Geschwister über Kinderlosigkeit und ihre Beziehung zu geschiedenen Personen, unterbrochen. Es scheint damals eine Schande gewesen zu sein, sich mit einem Geschiedenen einzulassen, so hatte jedenfalls die jüngere Schwester Gerda, die jetzt in London lebt, Schwierigkeit und macht ihrer Mutter Vorwürfe, daß sie ihr Leben verpatzt hat.
Dann geht es weiter mit der Sommerplanung. Sigurd und Nathalie sollen den in einem Ferienhaus verbringen, wo auch die Kinder seines Bruders leben, während Sonja eine Autoreise macht. Das ist etwas beschwerlich, denn sie müßen früh aufstehen, um den Dampfer zu erwischen. Es wird sehr schön beschrieben, wie sich die Kinder beim Schwimmen vergnügen, die Strandpyjamas, die die Sommerfrischler tragen, geben einen plastischen Eindruck, von der skandinavischen Sommerfrische des frühen vorigen Jahrhunderts.
In dem Haus findet Nathalie auch ihre norwegische Tracht, in der sie Sigurd, einen Bauernsohn, jetzt Elektroingenieur geheiratet hat und, wie stolz er war, daß sie als seine Frau, die schwarze Haube trug.
Weil ein Regen war und alle andere Kleider trocknen müßen, zieht Nathalie die Tracht an, als Sigurd und der Schwager kommen, wieder merkt man die Spannung und der Bruder drängt Sigurd es Nathalie zu erzählen. So kommt heraus, es war etwas mit dieser Adinda Gaardner, einem jungen Mädchen, das Sigurd einmal unterstützte, jetzt ist sie schwanger und die Katastrophe beginnt, denn sie will sich das Kind nicht wegmachen lassen, einen geschiedenen Mann zu heiraten ist auch unmöglich, das würde ihr Vater nie erlauben.
Die Ehe der Beiden ist aber zerstört, das heißt von nun ab getrennt, Sigurd kehrt in die Stadt zurück, Natalie bleibt vorerst im Ferienhaus und trifft sich am nächsten Abend in der Stadtwohnung, um mit Sigurd alles zu besprechen, dann verläßt sie ihn, sagt, sie fährt auf die Insel hinaus und trifft sich dazu mit ihrem Jungenfreund Sverre, das ist aber nicht wahr, sie geht in ein Hotel und erfährt, am nächsten Morgen von ihm, daß Sigurd, weiß, daß sie ihn belogen hat.
Sie versucht auch einmal zurückzukommen und ihn zu verführen, erfährt aber von der Reinigungsfrau, er ist verreist, so daß sie wieder ins Hotel zieht und am Schluß kommt nochAdinda Gaardner in das Geschäft, wo Nathalie arbeitet und sagt, daß sie nach Schweden gehen wird.
So weit der erste Teil und 2012 gelesen, wo Scheidungen schon längst selbstverständlich sind, wirkt manches ein wenig unverständlich.
Im zweiten Teil dann Ragnas Kind geboren, während die halbwüchsige Nichte, eine Zigarette raucht, es kommt zu einer nicht sehr glücklichen Liebesnacht mit Sverre und am Schluß erfährt man durch die Zeitung Adinda Gaardner ist im Kindbett gestorben.
Im dritten Teil ist Sverre mit dem es zu einer unglücklichen Verlobung kam gestorben, Nathalie hat den kleinen Sohn einer lungenkranken Kollegin zu sich genommen und triff Sigurd, der die kleine Anne, die inzwischen dreieinhalb Jahre geworden ist, großzieht, auf einer Hundeausstellung wieder. Es kommt nach einigen Gesprächen und Verwicklungen zu einem Happyend. Die Beiden ziehen mit den zwei Kindern wieder zusammen.
Daß es der Nobelpreisträgerin von 1928 ein großes Anliegen war, die Tradition mit dem modernen Leben zu verbinden, habe ich in Wikipedia gelesen. Sie hat den Nobelpreis ja auch für ihre historischen Romane, zu denen zum Beispiel Kristin Lavranstochter gehören, bekommen und der Ton klingt einerseits erstaunlich frisch und modern, dann wird wieder dort, wo wir uns heute eine spannende Handlung und Acton erwarten, sehr viel geredet und gedacht, Erinnerungen und eigentlich unwichtige Szenen mit vielen Details eingeschoben, wofür man heute wahrscheinlich keinen Nobelpreis bekäme.
Sigrid Undset wurde 1882 geboren, ist 1949 in Norwegen gestorben und eigentlich eine sehr vergessene Autorin, deren Romane man eher nur mehr antiquarisch bekommt.
2012-09-30
Das getreue Eheweib
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