Literaturgefluester

2012-10-15

Im Himmelreich ist der Teufel los

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:33

„Im Himmelreich ist der Teufel los“, dem dritten im Kehrwasserverlag erschienenen Krimi, des 1958 in Jenbach Tirol geborenen und in Linz lebenden Hauptschullehrers Ernst Schmid, ist, da es sich offenbar um eine Serie handelt, „Mord im Himmelreich“, ist 2011 erschienen, schwer zu lesen, denn der Autor springt sofort in die Handlung und den Personenpool hinein und wer da keine Ahnung von Ernst Schmids vorangegangenen Krimis hat, tut sich schwer. Hat man sich dann ein wenig eingelesen kommt man darauf, daß hier sehr aktuelle Themen behandelt werden und der Roman so gnadenlos witzig ist, daß er spannend und originell hinüberkommt, vor allem für eine, die sehr an der Sozialkritik und am sozialen Leben in Wien und in der Provinz interessiert ist.
Da gibt es einmal Kemal Özylimazkorucu, das ist, um keine Mißverstänisse aufkommen zu lassen, ein Österreicher, in Wien geboren, im fünften Bezirk, nahe dem Einsiedlerpark aufgewachsen, der sich schwer in der Hauptschule tat, so daß schließlich ein ganz gewöhnlicher Streifenpolizist aus ihm wurde und weil er auch sehr jährzornig ist, hat er offenbar in dem früheren Krimi, einen seiner Vorgesetzten verletzt, so daß er zur Psychologin mußte und in die oberöstereichische Provinz, in einen Ort namens Andling mit einem Teil namens „Himmelreich“ strafversetzt wurde. Dort wurde im „Mord im Himmelreich“ offenbar der Bauer des Trautnerhofs ermordet, Kemal konnte das aufklären und hat sich so in die Provinz bzw. in die Brandtnerhoftochter Agnes verliebt, daß er nicht mehr zurück in die Hauptstadt will.
So weit so gut, jetzt ist Kemal zu seiner Mutter nach Wien gefahren, die den siebenundzwanzigjährigen verheiraten will und dafür schon in Kaysersi bei den Verwandten anfragen ließ, welcher der Töchter bereit wären, zu Kemal nach Österreich zu kommen und die Schwster Ayshe, früher um nichts verlegen und sehr selbstbewußt, trägt plötzlich freiwillig Kopftuch und schwärmt von einem Iman. So flüchtet Kemal von der Dominanz der Mutter wieder auf das Land zurück und kommt dort erst so recht in Zores, denn im „Goldenen Hirschen“, dem Dorfwirtshaus, hat der ehemalige Fremdenlegionär Jean Lemberge rezeptive Johann Lemberger, einen Wasserspezialisten betrunken gemacht, um ihn auszuhören, sein Pech ist nur, daß der dann am nächsten Morgen tot aufgefunden wird.
Kemal hat einen etwas seltsamen Vorgesetzten, einen Adeligen Namens Rüdiger von Markstein, ist der Adel in Österreich nicht verboten?, der auch noch so spricht, wie aus dem Rosenkavalier, „Komme er her und überlass er das Denken den Pferden im Kopf“, denn er verdreht auch noch sämtliche Sprichworte und diskriminiert den armen Streifenpolizisten, der aber sonst im Ort ganz gut integriert ist, auf unerhörte Art und Weise.
Dann gibts noch einen senilen Hochwürden, weil der in Unterhosen auf die Kanzel geht, hat man ihm einen afrikanischen Pater zur Seite gestellt, aber der predigt in scharfen Worten gegen die Sünde, so daß Pfarrer Altmann auf den Plan tritt, um die Heilquelle zu untersuchen, mit der Enrico Gelatello, ein Wiener Gürtelkönig und jetziger Besitzer des Brandtnerhofes, den Ort zu einem Wellnesstempel machen will und sich auch, um Teufelsaustrübungen zu kümmern, denn in dem idylillischen Örtchen passieren die seltsamsten Sachen.
Da ist dem alten Bauern, auf dessen Grund die Heilquelle liegt, der Geist des ermordeten Trautners erschienen, so daß er den Hof an den Eismann verkauft, ein stinkendes Huhn wurde auch hinterlegt, bzw. verseucht es Kemals Auto und Enrico Eismann, der mit einem Kampfhund, einem Bodygard und einer Freudnin im schamlosen Röckchen und Higheels auftritt, einen Bus mit leichten Damen auffahren läßt, um die Heilquelle mit den weltlichen Freuden zu verbinden.
Kemals Chef ist begeistert, denn er wird zu der Sexparty eingeladen, der weniger, denn der Kampfhund springt ihn an, als er sieht, wie Enrico seine Freundin mißhandelt, Hochwürden veranstaltet eine Demonstration und die Frauen des Ortes, auch die angebetete Agnes ziehen mit Kopftüchern und Rosenkränzen und Kemal findet in einem Heustadel eine junge Tschetschenin mit ihren zwei Geschwistern, die ihm erzählt, daß ihre Schwester von Enrico in Wien zur Prostitution gezwungen und ermordet wurde, jetzt ist sie da, um den Teufel unschädlich zu machen und so nimmt sie auf die Demostration ein Messer mit und als Enrico seinen Kampfhund ausläßt, versteht es Hochwürden Delale ihn mit seinem Blick zu bändigen.
Im Himmelreich ist ja der Teufel los, kein Zweifel und so meldet Enrico auf dem Polzeirevier, Elena ist verschwunden, Kemal findet ihre Leiche in einem fürchterlichen Zustand an einen Baum gebunden und in Hochwürden Delales Zimmer finden sich die fürchterlichsten Prornoheftchen und Hochwürden Altmann führt Kemal hin, das ist der Täter! Ist er nicht selbstverständlich, denn der Mörder hat nur eine falsche Spur gelegt, die Kemal aber aufdecken kann und obwohl er sich als ehemaliger Hauptschüler ja nie trauen würde, seiner angebeteten Agnes, seine Liebe zu gestehen, lädt die ihn nach Linz zum Rendezvous und flüstert ihn ins Ohr, wie gerne sie seine Mutter kennenlernen würde…
Von Ernst Schmid und seinen Krimis, dachte ich, habe ich noch nie etwas gehört, mitnichten, er hat natürlich auf der Kriminacht im Thrill u Chill gelesen und ist auch auf den oberösterreichischen Krimifestivals sehr aktiv.
„Im Himmelreich ist der Teufel los“, ist der dritte Kehrwasserkrimi, es gibt aber eine Reihe anderer solcher Bücher, die in in anderen Verlagen erschienen sind und, ich glaube, auch Gedichte und ich bin über die Neuenteckung, auf die ich durch Ingrid Führers Büchercoach gekommen bin, sehr erfreut, denn offensichtlich gibt es sehr viele Krimis, auf die man, wenn man nur auf der Mainstreamlinie bleibt, nicht so leicht kommt und hier hat mich die realistische Schilderung des Milieus der Austrotürken sehr erstaunt, obwohl Schmid, dann wieder so maßlos übertreibt, daß es schon wieder komisch ist.
„Was ist hier los, Kamel? Kann er mir erklären, was dieser Menschenauflauf zu bedeuten hat?“
Der Kollege Penniseder, genannt Pennis, stottert natürlich und Kemal ist bei seinem Dienstantritt in den Jauchenwagen hineingefahren u. u. u.
So blöd, daß man den Kopf schüttelt und dann hat man doch einen sehr realistischen Einblick in das Leben der jungen Türken in Wien und anderswo bekommen, so daß ich über diese Entdeckung sehr dankbar bin, obwohl die tschetschenischen Asylwerber, wenn ich mich nicht irre, vorwiegend muslimisch sind und daher wahrscheinlich nicht mit einem katholischen Pfarrer demonstrieren gehen, aber Gregoria hat ja ein Messer dabei gehabt.

2 Kommentare »

  1. Es gehört sich eigentlich nicht, negativ über ein Buch zu schreiben, aber “Im Himmelreich ist der Teufel los” gehört zum Allerschlechtesten, was ich je gelesen habe, und ich habe viel gelesen. Es ist mir vorher erst einmal passiert, dass ich es bereut habe, ein Buch fertig gelesen zu haben, bei diesem Buch war es das zweite Mal.
    Dass ein Verlag einen solchen “Volksschüleraufsatz” überhaupt herausgibt, ist schon sehr verwunderlich.
    Wenn Herr Schmid den Herrn von Markstein permanent und konsequent die Wörter vertauschen lässt, ist dies genauso niveaulos wie das Weiden auf Allgemeinplätzen und die Vorhersagbarkeit von Phrasen. Herrn Schmid begnügt sich mit Formulierungen, die jeder von uns schon tausendmal gehört hat: wie von der Tarantel gestochen, ohne mit der Wimper zu zucken, das Blut in den Adern gefrieren, leicht ums Herz werden, aus allen Nähten platzen, vom rechten Weg abkommen, gehörig ins Schwitzen kommen, den Geist aufgeben, wie Schuppen von den Augen fallen, keine Blöße geben, Böses schwanen, wie ein Lauffeuer verbreiten, usw. usf., das halbe Buch könnte man hier zitieren und dennoch nur Sprachhülsen wiedergeben.
    Im Film “Hammett” von Wim Wenders frägt eine Frau den Autor, warum er nicht einfacher formuliere, worauf Hammett antwortete: Weil die anderen es so täten. Es gibt unzählige Autoren, die mit jedem einzelnen Satz eine Geschichte erzählen, Herr Schmid scheut sich davor und begnügt sich mit Floskeln. Seine Individualität ist, dass sie fehlt.
    Darüber hinaus sind seine Figuren konturlos, ohne Tiefe, unlogisch.
    Genug, dieses “Buch” ist es nicht wert, dass man ihm soviel Aufmerksamkeit, Zeit und Worte
    opfert.
    Handke, schau oba!

    Kommentar von Josef Parzer — 2013-02-16 @ 21:36 | Antworten

    • Ja, mit Peter Handke läßt sichs sicherlich nicht vergleichen und ich, die ich mit den allzu dicken Übertreibungen, dem sich über eine Sache lustig machen und den Verarschungen meine Schwierigkeiten haben, kann Ihren Unmut, glaube ich, verstehen und habe am Anfang des Buches wahrscheinlich ähnlich empfunden.
      Dann hats mir aber gefallen und ich habe angefangen das Buch für einen guten Krimi zu halten und Ernst Schmid für einen guten Schreiber!
      Es ist einiges dabei, das habe ich schon beschrieben, was ich vorher noch nicht so gelesen habe und, daß man in der Flut der Krimis vielleicht zu Verballhornungen und zu Übertreibungen neigt, ist auch zu verstehen, obwohl Sie wahrscheinlich recht haben, wenn Sie aufschreien und „So nicht, ein wenig ernster bitte!“, rufen und weil es so viele Krimis gibt, werden Sie wahrscheinlich auch leicht etwas anderes finden, das Ihnen besser zusagt.
      Bei Lilian Faschingers „Die Unzertrennlichen“ ist es mir im ersten Teil auch so gegangen, daß ich dachte, daß ich schreiben müßte, „Das ist ein schlechtes Buch!“, was ich sonst auch nicht tue und da waren es ebenfalls die „maßlosen Übertreibungen“, die mich störten.
      Von Ernst Schmid wird, glaube ich, demnächst ein neues Buch erscheinen, ich bin gespannt, ob Ihre Bedenken, da auch zutreffen werden und ansonsten denke ich, nicht ärgern und vielleicht auch nicht zu streng sein mit den Vergleichen und Peter Handke, der ja noch nicht im Himmel sitzt, nicht mit den Anforderungen eines Regionalkrimis messen! Und dem würde es möglicherweise sogar gefallen, zumindestens kann ich mich an eine GAV-Sitzung erinnern, wo über die Aufnahme einer angeblich kitschig schreibenden Lyrikerin entschieden wurde und Julian Schutting, der zarte poetische, war einer der wenigen, die dafür stimmten, wahrscheinlich weil er die Vergleiche nicht mehr notwendig hat!

      Kommentar von Eva Jancak — 2013-02-16 @ 22:56 | Antworten


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