Literaturgefluester

2012-11-04

Die Villen der Frau Hürsch

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:32

Bei den 2004 von Alfred Komarek geschriebenen „Die Villen der Frau Hürsch“, einen ein Euro Kauf aus der Wilhelmsburger Flohmarktkiste, hätte ich gedacht, daß es um die Arisierung der Villen des Ausseerlands gehen könnte, habe ich mich in dieser Zeit in meiner Globalisierungssovelle ja mit etwas Ähnlichen beschäftigt. Eva Rossmann hat das Thema in „Freudschen Versprechen“ aufgearbeitet und ich habe die Besprechungen des hochgelobten Buches auch so verstanden.
Weit gefehlt könnte man sagen, der erste Käfer-Roman, der nach der beliebten Polt-Serie, des, glaube ich, ehemaligen Kurier-Journalisten entstanden ist, scheint etwas anderes zu behandeln.
Das was ist gar nicht so einfach zu eruieren, denn es fängt sehr langsam und bedächtig in dem bekannten lockeren Komarekschen Plauderton an.
Daniel Käfer, ein etwa vierzigjähriger Chefredakteur einer Zeitschrift namens IQ wird von seinem Chef wegrationalisiert, bzw. nimmt er die Umstrukturierung des Verlags als Chance, sich neu zu orientieren und fährt mit seinem alten Auto in das Ausseerland, weil er da als Kind mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder immer Urlaub machte.
Ein Medaillon seiner Großmutter, das ihm irgendwie in die Hände fällt, nimmt er mit und seine Freundin Sabine, eine Münchner Fotografin, zu der er eine etwas seltsame Beziehung zu haben scheint, besucht er auch. Dann fährt er los, frischt dabei Erinnerungen auf und fragt im Gasthaus Ech nach einem Quartier, die alte Großmutter dort, beginnt Gespenster zu sehen, als sie seinen Namen hört, kocht ihm aber hausgemachte Blutwurst mit gerösteten Erdäpfeln und der Wirt vermittelt ihn ein Zimmer bei der Schlömmer Mierz. Die bewirtet ihn mit Schnaps, daß ihm noch am Morgen, als er zum Wirten frühstücken geht, der Kopf brummt. Das Frühstück serviert ihm Anna, die zwanzigjährige Tochter des Wirtes, mit dem jüngeren Sohn zieht Käfer durch die Gegend. Von einem Stein in dem M. Käfer eingraviert ist, wird erzählt und als sie die Schule, in der Daniel Käfers Bruder ging, besuchen, treffen sie auf die Villen der Frau Hürsch, die Schule war in einer solchen und auf einen seltsamen Tennisspieler namens Eustach Schiller, das ist ein Name, der bei Adalbert Stifter vorkommt, der Daniel viel von der Gegend erzählt.
Nach und nach stellt sich heraus, daß Mizzi Käfer eine Dienstbotin, die 1933, in Wasser ging oder sonstwie verschwand, die Käfersche Großtante war. Der Bruder, der ein Grazer Anwalt ist und Daniels Abfertigungsansprüche durchfechten will, findet das heraus und bei einem neuerlichen Besuch in einer der Villen gibt ihm Wanda Hürsch einen Koffer der Mizzi, in dem ist ein altes Dirndl, das er Anna schenkt, Käfer hat sich auch gleich eine Tracht gekauft und eine Lederhose anmessen lassen und in der Tasche war das Dienstbotenbuch, das man damals haben mußte. Da fehlen ein paar Seiten und so forscht Daniel weiter, geht zu dem lokalen Zeitungsredakteur, trifft Eustach Schiller stockbesoffen an und als er mit dem kleinen Peter in einer anderen Villa recherchieren will, gerät der in eine Fuchsfalle.
Am Ende weiß man nicht recht, hat die alte Dienstbotin etwas geerbt und wurde sie um ihr Erbe betrogen oder hat sie sich das nur ausgedacht, ist sie ja die Urgroßtante eines Journalisten. Daniel, der ein bißchen mit der viel jüngeren Anna liebäugelte, findet aber zu seiner Sabine zurück und die hat auch gleich eine Verwendung für den alten Koffer.
Ich weiß nicht, ob ich ein bißchen enttäuscht zurückgeblieben bin, auf jeden Fall habe ich mir gedacht, daß ich mich eine solchen Handlung nicht schreiben trauen würde, würde ich da ja sofort Stimmen hören, die „Das ist viel zu wenig erhöht!“, schreien. Aber mein Verdacht hat sich bestätigt, wenn man nur bekannt genug ist, kann man auch mit einem lockeren Plauderton und einer vielleicht ein wenig fadenscheinigen Handlung bei Haymon erscheinen.
Manches ist mir vielleicht sogar ein bißchen zu seicht, so der typische Komareksche Plauderton, in dem die Protagonisten miteinander scherzen.
„Anna, jetzt ist mir klar wie es weitergeht.“
„Magst nicht lieber doch einen Tee.“
„Nein, endlich habe ich mich an den Kaffee vom Ech gewohnt und jetzt bleibe ich dabei.“
„Selber schuld. Und wie gehts weiter?“, beispielsweise.
Anderseits erfährt man wieder viel über das Ausseerland und könnte das Buch so, als einen diesbezüglichen Führer in die Sommerfrische mitnehmen. Leicht zu lesen ist es wahrscheinlich auch, obwohl ich mir gar nicht so leicht getan habe, in die Handlung hineinzukommen, weil es am Anfang von Nebensächlichkeit zu Nebensächlichkeit geht und man schon bei Seite hundert ist, ohne recht zu wissen, wie das nun mit den Villen der Frau Hürsch ist?
Daß Alfred Komarek aber ein charmanter Autor ist, der viel von seinem Sujet versteht, ist zu merken und da habe ich ja neulich einen Semmering-Führer von ihm gelesen, wo man viel über den Semmering, ohne eine vieleicht zu dünnflüßige Handlung erfahren kann.
Alfred Komarek wurde jedenfalls 1945 in Bad Aussee geboren und hat da vielleicht seine Kindheitserinnerungen mitverarbeitet, lebt als Schriftsteller in Wien und hat außer den Polt Krimis, von denen ich einen gelesen habe und dem Semmering-Buch auch noch einige andere Reiseführer geschrieben.

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