Literaturgefluester

2012-12-20

Der Hundertjährige, der aus dem Fenster stieg und verschwand

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:00

Wie erzählt man die Weltgeschichte der letzten hundert Jahre auf möglichst einfache und auch sarkastische Art und Weise?
Der 1961 geborene schwedische Journalist Jonas Jonasson tut es, in dem er den hunderjährigen Allan Karlsson an seinem Geburtstagsstag aus dem Fenster eines Altersheimes in Pisspantoffeln und ohne Hut steigen und verschwinden läßt, um der auf ihn wartenden Feier mit den anderen Altersheiminsaßen, der alten Giftspritze Schwester Alice und dem Stadtrat zu entgehen.
Das heißt, er tut es nicht wirklich, denn wir verfolgen ihn ja, in das Reisebüro, wo er nach einem möglichst schnellen Reiseziel, egal wohin erkundigt, die Auskunft bekommt, der nächste Bus geht in drei Minuten und dann den Koffer eines sehr nervösen jungen Mannes, der aufs Klo muß, einfach mitnimmt. Einfach so, ohne daran zu denken, daß sich darin fünfzig Millionen Kronen aus Drogengeschäften befinden könnten und schon hat er die Polizei, die Presse und den Chef des Mitglieds der „Never again“ Band am Hals. Er verlangt aber eine Fahrkarte um fünfzig Kronen, steigt mitten im Wald aus, gelangt an einen stillgelegten Bahnhof, das dem Meisterdieb Julius gehört. Die beiden Trinken Wodka, entdecken den Fund, teilen sich das Geld, aber da kommt schon Bolzen und will sein Geld wiederhaben, Allen haut ihm etwas auf den Kopf, Julius sperrt ihn in den Gefrierraum ein und vergißt den Kälteregler wieder abzuschalten, so daß die beiden Freunde mit dem Koffer und der Leiche am nächsten Tag zu einer Imbißbude radeln, die Leiche lassen sie in einen Container verschwinden, so daß sie später in Dschibuti wieder auftauchen wird, der Imbißbudenbesitzer ist ein Allroundgenie und hat beinahe alles beinahe studiert, er hat auch einen Mercedes und so cahffiert er die beiden zu einer schönen Frau, die mit einem Hund und einem Elefanten in einem Häuschen lebt, dort bekommen sie von einem weiteren Bandenmitglied Besuch, das in der Elefantenscheiße ausrutscht und später in einem Auto in Riga gefunden wird, die vier fahren samt Hund und Elefant zu Bennys Bruder weiter, inzwischen werden sie wegen dreifachen Mords gesucht, denn der Chef hat sich vor ihren Bus gestellt, wurde aber nur angefahren und vom fast Arzt Benny fachgerecht verbunden, so findet sie der Kommissar und die Freunde erzählen eine Geschichte von Bibeln, die in dem Koffer waren, weil der Bandenchef inzwischen von Gott bekehrt wurde, wie die beiden Assistenten nach Riga und Dschibutti kamen, wissen sie nicht wirklich, aber der Hundertjährige kan dem Staatsanwalt, der auch zum Verhör gekommen ist, sehr viel aus seinem Leben erzählen, war dieses ja sehr abwechslungsreich. Von einer für das Frauenwahlrecht demonstrierenden Mutter, die ihm 1905 gebar, einen saufenden Vater, der nach Russland ausriß um dort Revolution zu machen, sich dann aber irgendwie Zar Nikolaj anschloß, einer Lehre bei einem Dynamithändler, einer Zwangsinhaftierung und Zwangskastration, nur drei Jahre Schule, aber dann ging er nach Spanien, wo er Brücken sprengte, dann aber General Franco rettete, in einem amerikanischen Clum der Atomphysiker kellnerte und ihnen zufällig verriet, wie man die Atombombe baute, präsident Truman war begeistert, schickte ihn nach Rußland, dort rettete er Maos Verlobte aus dem Gefängnis, floh über den Himalya, verärgerte Stalin, saß fünf Jahre im Gulag und und und, bis er schließlich wieder nach Schweden zurückkehrte, dort mit einer Rente und einer Katze bescheiden in einem Häuschen lebte und dieses nur versehentlich in die Luft, wie schon so vieles andere sprengte, so daß er schließlich in das Altersheim kam, in dem es ihm, wegen der vielen Regeln, die Schwester Alice aufstellte, nicht gefiel.
Dem Staatsanwalt wird schlecht davon, verbietet Allen das Wort, biegt sich die Geschichten der drei dann so zusammen, das am Ende der Hund schuld war, der die Leichengeruch am Fahrrad wahrgenommen hat, die Freunde lassen sich mit dem Geld und gefälschten Papieren, samt Kommissar und Elefanten nach Bali fliegen, wo schon eine alte Freundin in einem Luxishotel wartet, denn Allan ist im Gulag mit einem fiktiven Bruder Albert Einsteins gesessen und die dumme Amanda, die alle Cocktails verwechselt und Allan nicht den Schnaps serviert, den er gerne trinkt, war dessen Frau und auch Botschafterin von Paris, jetzt ist sie aber auch schon über achtzig.
Allan verliebt sich in sie und schenkt ihr einen Laptop, so daß sie über ihre Erlebnisse bloggt und zu letzt zu dem über Hundertjährigen auch noch der indoensiche Geheimdienst kommt, und sich für den Bau der Atombombe interessiert.
Ein wirklich spannendes Buch oder „Schelmenroman erster Güte!“, wie der Spiegel schreibt, das ich, da ich mich ja sowohl für das Alter, als auch für die Geschichte des vorigen Jahrhunderts sehr interessiere, natürlich lesen mußte.
Das heißt, das es darum geht, habe ich gar nicht so gewußt, als ich irgendwann einmal in der Sendung „Terra incognita“ aus dem Roman hörte, denn da wurde nur das erste Kapitel gelesen. Dann stand es auf den Bestsellerliste, Wolfgang Tischer vom Literaturcafe wunderte sich in seinen Interview darüber und ich schreibe ja auch sehr oft und viel von neunzigjährigen, fünfundneunzigjährigen oder hundertjährigen Menschen, so daß ich das Buch auf meine Geburtstagsliste setzte, als mich der Alfred nach einer fragte.
Und es ist auch spannend über das Leben eines Hundertjährigen derart locker vor sich hin zu flunkern, daß einer manchmal die Sprache wegbleibt.
Ich schreibe dagegen realistischer, bleibe mehr an dem, wie es wirklich sein könnte und werde damit wahrscheinlich nicht so erfolgreich werden, kann das Buch aber wirklich sehr empfehlen und natürlich auch auf meine viel leiseren Geschichten hinweisen, die vielleicht gar nicht so viel anderes zu erzählen haben, obwohl sich meine alten Damen natürlich nicht mit dem Bau einer Atombombe beschäftigt haben und von Mao, Stalin, Truman, etc auch nicht zum Essen eingeladen wurden.

2 Kommentare »

  1. Hm, ich habe das Buch noch nicht gelesen, aber schon viel darüber gehört. Um ehrlich zu sein habe ich immer ein bisschen Angst davor, Bücher in die Hand zu nehmen, die so gehypt werden. Im Moment bin ich als Weihnachtsaushilfe bei Thalia tätig und kann nicht mehr zählen, wie viele Exemplare des Buches ich bereits eingepackt habe … aber es muss für ein Buch natürlich auch kein schlechtes Zeichen sein, wenn es massentauglich ist. 😉

    Kommentar von buzzaldrinsblog — 2012-12-20 @ 12:07 | Antworten

  2. Ich kann das Buch sehr empfehlen, von den Hypes habe ich nicht so viel mitbekommen, mich interessiert das Thema einfach, dann äußerte sich Wolfgang Tischer im Literaturcafe eher skeptisch darüber, sonst weiß ich eigentlich nur, daß es auf den Bestsellerlisten steht und der Präsident des Hauptverbandes auch gemeint hat, es würde sich zu Weihnachten gut verkaufen.
    Das dazu, sonst ist es ein sehr originelles und spannendes Buch, das meiner Meinung zwar ein bißchen gegen den Kommunismus hetzt, aber sonst die Weltgeschichte durch den Meisterflunkerer Allan äußerst spannend und amusant erzählt.
    Aber mir gefallen die Geschichten von den alten Männern einfach und die Politik interessiert mich auch.
    Ich höre ja immer, daß die alten Menschen nicht so interessieren, das wäre dann ein Gegenbeweis und eigentlich toll, daß auch ein, meiner Meinung nach so gutes Buch, auf der Bestsellerliste stehen kann.

    Kommentar von jancak — 2012-12-20 @ 13:09 | Antworten


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