Frido Mann wurde, glaube ich, vom Mare-Verlag aufgefordert, über seinen Sehnsuchtsort am Meer zu schreiben und er hat das auf der kurischen Nehrung liegende Nida oder Nidden dazu ausgewählt, weil sein Großvater dort ein Häuschen bauen ließ und drei Sommer von 1930-1932 mit seiner Frau Katia, den drei jüngsten Kindern und einer Köchin dort verbrachte.
Das habe ich im März in Leipzig auf dem blauen Sofa so gehört, als ich eigentlich nur dort gesessen bin, um meinen Platz für einen späteren Termin zu behalten, hatte ich doch eigentlich weder von Frido Mann noch von einem Ort namens „Nidden“ viel Ahnung.
Dann war das, was der Enkel des Nobelpreisträgers, der 1940 in den USA geborene Psychologe und Theologe, erzählte, doch sehr interessant und eigentlich geht es um zwei Sehnsuchtsorte, denn Thomas Mann hatte eine brasilanische Mutter und der Psychologen-Enkel war gerade dabei, in Brasilien ein Thomas Mann Zentrum aufzubauen, als er von dem Haus in Litauen erfuhr und das dann kurz nach der Wende das erste Mal besuchte.
So ist das Buch auch keine Dokumentation über das Leben und Wirken Thomas Manns in diesen drei Sommern, sondern eine Zusammenstellung sämtlicher Nidden Reisen, die der Autor machte. Man erfährt ein bißchen was über die politische Situation und die Veränderungen, gibt es doch sowohl Reisen, die in den Neunzigerjahren, als auch zehn Jahre später passierten und in dieser Zeit hat sich in Nidden viel verändert. Einen etwas unglücklichen Ausflug nach Kaliningrad, um das Kant Grab zu besuchen, gab es auch und von der wunderschönen einzigartigen Dünenlandschaft erfährt man auch sehr viel.
Das habe ich, am Freitag war es, glaube ich, in Leipzig, so ungefähr mitbekommen, daß das Haus, nachdem die Deutschen Litauen besetzten, in den Besitz des „Reichjägermeisters“ Göring kam, dann kamen die Sowets, das Haus sollte abgerissen werden, weil Thomas Mann aber ein „Antifaschist“ war, blieb es stehen und wurde bald zu einem Kulturzentrum, in dem Konzerte und Thomas Mann Symposien stattfinden und Frido Mann hat dort auch mehrere Vorträge gehalten, die Kuratoren nach Brasilien gebracht und die Familie stellt keine Restitutionsansprüche.
Die Moderatorin hat ihr Gespräch, glaube ich, damit beendet, daß sie Frido Mann versprach, sicher einmal nach Nidden zu fahren und sich alles anzuschauen und ich bin dann dann oben in die Glashalle gegangen und habe, glaube ich, nicht daran gedacht, daß wir im Sommer in die baltischen Staaten fahren wollten. Vielleicht habe ich das auch noch nicht gewußt.
Als wir dann dort waren und auch nach Klaipeda und nach Nida kamen, ist mir das Buch wieder eingefallen und ich dachte mir noch, vielleicht kann man es in dem Museum kaufen.
Wir waren aber am 15. August in Nida und da Litauen ein katholisches Land ist, war auch ein Feiertag und „Onkel Toms Hütte“ auf dem Schwiegermutterberg war geschlossen.
Wir sind trotzdem hingegangen und haben von außen in das Museum hineingeschaut und dann nach nebenan in das Gasthaus Blode, in diese ehemalige Künstlerkolonie, wo Thomas Mann auch auf die Idee kam, sich das Haus zu bauen.
Im September habe ich dann ein bißchen herumgegooglet und mich über das Buch und das Thomas Mann Haus informiert und bin auf die Idee gekommen, daß ich mir das Buch zum Geburtstag wünschen könnte, um eine Erinnerung an unsere sechs Länderreise zu haben.
Ich habe es dann auch bekommen und so den Urlaub ein wenig nacherlebt und auch ein bißchen von Frido Manns Reisen und die der Manns in den Dreißigerjahren mit den drei jüngeren Kindern, Michael, Golo und Elisabeth, erfahren.
Michael Mann ist Frido Manns Vater und Thomas Mann hat auch in Nida streng gearbeitet und keinen Urlaub gemacht. So hat er an der „Josephs-Legende“ geschrieben.
Und Frido Mann hat ein sehr unkonventionelles Buch geschrieben. Es beginnt mit seiner ersten Reise, dann werden die Kuratoren und Mitarbeiter des Hauses vorgestellt und Frido Mann hat sich auch öfter inkognito in das Haus begeben. Saß so auf einer Bank, während die deutschen Touristenbusse kamen und ließ sich von der aufdringlichen lauten Stimme einer Dame stören, die unbedingt wissen wollte, was Thomas Mann in diesen drei Jahren geschrieben hat und darüber in Streit mit ihren Mann geriet.
Die Konzerte und die Symposientiteln werden aufgezählt und Frido Mann springt von einem Jahrzehnt in das andere, kehrt auch ein bißchen zu seinem Großvater zurück und erzählt, daß Erika und Klaus Mann nur ein oder zweimal in diesen Sommern auf Besuch in dem Häuschen waren.
Von Klaus Mann gibt es einen Text über Nidden und die Schwiegermutter hat den Schwiegermutterberg auch einmal besucht, obwohl sie den Hauskauf des Schwiegersohns zuerst für eine Kateridee hielt.
Ich war, wie beschrieben am 15. August in Nida, bin um das Haus herumspaziert, war in der Ausstellung im Gasthaus Blode und dann auf der Düne, jetzt war ich von der Lektüre des Buches auch beeindruckt und Thomas Mann habe ich in meiner Studentenzeit sehr viel gelesen.
Mit den „Buddenbrocks“ habe ich noch in meiner Schulzeit angefangen. Die Frau Professor Friedl brachte uns auch den „Tonio Kröger“ nahe. Dann habe ich mir den „Zauberberg“ gekauft, „Joseph und seine Brüder“, den „Doktor Faustus“, den „Erwählten“, „Lotte in Weimar“ und die „Bekenntnisse des Hochstapler Felix Krull“ haben mich auch sehr fasziniert.
Jetzt beschäftige ich mich nur noch selten mit Thomas Mann, es war aber ein besonderer Zufall, daß Buch und Reise zusammenfielen, so habe ich etwas nachzulesen. Ein paar Ansichtskarten und einen Kühlschrankmagneten mit dem Bild der Hütte hat mir der Alfred auch gekauft.
2012-12-26
Mein Nidden
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