Sechs Reisegeschichten und ein pubertärer Jugendtraum namens „Berggasse“ von Anna Maria Dusl, „sieben skurrile Oysseen rund um den Globus“, steht am Buchrücken, hat der Schreiber da nicht aufgepasst und falsch gezählt? Aber die Berggasse liegt ja auch am Globus und das Freudmuseum kommt darin ohnehin nicht vor, lagen unterm Weihnachtsbaum.
Dabei habe ich mir das, ich glaube, dritte oder vierte Buch der Kultautorin, Falterzeichnerin, Bloggerin und Filmemacherin nicht gewünscht, ist mir die Kultautorin doch vielleicht ein wenig zu abgehoben und ihre schlodderige Sprache mit den skurrilen Neudeutungen möglicherweise zu wenig ernsthaft, aber Alfreds Geschmack ist ein bißchen anders, so passen seine Buchgeschenke manchmal nicht so ganz, hat er mir doch schon ein „Computerbuch für Frauen“, eines für „Nichtreiser“, ein „Tennishasserbuch“ etc unterm Christbaum gelegt.
Wenn ich, die ich doch einen sehr breiten Lesegeschmack habe, keine Enttäuschung eingehen will, sage ich was ich haben möchte, meistens ist das zum Geburtstag im November, zu Weihnachten lasse ich es meistens laufen, habe mich aber schon in der Adventzeit heimlich gefragt, was vielleicht noch auf die Leseliste kommen könnte? Da gäbe es ja soviel, Cornelia Travnices „Chucks“ Hilde Spiels „Kati auf der Brücke“, Marjana Gaponekos „Wer ist Martha“, Julija Rabinwitschs „Erdfresserin“ Anna Kims „Anatomie einer Nacht“ und und und…
Andrea Maria Dusl „Ins Hotel konnte ich ihn nicht mitnehmen“ und John Jermiah Sullivans „Pulp Head“, von dem ich noch viel weniger Ahnung, als von der Dusl hatte, ist es 2012 geworden, denn vom Dusl-Buch habe ich ja schon einen Teil gekannt. Hat sie doch die Geschichte vom „Russen meines Vaters“ im Kellertheater beim letzten „Rund um die Burg“- Festival gelesen, da gibt es auch ein Bild am Blog und eine Unterschrift im Buch, denn bei der Dusl ist Alfred dabei gewesen und scheint überhaupt ein besonderer Fan zu sein, hat er mir doch zu Weihnachten 2008 das damalige Kultbuch „Boboville“, mit dem Anna Jeller ihr ganzes Schaufenster schmückte, geschenkt, von dem es, glaube ich, noch keine richtige Besprechung gibt und die Dusl hat auch schon am Volksstimmefest gelesen. Einen Text über Hebenstreit, dann lag das dazu passende Buch unterm Christbaum, das noch nicht gelesen ist.
Die Dusl aber schon, für 2012 ist es sich noch ausgegangen und steht auf Platz 154 auf der Leseliste. Ich bin eben eine fleißige Lesung und aus Buch zwei „Channel 8“ habe ich einmal an einem verregneten Samstag beim St. Pöltner Höfefest gehört.
Reisegeschichten von Andrea Maria Dusl also und sie spiegeln das Lebensgefühl der jungen städtischen Fadisierten, der Bobos und Mittelschichtintelligenzia, bevor die Generation Praktika kam, der die Kultzeichnerin noch nicht angehört.
Also reisen die Fadisierten nach New York, treffen dort im Loft ihre Maler, Architektenfreunde, die in der Grand City schon wohnen, haschen, jointen, fahren nachts mit dem letzten Lift auf das Empire State Building und die Dusl erzählt das alles in ihrer flapsigen Duslsprache, wo es von „Grünkappen“, etc so wimmelt und die mir manchmal zu wenig ernsthaft ist.
Außer nach New York geht es auch viel in den sowetischen Raum, nach Lemberg auch Lviv oder Lwow, je nach den Besetzungsdaten, genannt, denn da reist die junge Filmerin aus der Leopoldstadt mit ihrem Team an, um einen Film zu drehen und wird natürlich vom Übersetzer Alexander Aleksandrowitsch überall hinbegleitet, der nicht viel von sich erzählt und das Geld, das sie ihm für das Taxifahren geben, für andere Zwecke benützt.
Die dritte Geschichte, heißt, wie schon geschrieben „Berggasse“ und da erzählt die Dusl, die in dem Buch ja viel von sich erzählt, von der schulischen Sozilisierung der kleinen Andrea maria aus der Leopoldstadt, deren Eltern das Gymnasium in der Wasagasse imponierte, in das alle Mittelschichtkinder gegen sollen, um sich von den blöden Prolokinder der Sozis abzuheben. Nur leider kam der böse Bruno Kreisky daher und schaffte die Aufnahmsprüfung fürs Gymnasium ab. Andrea Maria Dusl hat sie noch abgelegt. Das sind natürlich Stellen, die mir imponieren und die Zeiten haben sich inzwischen ohnehin geändert, zwar weiß ich nicht, ob es schon wieder eine Aufnahmsprüfung für das Gymnasium gibt, aber ohne Einser und Zweier kommt man dort nicht hin. Die ÖVP wettert gegen die Gesamtschule, als sei sie so böse, wie das die Russen waren, als die kleine Andrea Maria ins Gymnasium ging und dort mit ihren Freunden die Initialriten ausprobierte, die Pfeife des Vaters des Schulfreundes rauchte und von der Polizei erwischt wurde, in Keller einstieg, etc.
Die Berggasse 19 mit ihrem berühmten Bewohner, kommt, wie erwähnt in der Geschichte nicht vor und das ist vielleicht auch eine Spezialität der Dusl, das sie das, woran man bei Berggasse denkt, nicht beschreibt und wenn die Altachtunsechzigertouristen ins gelobte Kuba reisen und sich von den kubanischen Privattaxis in die heißesten Diskos kutschieren lassen und die Touristin stapft dann mit dem glutäugigen „Guttomutschumann“ liebestrunken durch das nächtliche Havanna, denn „ins Hotel konnte sie ihn nicht mitnehmen“, das hat Papa Castro verboten, denken wir alle und auch die Protagonistin selbst, an das Ausgeraubt- und Ermordetwerden und nichts passiert. Das Paar liebt sich ein paar wilde Stunden für ein paar Dollars und sieht sich niemals wieder.
Im „Suezkanal“ erzählt die Dusl wieder von ihrer Kindheit. Von den ersten Italienreisen mit dem Vater in den Sechzigerjahren, wie sie schwimmen lernte oder diese Gelegenheit versäumte, denn das Wasser war sehr kalt in Schottland, wo das Bürgermädchen Sprachferien machte und dann wollte sie es unbedingt in der Wüste versuchen, wo sie für einen Ägypter, die Firmengeschichte neu schreiben sollte.
Im „Der Russe meines Vaters“ wird zuerst von der Wiener Russenangst geschrieben „Tatsächlich war der Russe aber nur einmal gekommen. Und nie wieder. Hatte die Wiener vom Faschisten befreit. Das haben die Wiener dem Russen nie verziehen. Die Wiener haben die Faschisten eigentlich ganz gern gehabt. Den Russen nicht“, um ein Gustostückerl der typischen Dusel-Sprache zu zitieren.
Dann geht es nach dem Fall der Mauer nach Moskau, um den Russen zu besuchen, mit dem sich der Vater damals im World war II, statt ihn zu bewachen, befreundet hatte.
Eigentlich eine sehr eindringliche Geschichte, vor allem wenn man sich ein zweites Mal mit ihr beschäftigt. Dann gehts noch nach Odessa, um dort einen Film zu drehen und von dem erfährt man eigentlich genausowenig, wie in meiner „Reise nach Odessa“, die ich geschrieben habe, ohne je dort gewesen zu sein und das Cover und die Eindrücke von der Reise verwendete, die ich einmal mit dem Bus des akademischen Reisebüros in vier Tagen nach Lwew oder Lviv und zurück gemacht habe und dabei Professor Spiel im Reisebus hatte, der sich noch einmal ansehen wollte, wo er im Worl war II im Straßengraben lag und mich beim Abendessen in Ungarn lautstark unterbrach, als ich ihm erzählte, daß ich Verhaltenstherapeutin sei.
2012-12-28
Ins Hotel konnte ich ihn nicht mitnehmen
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