Literaturgefluester

2013-01-12

Ellis

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:00

Einige Texte aus Magda Woitzucks Amerika-Trilogie „Ellis“, habe ich schon gehört, so hat sie, glaube ich, mit der Geschichte „Hollywood“ bei dem Jungautorenwettbewerb, den es in Ö1 vor einigehttps://literaturgefluester.wordpress.com/2012/11/26/buch-wien-geschichten/n Jahren gab, gewonnen, bzw. wurde ihr Text gesendet und einen Teil aus der Titelgeschichte hat sie auf der Buch-Wien gelesen, woher ich das in der Literaturedition NÖ erschienene Buch auch habe.
Den Namen der 1983 in Wien Geborenen und in Neulengbach Lebenden kenne ich, seit ich damals im Palais Niederösterreich war, später hat sie mit „Doggod“ einen der „Hörspiel des Jahres“-Preise gewonnen, ein paar Mal Hans Weigel-Literaturstipendium und andere Auszeichnungen, in meinem „Unter Dreißig“-Artikel habe ich sie, glaube ich, auch erwähnt, warte, daß sie einmal in Klagenfurt liest und ihre Geschichten sind auch wirklich sehr interessant und haben einen eindrucksvollen Ton, der das menschliche Elend fast poetisch zu verbinden weiß.
So gibt es in L.A angeblich tatsächlich die Wächter, die das Schild „Hollywood“ bewachen, vielleicht um Selbstmörder zu vertreiben, in Riga stehen auch immer Polizisten auf der Brücke und die Schauspieler, Regisseure etc, die ihre Hoffnungen, in der Traumstadt Karriere zu machen, aufgegeben haben oder noch haben, landen dort. Simon kommt vom Land und hat vorher Pferde eingeritten, von einer wilden Stute hat er ein Trauma zurückbehalten, deshalb säuft er viel und wurde auch von einer Frau verlassen. Als er nach zuviel Scotch einschläft und wieder aufwacht bemerkt er das Mädchen auf dem „L“.
Ihre Schuhe stehen noch dort, die Polizei betrachten ihren Fall als Routine und Simon wird wahrscheinlich weitertrinken und die Katze füttern oder sie vielleicht doch weggeben.
„Golden Gates“ hat ein ähnlich düsteres Szenario. Da geht es um John und Janet. John arbeitet auf der Brücke, Janet hat Nachtdienste in einem Krankenhaus und vor einigen Jahren ist ihr Sohn mit dem Fahrrad auf die Brücke gefahren und gesprungen. Jetzt will John einem seiner Mitarbeiter, der auch Zeuge eines Sprungs war, zu einer Therapie überreden und Janet bemerkt, daß das Kind im Nachbarhaus viel allein ist und weint, weil es sich vor den Geistern unter der Treppe fürchtet, während Mami arbeiten muß und Papi im Irakkrieg ist.
Die Titelgeschichte erinnert, was mich besonders freut, an die „Absturzgefahr“ bzw. an das „Frünffrauenhaus“, geht es darin ja um Ellis I bis Ellis V und als die letzte in St. Pölten niederkommt, bzw. den Schlüßel in die Tür der Ururgroßmutter steckt, weiß sie, daß Ellis VI genauso ein junge, wie der kleine Benny werden wird.
Ganz so schlecht kann ich also nicht sein und der St. Pölten Bezug ist natürlich auch sehr interessant.
Beginnen tut es am 18. August 1912, da spaziert die zwölfjährige Elisabeth Maria Swoboda mit ihren Eltern, dem kleinen Bruder und wahrscheinlich einigen Koffern die Kremsergasse Richtung Bahnhof hinunter, um sich auf die große Reise zu begeben, von der sie nie zurückkommen soll. Sie hat das aber noch nicht realisiert, deshalb steckt sie den Schlüßel, den die Eltern an der Türe steckenlassen ein und nimmt ihn mit auf die Reise nach Amerika, die in der dritten Klasse der „Alice“ ein paar Wochen dauert, dem kleinen Bruder das Leben kostet, Elisabeth Maria um ihre Jungfräulichkeit bringt und in Ellis Island wird sie auch noch in eine Ellis umgewandelt.
1928 wird dann Ellis II geboren und das Kind von seiner Mutter, die sich als Putzfrau verdingt und seinem Vater, einem Kriegsveteranen sehr geliebt, ein Schicksal, das Ellis V nicht erleben wird. Aber noch gibt es Ellis III, die verläßt 1968, da ist sie achtzehn, die elterliche Tankstelle und kehrt erst 1972 schwanger mit einem Gitarristen und einer schwarzen Autofahrerin zurückt, dazwischen hat sie Woodstock und noch einiges andere erlebt, der Gitarrist verläßt Frau und Kind und zieht nach New Orelans und als Ellis IV 1989 betrunken und geschwängert vom Abschlußball nach Hause kommt, bricht sie die Tradition, überläßt das Kind der Mutter und Großmutter, die Urgroßmutter ist inzwischen in New York gestorben und zieht selbst dorthin, um einen reichen Banker zu heiraten, der 11. 9. 2001 bringt sie wieder zurück, bzw. zieht sie zu ihrem Vater nach New Orleans und Ellis II und III weihen Tochter und Enkeltochter in das Familiengeheimnis ein, das ist der Schlüßel, den Ellis I mit von Europa brachte und das Medaillon ohne Kette des Heiligen Hippolyt, des Schutzheiligen von St. Pölten, das haben die Mütter immer den Töchtern, wenn sie schwanger waren, übergeben oder nicht so ganz, denn Ellis V lernt auf der Uni einen Fritz aus St. Pölten kennen, das sie bisher immer „Saintpolden“ aussprach und fährt mit ihm, dem Schlüßel und dem Medaillon in die alte Heimat der Ururoma „steckt den Schlüssel ohne Hast in das Schloss und drehte ihn mit einer Bewegung aus ihrem Handgelenk. Dahinter lag das unerklärliche Wissen. Ellis VI würde ein Junge sein.“
Magda Woitzuck ist eine fantastische Erzählerin, mit einem unbestechlichen Blick für sprachliche Details, die es schafft, den großen Bogen einer Geschichte zu spannen und schlüssig zu beenden“, steht am Klappentext.

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