Ilma Rakusas als Droschl Essay 54, erschienener Aufruf zur Langsamkeit. Nach einer Einleitung begibt sich die 1946 in der Slowakei geborene und in der Schweiz lebende Schriftstellerin, Übersetzerin und Literaturwissenschaftlerin, die auch als Bachmammpreisjurorin tätig war, in neun Kapiteln auf die Suche nach der Langsamkeit und gibt in ihrem Plädoyer auch diesbezügliche Literaturtips ab.
„Gegen Atemlosigkeit, Akzeleration und andere Zumutungen“, lautet der Untertitel und Robert Walser „Ich bin überzeugt, daß wir viel zu wenig langsam sind“, wird auch dabei zitiert.
Aber das war in einem anderen, im vorigen Jahrhundert, Ilma Rakusa Essay ist in der vierten Auflage 2006 erschienen und erzählt in ihrer Einleitung natürlich von dem „Drang zur Beschleunigung“, der uns „seit mindestens zweihundert Jahren“ quält, zu Streß, Burnout und anderen Störungen führt, so daß inzwischen von „kühnen Antizyklikern slow food- restaurants und slow cities“ ausgedacht wurden.
Ilma Rakusa geht dagegen in Kapitel eins zur „Liebe“ bzw. zur „Lektüre“ und erzählt von der Ruhe, die sie durch das Lesen erfahren hat. Lesen ist langsam, man braucht Geduld und Ausdauer dazu, wenn man „schon als Kind der Leselust verfällt“ und unter der Bettdecke „Schuld und Sühne“ durchgeht. Nach dem Karl May kam dann später Marcel Prousts „Suche nach der verlorenen Zeit“ hinzu, während Marlene Streeruwitz „Majakovskyring“, diese Ruhe störte. Zum Glück gibt es aber Peter Handkes Romane und denen werden wir auch noch öfter begegenen.
Dann gehts zur „Arbeit“, die sich Ilma Rakusa „anmutig“ wünscht, während im global live ja der Anpassungsdruck und der Flexibiliesierungszwang herrscht, wo man auch nicht schläft, sondern im „Drift“ der globalisierten Welt dahintreibt und ständig Arbeit, Wohnung, Lebensform wechselt, während die von Ilma Rakusa gewünschte Anmut wahrscheinlich in den „jungen Menschen“ zu finden sind, die „nicht höher hinauswollen, als es ihnen ihre innere Stimme diktiert. die keine Armbanduhren tragen und sich für Gespräche und Essen Zeit lassen.“
Dann kommt die „Natur“ bzw. das „Nichtstun“ Hier wird Peter Handkes „Jahr in der Niemandsbucht“ zitiert, aber auch Adalbert Stifter, der ein Jahr vor seinem Tod das autobiografische Werk „Mein Leben“ schrieb.
„Geschwindigkeit“ – „Grenze“ folgt mit dem Turbokapitalismus und der High Speed Technology. Da gibt es aber wieder die Vereine zur Endeckung der Langsamkeit und natürlich Sten Nadolny.
Der „Schrift“ wird der „Schlaf“ gegenübergesetzt. Hier führt Ilma Rakusa Peter Waterhouse und Oskar Pastior an und natürlich wieder Kathrin Röggla als Gegenbeispiel, während die uralt Methode zur Ruhe und Entspannung, das Schäfchenzählen ist, das den Herzrhythmus verlangsamen kann.
„Auszeit“ – „Alter“ folgt und da wird der Workoholic und die New Economy angeführt.
„Muse und Märchen“ gibt es natürlich auch, da wird „Fahrenheit 451“ als überholt erklärt bzw. Peter Handkes „Versuch über die Müdigkeit“ angeführt.
„Erlebnis“- „Entschleunigung“ gibt es auch und am Schluß kommt die „Reise“ bzw. die „Ruhe“ an die Reihe.Da werden Goethes bzw. Musils Eisenbahnerlebnisse zitiert und das schnelle, dem langsamen Reisen gegenübergestellt, das viel vergnüglicher ist. So ist Ilma Rakusa als Studentin oft von Zürich nach Leningrad mit der Bahn gefahren und Wolfgang Büscher hat sich zwischen August und Oktober 2001 zu Fuß von Berlin nach Moskau aufgemacht.
Ein literarisches Pladoyer für die Langsamkeit gepaart mit fünf Seiten weiterführender Literatur von Mark Aurels „Selbstbetrachtungen“ bis zu Harald Weinrichs „Knappe Zeit“ und ich habe Ilma Rakusa, die ich bisher nur als Bachmannjurorin kannte als Essayistin kennengelernt und mich dabei recht hastig durch ein Thema durchgearbeitet, das mir nicht so liegt.
Denn ich bin eigentlich eine Schnelle, Disziplinierte, eine, die zwar in ihrem Leben die Arbeit und die Freizeit mit ihren Brotberufen perfekt verbindet, die offenen Bücherkästen treiben mich aber eher zum beschleunigten Lesen und der literarische Mißerfolg zum fast manischen Schreiben. Gegangen wird dagegen eher und das zwar nicht bis Leningrad, aber manchmal bis zum Zentralfriedhof oder nach Hütteldorf, also doch ein bißchen meditativ und das Schäfchenzählen liegt mir auch, obwohl ich durch mein diszipliniertes Bloggen ja nicht sehr viel schlafe und dann bin ich auch noch sehr ungeduldig, würde das „Langsamer!“, also für mich nicht unbedingt zum Schlachtruf ausrufen, obwohl der literarische Streifzug durch Ilma Rakusa Verlangsamung interessant und lehrreich war.
2013-02-03
Langsamer!
2 Kommentare »
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danke für die vorstellung. ich glaube das buch werde ich mir besorgen.
Kommentar von muetzenfalterin — 2013-02-03 @ 19:20 |
Hoffentlich ist es noch zu bekommen
Kommentar von Eva Jancak — 2013-02-03 @ 19:40 |