Literaturgefluester

2013-02-25

Madame Stern

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:02

Peter Roseis „Madame Stern“ eben im Residenzverlag erschienen, ist der zweite Teil einer Trilogie, Tetralogie, Fortsetzung einer Serie über die Wirtschaftskrise, die Korruptionsskadale, die politische Situation Österreich, ab 2000 oder was immer, schließlich ist der 1946 in Wien geborene, den ich vor vielen vielen Jahren eigentlich als Experimentalisten einschätzte und ihn in eine Reihe mit Andreas Okopenko setzte, ja Jurist, er reist auch viel, hat sich bei dem Projekt „Mit Sprache unterwegs“ engagiert, war ein Freund Gerhard Amanshauser und wird jetzt sehr oft zur Wirtschaftskrise befragt, einige seiner Bücher wurden auch von Amrat Mehta in Hindu übersetzt, „Geld“ habe ich gelesen, ihn vor kurzem in der Alten Schmiede gehört und im Radio am Sonntag in der Pause zwischen der Matinee, die früher „Im Künstlerzimmer“ geheißen hat.
Da wurde er zu „Madame Stern“ befragt und Peter Rosei hat, wie bei ihm üblich, den Bogen der gesellschaftlichen Zusammenhänge gezogen und bei „Madame Stern“ wurde ich wieder an den Stil der Fünfzigerjahre erinnert, obwohl die Protagonisten mit ihren Handies in den Taxis fahren, Laptops benützen und sie auch sehr bekannte Züge zu tragen scheinen und dann wieder in die allgemeine, glänzend, glitzernde Oberfläche entgleiten. Wo spielt das Buch und worum geht es dabei?
Der Buchrückentest schreibt vom „Meisterlich inszenierten, lakonischen Stil in dem Peter Rosei den Aufstieg und Fall einer Frau vor dem Hintergrund einer korruptierten Gesellschaft“ schildert. „Ein Buch das nahegeht“, das würde ich nicht ganz so sehen, dazu erscheint mir Rosei zu vorsichtig, distanzierend, andeutend zu sein.
Es beginnt im schönen Klagenfurt, das nicht ganz am Wörthersee liegt und da gibt es einen ehemaligen Handlungsreisenden, der es mit seinen mehr oder weiniger dubiosen Geschäften weit gebracht hat, so daß sein Sohn, der schöne Kurt nach Wien ins Finanzministerium geht.
Aha, denken wir und den „Buwockl“ habe ich vor kurzem auch gelesen, bzw. durchgeblättert.
Dann geht es schon nach Hütteldorf in ein Reihenhäuschen, da lebt der Herr Stern, ein biederer Buchhalter mit seiner opernbegeisterten, aufstiegsorientierten Gattin und dem Töchterlein Gisela, der Herr Papa erhängt sich irgendwann am Dachboden, die Mama kommt bei der Heimfahrt von der Oper unter die Räder der Straßenbahn, das erinnert auch an die Fünfzigerjahre, bzw an den ersten Straßenbahnunfall der Literaturgeschichte, die kleine Gisela bleibt allein zurück, maturiert, tritt als kleine Kraft in eine Bank ein, weil sie sich kein Studium leisten kann, fährt am Nachmittag mit der Straßenbahn zur Kärntnerstraße und flaniert durch die teuren Geschäfte um, sich höchstens hin und wieder ein paar Strümpfe einzukaufen und ich füge hinzu, das habe ich nach meiner Matura eine Zeitlang auch so gemacht, beim Lehmann am Graben mit schlechten Gewissen ein Cola und ein Mayonaisseei konsumiert und in die Oper bin ich während meines Studium regelmäßig auch gegangn, Kontakt in die höhere Gesellschaft, wie Madame Stern, habe ich dabei nicht bekommen, aber die wurde schon als Kind von ihrer Mutter herausgeputzt und mit Parfum bespritzt, sie macht auch schnell Karriere, bzw. lernt sie in der Oper eines Tages einen blaßen Edy kennen, mit sozialdemokratischen Aufstiegseltern, die in der Habsburgergasse wohnen, sie heiraten, sie beginnt ebenfalls Jus zu studieren und prüft den Edy, der eigentlich nur komponieren will, unerbittlich ab, hat er nicht genug gelernt, darf er nicht zu ihr ins Bett. Ein Kind hat sie von ihm aber schon bekommen und als sie schon in der Bankwelt aufgestiegen ist, lernt sie den Niki Schestak kennen, das ist ein in Konkurs gehender Verleger, denn mit schönen Romanen und Lyrikbändchen, die man um der Kunst willen verlegt, verdient man nichts, er trifft sich eine Weile mit Frau Stern, auch ein Hinweis auf die Jetztzeit ist der Name, denn Stern hat die kleine Gisi schon im Kindergarten geheißen, bis sie ihn fallen läßt und er in die Donau geht, das morbide Wien läßt grüßen, das war in den Fünfzigerjahren aber auch schon früher so und, daß sich Bankdirektoren umbringen, passiert auch immer wieder.
Die Frau Stern, die statt im Kostüm mit einem Abendkleid zu Nikis Empfängen rauschte, lernt dann doch den Herrn Minister kennen, der auch ein „Buberl“ hat und sie hat eine Herrenrunde, er lächelt über sie, sie ist ihm verfallen, ihr Mann ätzt und geht aufs Klo kotzen und der Herr Minister läßt die Frau Doktor eines Tages rufen und bittet sie, um eine Gefälligkeit, aber alles ganz korrekt!
Das führt ins Bet und zu einer gerichtlichen Einvernahme, Frau Doktor wird freigestellt, verbringt ihre Zeit dann bei Anwälten, am Ende ist sie die Villa am Wilhelminenberg, die inzwischen angeschafft wurde, los. Edy läßt sich scheiden, die inzwischen achtzehnjährige Sophie kotzt sich an und zieht zum Vater und am Ende fährt die arbeitslose Gisi mit der Straßenbahn herum, geht im Wienerwald spazieren, einkaufen, mit einer Popcorntüte ins Kino und erträumt sich ein Wien, wo alles wieder verbunden und im schönem Einklang an.
Wie geschrieben, Rosei deutet nur an und wenn wir glauben, ein Zipfelchen an Klarheit erwischt zu haben, macht er eine Wende und es ist alles anders und natürlich ist es, wie beschrieben, lesen wir ja Zeitungen und hören Radio und da von den neuesten Korruptionsskandalen, von der Finanzlage und den Spekulationen in Salzburg, von den Untersuchungsausschüßen, etc, die wahrscheinlich noch nicht entdeckt waren, als Rosei an dem Buch schrieb und ich finde es sehr spannend und bin sehr neugierig, wie es mit Peter Roseis Romanen weitergehen wird.

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