Von Anna Mitgutsch habe ich ja kürzlich, wie es Klaus Kastberger in der Alten Schmiede nannte, die „Poetik des Horizonts“, gelesen und nicht viel davon verstanden, bin ich ja eine psycholisch realistisch schreibende und denkende Frau und war am Montag in der Alten Schmiede, als das 48. Grundbuch „Das Haus der Kindheit“ vorgestellt wurde, das auch in meinen Regalen steht.
Gelesen habe ich das „Familienfest“ und die „Grenzen der Sprache“ und kenne Anna Migutsch seit meinen eigenen Schreibanfängen in den Siebzigerjahren, damals war die „Züchtigung“ und die „Ausgrenzung“ von der 1948 in Linz geborenen Autorin, erschienen.
„Abschied von Jerusalem“, 1995 erschienen, behandelte dann ein anderes Thema, ich hörte, glaube ich im Radio davon, als ich im Auto fuhr.
„Zwei Leben und ein Tag“, der Roman über den Mobby Dick Erfinder Melville, war 2007, glaube ich, österreichischer Bestseller.
An das Lesen vom „Haus der Kindheit“, 2000 erschienen, kann ich mich nicht mehr so erinnern, mich aber und das ist interessant, offenbar ziemlich zeitgleich mit einer nicht so unähnlichen Thematik, in meinem ersten Digi-Buch, den „Wiener Verhältnissen“ beschäftigt und da, in Anleitung an ein Buch Ruth Aspöck, auch eine jüdische Biografie erfunden und ihr eine Einleitung über das erfolglose Schreiben vorangestellt.
Die Literaturagentin Diana Vogt wußte damit nicht viel anzufangen, ich finde es trotzdem ein gelungenes Buch und Anna Mitgutschs Grundbuch, erzählt in vier Büchern, das Schicksal Max, der als Kind nach New York kommt, dort einen sozialen Abstieg bis in die Bronx erlebt. Die alleinerziehende Mutter hat aber immer das Bild von dem Haus in H., die Stadt Linz ist damit gemeint, erklärte die Professorin Konstanze Fliedl später in ihrer Erläuterung, im Zimmer stehen und erzählt Max, daß sie einmal dorthin zurückkommen werden.
Sie will das aber später nicht und verweigert auch die deutsche Sprache, was wieder interessant, mein Jacob Mandelbaum ebenfalls so tat, der will zwar mit seinem Enkel Henry zurück, erlebt den Flug aber nicht mehr und Max kommt in Uniform das erste Mal nach H. und zu dem Haus, wo die füllige junge Frau flüchtet, als er bei ihr anklopfen will.
Die Familie ist in den Vernichtungslagern umgekommen, Max lernt eine viel jüngere Fotografin kennen, wird Architekt und Restaurator, kommt dann 1972 zurück, will das Haus und bekommt es nicht. So sammelt er jüdische Kultgegenstände von den Flohmärkten, nach der Pensionierung und dem Tod der Mutter bekommt er es, erlebt die Wiedereröffnung der Synagoge und kehrt, weil die Restutionierung scheiterte, wieder in die USA zurück.
Als den ersten Restutionsroman erklärte Klaus Kastberger, glaube ich, das Buch. Jetzt gibt es davon schon sehr viele und Konstanze Fliedl hatte ihren Text in drei Teile gegliedert und erklärte die Topographien so gut, daß sich Anna Mitgutsch wunderte, was die Germanisten so alles in den naiv geschriebenen Autorentexten finden, dabei ist sie selber Literaturwissenschaftlerin und hat Poetik-Vorlesungen gehalten.
Konstanze Fliedl hat aber die Stadt erkannt und herausgefunden, daß es dort keine restaurierte historische Synagoge gibt und die Stelle, wo der junge Max im Zug zwei ehemaligen BDM-Mädchen begegnet, hat sie zu dick aufgetragen gefunden, bis sie dann selber im Zug, das Gespräch von zwei ehemaligen Nazis hörte, so weit zum Realismus, von dem sich Anna Mitgutsch, wie es offenbar sein muß, distanzierte. Wenn sie könnte, würde sie wie Celan schreiben und so einfach ist es nicht. Der Roman wurde offenbar schon komponiert und hat einige Fassungen, der Urtitel hätte „Die Enteignung“ lauten sollen, aber das hat der Verlag für unverkäuflich gehalten.
Klaus Kastberger stellte dann noch die Frage, ob der Max unsympathisch wäre und Anna Mitgutsch meinte, die Leserinnen würden ihn dafür halten, weil der bindungsunfähig ist, aber wenn man seine Familie in den Lagern verloren hat und einen Bruder hat, der dan Schizophrenie leidet, wird man das vielleicht ein bißchen.
Nun Eva Rossmann hat in „Freudsches Verbrechen“, 2001, ein ähnliches Thema in realistischer Krimiform behandelt, das ich mehrmals während eines Italienaufenthaltes gelesen habe und Klaus Kastberger forderte nach der Diskussion die Zuhörer zum Lesen des Buches auf.
Eine junge Frau, die hinter mir saß und auch sehr eifrig mitgeschrieben hat, kam dann mit einem ganzen Bücherstoß zum Signieren und erklärte mir auf meine Frage, daß sie bis auf das letzte Buch alle gelesen hätte und der Lehrer aus Retz, mit dem ich mich vor Beginn unterhielt, der auch seine Bücher immer signieren läßt, war schon beim Lesen der „Grenzen der Sprache“ und hat mir das von Peter Esterhazy siginierte „Esti“ gezeigt, obwohl er nicht bei der Veranstaltung war.
2013-03-19
Anna Mitgutschs Grundbuch
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