Jetzt kommt ein österreichischer Frauenroman, ein Chick Lit, das ein bißchen an Thomas Bernhard und an Evellyn Grill erinnert, hat ihn ja die 1956 in Salzburg geborene Lisa Witasek, die 1983 beim Bachmannpreis gelesen hat und mit Ephraim Kishon verheiratet war, geschrieben, gefunden habe ich ihn, glaube ich, im Schrank, als ich bei den Short Cuts im vorvorigen Jahr ein bißchen Schauen war.
Der Titel läßt Klischees vermuten und löst Assoziationen an das Märchen aus, dabei ist alles ein bißchen anderen, denn Lilith, die Urmutter, von ihrer Ma der Schnelle wegen nur Lil oder Breitmaulfrosch genannt, vergiftet ihre Mutter nicht und legt sie auch in keinen Sarg, bekommt am Ende aber doch die Pantoffeln von ihrem Seligen geschenkt und überlegt, ob sie der Ma nicht ein lebenslanges Wohnrecht geben soll, aber die ist in Amerika geblieben, während Lil, die schöne Dreiunddreißigjährige, die ewig überblieb und sich ewig nach ihren Vätern sehnte, von denen sie zu wenige hatte, mit ihrer Oma und der Mutter Maria Rosa Ackermann in der schönsten Villa der Stadt aufwuchs.
Die Mutter war offenbar ein bißchen mit Thomas Bernhard verwandt, so hat sie ihrer Lil oder Lililein immer vorgeredet, daß sie nichts kann, zu nichts taugt und zu nichts nützlich ist. Lil ist aber Sekretärin beim Immobilienmakler Möchter, das ist auch kein Guter, hat er doch eine häßliche Frau und viele süße Stimmchen, die ihn anhimmeln und anrufen, dabei will Lil nur mit ihm oder eigentlich auch nicht, denn sie träumt von ihren Vätern und den grauen Schläfen und hat schon mit dreiundzwanzig, jetzt ist sie zehn Jahre älter, die Ma, resche Pensionistin und die Oma hat das Haus der Tochter übergeben und ist in die Seniorenresidenz abgedampft, ihren old Man, ich glaube so an die Siebzig, in einem Konzert kennengelernt und ihn zehn Jahre vor ihrer Ma verborgen gehalten.
Aber jetzt naht Mas Geburtstag und da will die von ihrem Töchterlein immer ein Geschenk, nämlich eine Reise mit ihr machen und diesmal soll es ins Death Valley gehen. Töchterlein aber streikt und nimmt die Ma mit ins Konzert, was damit endet, daß Chef Möchter sie mit seiner Süßen dabei erwischt. Lil hat sich einen Tag krankgemeldet, um alles besser organisieren zu können, die Ma mit dem Old Man im Auto bleibt und Lil ihrem Chef am nächsten Tag einen Vortrag hält, wie man die Frauen erobert, worauf der ihrer Ma Blumen im Töpfchen schickt.
„Komplette Scheiße!“, würde jetzt Herr Möchter sagen und Lil leidet auch eine Weile vor sich hin, besucht die Oma im Altersheim, besorgt sich eine Abhörablage und erfährt, daß die Mutter, das Haus an Möchter verkaufte, Lil bekommt ein lebenslanges Wohnrecht in der Hausmeisterwohnung und mit dem Old Man nach Amerika abdampfen will.
Möchter hält ihr auch noch einen Vortrag, was man nicht machen soll, wenn man einen Mann haben will und verkündigt ihr seine Scheidung und am Flughafen beginnt der Old Man mit der Oma zu flirten und man denkt, „Originell und bei Lisa Witasek ist wirklich alles anders, wie es auch im Klappentext steht, wenn auch ein bißchen dick aufgetragen!“
Dann zerrt die Ma, den Man durch die Passkontrolle und Breitbandfröschen kündigt ihrem Chef am nächsten Tag und am Ende bekommt sie noch die Nachricht vom Tod des altes Mannes, er hat ihr sein Haus vererbt, das er nicht verkaufen wollte und schickt ihr seine Pantoffeln.
„Eine bittersüße Dreiecksgeschichte, die nur mit einem Rachefeldzug enden kann!“, steht weiter im Klappentext, der ist mir offenbar entgangen, die Klischee sind mir aufgefallen und auch die Widersprüche, mit denen Lisa Witasek zu spielen weiß, so sagt Old Man ständig „Schön wie Einstein und klug wie eine Blumen!“, zu allen seinen Frauen und auch die Lil widerspricht sich öfter.
Am Ende ist es anders wie erwartet, es ist eigentlich nichts geschehen, obwohl viel angedeutet wurde und nichts in Ordnung war, dick aufgetragen mit dem Österreicherbonus, wie wir es von Papa Bernhard und Evelin Grill lernten, würde ich so sagen und Ephraim Kishon spricht noch am Buchrückschlag „von dem feinen Humor, auf dem er fast eifersüchtig geworden wäre!“
Es ist das erste Buch von Lisa Witasek, es ist 2000, erschienen, das ich gelesen habe, gehört habe ich schon in den Achtziger-oder Neunzigerjahren von ihr, als ich Konrad Zobel einmal wegen einem Text im ORF angeschrieben hatte und er mich fragte, ob ich sie nicht zu einer meiner GAV Veranstaltungen einladen wolle, sie ist aber, glaube ich, PEN-Mitglied und lebt inzwischen in der Schweiz.
2013-03-03
Schneewittchens süsse Rache
2013-03-02
Die Ware Buch
„Das Buch als Ware, wo und wie kauft ihr eure Bücher?“, war diesmal die Wochendiskussion bei „aboutsomething“ und das ist natürlich ein Thema, wozu ich meinen Senf dazu geben muß. Ist das ja etwas, wo sich derzeit ja sehr vieles ändert.
Und wenn ich über die Art und Weise, wie ich zu Bücher komme auch schon sehr viel geschrieben habe, daß ich Bücher eben nicht als Ware betrachte, habe ich so deutlich noch gar nicht definiert und sollte das einmal tun, weil mich, die Aufforderung der Veranstalter bei Lesungen „Nehmen Sie sich doch bitte Ihre Schätzchen mit!“, der Zwang bei Amazon ganz oben auf der Rankingliste, wenn man sein Selbstgemachtes hineinstellt, sein zu müßen, weil es offenbar nur so Qualität bekommt, immer schon etwas störte.
Daß ich immer gern und viel gelesen habe, habe ich schon geschrieben. Mein Vater hat für die Büchergilde Gutenberg Bücher vertrieben und daher immer welche, bzw. Kataloge nach Hause gebracht, zu Weihnachten gab es Buchgeschenke, eines war von den Kinderfreunden bzw. der SPÖ und später als Studentin habe ich gekauft und gekauft.
Dabei war ich immer sparsam und wollte das eigentlich gar nicht, irgendwann, wahrscheinlich, um die Zeit, als ich in die Krongasse übersiedelt bin, habe ich damit aufgehört und würde einen der Gründe darin sehen, daß die Verlage meine Bücher ja auch nicht haben wollen, also brauche ich sie nicht teuer kaufen.
Das betrifft aber seltsamerweise nicht das Lesen, lese ich ja nach wie vor viel und immer mehr, verliere nicht das Interesse an der Literatur der anderen, sondern bin nach wie vor daran interessiert, wie und was die anderen schreiben und eine Büchersammlerin bin ich auch.
Die Abverkaufskisten haben mich schon immer angelockt und ich habe auch als Studentin schon Bücher daraus bezogen, neben den Residenz-Neuerscheinungen, die ich mir damals ebenfalls kaufte, dann kamen die Bücherflohmärkte, die Büchertürme und andere Gelegenheiten, wo ich vor Bücherkisten stand und mir nehmen konnte, was ich wollte. Meine im November verstorbene Schulfreundin Edith, hat mich ja einmal, als der Buchhändler in ihrem Haus zusperrte, dazu eingeladen, ein anderes Mal gab es ein Flugblatt am der Anschlagtafel im Haus und vor einem Vereinslokal standen die Kisten zur freien Entnahme u.u.u.
Da bin ich schon bei der Bücherauswahl, ich kaufe nach dem Namen, nach dem Verlag vielleicht auch und nicht so sehr nach dem Cover und da ich mich schon seit dreißig, vierzig Jahren kontinuierlich mit dem Geschriebenen beschäftige, hat sich mir da sehr viel eingeprägt, so daß es auch manchmal zu Verwechslungen kommt und ich auf einmal einen Roman von einem Carl Amery nach Hause trage und beim Lesen entdecke, das ist ja ein anderer, als ich dachte, was ich eigentlich sehr spannend finde. Ich habe, das habe ich auch schon geschrieben, einen weiten Literaturbegriff, allerdings lese ich inzwischen fast ausschließlich Belletristik und nur sehr wenige Fach- und Sachbücher, die ich dann auch nicht bespreche und interessiere mich für fast alles. Für Chick Lit, Krimis, genauso, wie für das Experimentelle. Der Schwerpunkt ist die moderne Gegenwartsliteratur, bevorzugt deutscher Herkunft könnte man hinzufügen, aber da kommt auch schon die Zwischenkriegsliteratur, das Politische und und und…
Rezensionen der Berufskritiker lese ich nur selten, weil mir die, das ist ein Vorurteil, zu besserwisserisch sind, aber ich schaue regelmäßig die Bachmanndiskussionen, die blauen Sofas von Frankfurt, Leipzig etc, gehe vier Tage auf der Buch-Wien spazieren, das ist Beratung genug, jetzt kommen auch noch die Bücherblogs dazu, von denen ich einige sehr regelmäßig lese.
Ich habe, glaube ich, auch einen Universalanspruch, würde wirklich alles lesen und wenn ich mir sage „Hör mal, Eva, du brauchst dir wirklich kein Buch mehr kaufen und auch nicht mehr zu den Bücherschränken gehen, lese doch erst mal auf, was du hast!“, fürchte ich, daß das nicht wirklich klappt, denn ich könnte ja ein Schnäppchen versäumen, das nicht mehr zu bekommen ist.
So habe ich schon Bücherlisten bis 2017 und ich denke, es muß nicht alles klappen, ein bißchen Unperfektion darf auch bei mir sein und suche weiter, beschäftige ich mich ja sehr mit dem Lesen und der Literatur und das ist ja eigentlich sehr schön!
Vielleicht nervt es manchmal, daß ich immer schreibe, daß ich keine Bücher kaufe, sondern sie nur tausche bzw. umsonst bekommen will.
Den Grund dafür habe ich schon angeführt. Daß ich sparsam lebe und mir ein Buch um fünfundzwanzig Euro einfach zu teuer ist. Zweimal bin ich, als ich jemanden fragte, ob er tauschen will, sehr eingefahren, einmal bei einem xxxx-small bei Ruth Aspöck, die als Kleinverlegerin ihr „Buch als Ware“, wohl angegriffen sah, was ich damals gar nicht so verstanden habe, inzwischen verschenkt sie ihre Bücher und legt die Restauflagen in die Bücherschränke oder bei Lesungen und Festen gratis auf. Die zweite war Anni Bürkl, die ein Buch von mir kaufte, ich fordere niemanden dazu auf, zeige sie nur gerne her und verkaufe sie zum Selbstkostenpreis und dann meine Erklärungen, warum ich ihres nicht kaufte, nicht verstehen wollte. Seither bin ich vorsichtiger und frage nicht mehr so oft, ob jemand tauschen will?, bzw. ist es mir auf der letzten Buch-Wien passiert, daß mir ein Kollege, das von sich aus angetragen hat.
Da ich keine Vollpreisbücher kaufe, fällt die Beratung weg und so weiß ich auch nicht, was passiert, wenn ich beispielsweise zur Anna Jeller gehe und sage „Da habe ich einen Hundereuroschein, was würden Sie mir empfehlen?“
Wahrscheinlich würde sie mich erstaunt anschauen und weiterfragen oder mich zu ihren Ladenhütern führen, wie es mir einmal in einem Schuhladen passierte.
Am Montag hätte ich bei dem zweiten Arovell-Buch, das ich beim „Frick“ in der Kiste fand, fast den Verkäufer gefragt, ob er den Autor kenne und es nicht getan, weil ich davon ausgegangen bin, er kennt ihn nicht, bei einem zwei Euro Buch ist keine Beratung drinnen und bei Google finde ich die Antwort schneller.
Es wäre aber spannend herauszufinden, wie das wirklich mit dem Top Argument der kleinen Buchhandlung der Beratung ist. Wieviele Käufer lassen sich wirklich beraten? Ich kaufe nach Schnäppchen und wenn ich ein Buch von einem Autor habe, lese ich gerne auch die anderen und freute mich so über Marjana Gaponekos „Annuschkas Blume“ und Milena Michiko Flasars „Okaasan“, die ich kürzlich fand bzw. um zwei Euro kaufte.
Wenn ich von Büchern rede, meine ich, das auf Papier gedruckte, obwohl ich nicht daran rieche und nicht das haptische Erlebnis, dieses Dauerargument, das ich auch ein bißchen dämlich finde, brauche.
Einen Kindle habe und kaufe ich mir nicht. Dafür aber ein kleines E-Book Archiv, weil mir der Haymon Verlag im Sommer ein paar Vorab-E-Books schickte. Jetzt hat er bis auf eines damit aufgehört und als ich mich nach Gustav Ernsts „Grundlsee“, das demnächst erscheint oder schon erscheinen ist, erkundigte, hörte ich mit Bedauern, daß das Kontingent begrenzt wurde.
Nun, ich muß nicht alles lesen, habe genug und irgendwann, so meine Theorie, wird es schon zu mir kommen, wenn es mir bestimmt ist. So warte ich auf diese Weise beispielsweise. auf „Chucks“ und auf die Anni Bürkl-Bücher. Anderes wie Irene Harrands „Sein Kampf“ oder Jan Kossdorfs „Spam“, Julia Kröhns „Kuß des Morgenlichts“, sind schon zu mir gekommen und ich habe sie noch nicht gelesen.
Für mich ist das Buch Literatur und keine Ware, das Wirtschaftliche interessiert mich also nicht, bin da nur beleidigt, weil mich die Verlage nicht haben wollen, ansonsten fühle ich mich zum Bücherkaufen nicht verpflichtet und beobachte gespannt die Entwicklungen, die es in der Buchbranche gibt.
Vor ein paar Jahren oder durch das Bloggen bin ich auch auf die Rezensionsexemplare und die Neiddiskussionen darüber gekommen, habe mich gewundert, daß die Verlage, die so großzügig verteilen und mir gedacht „Wer kauft dann noch Bücher?“ und ich denke, sie werden auch nicht sehr gekauft. Die Bücherprofis bekommen sie umsonst, die anderen interessieren sich nicht dafür. Wird wohl nicht ganz so sein und die Ware Buch ist wahrscheinlich ein Geschäft, von dem ich nicht viel mitbekomme, nur einmal, 2002 in Frankfurt, habe ich mich einen Stock zu hoch hinauf verirrt, wo die schwarzgekleideten Herren vor den Türen stehen und die nicht Berechtigten nicht weitergehen lassen.
Das gibt es sicher auch, aber die Bücher kommen in großen Mengen, vor allem seit es die Bücherkästen gibt, umsonst zu mir und das wird ja, glaube ich, auch vom Buchhandel unterstützt. Als Frank Gassner seine Verlosung im Herbst machte, gab es Karten für die Buch-Wien zu gewinnen.
Daß die Leute durch ein Gratisbuch mehr kaufen, glaube ich zwar nicht, es scheint aber offenbar so zu sein, so gibt es ja auch diese Kindle Gratisaktionen der Selbstpublisher, die ich leider nicht nützen kann, weil ich keinen Kindle habe und das auf meinen PC nicht geht.
Aber ich habe noch nicht geschrieben, daß die E-books auch für mich keine richtigen Bücher sind, weil ich sie nicht angreifen kann, bzw. nicht in meinen Katalog eintrage. Ich lese die, die ich habe und bespreche sie, aber ein PDF ist schon etwas anderes und das wird das Leseverhalten natürlich verändern.
Ich lese, seit ich blogge und es die Bücherkästen gibt, mehr, weil es mich interessiert, ich die Berge, die mir selbst nach Hause hole, abtragen will und das ist es auch sehr spannend, daß ich jetzt einen Blog gefunden habe, wo die Betreiberin noch mehr liest als ich. Das spornt ein bißchen an, obwohl es das nicht braucht und auch nicht soll.
Wenn ich am Abend in die Alte Schmiede gehe, gehe ich regelmäßig durch den „Morawa“ und kaufe auch, wenn ich etwas in den Kisten finde. In die kleinen Buchhandlungen, wie beispielsweise in die Anna Jeller, gehe ich kaum mehr hinein, weil ich ohnehin nichts kaufe und mir die Neuerscheinungen auch nicht anschauen muß, da erfahre ich alles im Internet und bei den Lesungen, dort lasse ich mir auch regelmäßig Bücher öffnen und schaue hinein.
Finde Lesen also interessant, betrachte das Buch nicht als Ware, sondern als Kulturgut oder als das, was den anderen so einfällt und was immer spannend ist, mit den eigenen Einfällen zu vergleichen, würde am liebsten die ganze Literaturlandschaft auflesen und interessiere mich auch für Krimis und Chick Lits.
Für Vampirromane weniger, obwohl ich da jetzt ein paar auf der Liste habe und wenn es sehr gewalttätig ist, setze ich auch auch aus.
Harry Potter würde ich vielleicht nicht lesen und bei der „Vermessung der Welt“, weiß ich es nicht, bzw. wenn ich es finde, lese ich es, aber es ist vielleicht nicht das, worauf ich warte und von den Neuerscheinungen hätte ich nichts dagegen, wenn mir das Osterhäschen den neuen Schindel oder Köhlmeier brächte, aber „Gebürtig“, steht ohnehin schon auf der Leseliste, weil das ja im vorigen Jahr jemand weggegeben hat und das ist ja ganz besonders spannend, die Klassikerlücken durch die Bücherkästen aufzufüllen und dazu sind sie auch bestens geeignet.
Die Buch als Ware-Vertreter würden ja wohl zu den Neuerscheinungen raten. Ich lese das Alte auf und fülle meine Lücken und glaube, das es das ist, was mich am Lesen und an den Bücherkästen interessiert, so bin ich für den Buchhandel mit meinen Erfahrungen im Gratislesen wahrscheinlich ein Alptraum, andererseits würde ich auf meine Liebe zur Literatur schon bestehen und kann jeden nur empfehlen zu lesen, das Alte oder Neue, wie es beliebt und auch über den Tellerrand hinauszuschauen, weil ich auch eine bin, die sich dafür interessiert, was die Selbstpublisher so schreiben und auch das gerne lesen will, weil man, wenn man einen Kindle hätte, sicher auch Interessantes finden würde.
Zwanzigste Hörspielfeier
Zwanzig Jahre lange Nacht des Hörspiels, respektive Ö1 Hörspiel-Gala, wie es seit vorigem Jahr heißt, denn um neunzehn Uhr fünf begann es pünktlich nach den Nachrichten und um zweiundzwanzig Uhr muß es aus sein und wird dafür im Radio übertragen, so daß ich gar nicht hingehen hätte müßen, tat es aber aus guter alter Tradition und natürlich auch für das Literaturgeflüster, das ja manche schrecklich finden und beim ersten Mal vor zwanzig Jahren, als der Michael Köhlmeier gewonnen hatte, war ich mit dem Alfred ebenfalls live dabei und trauere noch heute dem guten Gulasch nach.
Aber alles fließt und ändert sich und ich muß sagen, es war schon einmal schlechter, als es diesmal war und am Ende sind mir sogar die Tränen heruntergeronnen und ich habe gedacht, schade, daß die Brigitte Schwaiger nicht mehr dabei sein kann, sie hätte sie gefreut und dazu gedacht, daß ich nicht will, daß vielleicht in fünfzig, sechzig Jahre ein möglicher rotzfrecher Enkelsohn ein Hörspiel aus einem meiner Romane macht, die Trophäe schwingt und sagt, „Die Oma hat ohnehin ganz gut geschrieben!“
Aber schön der Reihe nach, einen guten Platz ziemlich weit vorn gefunden, das war ebenfalls schon was, die Johanna Rachinger beim Begrüßtwerden beobachtet, Küßchen rechts, Küßchen links, wie das heutzutage in der Szene üblich ist, dann kam der Peter Klein, der jetzige Hörspielchef, schwenkte seine Arme und sagte „Sie müßen noch fünf Minuten warten, bis die Nachrichten zu Ende sind!“, darauf folgte Doris Glaser in einem schwarzen Abendkleid, erklärte das mit dem zwanzigsten Mal des inzwischen recht kurzen Abends, kündigte die Hörspielgala-Combo mit Wolfram Berger, Wolfgang Puschnig und Paul Urbanek an, die es glaube ich, auch schon im letzten Jahr gegeben hat und wenn ich mich nicht irre, wurden die besten zehn Hörspiele vorgestellt, vielleicht kam aber auch zuerst die Generaldirektorin der Nationalbibliothek mit ihrer Eröffnungsrede, die erklärte, was Hörspiele und Bücher gemeinsam haben.
Dann wurde die zehn besten in je einer Minute präsentiert, Christine Nöstlinger über die „Ganz armen Frauen“ war dabei, Peter Handke, wieder Magda Woitzuck, Konrad Bayer, Alfred Noll, Brigitte Schwaigers Bearbeitung „Wie kommt das Salz ins Meer“, die Peschina-Bearbeitung von der „Kapuzinergruft“, wo ich dachte, „Aha, da haben wir das Hörspiel des Jahres!“, denn der Publikumsgeschmack deckt sich oft nicht mit dem der Kritik und meist gewinnt der bekannte Namen, haben wir ja nicht mehr die Zeit unserer Roth, Musil, oder James Joyce zu lesen.
Joachim Bißmeier wurde Schauspieler des Jahres und der hat über sechzig Hörspiele in über vierzig Jahren gemacht, wurde in den Dreißigerjahren in Bonn am Rhein geboren, kam in den Sechzigerjahren nach Wien und ans Burgtheater. Da habe ich ihn wahrscheinlich in den Siebzigerjahren als Torquato Tasso gesehen, wahrscheinlich mehrmals, weil ich ja einen Roman bzw. Erzählung über die Schauspieler die in Linz in einer solchen Aufführung spielen, geschrieben habe, ein Text der für mich wichtig war, aber nie veröffentlicht wurde, so hat sich das mir eingeprägt.
Und das Hörspiel der Kritik, das über einen Räuber handelte, den es wirklich gab, einen Einbrecherkönig, der sich an einen Autor wandte, der dann einen Text daraus machte, der von Wolfram Berger live auf der Bühne dargeboten wurde, wurde auch gekürt, es war prompt nicht bei den zehn besten vom Publikum ausgewählten.
Eine Pause gab es auch, in der ich mit niemanden ins Gespräch gekommen bin und danach die Präsentation des besten Kurzhörspiels, das diesmal nicht im Klangtheater sondern übers Internet gewählt wurde und die Preisträgerin, die sich Kopf an Kopf gegen das Zweitgereihte durchgesetzt hat, ist vor mir gesessen.
Dann wurden schon die drei Preishörspiele präsentiert. Die Nöstlinger mit ihrem Spinat, den alle hundert Hausparteien in der Gemeindewohnung am Donnerstag über oder untereinander kochen, landete auf Platz drei und der Roth, der ja eigentlich ein genauso schlimmes Ende hatte und in Paris elendiglich zugrunde gegangen ist, wie die Brigitte Schwaiger siebzig Jahre später in der Donau, landete auf Platz zwei und dann kam die junge rotzfreche Autorin, die schon einmal den Track 5, gewonnen hat und voriges Jahr den Publikumspreis, sich ihre Schauspieler aus Berlin einfliegen ließ und die Handlung in die Gegenwart verlegte und die Herren vom ORF haben den 1977 erschienenen Roman allen Ernstes als den besten Nachkriegsroman bezeichnet.
Nun ja, ich kann mich noch gut an das Jahr 1977 in der Otto Bauergasse erinnern, der Krieg war lang vorbei, der Roman ist plötzlich dagewesen und irgendwer hat behauptet, daß die Schwaiger damit den ersten Bachmannpreis gewinnen wird, der Torberg hätte es ihr gerichtet. Sie ist aber gar nicht angetreten, dann ist sie wieder abgestiegen und ich habe sie einmal am ersten Mai mit der roten Nelke auf dem Rathausplatz getroffen, wo sie die Ruth oder die Ruth sie angesprochen hat.
Schade, daß sie das nicht mehr erleben konnte, aber vielleicht hätte sie sich genausowenig gefreut, wie ich in sechzig Jahren über ein Hörspiel eines möglichen rotzfrechen Enkels, weil dann wärs ja nicht mehr mein Buch?
Nachdem die Preisträgerin ihre Trophäe erhalten hatte, wurde Brigitte Schwaigers Bild projeziert und ein Satz von ihr gesendet, den man am Donnerstag im ganzen Interview von Michael Kerbler, das glaube ich, auch im Sommer 2010, als man ihre Leiche in der Donau fand, gesendet wurde, hören kann.
„So kommt das Salz ins Meer, Brigitte!“, hat damals jemand gebloggt und ich finde es trotzdem schön, daß dieses Hörspiel gewonnen hat, habe dann im Foyer noch die andere Brigitte, die Nachbarin der Lindners und Helma Giannone getroffen, die mich fragte, wieviel Trinkgeld ich an der Garderobe geben werde?
Das Hörspiel des Jahres wird am Samstagnachmittag übertragen, der Kritikerpreis folgt am Dienstag und die Kurzhörspiele kommen auch.
2013-03-01
Der Hauptmann und sein Frauenbataillon
Jetzt kommt noch einmal der Nobelpreisträger von 2010, nämlich Vargas Llosas satirischer Roman auf die Armee und die Zustände dort, 1973 geschrieben, in den Fünzigerjahren am Amazonas spielend und das Buch ist, nach der eher konventionellen Selbstbiografie, die ich vor kurzem gelesen habe, erstaunlich modern und hat mich auch von der Art in der es geschrieben wurde, überrascht, so daß ich den Nobelpreis besser nachvollziehen kann.
In dem kleinen Städtchen Inquitos herrscht Aufruhr, die Armee hat Schwierigkeiten, kam es in letzter Zeit doch offenbar bedingt durch das Klima oder die Ernährung, zu Vergewaltigungen und anderer Übergriffen der Soldaten an die sittliche Mädchenschaft, so daß die Armee Abhilfe sucht und den wackeren Hauptmann Pantoja mit Frau und Mutter dorthin schickt, um einen Betreuungsdienst, sprich ein Bordell oder ein Frauenbataillon aufzubauen.
Das alles muß natürlich streng geheim passieren, das heißt Pantoja muß Zivil tragen und darf auch nicht in den Armeequartieren wohnen, also keine Vergünstigungen und kein Umgang mit den Offiziersfamilien, was vor allem seine Frau Pochita sehr bedauert und das auch ihrer Schwester schreibt, ihr ihr Leid klagt, denn Panta hat sich sehr verändert, will mehr Sex mit ihr, mißt die Länge des Vergnügens mit der Stoppuhr, will ihr auch einen kleinen Rekruten machen und noch etwas ist Pochita furchtbar peinlich, laufen doch auf den Straßen ständig Wäscherinnen herum, die ihre Dienste anbieten und als Pochita eine heraufruft, um ihr die Wäsche zu geben, rennt die ins Schlafzimmer und sagt „Für einen Dreier kostet es mehr!“
Auch sonst hat sich der Gatte sehr verändert, kommt betrunken nach Hause, wird in schlechten Gegegenden gesehen, etc.
Der Truppenbetreuungsdienst gedeiht indessen wunderbar, denn Pantoja, der alle seine Aufgaben gut erledigt und auch äußerst tugendhaft ist, hat sich dafür einige Aufnahmerituale ausgedacht und verlangt von seinen Vorgesetzten auch Verstärkung. Nur die Militärpfarrer bekommen Gewissensbisse und in dem Städtchen ist auch sonst noch etwas los, tauchte da doch ein Pater Francesco auf, eine Sekte mit merkwürdigen Ritualen, die in Kreuzungen zuerst von Tieren, später auch von Menschen mündet.
All das das wird auf verschiedene Art und Weise erzählt, in manchen Kapiteln wechseln sich mehrere Erzählstränge untereinander ab, dann gibt es militärische Berichte des Hauptmanns an seine Vorgesetzten, Pochitas Brief an ihre Schwester, in der sie die unschuldigen Gelüste einer braven Ehefrau ausdrückt und auch verschiedene Radio und Zeitungsberichte, die das Geschehene melden.
Gibt es dabei ja auch verschiedene Gerüchte und Schwierigkeiten, so beginnt sich der einst so Tugendhafte, in die schöne „Brasilanerin“ zu verlieben und räumt ihr Sonderrechte ein, während die Wäscherin, die Pochita einst unschuldig in ihr Schlafzimmer holte, auch in den Betreuungsdienst, der den Frauen sichere Anstellung und auch sonst noch andere Vorteile bietet, wechselte, sich dann aber verheiratete, was sie nicht durfte und entlassen wurde, Pochita einen Brief schreibt und sie über all das aufklärt, worauf, die ihren Panta samt Töchterlein Gladys verläßt und nach Lima zurückkehrt.
Die Anschläge durch die Sekte nehmen zu, am Schluß kommt die schöne Brasilanerin ums Leben und wird von Panta, dessen Dienst, man längst Pantalandia nennt, in allen militärischen Ehren begraben.
Er selbst erscheint, was er auch nicht darf, in Uniform am Grab und hält die Abschiedsrede, wie er es auch bei einem Soldaten tun würde.
Das kommt natürlich in die Zeitung und erregt Aufruhr, Panta muß sein Bataillon auflösen und soll die Armee verlassen. Er weigert sich aber seinen Rücktritt einzureichen, bis zum Tod bleibt er Soldat und will auch nicht privater Buffvater werden, obwohl ihm das seine Mitarbeiter anbieten. So reist er mit der Mutter nach Lima zurück, kann endlich seine kleine Tochter sehen und von der Armee wird er irgendwohin in die Kälte, bis Gras über die Sache gewachsen ist, versetzt, Frau und Tochter und wahrscheinlich auch die Mutter kommen natürlich mit.