Jetzt habe ich Gustav Ernsts neuen Kurzroman oder ist es nicht eher eine Novelle doch bekommen, was mich sehr freut, würde ich mich ja fast als Fan, des 1944 in Wien geborenen, realistisch schreibenden Autors, bezeichnen und das ist ja etwas, was mich sehr interessiert.
Wo ich Gustav Ernst genau kennengelernt habe, kann ich mich nicht mehr erinnern, wahrscheinlich durch seine Funktion als Redakteur der Zeitschrift „Wespennest“ und als mich dann die Monika 1980 für das „Literatureck“ der Alten Schmiede anmeldet, waren er und Marie Therese Kerschbaumer, die beiden Autoren, die über meinen Text, die Geschichte einer Ursula, die aus Klagenfurt nach Wien geflüchtet ist, gesprochen haben.
Jetzt sehe ich ihn immer wieder, bei Veranstaltungen der Hochschule für Sprachkunst, bzw. im Literaturhaus, zuletzt in der Kolik.Lounge und ich habe auch einige seiner Bücher gelesen.
„Einsame Klasse“, schon in den Achtzigerjahren, 2010 „Helden der Kunst, Helden der Liebe“, dann seinen zuletzt bei Haymon erschienen Roman „Beste Beziehungen“ und dann noch den Fund aus dem offenen Bücherschrank „Frühling in der Via Condotti“, was sehr gut ist, denn Gustav Ernst, der auch noch einige Theaterstücke geschrieben hat, bringt einen eigenen Ton in die österreichische Literaturgeschichte und während es bei „Beste Beziehungen“, um einen Amoklauf geht, wird hier das ganze Leben in einer höchst ungewöhnlichen Form abgewickelt. Was gleich bleibt, sind die Dialoge, das „sagte er, sagte sie“, denn da steht einer irgendwo im Himmel oder hinter einer Hauswand versteckt, so genau habe ich das nicht mitbekommen und müßte es den Autor fragen, wenn er es mir verrät und resumiert über sein Leben und das beginnt im Sommerhaus am Grundsee, als John sieben, die Tochter Bella vier oder fünf war und Lili noch in die Windel machte. Dort verbringt die Familie den Sommer, spielt mit den Kindern, macht mit ihren einen Ausflug am See, der kleine John, der von allen wissen will, ob sie jetzt tot sind und den Eltern erklärt, daß sie sicher traurig wären, wenn ihre Kinder verhungert etc wären, will ständig Schweinsbraten essen und nach dem Ausflug erkundigen die Kinder sich, wie das denn wäre, wenn sie einmal, viel später im selben Grab liegen werden, wer wird dann bei der Mama und beim Papa sein und wieviel Platz werden die Kinder haben?
In der zweiten Szene sind die Kinder schon in Ferienaufenthalten und die Eltern allein am Grundlsee und sie werden vielleicht nie mehr zu fünft um den See gehen, denn die Kinder zieht es in Zeiten der Globalisierung weit hinaus, John nach Den Haag, Lilli nach Brüssel, Bella sogar in die U.S. A und die Mutter trifft sich mit den Kindern in Amsterdam und während der Ich-Erzähler von seiner Frau erzählt, sagt die „Seit Papas Tod steige ich in kein Flugzeug mehr!“ und man erfährt, das Flugzeug ist irgendwo im Dschungl explodiert und die „Stücke vom Papa im Wald verstreut.“
Dann geht es weiter im Leben, Bella trifft sich mit John vor der Piazza della Borsa und ske sprechen vom Tod der Mutter, die sie, nachdem sie sich ein Bein gebrochen hat, nicht alleine lassen hätten sollen. Dann treffen sich Lilli und Bella in der Grafton Street und haben Johns Tod zu bewältigen, der obwohl, ein guter Schwimmer offenbar im Grundlsee ertrunken ist.
In der nächsten Szene schreibt Bella einen Brief an Johannes, den wir schon am Anfang, als die Kinder im Wirthaus Spaghetti aßen, kennenlernten und der Lilli von der Schaukel stieß, weil ihm seine überspannte Mutter den Spielplatz und das Eis verboten hat, sie berichtet vom Tod der Schwester, die für die Uno tätig, in Paraguay bei einem Spaziergang von falschen Polizisten ausgeraubt und erstickt wurde und dann spricht der Erzähler, der sich vor jeden Kapitel mit einer kurzen Passage meldet, von seiner Enkelin Miranda, Johns Tochter, die in München lebt, niemals in Wien war und von der ganzen Familie auch nicht viele kannte, jetzt reist sie mit einem Volker an den Grundlsee und sucht das Haus, das ihr der Vater beschrieben hat, das sie nicht findet, denn es ist längst verkauft und nur der Erzähler ist da irgendwo und versucht sich zu erinnern, an Bella, die an Brustkrebs starb und an das Fläschchen, das in dem Haus gefunden wurde, ob es das wohl war, das er in der ersten Szene in Lillis Mund steckte? Es kann aber auch ein anderes sein, denn es fällt ihm schwer sich an alles, was in „Auflösung begriffen ist, zu erinnern. Gibt es ihn ja auch selber gar nicht mehr.
„Wir werden sehen“, lautet trotzdem der letzte Satz und sind durch einen seltsam dichten Todesreigen hindurchgegangen. „Eine Familiengeschichte über drei Generationen hinweg“, wie im Klappentext steht und eine, wie ich sie noch nie gelesen habe, die mich aber, die ich mich ja auch sehr gerne mit dem Alter und dem Tod beschäftige, sehr berührte.
Und für die, die es interessiert, das Buch wird am 30. 4. um 19 Uhr, im Literaturhaus Wien, in der Zieglergasse vorgestellt.
2013-04-20
Grundlsee
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