Jetzt kommt ein Buch von der Harlander-Leseliste, beziehungsweise aus dem Bücherschrank meiner Eltern, ein ganz altes aus dem berühmten E.Prager-Verlag, in dem auch Else Feldmanns „Der Leib der Mutter“, in den Dreißigerjahren des vorigen Jahrhunders erschienen ist und von meinem Onkel Hans meiner Mutter zu Weihnachten 1932 oder so geschenkt und gewidmet wurde, das habe ich schon vor Jahren gelesen, damals, als es der Milena-Verlag, der jetzt ja leider nicht nur mehr Frauen verlegt, wieder herausbrachte und als ich meine Bücher 2005 oder so katalogisierte bin ich auf Andreas Szilagyis „Demeter, der Schweinehirt“ gestoßen, Copyright 1931, das ich im letzten Sommer auf die Leseliste setzte.
Leider finden sich im Internet keine biographischen Anfaben zu Buch und Autor und auch im Buch selbst ist nichts davon zu finden. Es dürfte aber in Siebenbürgen spielen zur Zeit der Wirtschaftskrise, auch das ist nicht näher angegeben, am Land, wo der zwölfjährige Demeter, als er die Schule verläßt „Ich will ein Handwerk lernen!“, zu seiner Mutter sagt. Er sucht dann auch ein paar Jahre und findet nichts Rechtes, will er ja nicht ausgenützt und geschlagen werden, bis ihm seine Mutter beim Großbauern Ruzsa als Schweinehirt anmeldet und so zieht er los mit seiner Herde, in der sich auch ein paar Wildschweine befinden, in den Wald, wo es die Eicheln gibt und löst den alten Pavel ab, der bisher dieses Amt versah und der hat bei Ruzsa Schweirigkeiten seinen Lohn zu bekommen, will der ihn doch um fünfzig Schweine betrügen.
Demeter freundet sich inzwischen mit den Schweinen an, nennt sie bei ihren Namen und folgt den beiden Wildschweinen Tobias und Istok an eine Stelle, wo er die schöne Szabina mit dem roten Röckchen und den großen Busen trifft, die dort Holz einlädt. Sie ist schon siebenundzwanzig, eine arbeitsame Frau und bringt den Knaben zu wilden Fantasien und auch zu großen Ängsten, was er machen soll, wenn sie noch Jungfrau ist? Ist sie nicht mehr, denn sie hatte schon viele Geliebte und verdingt sich auch im Winter bei einem alten jüdischen Holzhändler als Magd.
Demeter bekommt indessen von Pavel Besuch, der ihn bittet zu bezeugen, daß er dreihundert Schweine von ihm übernommen hat. Der tut das auch unerschrocken, obwohl ihm das der Stuhlrichter nicht glaubt. Er geht auch zum Pfarrer und will bei ihm beichten, der ihm aber nicht zuhört, sondern Honig und Schnaps auf den Tisch stehen hat und den Großbauern erwartet. Der läßt nicht nach den alten Pavel um seinen Lohn zu betrügen, als der aber von den Schweinen aufgefressen wird, bezahlt er ihm das Begräbnis und den aufmüpfigen Demeter jagt er im Winter, als die Schweine wieder hinabgetrieben und geschlachtet wurden, aus den Dienst.
Der hat inzwischen Szabina, die von ihm schwanger wurde und das Kind doch nicht abtreiben läßt, geheiratet und versucht es bei den Holzfällern, die aber auch um ihren Lohn betrogen werden. Überall betrügen die reichen Herrn die armen Tagelöhner und als Szabina, um Demeters Lohn aufzubessern, wieder in das Bett des alten Holzhändlers will, läßt er das nicht zu. Er bringt auch die anderen Holzknechte dazu, sich zu wehren und sich die Unterdrückung nicht gefallen zu lassen, so daß er und sein Freund Gyuszi von den Genarmen zum Stuhlrichter gebracht und verprügelt werden, als der ihm „Kommunist“ beschimpft und Demeter, der eigentlich keine Ahnung hat, was das ist, „Selber Kommunist!“ antwortet. Er erfährt dann aber, daß das „Revolutionär oder Räuber“ bedeutet und ist stolz darauf. Am Ende kommt es zum Streik bei den Großbauern und Holzhändlern, so daß Ruzsa selbst die Kühe melken muß und ihm nichts anders über bleibt, als mit Demeter zu verhandeln und seinen Leuten Maria und Boris „vierzig Kreuzer mehr Lohn zu geben.“
„Im Herbst werden die Großbauern aber wieder unverschämter“ und Demeter ärgert sich, daß er nicht, wie Pavel ihm das schon geraten hat, nicht schriftlich ausgehandelt hat.
„Ein zweites Mal werden wir klüger sein, sagen sich aber die Armen“ und das Buch schließt mit den Sätzen „Aber der Kampf währt fort. Der Klassenkampf zwischen reich und arm. Revolution. Die Auflehnung sämtlicher Dörfer und Sädte – Berge und Ebenen nennt man Revolution!“
Inzwischen schreiben wir 2013, haben einige Kriege und Klassenkämpfen überwunden und schlittern einer neuen Wirtschaftskrise entgegen, wo zwar alle noch zu essen haben, inzwischen aber wieder ähnliche Ausbeutung, Lohndumings und Freisetzungen passieren und so war es spannendend, die Krise heute mit der in dem alten, inzwischen wahrscheinlich längst vergriffenen Büchlein zu vergleichen. Interessant welche Schätze sich im Bücherkasten meiner Eltern finden und schade, daß im Netz so wenig über Andreas Szilagyi, über den ich gar nichts weiß, zu finden ist und es war auch spannend das Buch zu lesen, wechseln sich doch die klassenkämpferischen Passagen mit expressionistischen, wie die mit den beiden Wildschweinen, die den alten Hirten fressen, ab, so daß ich es fast lesbarer, als andere Bücher aus dieser Zeit, wie beispielswweise den „Karl“ fand und die Szenen, wo der Jüngling seine ersten Erfahrungen mit Frauen macht, sind auch erstaunlich offen und freizügig erzählt.
2013-05-15
Demeter, der Schweinehirt
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