Literaturgefluester

2013-06-19

Wie im echten Leben/Kathrin Röggla

Filed under: Uncategorized — jancak @ 21:53

Der zweite Abend von Angelika Reitzers Versuch gesellschaftspolitisch revolutionäre Zusammenhänge literarisch darzustellen, war Kathrin Röggla gewidmet und das ist eine sehr interessante Autorin, die experimentelles Schreiben mit dokumentarischen Formen verbindet. Also passend für Angelika Reitzers Recherche und das Thema, das sie in ihrem Essay behandelte, war ebenfalls sehr interessant.
„Wie darüber sprechen, was wirklich wichtig ist?“ und das knüpft wahrscheinlich ab das Röggla Buch „wir schlafen nicht“ wo sie sich im Unternehmensberaterbereich auf Recherche begab und aus ihrem Interviewmaterial den Text montierte. Den habe ich gelesen, wie auch „irres Wetter“ und die 1971 in Salzburg geborene und in Berlin lebende Autorin, habe ich 1992 durch meine Jurytätigkeit für das Nachwuchsstipendium kennengelernt, vielleicht aber auch durch die Zeitschrift „erostepost“ und dann mit ihr bei dem Christine Haidegger Symposium „Sichten und Vernichten“ im Salzburger Literaturhaus gelesen, da hat sie dann Thomas Rothschild nach Klagenfurt eingeladen. Dann kamen viele Preise und Stipendien. Im Leipzig habe ich aus „wir schlafen nicht“ lesen gehört und dafür hat sie, glaube ich, auch den „Bruno Kreisky Preis für das politische Buch bekommen. Die „alarmbereiten“ ist ein anderer Text, dann gibt es Theaterstücke über Natascha Kampusch und der Essay behandelte die Schwierigkeiten, die man beim Interviewen und Dokumentieren haben kann. In sechs Punkten berichtete Kathrin Röggla darüber, der erste beschäftigte sich mit dem Schweigen, denn den Angestellten im öffentlichen und auch im privaten Bereich ist es oftmals vertraglich verboten Aussagen zu machen, die ihrer Firma schaden kann. Dann kam schon die Geschwätzigkeit, wenn es anonym bleibt, reden die Leute oft sehr gern und sehr viel darüber, aber das Zuhören kann manchmal schwierig sein. Das war ein Punkt, wo ich, die ja davon lebt, den anderen zuzuören, aufhorchte, aber Kathrin Röggla recherierte auch in Franfurt über eine Fluglärmbelästigungs-Bürgerinittiative und da waren die Interviewten oftmals sehr zynisch und überheblich ihren Gegnern gegenüber eingegestellt und wenn man aus einer „Ikea“-Wohnung H u M bekleidet in schicke durchdesignte Vorstadtvillen oder Hochhaustürme geht, ist die Kommunikation nochmals schwer.
Interessant,interessant, auf diese Art und Weise im echten Leben herauszufinden, was beim Sprechen wirklich wichtig ist und auch zu klären, ob es zuverlässig ist, wenn man alles hat und es einem gut geht, sich gegen Fluglärm aufzuregen?
Kathrin Röggla, die auch Dokumentarfilme drehte, war auf Angelika Reitzers Frage, ob sie sich als politische Autorin versteht, ein wenig ratlos, zitierte Büchner, der das tat und damit eingefahren ist. Aber das ganze Leben ist politisch, man muß es gar nicht so definieren, so meinte auch eine Frau im Publikum, daß man den Fluglärm in einem Theaterstück am besten durch Geräusche darstellen könne. Interessant, interessant und auch die Frage, was Peter Waterhouse, den ich wieder als etwas weniger politischen Autor verstehen würde, im nächsten Jahr darauf antworten wird? Aber Kathrin Röggla hat sich in ihrem Essay ohnehin mehrmals auf ihn bezogen und das dokumentarische Schreiben ist für eine, die in ihrer eigenen Arbeit auch manchmal in die Nähe von dem, was man Schlüßelroman nennt kommt, auch sehr interessant, obwohl ich natürlich, wie ich immer schreibe, viel realistischer bin.

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