Literaturgefluester

2013-06-28

Hunkeler und die Augen des Ödipus

Filed under: Uncategorized — jancak @ 00:07

Die 1968 kommen ins Pensionsalter. Der 1938 in Aarau geborene Dramatiker und Krimiautor Hansjörg Schneider tat das und sein Kommissär Peter Hunkeler vom Dezernat Basel ebenfalls, sechs Wochen hat er noch bis zu seiner Pensionierung und damit geht es ihm gar nicht gut. Zwar hat er ein Ferienhäuschen im Elsaß und eine verständnisvolle Freundin und zu einem Fall wird er auch gleich geholt, allerdings nur mehr zum Mithelfen, die Führung hat schon Wachtmeister Madörin übernommen, aber das Schiff Antigone ist an der deutsch französisch schweizerischen Länderecke havariert und das gehörte dem Baseler Theaterintendanten Bernhard Vetter, der seither verschwunden ist. Vorher hat er in seinem Theater Ödipus inszeniert und das war ein Rheinfall, so daß während der Premiere, die Leute den Saal verließen und nachher eine honore ältere Dame, dem Regisseur zwei Zähne ausschlug.
Kommissar Hunkeler, in seiner Jugend ein Linker, der am Theater statierte, bevor er Jus zu studieren begann, findet die Vorstellung aber großartig, nur als er den Regisseur fragt, warum der Chor Damenbinden trägt und mit Blut herumschmiert, bekommt er von ihm eine Ohrfeige.
Ein ehemaliger Schauspieler, dem der Direktor viel verdankte, der sich jetzt aber zu versaufen beginnt und daher nicht die Hauptrolle bekam, tritt auch noch auf und als der Fallführer Madörin von der Maffia zu faseln beginnt, die in diesem Fall verwickelt sein soll, ergreift Hunkeler die Flucht, geht in sein Häuschen und ermittelt, die Pensionierung ist inzwischen schon herangekommen, auf seine Weise.
Der Theaterdirektor wird aus dem Rhein gefischt, ein anderer Achtundsechziger, der damals für Vetter Arbeiterstücke schrieb, jetzt aber obdachlos ist, taucht auch noch auf und entdeckt in einem Heuschober Dynamit und dem Theaterdirektor wurden noch die Augen ausgestochen, das erinnert den belesemen Hunkeler, der sich nicht nur mit dem griechischen Theater, sondern auch mit Hölderin und Brecht beschäftigt, zu philosophischen Gedanken, was sollte Vetter nicht sehen, er schwimmt auch noch den Rhein entlang, trinkt gelegentlich zu viel Schnaps, so daß er von der Polizei auf einer Parkbank gegeweckt wird, findet aber heraus, daß sich der Theaterdirektor in eine Sambatänzerin verliebte, die ebenfalls verschwunden ist. Einen Galeristen, der brasilanische Figuren ausstellt gibt es auch und noch einen anderen Achtundsechziger, der jetzt kokst, mit Mädchen handelt und ebenfalls in die Sambartänzerin verliebt war.
Am Schluß kommt Wachtmeister Madörin und findet die entführte Tänzerin, ihr Peiniger wurde von einem Matrosen erschlagen und der Theaterdirektor wurde womöglich von dem versoffenen Schauspieler erschlagen und die Maffia war unschuldig.
Bei der Totenfeier wird wieder Brecht und Hölderin zitiert und ich habe einen Krimi glesen, in dem zwar ein paar Leichen vorkommen, aber Gedichte zu finden sind, viel philosophiert wird und über das Älterwerden geht es auch.
Eine interessante Abwechslung zur Donna Leon oder den Schwedenkrimis, die ich in letzter Zeit gelesen habe und zu verdanken habe ich diesen Fund ebenfalls der Buchhandlung Kuppitsch Abverkaufskiste, als ich voriges Jahr bei der Lesung von Emily Walton war.
So habe ich mein Wissen über die revolutionären Siebzigerjahre und das revolutionäre Theater aufgefrischt und in Hansjörg Schneider, der mir bisher völlig unbekannt war, einen interessanten Autor entdeckt. Es gibt von ihm übrigens schon eine ganze Serie Hunkeler-Krimis.

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