Ein junger Mann aus Belgrad, der in einigen Zeitschriften Artikel hatte, fliegt, weil ihm ein Freund ein Formularblatt der Rockefeller-Stiftung in das er hineingeschrieben hat, daß er die Absicht hätte, einen Roman zu schreiben, über Zürch nach Milano, da ihm die besagte Stiftung für ein Monat ein Stipendium in ihrer Villa am Como See gewährt hat.
Er ist verkatert, so verlangt er im Flugzeug nach Bier, das er nach einigen Verhandlungen mit der Stewardesse auch bekommt. Der Fahrer, der ihm abholt, besteht darauf, seinen Koffer zu tragen und in der Villa in Bellagio, wird ihm ein Schlaf- und Arbeitszimmer zugewiesen und der Speisesaal gezeigt, wo er Mittags und Abends essen kann. Die Villa ist voll mit etwa zwanzig Stpendiaten, meist älteren Wissenschaftlern aus Amerika oder Australien, ein paar Nigerianer sind auch dabei.
Zum Abendessen soll man eine Krawatte tragen, der Ich-Erzähler, hat keine, kauft sich aber nach ein paar Tagen eine im Ort, vom Taschengeld der Rockefelder-Stiftung und verbringt seine Tage mit spazierengehen. Da gibt es einen Hügel, auf der noch keiner der Einheimischen war, weil er sich offenbar im Besitz der Rockefeller-Stiftung befindet, freundet sich mit den Kellnern Gregorio und Mahatma an, die ihn mit Wein und Whiskey bedienen und ihn auch ins Fernsehzimmer holen, wenn dort Fußballspiele übertragen werden.
Sie selbst dürfen sich die Spiele höchstens im Stehen anschauen, weil sie sonst ihren Job verlieren würden.
Und die umliegenden Orte sind, wie der Erzähler bemerkt sehr reich, obwohl die Waren, die am Markt angeboten werden, viel billiger als in den Geschäften sind. Nach den Abendessen gibt es oft Klavieraufführungen oder andere gesellige gesellige Veranstaltungen der Gäste, die er meidet, er geht lieber in den Ort und freundet sich in den Kneipen mit Alda und Augusto an.
Alda ist eine Kellnerin die kein Englisch spricht, der Erzähler kaum Italienisch, so zeichnen sie alles in ein Heft und verstehen einander prächtig. Augusto, der Besitzer einer anderen Kneipe kann gut Englisch und als der Erzähler die beiden einmal als Gast in die Villa einladen will, um ihnen den Hügel zu zeigen, gibt es Anfangs mit Frau Bella, der Verwalterin Probleme, weil sie Italiener sind und er ihre Nachnamen nicht kennt. Dann geht auch das in Ordnung. Man kann sich in der Villa Lunchpakete geben lassen und so steigt er mit einem einmal auf einen Berg hinauf und wird dann von einem alten Professor und Vogelkenner gebeten, das aufzuschreiben.
Das alles tut der Ich- Erzähler freundlich und lügt auch manchmal ein bißchen herum, nur eines nicht, er schreibt an keinen Roman und nur dadurch und sonst mit keinem Wort, erfährt man ein bißchen was von dem Trauma, was man vielleicht haben könnte, wenn man Ende der Neunzigerjahre, auch das wird nicht genau angegeben, aus so einem „beschissenen Land“ wie „Serbien“ kommt.
Oder doch, einmal erinnert, ihn eine alte Dame an Dubrovnik, wo sie einmal war und dort dürfte er seine Kindheit verbracht haben. Nach einem Abend oder Mittagessen, spielt die alte Professorin eine ihm bekannte Melodie.
„Kennen Sie sie?“, fragt sie und wiederholt sie noch einmal für ihn. Dann kommt er darauf, das wurde in der Kathedrale von Korcula, in der nun acht Jahre schon nicht mehr war, immer gespielt.
Am Abend zeichnet der das für Alda auf und als das Monat beendet ist, er hat inzwischen noch Brenda, eine New Yorkerin mit einem sehr bekannten Mann, kennengelernt, betrinkt er sich wieder und muß beim Abendessen, weil das so üpblich ist, eine Abschiedsrede halten.
Erst blödelt er herum, dann erzählt er das Erlebnis und bekennt, daß er das ganze Monat nichts an dem Roman gearbeitet hat, was Frau Bella versteht und meint, daß das wenn es für ihn gut ist, auch in Ordnung ist.
Er wird auch von Augustos Bruder eingeladen, legal oder illegal in Bellagrio zu bleiben und Zigaretten zu schmuggeln und von Brenda zu ihr nach Brooklyn zu kommen, reist dann aber mit zwei Flaschen Whiskey, die er von seinen Lieblingskellnern bekommen hat, doch wieder in sein „beschissenes Serbien“ zurück, das heißt die eine Flasche schenkt er dem Chauffeur, der auch alles über ihn weiß, alles versteht und trotzdem seine Koffer tragen muß.
Ein sehr unaufdringliches Buch, mit dem der 1967 in Belgrad geborene Srdan Valjarevic, 2008 den zweiten „Bank Austria Literaris“ bekommen hat, wie ich wieder nicht dem Buch, aber der „Wieser-Verlagsseite“ entnehme, das in seiner lakonischen Art zwischen den Zeilen, sehr viel vom Leben eines Serben während des Kriegs erzählt und auch, wie es bei den Stipendiatsaufenthalten der „Rockefeller“- oder anderen Stiftungen, in deren Genuß ich noch nicht gekommen bin, zugehen kann.
Ein Buch das vom Saufen, der Liebe, der Verzweiflung und auch von der Völkerverständigung handelt, die entstehen kann, wenn sich zwei Menschen, die verschiedene Sprachen sprechen, miteinander trinken und sich ihre Geschichten einfach in ein Heftchen zeichnen.
2013-09-04
Como
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